OLG Hamburg: Keine Verletzung der Marke "Caissa" im Bereich Bekleidung durch Modellbezeichnung "Tunika Caissa" - keine markenmäßige Benutzung
OLG Hamburg
Beschluss vom 22.04.2024
5 W 8/24
Das OLG Hamburg hat vorliegend entschieden, dass leine Verletzung der Marke "Caissa" im Bereich Bekleidung durch die Verwendung der Modellbezeichnung "Tunika Caissa" besteht. Es fehlt an einer markenmäßigen Benutzung.
Aus den Entscheidungsgründen:
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der verfolgte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht begründet.
1. Das Landgericht Hamburg hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zutreffend zurückgewiesen, weil jedenfalls der für einen solchen Erlass erforderliche Verfügungsanspruch hier nicht festzustellen ist. Denn der Antragstellerin steht gegenüber der Antragsgegnerin feststellbar kein Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung „Caissa“ zu.
Wie vom Landgericht Hamburg bereits in dem den gestellten Antrag zurückweisenden Beschluss vom 23.02.2024 sowie in dem Beschluss über die Nichtabhilfe vom 28.02.2024 ausgeführt worden ist, ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Verwendung nicht mit jedenfalls überwiegender Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Antragsgegnerin die Bezeichnung „Caissa“ in dem angegriffenen Onlineshop-Angebot markenmäßig genutzt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit im Ausgangspunkt auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Beschlüssen vom 23.02. und 28.02.2024 Bezug genommen. Das Beschwerdevorbringen gibt lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:
a. Zutreffend weist die Antragstellerin allerdings darauf hin, dass vorliegend erstinstanzlich jedenfalls in erster Linie ein Anspruch wegen einer sog. Doppelidentität nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geltend gemacht worden ist. Dies hat das Landgericht indes im Ergebnis nicht verkannt. Denn im Beschluss vom 23.02.2024 hat das Landgericht im Einklang mit der Gesetzeslage und damit zutreffend ausgeführt, dass der Inhaber einer Marke der Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, nur widersprechen kann, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 342, 344 i.V.m. Rn. 119). Eine markenmäßige, nämlich in die Herkunftsfunktion eingreifende, oder auch nur eine andere Funktion der Marke beeinträchtigende Benutzung des angegriffenen Zeichens (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 126) ist hier jedoch nicht mit der erforderlichen jedenfalls überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu erkennen.
b. Zwar hat die Antragsgegnerin das angegriffene Zeichen ohne Zustimmung der Antragstellerin als Bezeichnung für Bekleidungsstücke und damit für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für welche die Verfügungsmarke Schutz genießt; denn die Antragsgegnerin hat über ihren Onlineshop https://c....com Bekleidungsstücke - nämlich Tuniken - unter der Bezeichnung „Tunika Caissa“ beworben und angeboten. Diese Nutzung erfolgte jedoch nicht markenmäßig, weil die hier im Streit stehende Nutzung durch die Antragsgegnerin die Herkunftsfunktion der Verfügungsmarke nicht feststellbar beeinträchtigt. Ebenso wenig beeinträchtigt die konkret angegriffene Zeichennutzung eine andere Markenfunktion, etwa die Qualifikationsfunktion, die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion (vgl. BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 20 – Damen Hose MO; Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 117 m.w.N.).
c. Kann die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens keine der Funktionen der Marke beeinträchtigen, kann der Markeninhaber ihr auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL a.F. (jetzt Art. 10 Abs. 2 lit. a MarkenRL-2015) nicht widersprechen (EuGH GRUR 2010, 841, 842, Rn. 29 – Portakabin/Primakabin). Die Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken verwirklicht keinen der Verletzungstatbestände des Art. 5 Abs. 1 MarkenRL a.F. (EuGH GRUR 2003, 55, 58 Rn. 54 – Arsenal Football Club), genauso wenig wie eine Verwendung, bei der es ausgeschlossen ist, dass die benutzte Marke im Verkehr als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird (EuGH GRUR 2002, 692, 693 Rn.17 – Hölterhoff; vgl. zum Ganzen BGH GRUR 2019, 522, 524 Rn. 24 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 20 – Damen Hose MO).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt eine beeinträchtigende Benutzung des Zeichens vor, wenn es durch den Dritten markenmäßig oder – was dem entspricht – als Marke verwendet wird und diese Verwendung die Funktionen der Marke und insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (BGH GRUR 2013, 1239, 1240 Rn. 20 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; BGH GRUR 2015, 1201, 1208 Rn. 68 – Sparkassen-Rot/Santander-Rot; BGH GRUR 2018, 924, 926 Rn. 25 – ORTLIEB; BGH GRUR 2019, 522, 524 Rn. 25 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 21 – Damen Hose MO). Es geht darum, ob das Zeichen von der Antragsgegnerin für Waren verwendet worden ist, und zwar insbesondere markenmäßig als herkunftsindividualisierendes Kennzeichen (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 125 f.).
aa. Ein markenmäßiger Gebrauch liegt vor, wenn die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung im Rahmen des Waren- oder Leistungsabsatzes in den Augen des angesprochenen Verkehrs jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (BGH GRUR 2009, 1055, 1058 Rn. 49 – airdsl, m.w.N.; zur UMV: BGH GRUR 2017, 520, 522 Rn. 26 – MICRO COTTON; Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 137). Bei der Beurteilung, ob der Verkehr eine Bezeichnung als Herkunftshinweis versteht und in der konkret in Rede stehenden Verwendung eines Zeichens einen Herkunftshinweis sieht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. BGH GRUR 2004, 865, 866 – Mustang; BGH GRUR 2019, 522, 524 Rn. 26 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 22 – Damen Hose MO). Von einer kennzeichenmäßigen Verwendung ist auszugehen, wenn ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in einem Zeichen den Hinweis auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen sieht (BGH GRUR 2009, 484, 489 Rn. 61 – METROBUS; BGH GRUR 2019, 522, 524 Rn. 26 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 22 – Damen Hose MO). Diese Beurteilung obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter.
bb. Nach der noch zum Warenzeichenrecht ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt es für die Frage der zeichenmäßigen Benutzung eines Zeichens nicht auf dessen Zweckbestimmung durch den Verwender, sondern allein darauf an, ob der angesprochene Verkehr das Zeichen auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb versteht (BGH GRUR 1961, 280, 281 – Tosca). Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (BGH GRUR 1988, 307 – Gaby). Diese Grundsätze gelten weiterhin (BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 – Damen Hose MO). Dabei wird die Verkehrsauffassung auch durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (vgl. EuGH GRUR 2008, 698, 700 Rn. 64 – O2/Hutchison; BGH GRUR 2002, 809, 811 – FRÜHSTÜCKS-DRINK I; BGH GRUR 2010, 838, 840 Rn. 20 – DDR-Logo; BGH GRUR 2012, 1040, 1042 Rn. 19 – pjur/pure; BGH GRUR 2017, 520, 522 Rn. 26 – MICRO COTTON; BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 – Damen Hose MO). Bei der Beurteilung, ob eine Modellbezeichnung in Verkaufsangeboten in Katalogen oder im Internet als Herkunftshinweis erkannt wird, sind diese Angebote in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen (BGH GRUR 2019, 522, 527 Rn. 52 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 33 – Damen Hose MO). Abzustellen ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden.
Im Bekleidungssektor gibt es verschiedene Kennzeichnungsgewohnheiten (BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 – Damen Hose MO). Im Modebereich wird der angesprochene Verkehr häufig in der Herstellerangabe den Herkunftshinweis sehen (BGH GRUR 1996, 406, 407 – JUWEL; BGH GRUR 1996, 774, 775 – falke-run/LE RUN; BGH GRUR 1998, 1014, 1015 – ECCO II; BGH GRUR 2004, 865, 866 – Mustang). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Herstellerangabe vorangestellt ist (BGH GRUR 1996, 774, 775 – falke-run/LE RUN) oder in besonderer Weise hervorgehoben ist. Wird in einem Angebot für Bekleidungsstücke neben der Herstellerangabe ein weiteres Zeichen als Modellbezeichnung verwendet, kann deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine solche Modellbezeichnung ebenfalls als Herkunftshinweis verstanden wird (BGH GRUR 2019, 1289, 1293 Rn. 38 – Damen Hose MO). Ob der Verkehr ein auf einem Bekleidungsstück angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft des Bekleidungsstücks oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren. Dagegen wird der Verkehr in Zeichen, die sich auf eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken befinden, regelmäßig einen Herkunftshinweis sehen (BGH GRUR 2018, 932, 934 Rn.18 – #darferdas?; BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 – Damen Hose MO). Wird ein Zeichen auf der Verpackung oder in der Werbung für Bekleidungsstücke verwendet, kann seine blickfangmäßige Herausstellung für eine markenmäßige Verwendung sprechen (vgl. BGH GRUR 2012, 1040, 1042 Rn. 19 – pjur/pure; BGH GRUR 2017, 520, 522 Rn. 26 – MICRO COTTON). Dies kann auch dann angenommen werden, wenn das Zeichen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke verwendet wird, während der angesprochene Verkehr in der Verwendung einer nicht als Marke bekannten Modellbezeichnung an einer unauffälligen Stelle in der Angebotsbeschreibung regelmäßig keine markenmäßige Verwendung sehen wird (BGH GRUR 2019, 522, 527 Rn. 54 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1293 Rn. 35 – Damen Hose MO). Im Allgemeinen wird der Verkehr einem identischen oder ähnlichen Kollisionszeichen auch eher eine kennzeichnende Funktion beimessen, wenn die Klagemarke über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ist jedoch nicht unabdingbare Voraussetzung für die Annahme der markenmäßigen Verwendung des Kollisionszeichens (BGH GRUR 2014, 1101, 1103 Rn. 29 – Gelbe Wörterbücher). Für die Annahme einer kennzeichenmäßigen Verwendung eines Zeichens genügt es andererseits aber auch nicht, dass das Zeichen originär unterscheidungskräftig ist und die konkrete Verwendung nicht glatt beschreibend erfolgt. Erforderlich ist in jedem Einzelfall die Feststellung, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt (BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 und 28 – Damen Hose MO).
cc. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass das streitgegenständliche Zeichen „Caissa“, welches die Antragsgegnerin in der Bezeichnung des konkreten Angebots innerhalb der Gesamtangabe „Tunika Caissa“ (Anlage Ast 6 und Anlage zum Verfügungsantrag) verwendet hat, nach Auffassung des angesprochenen Verkehrs bei Berücksichtigung aller Umstände mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Herkunft des Kleidungsstücks individualisiert. Der angesprochene Verkehr erblickt vielmehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung des Zeichens „Caissa“ keinen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks. Danach wird die Herkunftsfunktion der eingetragenen Marke „caissa“, die keine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufweist, feststellbar nicht beeinträchtigt. Bei der hier verwendeten Angabe „Caissa“ handelt es sich, anders als von der Antragstellerin angenommen, erkennbar lediglich um eine Modellbezeichnung ohne jegliche Herkunftsfunktion. Solche Modellbezeichnungen oder Bestellzeichen dienen (lediglich) dazu, die verschiedenen Waren eines Unternehmens untereinander zu bezeichnen und zu unterscheiden (BGH MDR 1961, 294 juris Rn. 17). Dies gilt insbesondere für den Bestellvorgang und dessen Abwicklung. Derartige Zeichen enthalten aus Sicht des angesprochenen Verkehrs keine Ursprungsangabe.
aaa. Noch zutreffend verweist die Antragstellerin allerdings darauf, dass die weitere Angabe „Tunika“ in der Angebotszeile „Tunika Caissa“ zweifelsfrei lediglich beschreibender Art ist.
bbb. Allerdings suggeriert die nachgestellte Angabe „Caissa“ dem Verbraucher, anders als die Antragstellerin geltend macht, nicht erkennbar, dass das jeweilige Bekleidungsstück aus dem Sortiment der Antragstellerin stamme. Vielmehr bleibt mit dem Landgericht Hamburg festzuhalten, dass es sich hier um ein Verkaufsangebot unter dem blickfangmäßig hervorgehobenen Zeichen „C... FASHION“ handelt. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob dieses Zeichen als Marke eingetragen ist oder nicht. Wie auch die Antragstellerin vorträgt, bezeichnet dieses Zeichen den Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin. Das Unternehmenskennzeichen individualisiert in erster Linie das Unternehmen, mittelbar aber auch die von dem Unternehmen hergestellten und in Verkehr gebrachten Waren bzw. Dienstleistungen (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 5 Rn. 5). Der BGH ist in seiner Rechtsprechung insbesondere zu §§ 5, 15 MarkenG stets davon ausgegangen, dass firmen- und markenmäßige Benutzung infolge der allen Kennzeichenrechten gemeinsamen Herkunftsfunktion ineinander übergehen (BGH GRUR 2004, 512, 514, m.w.N.).
Dementsprechend weist hier auch das Zeichen „C... FASHION“ auf die Herkunft der angebotenen Waren aus dem Betrieb der Antragsgegnerin hin. Die Webseite wird von der Antragsgegnerin betrieben und steht auch nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht Dritten offen. Danach steht das Zeichen „C... FASHION“, wie bereits das Landgericht angenommen hat, für die Antragsgegnerin als Herkunftsquelle der online angebotenen Ware. Diese Individualisierung wird hier erkennbar auch nicht durch andere Umstände gestört.
So wird dem angesprochenen Verkehr bei einem Besuch der Webseite der Antragsgegnerin unmittelbar deutlich, dass auf dieser Seite zum einen, wie die Antragsgegnerin nachvollziehbar ausgeführt hat, grundsätzlich lediglich eigene Produkte der Antragsgegnerin beworben und verkauft werden. Die Antragsgegnerin bietet zum Beispiel unter verschiedenen Bezeichnungen Tuniken an, unter anderem die „Tunika Tayla“, „Tunika Cassy“, „Tunika Annika“, „Tunika Nikita“, „Tunika Alison“, „Tunika Pina“, „Tunika Cynthia“, „Tunika Jessica“, „Tunika Glory“, „Tunika Letia“, „Tunika Josie“ und „Tunika Damini“ (Einblendungen Anlage Ast 12), ohne dass der angesprochene Verkehr den geringsten Anlass hätte anzunehmen, die so bezeichneten Waren stammten jeweils von einem bestimmten anderen Hersteller. Auch die Antragstellerin trägt vor, dass der angesprochene Verkehr wisse, auf welcher Verkaufsplattform er sich befinde. Soweit die Antragsgegnerin daneben Kollaborationen mit anderen Markeninhabern eingeht und solche Waren anbietet, handelt es sich nach dem unwiderlegten Vortrag der Antragsgegnerin lediglich um Einzelfälle betreffend nur zwei Unternehmen (c…-…-… bzw. C…). Vor allem sind aber die entsprechenden Angebote dieser Waren in deutlich abweichender Art und Weise gestaltet. Hier findet sich auf der Webseite angeordnet zwischen der herausgehobenen Bezeichnung des Onlineshops „C... FASHION“ der Antragsgegnerin und dem nachfolgenden konkreten Warenangebot in der Art einer Zwischenüberschrift der klare Hinweis auf eine solche Zusammenarbeit: „C… X COLLOSEUM“ bzw. „C… … C…“ (Anlage Ast 15). Hiermit ist die streitgegenständliche nachgestellte Angabe „Tunika Caissa“ weder vergleichbar noch in irgendeiner Hinsicht zu verwechseln.
ccc. Zum anderen handelt es sich bei den auf der Webseite der Antragsgegnerin genutzten, jeweils der Nennung des Kleidungsstücks nachfolgenden Bezeichnungen nach den Gesamtumständen auch sonst erkennbar nicht um Herkunftshinweise, sondern nur um interne Modellangaben. Der angesprochene Verkehr erkennt sofort, dass der gesamte C...-Webshop so aufgebaut ist, dass jedes beworbene Bekleidungsstück eine mit einer beschreibenden Angabe kombinierte, konkret dieser nachgestellte weitere Bezeichnung aufweist, um dem Kunden aufgrund dieser Zuordnung die Orientierung und damit den Kauf eines Artikels zu erleichtern.
So bietet die Antragsgegnerin zum Beispiel, wie vorstehend ausgeführt, unter verschiedenen Bezeichnungen Tuniken an, unter anderem die „Tunika Tayla“, „Tunika Cassy“, „Tunika Annika“, „Tunika Nikita“, „Tunika Alison“, „Tunika Pina“, „Tunika Cynthia“, „Tunika Jessica“, „Tunika Glory“, „Tunika Letia“, „Tunika Josie“ und „Tunika Damini“ (Einblendungen Anlage Ast 12). Demgegenüber werden unter dem angegriffenen Zeichen „Caissa“, wie bereits das Landgericht im Beschluss vom 28.02.2024 zutreffend ausgeführt hat, nicht vier verschiedene Modelle zum Kauf angeboten, sondern lediglich ein Modell in vier verschiedenen Farbvarianten. Darüber hinaus werden auch die anderen Artikel, zum Beispiel Kleider, Röcke, Hosen, Blazer und Pullover, in dem Webshop entsprechend präsentiert. Allen Artikeln ist gemeinsam, dass sie aus der Kombination einer beschreibenden Angabe für das Bekleidungsstück bzw. für den Artikel und der weiteren nachgestellten Bezeichnung bestehen, etwa „Kleid Ava“, „Kleid Anita“, „Kleid Elisabeth“ „Jeans Elaine“, „Blazer Zoe“, „Jacke Dreams“, „Cardigan Layla“, „Pullover Alexia“, „Hoody Checky“, „Hose Clara“, „Leggins Velvety“, „Rock Leonie“ und „Handschuh Anna“ (Anlage Ast 12). Ausnahmen sind insoweit nicht dargetan worden.
Sehr häufig handelt es sich bei dieser weiteren Bezeichnung zudem um einen - mehr oder weniger bekannten - Vornamen. Entsprechend hat die Antragsgegnerin die Bezeichnung „Tunika Caissa“ verwendet. Auch bei „Caissa“ handelt es sich, wie bereits das Landgericht Hamburg ausgeführt hat, um einen Vornamen, ist dieser im deutschen Sprachraum auch nicht häufig anzutreffen. Dieser Name steht, wie auch dem Senat bekannt ist, gemeinhin für die „Schutzgöttin“ der Schachspieler. In jedem Fall liegt keine reine Fantasiebezeichnung vor. Im Ergebnis ist danach festzuhalten, dass die in jedem Einzelfall gebotene Feststellung, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung des streitgegenständlichen Zeichens einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt, hier nicht getroffen werden kann.
ddd. Eine abweichende Bewertung ist auch für die angegriffene Darstellung eines Google-Suchergebnisses (Anlage Ast 6, Anlage zum Verfügungsantrag) nicht zu treffen. Für die konkrete Darstellung der Angabe „Tunika Caissa“ in der Google-Trefferliste ist die Antragsgegnerin nicht erkennbar verantwortlich. Auch die Antragstellerin trägt hierzu spezifiziert nichts vor.
eee. Soweit die Antragstellerin auf das Urteil des Senats vom 19.03.2020, Az. 5 U 213/15, verweist, erscheint die vorliegende Streitigkeit nicht vergleichbar. Wie die Antragstellerin selbst ausführt, ging es in der dortigen Sache um das Zeichen „Usha“, welches mehreren unterschiedlichen Produkten („USHA BLAZER“, „USHA BERMUDAS“, „USHA ROME HOSE“) vorangestellt war, so dass die Annahme einer Modellbezeichnung dort tatsächlich nicht nahegelegen hat. Mit dem Urteil des BGH vom 11.04.2019, Az. I ZR 108/18 (BGH GRUR 2019, 1289 – Damen Hose MO), hat sich der Senat vorstehend auseinandergesetzt. Dort ging es um ein sich vom vorliegenden Fall unterscheidendes Angebot auf der Handelsplattform „Amazon“ unter der Überschrift „Bench“. Wie vorstehend ausgeführt, ist die Feststellung einer markenmäßigen Benutzung in jedem Einzelfall unter Beachtung der konkreten Gesamtumstände zu treffen.
dd. Weitere Funktionen der Marke der Antragstellerin werden gleichfalls nicht verletzt. Hierzu trägt auch die Antragstellerin spezifiziert nichts weiter vor.
ee. Diese Feststellungen zum Verkehrsverständnis kann der erkennende Senat selbst treffen. Es geht darum, ob der angesprochene Verkehr in Gestalt des durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Ware (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 139) einen Herkunftshinweis erkennt. Zu diesem Verkehr sind im vorliegenden Fall auch die Mitglieder des Senats zu zählen, so dass der Senat aus eigener Kenntnis eine Bewertung vornehmen kann (vgl. BGH GRUR 2019, 522, 525 Rn. 33 – SAM, m.w.N.).
2. Soweit der vorliegende Unterlassungsanspruch jedenfalls erstinstanzlich hilfsweise unter Einbeziehung des Internetseitennamens auf eine Markenverletzung im Sinne der Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gestützt worden ist, ergibt sich keine vom Vorstehenden abweichende Bewertung. Auch insoweit fehlt es an einer feststellbaren markenmäßigen Benutzung des angegriffenen Zeichens. Selbst wenn der angesprochene Verkehr grundsätzlich durchaus an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt ist, spricht im konkreten Fall nichts dafür, dass das Zeichen „Caissa“ als Zweitmarke erfasst wird (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 592, 593 Rn. 14 – bodo Blue Night; BGH GRUR 2017, 1043, 1045 Rn. 30 – Dorzo; BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 48 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 29 – Damen Hose MO). Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Beschluss vom 22.04.2024
5 W 8/24
Das OLG Hamburg hat vorliegend entschieden, dass leine Verletzung der Marke "Caissa" im Bereich Bekleidung durch die Verwendung der Modellbezeichnung "Tunika Caissa" besteht. Es fehlt an einer markenmäßigen Benutzung.
Aus den Entscheidungsgründen:
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der verfolgte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht begründet.
1. Das Landgericht Hamburg hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zutreffend zurückgewiesen, weil jedenfalls der für einen solchen Erlass erforderliche Verfügungsanspruch hier nicht festzustellen ist. Denn der Antragstellerin steht gegenüber der Antragsgegnerin feststellbar kein Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung „Caissa“ zu.
Wie vom Landgericht Hamburg bereits in dem den gestellten Antrag zurückweisenden Beschluss vom 23.02.2024 sowie in dem Beschluss über die Nichtabhilfe vom 28.02.2024 ausgeführt worden ist, ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Verwendung nicht mit jedenfalls überwiegender Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Antragsgegnerin die Bezeichnung „Caissa“ in dem angegriffenen Onlineshop-Angebot markenmäßig genutzt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit im Ausgangspunkt auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Beschlüssen vom 23.02. und 28.02.2024 Bezug genommen. Das Beschwerdevorbringen gibt lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:
a. Zutreffend weist die Antragstellerin allerdings darauf hin, dass vorliegend erstinstanzlich jedenfalls in erster Linie ein Anspruch wegen einer sog. Doppelidentität nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geltend gemacht worden ist. Dies hat das Landgericht indes im Ergebnis nicht verkannt. Denn im Beschluss vom 23.02.2024 hat das Landgericht im Einklang mit der Gesetzeslage und damit zutreffend ausgeführt, dass der Inhaber einer Marke der Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, nur widersprechen kann, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 342, 344 i.V.m. Rn. 119). Eine markenmäßige, nämlich in die Herkunftsfunktion eingreifende, oder auch nur eine andere Funktion der Marke beeinträchtigende Benutzung des angegriffenen Zeichens (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 126) ist hier jedoch nicht mit der erforderlichen jedenfalls überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu erkennen.
b. Zwar hat die Antragsgegnerin das angegriffene Zeichen ohne Zustimmung der Antragstellerin als Bezeichnung für Bekleidungsstücke und damit für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für welche die Verfügungsmarke Schutz genießt; denn die Antragsgegnerin hat über ihren Onlineshop https://c....com Bekleidungsstücke - nämlich Tuniken - unter der Bezeichnung „Tunika Caissa“ beworben und angeboten. Diese Nutzung erfolgte jedoch nicht markenmäßig, weil die hier im Streit stehende Nutzung durch die Antragsgegnerin die Herkunftsfunktion der Verfügungsmarke nicht feststellbar beeinträchtigt. Ebenso wenig beeinträchtigt die konkret angegriffene Zeichennutzung eine andere Markenfunktion, etwa die Qualifikationsfunktion, die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion (vgl. BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 20 – Damen Hose MO; Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 117 m.w.N.).
c. Kann die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens keine der Funktionen der Marke beeinträchtigen, kann der Markeninhaber ihr auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL a.F. (jetzt Art. 10 Abs. 2 lit. a MarkenRL-2015) nicht widersprechen (EuGH GRUR 2010, 841, 842, Rn. 29 – Portakabin/Primakabin). Die Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken verwirklicht keinen der Verletzungstatbestände des Art. 5 Abs. 1 MarkenRL a.F. (EuGH GRUR 2003, 55, 58 Rn. 54 – Arsenal Football Club), genauso wenig wie eine Verwendung, bei der es ausgeschlossen ist, dass die benutzte Marke im Verkehr als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird (EuGH GRUR 2002, 692, 693 Rn.17 – Hölterhoff; vgl. zum Ganzen BGH GRUR 2019, 522, 524 Rn. 24 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 20 – Damen Hose MO).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt eine beeinträchtigende Benutzung des Zeichens vor, wenn es durch den Dritten markenmäßig oder – was dem entspricht – als Marke verwendet wird und diese Verwendung die Funktionen der Marke und insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (BGH GRUR 2013, 1239, 1240 Rn. 20 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; BGH GRUR 2015, 1201, 1208 Rn. 68 – Sparkassen-Rot/Santander-Rot; BGH GRUR 2018, 924, 926 Rn. 25 – ORTLIEB; BGH GRUR 2019, 522, 524 Rn. 25 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 21 – Damen Hose MO). Es geht darum, ob das Zeichen von der Antragsgegnerin für Waren verwendet worden ist, und zwar insbesondere markenmäßig als herkunftsindividualisierendes Kennzeichen (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 125 f.).
aa. Ein markenmäßiger Gebrauch liegt vor, wenn die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung im Rahmen des Waren- oder Leistungsabsatzes in den Augen des angesprochenen Verkehrs jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (BGH GRUR 2009, 1055, 1058 Rn. 49 – airdsl, m.w.N.; zur UMV: BGH GRUR 2017, 520, 522 Rn. 26 – MICRO COTTON; Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 137). Bei der Beurteilung, ob der Verkehr eine Bezeichnung als Herkunftshinweis versteht und in der konkret in Rede stehenden Verwendung eines Zeichens einen Herkunftshinweis sieht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. BGH GRUR 2004, 865, 866 – Mustang; BGH GRUR 2019, 522, 524 Rn. 26 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 22 – Damen Hose MO). Von einer kennzeichenmäßigen Verwendung ist auszugehen, wenn ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in einem Zeichen den Hinweis auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen sieht (BGH GRUR 2009, 484, 489 Rn. 61 – METROBUS; BGH GRUR 2019, 522, 524 Rn. 26 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1291 Rn. 22 – Damen Hose MO). Diese Beurteilung obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter.
bb. Nach der noch zum Warenzeichenrecht ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt es für die Frage der zeichenmäßigen Benutzung eines Zeichens nicht auf dessen Zweckbestimmung durch den Verwender, sondern allein darauf an, ob der angesprochene Verkehr das Zeichen auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb versteht (BGH GRUR 1961, 280, 281 – Tosca). Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (BGH GRUR 1988, 307 – Gaby). Diese Grundsätze gelten weiterhin (BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 – Damen Hose MO). Dabei wird die Verkehrsauffassung auch durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (vgl. EuGH GRUR 2008, 698, 700 Rn. 64 – O2/Hutchison; BGH GRUR 2002, 809, 811 – FRÜHSTÜCKS-DRINK I; BGH GRUR 2010, 838, 840 Rn. 20 – DDR-Logo; BGH GRUR 2012, 1040, 1042 Rn. 19 – pjur/pure; BGH GRUR 2017, 520, 522 Rn. 26 – MICRO COTTON; BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 – Damen Hose MO). Bei der Beurteilung, ob eine Modellbezeichnung in Verkaufsangeboten in Katalogen oder im Internet als Herkunftshinweis erkannt wird, sind diese Angebote in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen (BGH GRUR 2019, 522, 527 Rn. 52 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 33 – Damen Hose MO). Abzustellen ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden.
Im Bekleidungssektor gibt es verschiedene Kennzeichnungsgewohnheiten (BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 – Damen Hose MO). Im Modebereich wird der angesprochene Verkehr häufig in der Herstellerangabe den Herkunftshinweis sehen (BGH GRUR 1996, 406, 407 – JUWEL; BGH GRUR 1996, 774, 775 – falke-run/LE RUN; BGH GRUR 1998, 1014, 1015 – ECCO II; BGH GRUR 2004, 865, 866 – Mustang). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Herstellerangabe vorangestellt ist (BGH GRUR 1996, 774, 775 – falke-run/LE RUN) oder in besonderer Weise hervorgehoben ist. Wird in einem Angebot für Bekleidungsstücke neben der Herstellerangabe ein weiteres Zeichen als Modellbezeichnung verwendet, kann deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine solche Modellbezeichnung ebenfalls als Herkunftshinweis verstanden wird (BGH GRUR 2019, 1289, 1293 Rn. 38 – Damen Hose MO). Ob der Verkehr ein auf einem Bekleidungsstück angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft des Bekleidungsstücks oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren. Dagegen wird der Verkehr in Zeichen, die sich auf eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken befinden, regelmäßig einen Herkunftshinweis sehen (BGH GRUR 2018, 932, 934 Rn.18 – #darferdas?; BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 – Damen Hose MO). Wird ein Zeichen auf der Verpackung oder in der Werbung für Bekleidungsstücke verwendet, kann seine blickfangmäßige Herausstellung für eine markenmäßige Verwendung sprechen (vgl. BGH GRUR 2012, 1040, 1042 Rn. 19 – pjur/pure; BGH GRUR 2017, 520, 522 Rn. 26 – MICRO COTTON). Dies kann auch dann angenommen werden, wenn das Zeichen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke verwendet wird, während der angesprochene Verkehr in der Verwendung einer nicht als Marke bekannten Modellbezeichnung an einer unauffälligen Stelle in der Angebotsbeschreibung regelmäßig keine markenmäßige Verwendung sehen wird (BGH GRUR 2019, 522, 527 Rn. 54 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1293 Rn. 35 – Damen Hose MO). Im Allgemeinen wird der Verkehr einem identischen oder ähnlichen Kollisionszeichen auch eher eine kennzeichnende Funktion beimessen, wenn die Klagemarke über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ist jedoch nicht unabdingbare Voraussetzung für die Annahme der markenmäßigen Verwendung des Kollisionszeichens (BGH GRUR 2014, 1101, 1103 Rn. 29 – Gelbe Wörterbücher). Für die Annahme einer kennzeichenmäßigen Verwendung eines Zeichens genügt es andererseits aber auch nicht, dass das Zeichen originär unterscheidungskräftig ist und die konkrete Verwendung nicht glatt beschreibend erfolgt. Erforderlich ist in jedem Einzelfall die Feststellung, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt (BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 42 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 25 und 28 – Damen Hose MO).
cc. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass das streitgegenständliche Zeichen „Caissa“, welches die Antragsgegnerin in der Bezeichnung des konkreten Angebots innerhalb der Gesamtangabe „Tunika Caissa“ (Anlage Ast 6 und Anlage zum Verfügungsantrag) verwendet hat, nach Auffassung des angesprochenen Verkehrs bei Berücksichtigung aller Umstände mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Herkunft des Kleidungsstücks individualisiert. Der angesprochene Verkehr erblickt vielmehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung des Zeichens „Caissa“ keinen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks. Danach wird die Herkunftsfunktion der eingetragenen Marke „caissa“, die keine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufweist, feststellbar nicht beeinträchtigt. Bei der hier verwendeten Angabe „Caissa“ handelt es sich, anders als von der Antragstellerin angenommen, erkennbar lediglich um eine Modellbezeichnung ohne jegliche Herkunftsfunktion. Solche Modellbezeichnungen oder Bestellzeichen dienen (lediglich) dazu, die verschiedenen Waren eines Unternehmens untereinander zu bezeichnen und zu unterscheiden (BGH MDR 1961, 294 juris Rn. 17). Dies gilt insbesondere für den Bestellvorgang und dessen Abwicklung. Derartige Zeichen enthalten aus Sicht des angesprochenen Verkehrs keine Ursprungsangabe.
aaa. Noch zutreffend verweist die Antragstellerin allerdings darauf, dass die weitere Angabe „Tunika“ in der Angebotszeile „Tunika Caissa“ zweifelsfrei lediglich beschreibender Art ist.
bbb. Allerdings suggeriert die nachgestellte Angabe „Caissa“ dem Verbraucher, anders als die Antragstellerin geltend macht, nicht erkennbar, dass das jeweilige Bekleidungsstück aus dem Sortiment der Antragstellerin stamme. Vielmehr bleibt mit dem Landgericht Hamburg festzuhalten, dass es sich hier um ein Verkaufsangebot unter dem blickfangmäßig hervorgehobenen Zeichen „C... FASHION“ handelt. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob dieses Zeichen als Marke eingetragen ist oder nicht. Wie auch die Antragstellerin vorträgt, bezeichnet dieses Zeichen den Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin. Das Unternehmenskennzeichen individualisiert in erster Linie das Unternehmen, mittelbar aber auch die von dem Unternehmen hergestellten und in Verkehr gebrachten Waren bzw. Dienstleistungen (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 5 Rn. 5). Der BGH ist in seiner Rechtsprechung insbesondere zu §§ 5, 15 MarkenG stets davon ausgegangen, dass firmen- und markenmäßige Benutzung infolge der allen Kennzeichenrechten gemeinsamen Herkunftsfunktion ineinander übergehen (BGH GRUR 2004, 512, 514, m.w.N.).
Dementsprechend weist hier auch das Zeichen „C... FASHION“ auf die Herkunft der angebotenen Waren aus dem Betrieb der Antragsgegnerin hin. Die Webseite wird von der Antragsgegnerin betrieben und steht auch nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht Dritten offen. Danach steht das Zeichen „C... FASHION“, wie bereits das Landgericht angenommen hat, für die Antragsgegnerin als Herkunftsquelle der online angebotenen Ware. Diese Individualisierung wird hier erkennbar auch nicht durch andere Umstände gestört.
So wird dem angesprochenen Verkehr bei einem Besuch der Webseite der Antragsgegnerin unmittelbar deutlich, dass auf dieser Seite zum einen, wie die Antragsgegnerin nachvollziehbar ausgeführt hat, grundsätzlich lediglich eigene Produkte der Antragsgegnerin beworben und verkauft werden. Die Antragsgegnerin bietet zum Beispiel unter verschiedenen Bezeichnungen Tuniken an, unter anderem die „Tunika Tayla“, „Tunika Cassy“, „Tunika Annika“, „Tunika Nikita“, „Tunika Alison“, „Tunika Pina“, „Tunika Cynthia“, „Tunika Jessica“, „Tunika Glory“, „Tunika Letia“, „Tunika Josie“ und „Tunika Damini“ (Einblendungen Anlage Ast 12), ohne dass der angesprochene Verkehr den geringsten Anlass hätte anzunehmen, die so bezeichneten Waren stammten jeweils von einem bestimmten anderen Hersteller. Auch die Antragstellerin trägt vor, dass der angesprochene Verkehr wisse, auf welcher Verkaufsplattform er sich befinde. Soweit die Antragsgegnerin daneben Kollaborationen mit anderen Markeninhabern eingeht und solche Waren anbietet, handelt es sich nach dem unwiderlegten Vortrag der Antragsgegnerin lediglich um Einzelfälle betreffend nur zwei Unternehmen (c…-…-… bzw. C…). Vor allem sind aber die entsprechenden Angebote dieser Waren in deutlich abweichender Art und Weise gestaltet. Hier findet sich auf der Webseite angeordnet zwischen der herausgehobenen Bezeichnung des Onlineshops „C... FASHION“ der Antragsgegnerin und dem nachfolgenden konkreten Warenangebot in der Art einer Zwischenüberschrift der klare Hinweis auf eine solche Zusammenarbeit: „C… X COLLOSEUM“ bzw. „C… … C…“ (Anlage Ast 15). Hiermit ist die streitgegenständliche nachgestellte Angabe „Tunika Caissa“ weder vergleichbar noch in irgendeiner Hinsicht zu verwechseln.
ccc. Zum anderen handelt es sich bei den auf der Webseite der Antragsgegnerin genutzten, jeweils der Nennung des Kleidungsstücks nachfolgenden Bezeichnungen nach den Gesamtumständen auch sonst erkennbar nicht um Herkunftshinweise, sondern nur um interne Modellangaben. Der angesprochene Verkehr erkennt sofort, dass der gesamte C...-Webshop so aufgebaut ist, dass jedes beworbene Bekleidungsstück eine mit einer beschreibenden Angabe kombinierte, konkret dieser nachgestellte weitere Bezeichnung aufweist, um dem Kunden aufgrund dieser Zuordnung die Orientierung und damit den Kauf eines Artikels zu erleichtern.
So bietet die Antragsgegnerin zum Beispiel, wie vorstehend ausgeführt, unter verschiedenen Bezeichnungen Tuniken an, unter anderem die „Tunika Tayla“, „Tunika Cassy“, „Tunika Annika“, „Tunika Nikita“, „Tunika Alison“, „Tunika Pina“, „Tunika Cynthia“, „Tunika Jessica“, „Tunika Glory“, „Tunika Letia“, „Tunika Josie“ und „Tunika Damini“ (Einblendungen Anlage Ast 12). Demgegenüber werden unter dem angegriffenen Zeichen „Caissa“, wie bereits das Landgericht im Beschluss vom 28.02.2024 zutreffend ausgeführt hat, nicht vier verschiedene Modelle zum Kauf angeboten, sondern lediglich ein Modell in vier verschiedenen Farbvarianten. Darüber hinaus werden auch die anderen Artikel, zum Beispiel Kleider, Röcke, Hosen, Blazer und Pullover, in dem Webshop entsprechend präsentiert. Allen Artikeln ist gemeinsam, dass sie aus der Kombination einer beschreibenden Angabe für das Bekleidungsstück bzw. für den Artikel und der weiteren nachgestellten Bezeichnung bestehen, etwa „Kleid Ava“, „Kleid Anita“, „Kleid Elisabeth“ „Jeans Elaine“, „Blazer Zoe“, „Jacke Dreams“, „Cardigan Layla“, „Pullover Alexia“, „Hoody Checky“, „Hose Clara“, „Leggins Velvety“, „Rock Leonie“ und „Handschuh Anna“ (Anlage Ast 12). Ausnahmen sind insoweit nicht dargetan worden.
Sehr häufig handelt es sich bei dieser weiteren Bezeichnung zudem um einen - mehr oder weniger bekannten - Vornamen. Entsprechend hat die Antragsgegnerin die Bezeichnung „Tunika Caissa“ verwendet. Auch bei „Caissa“ handelt es sich, wie bereits das Landgericht Hamburg ausgeführt hat, um einen Vornamen, ist dieser im deutschen Sprachraum auch nicht häufig anzutreffen. Dieser Name steht, wie auch dem Senat bekannt ist, gemeinhin für die „Schutzgöttin“ der Schachspieler. In jedem Fall liegt keine reine Fantasiebezeichnung vor. Im Ergebnis ist danach festzuhalten, dass die in jedem Einzelfall gebotene Feststellung, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung des streitgegenständlichen Zeichens einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt, hier nicht getroffen werden kann.
ddd. Eine abweichende Bewertung ist auch für die angegriffene Darstellung eines Google-Suchergebnisses (Anlage Ast 6, Anlage zum Verfügungsantrag) nicht zu treffen. Für die konkrete Darstellung der Angabe „Tunika Caissa“ in der Google-Trefferliste ist die Antragsgegnerin nicht erkennbar verantwortlich. Auch die Antragstellerin trägt hierzu spezifiziert nichts vor.
eee. Soweit die Antragstellerin auf das Urteil des Senats vom 19.03.2020, Az. 5 U 213/15, verweist, erscheint die vorliegende Streitigkeit nicht vergleichbar. Wie die Antragstellerin selbst ausführt, ging es in der dortigen Sache um das Zeichen „Usha“, welches mehreren unterschiedlichen Produkten („USHA BLAZER“, „USHA BERMUDAS“, „USHA ROME HOSE“) vorangestellt war, so dass die Annahme einer Modellbezeichnung dort tatsächlich nicht nahegelegen hat. Mit dem Urteil des BGH vom 11.04.2019, Az. I ZR 108/18 (BGH GRUR 2019, 1289 – Damen Hose MO), hat sich der Senat vorstehend auseinandergesetzt. Dort ging es um ein sich vom vorliegenden Fall unterscheidendes Angebot auf der Handelsplattform „Amazon“ unter der Überschrift „Bench“. Wie vorstehend ausgeführt, ist die Feststellung einer markenmäßigen Benutzung in jedem Einzelfall unter Beachtung der konkreten Gesamtumstände zu treffen.
dd. Weitere Funktionen der Marke der Antragstellerin werden gleichfalls nicht verletzt. Hierzu trägt auch die Antragstellerin spezifiziert nichts weiter vor.
ee. Diese Feststellungen zum Verkehrsverständnis kann der erkennende Senat selbst treffen. Es geht darum, ob der angesprochene Verkehr in Gestalt des durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Ware (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 14. Aufl., § 14 Rn. 139) einen Herkunftshinweis erkennt. Zu diesem Verkehr sind im vorliegenden Fall auch die Mitglieder des Senats zu zählen, so dass der Senat aus eigener Kenntnis eine Bewertung vornehmen kann (vgl. BGH GRUR 2019, 522, 525 Rn. 33 – SAM, m.w.N.).
2. Soweit der vorliegende Unterlassungsanspruch jedenfalls erstinstanzlich hilfsweise unter Einbeziehung des Internetseitennamens auf eine Markenverletzung im Sinne der Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gestützt worden ist, ergibt sich keine vom Vorstehenden abweichende Bewertung. Auch insoweit fehlt es an einer feststellbaren markenmäßigen Benutzung des angegriffenen Zeichens. Selbst wenn der angesprochene Verkehr grundsätzlich durchaus an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt ist, spricht im konkreten Fall nichts dafür, dass das Zeichen „Caissa“ als Zweitmarke erfasst wird (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 592, 593 Rn. 14 – bodo Blue Night; BGH GRUR 2017, 1043, 1045 Rn. 30 – Dorzo; BGH GRUR 2019, 522, 526 Rn. 48 – SAM; BGH GRUR 2019, 1289, 1292 Rn. 29 – Damen Hose MO). Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen
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