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OLG Hamburg: Zur Darlegungs- und Beweislast bezüglich Umfang der Einwilligung bei E-Mail-Werbung wenn sich Empfänger bei Immobilienportal angemeldet hat

OLG Hamburg
Urteil vom 25.01.2018
3 U 122/17


Aus den Entscheidungsgründen:

b) Die Antragstellerin hat darüber hinaus nicht ausreichend dargelegt, dass ein Verstoß gegen § 7 I, II Nr. 3 UWG vorliegt.

Gemäß § 7 I 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Dies gilt gemäß § 7 I 2 UWG insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht. Gemäß § 7 II Nr. 3 UWG ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Die Regelung des § 7 II Nr. 3 UWG stellt eine Spezialregelung zu § 7 I 2 UWG dar (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, aaO, § 7 Rn. 32b).

Die Antragstellerin hat vorliegend nicht ausreichend dargelegt, dass keine ausdrückliche Einwilligung der Adressaten der E-Mails vorliegt. Zwar trägt die Antragsgegnerin grundsätzlich für die Einwilligung die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, GRUR 2011, 936, Rn. 31f – Double-opt-in-Verfahren; Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, aaO, § 7 Rn. 189; Ohly in: Ohly/Sosnitza, aaO, 7. Auflage 2016, § 7 Rn. 72). Dies gilt jedoch nur eingeschränkt, wenn die Zusendung von E-Mails über ein unabhängiges Immobiliensuchportal in Frage steht, bei dem der Interessent – wie vorliegend der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin – einen eigenen Suchauftrag erstellt hat, die Zusendung von E-Mails gerade der Hauptzweck des Services ist und damit die Antragstellerin den Umfang der ihm zugesendeten E-Mails maßgeblich vorgibt. In diesem Fall obliegt es der Antragstellerin in einem ersten Schritt, die Funktionsweise des Immobilienportals, den Umfang des Suchauftrags und die bei Erteilung des Suchauftrags eingegangenen Konditionen (AGB, Datenschutzerklärung) bezogen auf eine Einwilligung zur Zusendung von werbenden E-Mails darzulegen. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von Fällen, in denen der Werbende selbst Werbe-E-Mails an Interessenten versendet, denn dort ist nicht der Wettbewerber, sondern nur der Werbende in der Lage, die erteilte Einwilligung des Empfängers der E-Mail darzulegen. Erst auf der Grundlage dieser Darlegungen kann festgestellt werden, ob der Suchauftrag und die darin erklärte Einwilligung die Zusendung einer E-Mail rechtfertigt oder ob sich die Zusendung einer E-Mail außerhalb dieses Rahmens der Einwilligung bewegt.

Im vorliegenden Fall kann auch nicht unterstellt werden, dass Ziffer 9.4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach verkaufte oder vermietete Immobilien innerhalb von 5 Tagen in der Datenbank zu deaktivieren sind (vgl. Anlage AS 6), den Umfang der Einwilligung des Interessenten bei Erteilung des Suchauftrags zutreffend wiedergeben.Dies gilt vorliegend schon deswegen, weil die Antragsgegnerin bestritten hat, die beiden Immobilien in Kassel-West und Kassel-Niederzwehren direkt bei immonet.de aufgegeben zu haben, so dass bereits nicht feststeht, dass die Antragsgegnerin sich danach verpflichtet hat, verkaufte oder vermietete Immobilien innerhalb von 5 Tagen zu deaktivieren. Im Ergebnis ist vorliegend mangels näheren Vortrags der Antragstellerin zum Umfang der Einwilligung eine Feststellung, dass die Zusendung von E-Mails nicht von der Einwilligung gedeckt ist, nicht möglich.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG München: Arzt hat keinen Anspruch auf Wiederveröffentlichung einer positiven Bewertung bei Jameda wenn Zweifel an der Authentizität bestehen und nicht hinreichend ausgeräumt werden

LG München
Urteil vom 16.04.2019
33 O 6880/19


Das LG München hat entschieden, dass ein Arzt keinen Anspruch auf Wiederveröffentlichung einer positiven Bewertung bei Jameda hat, wenn Zweifel an der Authentizität bestehen und vom Arzt nicht hinreichend ausgeräumt werden

Die Pressemitteilung des Gerichts:

JAMEDA: Anspruch auf Wiederveröffentlichung positiver Bewertungen?

Die insbesondere für das Marken- und das Wettbewerbsrecht zuständige 33. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute die Klage eines Zahnarztes gegen ein Internetbewertungsportal für Ärzte auf Wiederveröffentlichung gelöschter positiver Bewertungen abgewiesen (33 O 6880/18).

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Bis zum 28.12.2017 hatte der Kläger auf dem Portal insgesamt 60 Bewertungen und eine Gesamtnote 1,5. Am 10.01.2018 kündigte er sein „Premium Paket Gold“ bei der Beklagten. Im Zeitraum vom 11. bis 18.01.2018 löschte die Beklagte 10 zugunsten des Klägers abgegebene Bewertungen, weil – nach Darstellung der Beklagten – Prüfverfahren über die Validität der Bewertungen negativ verlaufen seien. Am 18.01.2018 waren für den Kläger noch 51 Bewertungen und eine Gesamtnote 1,6 abrufbar.

Der Arzt konnte nicht zur Überzeugung der Kammer nachweisen, dass, wie von ihm behauptet, die Löschungen als Reaktion auf seine Kündigung erfolgt seien. Der zeitliche Zusammenhang allein genügte nach Auffassung der Kammer hierfür nicht, weil die Beklagte unbestritten bereits in der Vergangenheit positive Bewertungen des Klägers aufgrund eines negativ verlaufenen Prüfverfahrens gelöscht hatte. Weitere belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Löschungen nicht ausschließlich der Qualitätswahrung der auf dem Portal eingestellten Bewertungen dienten, sondern den Kläger sanktionieren sollten, waren weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auch im Übrigen lagen nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen für eine Wiederveröffentlichung der gelöschten positiven Bewertungen nicht vor. Die Kammer hat für den Anspruch auf Wiederveröffentlichung gelöschter positiver Bewertungen die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze für den (spiegelbildlichen) Anspruch auf Löschung negativer Bewertungen (BGH, Urteil vom 1.3.2016, Az: VI ZR 34/15 – „www.jameda.de“) herangezogen und auf die vorliegende umgekehrte Konstellation übertragen. Danach hat zunächst der klagende Arzt den behaupteten Rechtsverstoß konkret zu rügen. Nur eine hinreichend konkrete Rüge einer behaupteten Rechtsverletzung löst sodann eine Prüfpflicht des beklagten Bewertungsportals aus, an die strenge Anforderungen zu stellen sind. Darlegungs- und beweisbelastet für die Unrichtigkeit der Löschung und damit für die Validität der Bewertung ist jedoch zunächst der klagende Arzt, die Beklagte trifft allerdings eine sog. sekundäre Darlegungslast.

Im Streitfall bedeutet dies, dass es zunächst dem Kläger oblegen hätte, konkret, wenn auch ggf. anonymisiert, zur Validität jeder einzelnen Bewertung und zum jeweiligen Behandlungskontakt auszuführen. Dabei durfte sich der Kläger nach Auffassung der Kammer nicht darauf zurückziehen, es sei ihm nicht möglich, hierzu im Einzelnen vorzutragen. Denn die im Streitfall auszugsweise vorgelegten Bewertungen enthalten eine Reihe von Anhaltspunkten, anhand derer er die Person des Bewertenden feststellen oder zumindest eingrenzen hätte können. Die Beklagte hat demgegenüber im Einzelnen dazu Stellung genommen, wie und warum sie zu der Auffassung gelangt ist, dass sie die Validität der streitgegenständlichen Bewertungen nicht gewährleisten könne. So hat die Beklagte ausgeführt, dass sie zur Qualitätswahrung und zur Validitätsprüfung der auf ihrem Bewertungsportal eingestellten Bewertungen einen automatischen, selbstlernenden Prüfalgorithmus einsetze, dessen Verdachtsmeldungen von ihrem aus 20 Mitarbeitern bestehenden Qualitätsmanagementteam nochmals geprüft würden. Darüber hinaus hat die Beklagte dem Gericht dargelegt, dass eine anschließende zur Prüfung der Validität der Bewertungen durchgeführte SMS-Verifikation im Hinblick auf acht der streitgegenständlichen Bewertungen negativ verlaufen sei. Hinsichtlich der beiden weiteren Bewertungen seien sodann sämtliche weiteren Versuche, mit dem Nutzer in Kontakt zu treten, gescheitert, weshalb letztlich auch diese Bewertungen gelöscht worden seien, weil sich deren Validität nicht bestätigen habe lassen.

Darüber hinaus war – so das Landgericht München I – auch die Eingriffsintensität im Streitfall derart gering, dass die Kammer eine relevante Schädigung des Klägers ausschließen konnte. Denn nach der Löschung der von der Beklagten als nicht valide eingestuften zehn Bewertungen blieben zum Profil des Klägers immer noch 51 Bewertungen abrufbar, und die Gesamtnote des Klägers sank durch die Löschung nur unmaßgeblich um 0,1 ab, nämlich von 1,5 am 11.01.2018 auf 1,6 am 18.01.2018.

Die Kammer hat bei ihrer Abwägung sowohl das Recht auf freie Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG auf Seiten des Klägers als auch die Meinungs- und Medienfreiheit im Sinne von
Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG sowie die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG auf Seiten der Beklagten berücksichtigt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.