Skip to content

OLG Hamm: Keine Sachmangel durch Navigationsgerät in Land Rover Discovery wegen Speicherung personenbezogener Daten

OLG Hamm
Hinweisbeschluss vom 02.07.2015
28 U 46/15


Das OLG Hamm hat in einem Hinweisbeschluss dargelegt, dass das Navigationsgerät im Land Rover Discovery wegen der Speicherung personenbezogener Daten und Routendaten keinen Sachmangel darstellt. Eine ggf. unzulässige Datenweiterleitung findet laut Gutachten nicht statt.

Aus den Gründen:

"3. Der Beklagte durfte die Abnahme des Land Rover ####### auch nicht deshalb ablehnen, weil das Fahrzeug i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB als mangelhaft anzusehen gewesen wäre.

Das Landgericht konnte sich nach den Feststellungen des Sachverständigen mit Recht die Überzeugung bilden, dass das angebotene Fahrzeug keinen Mangel aufwies. Es bestehen keine Anhaltspunkte i.S.d. § 529 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vom Landgericht getroffenen Feststellungen gebieten.

a) Soweit in der Berufungsbegründung ausgeführt wird, der Kfz-Sachverständige Dr.-Ing. C sei wegen fehlender Sachkunde nicht in der Lage gewesen, die aufgeworfenen schwierigen EDV-technischen Fragen zu beantworten, bietet dies keinen Anlass, ein weiteres Gutachten durch einen anderen Sachverständigen erstellen zu lassen (§ 412 ZPO).

Der Sachverständige Dr. C ist dem Senat seit Jahren bekannt; er konnte sich in unterschiedlichste technische Fragestellungen einarbeiten und diese überzeugend bearbeiten. Zu dem Tätigkeitsfeld eines Kfz-Sachverständigen gehört in den letzten Jahren auch zunehmend der Bereich der Fahrzeugelektronik, so dass dieses Sachgebiet für den Sachverständigen Dr. C nicht fremd ist. Im Übrigen konnte der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Gutachtenerstattung vor dem Landgericht auch die Nachfragen des Beklagten beantworten. Selbst mit der Berufung werden keine inhaltlichen Fehler bei der Beantwortung der Beweisfragen aufgezeigt.

Der Beklagte verweist zwar auf eine – vermeintliche – inhaltliche Widersprüchlichkeit, weil der Sachverständige doch selbst auf Bl. 77 d.A. oben Folgendes ausgeführt habe: „Der Permanent-Speicher sitzt nicht direkt im Navi-Gerät, sondern im Fahrzeug selbst.“ Allerdings beruht dies offenbar auf einem Missverständnis der Sitzungsniederschrift, denn die zitierte Passage beinhaltet eine wörtliche Wiedergabe der Behauptungen des „Klägers“ –gemeint wohl: des Beklagten – bei der Anhörung. Diese Mutmaßungen wurden aber gerade durch die nachfolgenden Ausführungen des Sachverständigen widerlegt.

b) Soweit der Beklagte beanstandet, dass der Sachverständige das verkaufte Fahrzeug gar nicht untersucht, sondern seine Erörterungen auf ein bei ebay gekauftes Navigationsgerät beschränkt habe, greift dieser Einwand nicht durch.

Der Vortrag des Beklagten geht nicht dahin, dass einzig und allein der ihm angebotene Land Rover über Vorrichtungen zum Ausspähen und zur Permanentspeicherung seiner persönlichen Daten verfügt habe, sondern der Beklagte behauptet, diese Datenspeicherung hänge bauartbedingt damit zusammen, dass das Navigationsgerät Daten über die zeitliche und örtliche Befindlichkeit des Fahrzeugs empfange, die anschließend in bestimmten Bauteilen des Fahrzeugs für ihn unzugänglich abgelegt würden.

Vor diesem Hintergrund war das Vorgehen des Kfz-Sachverständigen Dr.-Ing. C durchaus sachgerecht, der Frage nachzugehen, welche Bauteile das Navigationsgerät aufweist, das in Fahrzeugen vom Typ Land Rover ####### Verwendung findet. Der Sachverständige hat diese Bauteile bei seiner Anhörung im Einzelnen aufgeführt und ergänzt, dass im Navigationsgerät selbst allenfalls das Flash-Modul (64 MB) als Speicher für eingehende Daten über den Fahrzeugstandort in Betracht komme. Eine Vorrichtung, nach der diese Daten an andere Bauteile des Fahrzeugs weitergeleitet würden, konnte der Sachverständige nicht feststellen. Der Sachverständige hielt eine solche Datenweiterleitung technisch auch nicht für plausibel, weil diese Daten z.B. für eine Fehlerauswertung nicht relevant seien. Nach der Feststellung des Sachverständigen ist die vom Beklagten vermutete Permanentspeicherung allenfalls mittels CD möglich. Solche CD-Laufwerke seien aber weder in Steuergeräten noch in Navigationssystemen verbaut.

c) Im Übrigen ist der mit der Berufungsbegründung weiterverfolgte Ansatz des Beklagten, eine Datenspeicherung im Fahrzeug sei wegen eines Verstoßes gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung per se als Sachmangel anzusehen, ohnehin verfehlt. Denn der Beklagte sollte das Fahrzeug, in dem nach seiner Einschätzung Daten abgelegt werden, übereignet bekommen, so dass er darüber selbst verfügen konnte. Ähnlich verhält es sich bei der Anschaffung eines Computers oder eines Smartphones, bei denen ebenfalls Daten der Nutzer gespeichert werden, ohne dass dieser Umstand einen technischen Fehler dieser Geräte bedeutet.

Vor diesem Hintergrund verfängt auch der erstinstanzliche Verweis auf eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung oder etwaige Verstöße gegen das Bundesdatenschutzgesetz nicht.

Allenfalls wenn eine nicht beeinflussbare Weiterleitung personenbezogener Daten von dem Fahrzeug an unbefugte Dritte zu befürchten stünde, wäre in Erwägung zu ziehen, ob dies eine Beschaffenheit ausmacht, die bei vergleichbaren Fahrzeugen nicht üblich ist und die ein Käufer nicht erwarten muss (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Eine solche Negativabweichung ist aber nach den Feststellungen des Sachverständigen auszuschließen, weil es nicht zu einer Permanentspeicherung persönlicher Daten des Fahrzeugnutzers kommt und das Navigationsgerät auch keine Schnittstellen im Sinne von WLAN oder Bluetooth aufweist, die eine Datenabfrage von außen ermöglichen würden. Der Sachverständige hält vielmehr fest, dass in dem verkauften Land Rover elektronische Teile verbaut seien, die auch bei anderen Fahrzeugherstellern (Ford, Jaguar, Mazda, Volvo) verwendet würden. Daraus konnte das Landgerichts rechtsfehlerfrei die Schlussfolgerung ziehen, dass der dem Beklagten angebotene PKW dem technischen Stand der Automobilindustrie entsprach.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: