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EuGH-Vizepräsident: Eilantrag von Amazon gegen Verpflichtung zur Veröffentlichung des Amazon Store Werbearchivs mit detaillierten Informationen über Online-Werbung abgelehnt

Vizepräsidenten des EuGH
Beschluss vom 27.03.2024
C-639/23 P(R)
EU-Kommission / Amazon Services Europe


Der EuGH-Vizepräsident hat den Eilantrag von Amazon gegen die Verpflichtung zur Veröffentlichung des Amazon Store Werbearchivs mit detaillierten Informationen über Online-Werbung abgelehnt.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Online-Werbung: Der Antrag von Amazon auf Aussetzung ihrer Pflicht, ein Werbearchiv öffentlich zugänglich zu machen, wird zurückgewiesen

Amazon Services Europe gehört zum Amazon-Konzern. Ihre geschäftlichen Aktivitäten umfassen den OnlineEinzelhandel und weitere Dienstleistungen wie Cloud Computing und Online-Streaming. Sie erbringt OnlineMarktplatzdienste an Drittverkäufer und ermöglicht ihnen, Waren im Amazon Store zum Kauf anzubieten.

Mit Beschluss vom 23. April 20231 , der gemäß der Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste erlassen wurde, benannte die Kommission Amazon Store als sehr große Online-Plattform. Dies bedeutet u. a., dass Amazon Store ein Werbearchiv mit detaillierten Informationen über ihre Online-Werbung öffentlich zugänglich machen muss. Amazon beantragte beim Gericht der Europäischen Union die Nichtigerklärung dieses Beschlusses. Sie stellte außerdem einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 27. September 20234 ordnete der Präsident des Gerichts die Aussetzung des Beschlusses der Kommission an, soweit Amazon Store damit verpflichtet wird, das Werbearchiv öffentlich zugänglich zu machen. Die Kommission hat gegen den Beschluss des Präsidenten des Gerichts beim Gerichtshof ein Rechtsmittel eingelegt.

Mit seinem heutigen Beschluss hebt der Vizepräsident des Gerichtshofs den Teil des Beschlusses des Präsidenten des Gerichts auf, mit dem der Beschluss der Kommission in Bezug auf das Werbearchiv ausgesetzt wird. Er stellt fest, dass der Kommission unter Verstoß gegen den Grundsatz eines kontradiktorischen Verfahrens die Möglichkeit vorenthalten wurde, zu den Argumenten, die von Amazon im Verfahren vor dem Gericht vorgetragen wurden, Stellung zu nehmen. Da die Kommission vor dem Gerichtshof die Argumente vorgetragen hat, mit denen sie dem Vorbringen von Amazon vor dem Gericht entgegentreten wollte, entscheidet der Vizepräsident des Gerichtshofs den Rechtsstreit endgültig und weist den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurück.

Der Vizepräsident des Gerichtshofs ist der Ansicht, dass das Vorbringen von Amazon, die vom Unionsgesetzgeber eingeführte Pflicht, ein Werbearchiv öffentlich zugänglich zu machen, schränke ihre Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf unternehmerische Freiheit rechtswidrig ein, dem ersten Anschein nach nicht als unerheblich und außerdem völlig haltlos angesehen werden kann.

Zudem würde Amazon, wenn keine Aussetzung erfolgt, vor einem eventuell ergehenden Urteil, mit dem der Beschluss der Kommission für nichtig erklärt wird, wahrscheinlich einen schwerwiegenden und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleiden.

Diese Feststellungen sind jedoch für sich allein genommen nicht entscheidend. Es ist nämlich zu prüfen, ob die Abwägung sämtlicher beteiligter Interessen die Versagung der Aussetzung rechtfertigen kann. Hierzu stellt der Vizepräsident des Gerichtshofs fest, dass Amazon in dem Fall, dass die Aussetzung nicht gewährt wird, weiterhin ein Interesse an der Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission hätte. Außerdem ist nicht dargetan, dass in diesem Fall die Existenz oder die langfristige Entwicklung von Amazon auf dem Spiel stünden. Darüber hinaus würde die Aussetzung bedeuten, das vollständige Erreichen der Ziele der Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste möglicherweise über mehrere Jahre hinauszuschieben und damit möglicherweise ein OnlineUmfeld bestehen oder sich entwickeln zu lassen, das eine Bedrohung für die Grundrechte darstellt; der Unionsgesetzgeber war aber der Auffassung, dass die sehr großen Online-Plattformen eine wichtige Rolle in diesem Umfeld spielen. Die vom Unionsgesetzgeber vertretenen Interessen gehen im vorliegenden Fall den materiellen Interessen von Amazon vor, weshalb die Abwägung zugunsten der Zurückweisung des Aussetzungsantrags ausfällt.


Den Volltext des Beschlusses finden Sie hier:

EuG-Präsident: Rechtsfolgen der Einordnung von Amazon Store als sehr großer Online-Dienst im Sinne des Digital Services Acts teilweise vorläufig außer Kraft gesetzt

EuG-Präsident
Anordnung vom 27.09.2023
T‑367/23 R
Amazon Services Europe Sàrl ./. EU-Kommission


Der EuG-Präsident hat angeordnet, dass die Rechtsfolgen der Einordnung von Amazon Store als sehr großer Online-Dienst im Sinne des Digital Services Acts teilweise vorläufig außer Kraft gesetzt wird. Über die Rechtsmäßigkeit der Einordnung muss der EuG noch entscheiden.

Tenor der Entscheidung:
1. Operation of the decision of the European Commission of 25 April 2023, with reference C(2023) 2746 final, designating Amazon Store as a very large online platform in accordance with Regulation (EU) 2022/2065 of the European Parliament and of the Council of 19 October 2022 on a Single Market For Digital Services and amending Directive 2000/31/EC (Digital Services Act), is suspended in so far as, by virtue of that decision, Amazon Store will be required to make an advertisement repository publicly available, in accordance with Article 39 of that regulation, without prejudice to the requirement for the applicant to compile the advertisement repository.

2. The application for interim measures is dismissed as to the remainder.

3. The costs are reserved.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Stand 09.03.21 - Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags

Die Bundesregierungen hat den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags - Stand 09.03.2021 vorgelegt.

Aus dem Entwurf:

A. Problem und Ziel
Das geltende Kaufvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beruht zu großen Teilen auf der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171 vom 7.7.1999, S. 12), die durch die Richtlinie 2011/83/EU (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64) geändert worden ist (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, VGKR). Diese Richtlinie wird durch die Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG (ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 28; L 305 vom 26.11.2019, S. 66) (Warenkaufrichtlinie, WKRL) mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ersetzt. Zweck der Warenkaufrichtlinie ist es, zum ordnungsgemäßen Funktionieren des digitalen Binnenmarkts beizutragen und gleichzeitig für ein hohes Verbraucherschutzniveau zu sorgen, indem gemeinsame Vorschriften, insbesondere über bestimmte Anforderungen an Kaufverträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern über Sachen mit digitalen Elementen, festgelegt werden. Die Warenkaufrichtlinie gibt vor, dass sie bis zum 1. Juli 2021 in nationales Recht umzusetzen und auf Verträge, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden, anzuwenden ist.

B. Lösung
Zur Umsetzung der Warenkaufrichtlinie sind die kaufvertragsrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzupassen. Dazu gehören unter anderem eine Neudefinition des Begriffs der Sachmangelfreiheit, die Einführung einer Aktualisierungsverpflichtung für Sachen mit digitalen Elementen, die Einführung von Regelungen für den Kauf von Sachen mit dauerhafter Bereitstellung von digitalen Elementen und die Verlängerung der Beweislastumkehr im Hinblick auf Mängel auf ein Jahr.


BMJV: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags

Das BMJV hat den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags vorgelegt. Der Entwurf dient der Umesetzung der EU-Warenkauf-Richtlinie.

Die Pressemitteilung des BMJV:

Stärkung der Verbraucherrechte beim Kauf - Update-Pflichten für Verkäufer von digitalen Geräten

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Warenkaufrichtlinie veröffentlicht und an die Länder und interessierten Kreise mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übersandt.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:
„Wer ein Smartphone oder Tablet kauft, soll sicher sein können, dass er oder sie das Gerät auch noch lange nach dem Kauf problemlos und sicher nutzen kann. Mit dem heute vorgelegten Gesetz, mit dem wir europäisches Recht umsetzen, führen wir eine Update-Pflicht für Verkäuferinnen und Verkäufer von digitalen Produkten ein, die diese Produkte an Verbraucherinnen und Verbraucher verkaufen. Auf diese Weise wird eine dauerhafte Funktionstüchtigkeit und IT-Sicherheit von digitalen Gütern gewährleistet. Dies ist zugleich ein wichtiger Schritt zur Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele. Darüber hinaus stärken wir die Gewährleistungsrechte der Verbraucherinnen und Verbraucher: tritt nach dem Kauf einer Sache ein Mangel auf, so wird künftig ein Jahr statt bisher sechs Monate nach dem Kauf vermutet, dass der Mangel bereits beim Kauf vorlag und damit ein Gewährleistungsfall vorliegt.“

Mit dem heute vorgelegten Referentenentwurf zur Umsetzung der Warenkaufrichtlinie wird das Kaufgewährleistungsrecht in Europa weiter vereinheitlicht. Auf diese Weise wird der grenzüberschreitende elektronische Handel gefördert und das Wachstumspotenzial des Online-Handels ausgenutzt. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen profitieren von einheitlichen Gewährleistungsregeln, weil die Kosten für die Anpassung von Verträgen geringer ausfallen. Durch die Förderung des grenzüberschreitenden Handels sollen den Händlern weitere Absatzmöglichkeiten und den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine größere Produktvielfalt mit attraktiveren Preisen eröffnet werden.

Zur Umsetzung der Richtlinie sieht der Entwurf insbesondere folgende Änderungen vor:

Für Sachen mit digitalen Elementen, die eine Verbraucherin oder ein Verbraucher von einem Händler erwirbt, wird eine Aktualisierungsverpflichtung („Updates“) eingeführt, so dass die Funktionsfähigkeit und IT-Sicherheit auch nach Übergabe der Kaufsache zu gewährleisten sind. Für Sachen, für die eine dauerhafte Bereitstellung digitaler Elemente vereinbart ist, werden Sonderbestimmungen eingeführt. So muss der Verkäufer etwa dafür Sorge tragen, dass die in der Sache integrierten digitalen Elemente während des Bereitstellungszeitraums mangelfrei sind und bleiben.

Bei Kaufverträgen, an denen eine Verbraucherin oder ein Verbraucher beteiligt ist, wird die Vermutung, dass ein Mangel der Kaufsache bereits beim Kauf vorlag, von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert.
Die Bestimmungen für Garantien werden ergänzt. So muss eine Garantieerklärung der Verbraucherin oder dem Verbraucher zukünftig auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Aus der Garantieerklärung muss zudem deutlich hervorgehen, dass eine Garantie die daneben bestehenden Gewährleistungsrechte unberührt lässt und die Inanspruchnahme der gesetzlichen Rechte unentgeltlich ist.
Die Länder und Verbände haben Möglichkeit, bis zum 7. Januar 2021 zu dem Referentenentwurf Stellung zu nehmen.



Bundesrechnungsghof: Maßnahmen zur Bekämpfung der Umsatzsteuerausfälle im E-Commerce möglichst schnell umsetzen - Steueroase Internet

Der Bundesrechnungshof fordert in einer Pressemitteilung, dass Maßnahmen zur Bekämpfung der Umsatzsteuerausfällen im E-Commerce möglichst schnell umgesetzt werden müssen.

Die Pressemitteilung des Bundesrechnungshofs:

Maßnahmen zur Bekämpfung der Umsatzsteuerausfälle im E-Commerce möglichst schnell umsetzen

Der Bundesrechnungshof begrüßt die im Dezember 2017 auf EU-Ebene beschlossenen Maßnahmen zur Sicherung des Steueraufkommens im Internethandel. Handelsplattformen werden künftig stärker in die Verantwortung genommen. Sie werden verpflichtet, die Umsatzsteuer für die auf ihren Plattformen agierenden Händler aus Drittstaaten an die Finanzbehörden abzuführen. Die Steuerverwaltung erhält so geeignete Ermittlungs- und Vollstreckungsmöglichkeiten, um Steueransprüche wirksam durchzusetzen. Die neuen EU-Regelungen treten allerdings erst Anfang 2021 in Kraft und müssen vorher noch in nationales Recht umgesetzt werden. „Deutschland sollte deshalb so schnell wie möglich nationale Maßnahmen ergreifen, um das Ausmaß der Steuerausfälle für den deutschen Fiskus und die erheblichen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten inländischer Unternehmer schon vor 2021 zu begrenzen“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller. Der Bundesrechnungshof sieht die von Bund und Ländern bereits angekündigte steuerliche Haftungsregelung für Handelsplattformen als geeignet an, um den Steueranspruch durchzusetzen. Zusätzlich fordert er, für Drittlandsunternehmer eine große Fiskalvertretung einzuführen, welche die Haftungsregelung flankiert. Damit hätten die Finanzämter einen inländischen Ansprechpartner.

Deutschland entgehen erhebliche Einnahmen bei der Umsatzsteuer auf im Internet bestellte Warenlieferungen. Die Finanzverwaltung hat keinen Überblick, wie viele Unternehmen aus Drittländern ihre über Handelsplattformen im Internet bestellte Waren in Deutschland verkaufen. Erfasst werden regelmäßig nur Händler, die sich freiwillig melden oder über die Kontrollmaterial vorliegt. Die Höhe der durch den Internethandel erzielten Umsätze kennt die Finanzverwaltung daher nicht. Die der Finanzverwaltung bekannten Internethändler deklarieren ihren Warenwert bei der Einfuhr in die Europäische Union häufig zu niedrig, reichen keine Steuererklärung ein oder zahlen schlicht keine Umsatzsteuer. Dadurch entstehen Deutschland nicht nur erhebliche Steuerausfälle. Händler aus Drittstaaten, die keine Umsatzsteuer zahlen, verschaffen sich auch einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber inländischen Unternehmern.

Die Finanzverwaltung steht diesem Problem bislang weitgehend machtlos gegenüber. Zum einen wissen die Finanzämter bei der hohen Dunkelziffer der in Deutschland agierenden Internethändler gar nicht, gegen wen sie vorgehen sollen. Zum anderen können sie selbst bei den ihnen bekannten Händlern die Steuerschuld häufig nicht durchsetzen, da sie keine effektiven Vollzugsmöglichkeiten gegenüber Unternehmen aus Drittstaaten haben.

Auf Kontrolldefizite bei der „Steueroase Internet“ wies der Bundesrechnungshof schon im Jahr 2013 und im Jahr 2015 hin.