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OLG Frankfurt: Keine wettbewerbswidrige Irreführung wenn Retroblechschilder mit Hinweis auf fehlende Lizenz des Markeninhabers angeboten werden

OLG Frankfurt
Urteil vom 10.10.2022
6 W 61/22


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass keine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn Retroblechschilder mit einem Hinweis auf die fehlende Lizenz des Markeninhabers angeboten werden. Etwaige markenrechtliche Ansprüche waren nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Aus den Entscheidungsgründen:
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein Verfügungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1 und 3, 3 Abs. 1 UWG unter - hier aufgrund der Antragsbegründung allein zu prüfenden - Irreführungsaspekten nicht besteht, insbesondere nicht nach § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG (Fassung bis Mai 2022), wie die Antragstellerin meint.

Das streitbefangene Angebot richtet sich an Endverbraucher, die an nostalgischen Blechschildern als Dekorationsartikel interessiert sind, also an den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher mit situationsadäquater Aufmerksamkeit (zum Verbraucherleitbild vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 40. Aufl., § 5 Rn 1.76 - m.w.N.). Dieser Verkehrskreis unterliegt wegen in dem Angebot angebrachten Hinweises keinem Irrtum über wesentliche Informationen bzw. wesentliche Merkmale des angebotenen Blechschilds.

Dabei kann zugunsten der Antragstellerin angenommen werden, dass durch die fehlende Zustimmung der Markeninhaberin zur Benutzung der Kennzeichen auf dem streitbefangenen Blechschild dessen „Verkehrsfähigkeit“ beeinträchtigt wird und nicht nur eine (erlaubte) beschreibende Verwendung im Sinne des MarkenG vorliegt. Allerdings dürfte der Antrag insoweit schon nicht bestimmt genug sein, da die fehlende Verkehrsfähigkeit von Produkten auch aufgrund anderer Umstände - z.B. wegen einer Beschädigung - ergeben könnte.

Aufgrund des mit dem Angebot gegebenen Hinweises „Weder das Produkt noch der Hersteller stehen in einer direkten Vertrags- oder Lizenzbeziehung zum Markeninhaber“ versteht der angesprochene Verkehr gleichwohl ohne weiteres, dass die auf dem streitbefangenen Blechschild abgebildeten Kennzeichen ohne Zustimmung der Markeninhaberin aufgebracht wurden, sie die Benutzung der Kennzeichen also nicht lizenziert hat, soweit der Verkehr die rechtliche Bedeutung und Tragweite einer Lizenz überhaupt wird einschätzen können.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist es unschädlich, dass der erste Teil des Hinweises („Retro-Blechschild … als rein dekoratives Element. Alle abgebildeten Kennzeichen werden nicht markenmäßig, sondern ausschließlich beschreibende verwendet.“) ggf. eine unzutreffende Rechtsauffassung oder - wie die Antragstellerin meint - Verharmlosung enthält. Der durchschnittlich informierte Verbraucher wird nämlich gar nichts mit der Aussage „nicht markenmäßig, sondern ausschließlich beschreibend“ anfangen können, wie die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift selbst ausführt. Entscheidend ist für ihn vielmehr der letzte Satz des Hinweises. Danach wird er davon ausgehen, dass die Markeninhaberin dem Angebot und dem Absatz des Blechschildes nicht zugestimmt hat und damit - nach Lesart der Antragstellerin - dessen Verkehrsfähigkeit insoweit eingeschränkt ist, als er damit rechnen muss, dass die Markeninhaberin eventuelle Markenrechte gegen ihn geltend machen könnte.

Klarstellend sei erwähnt, dass eventuelle markenrechtliche Ansprüche der Markeninhaberin (zu den Fällen der post-sale confusion vgl.: EuGH, Urteil vom 12.11.2002 C-206/01 - Arsenal) für den hier allein zu beurteilenden wettbewerbsrechtlichen Irreführungsvorwurf im Verhältnis der Antragstellerin zum Antragsgegner keine unmittelbare Rolle spielen können. Insoweit geht auch der Vorwurf der Antragstellerin ins Leere, das Landgericht würde das Angebot für ein „tolerables Kavaliersdelikt“ halten.