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BMJ: Entwurf - Justizstandort-Stärkungsgesetz - Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit

Das BMJ hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit (Justizstandort-Stärkungsgesetz) vorgelegt.

Aus dem Entwurf:
A. Problem und Ziel
Deutschland ist ein bedeutender Wirtschaftsstandort in Europa und in der Welt. Die Geschäftsbeziehungen der in Deutschland tätigen Unternehmen sind vielfältig und international. Das führt zwangsläufig zu Wirtschaftsstreitigkeiten, die in Zeiten globaler Lieferketten und internationalen Warenverkehrs häufig auch Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmen verschiedener Staaten betreffen. Für große Wirtschaftsstreitigkeiten bietet die ordentliche Gerichtsbarkeit in Deutschland insgesamt nur eingeschränkt zeitgemäße Verfahrensmöglichkeiten an. In der Folge werden solche Streitigkeiten vermehrt in anderen Rechtsordnungen oder innerhalb der privaten Schiedsgerichtsbarkeit geführt. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer Stärkung des Justiz- und Wirtschaftsstandorts Deutschland. Parteien von privatrechtlichen Wirtschaftsstreitigkeiten sollen Verfahren künftig vollständig in englischer Sprache führen können. Außerdem soll den Parteien von großen privatrechtlichen Wirtschaftsstreitigkeiten ein attraktives Gesamtpaket für das Verfahren angeboten werden, damit sich Deutschland dem Wettbewerb mit anerkannten ausländischen Handelsgerichten und Schiedsgerichten stellen kann. Insbesondere Unternehmen mit starker Exportorientierung werden davon profitieren. Insgesamt wird ein an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiertes, schnelles, effizientes und attraktives Gerichtsverfahren angeboten werden. Zugleich soll der Gerichtsstandort Deutschland dadurch auch international an Anerkennung und Sichtbarkeit gewinnen und die notwendige Rechtsfortbildung im Bereich des Wirtschaftszivilrechts soll gestärkt werden.

B. Lösung
Um bessere Rahmenbedingungen für einen attraktiven Justizstandort Deutschland zu gewährleisten, sind folgende Änderungen angezeigt:

Zunächst ist den Ländern die Möglichkeit zu eröffnen, die landgerichtlichen Zivilverfahren im Bereich der Wirtschaftszivilsachen für die Gerichtssprache Englisch zu öffnen.

Ferner wird den Ländern die Befugnis eingeräumt, einen Commercial Court an einem Oberlandesgericht (OLG) oder einem Obersten Landesgericht einzurichten. Dabei handelt es sich um einen oder mehrere Zivilsenate, vor dem bzw. denen Wirtschaftszivilsachen ab einem Streitwert von einer Million Euro erstinstanzlich geführt werden können, sofern sich die Parteien auf die erstinstanzliche Anrufung des Commercial Courts verständigt haben. Die Commercial Courts werden das Verfahren – je nach Vereinbarung der Parteien – entweder in deutscher oder in englischer Sprache führen. Für die genannten Verfahren wird zudem die bereits aus der Schiedsgerichtsbarkeit bekannte Möglichkeit der Erstellung eines Wortprotokolls eröffnet.

Gegen erstinstanzliche Entscheidungen der Commercial Courts wird die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) eröffnet sein. Eine umfassende Verfahrensführung in der englischen Sprache soll – im Einvernehmen mit dem zuständigen Senat des BGH – auch in der Revision möglich sein.

Überdies sollen von der Möglichkeit, bei der Verhandlung über Geschäftsgeheimnisse die Öffentlichkeit auszuschließen und den Verfahrensgegner verstärkt zur Diskretion über die erlangten Erkenntnisse zu verpflichten, künftig sämtliche Parteien in der Zivilgerichtsbarkeit profitieren.

Durch diese Maßnahmen wird der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung entsprochen, die insbesondere in Ziel 16 verlangt: „Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung (zu) fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz (zu) ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen auf(zu)bauen".