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OLG Frankfurt: Kein zulässiger Sonntagsverkauf wenn Einzelhandelsgeschäft nicht für den Sonntagsverkauf zugelassene Räumlichkeiten und Produkte provisorisch abtrennt

OLG Frankfurt
Beschluss vom 20.8.2020
2 Ss-OWi 867/20


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein zulässiger Sonntagsverkauf vorliegt, wenn Einzelhandelsgeschäft nicht für den Sonntagsverkauf zugelassene Räumlichkeiten und Produkte provisorisch abtrennt und so zu einem Kiosk umfunktioniert wird.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Einzelhandelsgeschäft wird nicht durch provisorische Abtrennung zum Kiosk mit zulässigem Sonntagsverkauf

Ein Einzelhandelsgeschäft unterliegt grundsätzlich dem Sonntagsverkaufsverbot. Die provisorische Abtrennung der nicht für den Sonntagsverkauf zugelassen Räumlichkeiten und Produkte führt nicht dazu, dass das Ladengeschäft zum „Kiosk“ wird und nicht mehr dem Sonntagsverkaufsverbot unterliegt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) bestätigte deshalb eine gegen den Betroffenen verhängte Geldbuße in Höhe von 500,00 €.
Nr. 67/2020

Der Betroffene wendet sich gegen eine Geldbuße i.H.v. 500 € wegen fahrlässigen verbotswidrigen „Öffnens einer Verkaufsstelle mit Kundinnen und Kunden für den geschäftlichen Verkehr außerhalb der Werktage“. Er meint, sein Einzelhandelsgeschäft könne am Sonntag als „Kiosk“ geöffnet sein, wenn er nur die entsprechenden für den Sonntagsverkauf zugelassenen Waren anbiete und die übrigen Räumlichkeiten mit den nicht für den Sonntagsverkauf zugelassenen Waren provisorisch abtrenne.

Die gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Nach Auffassung des OLG verstieß der Betroffene vielmehr vorsätzlich gegen das Sonntagsverkaufsverbot. Nach dem Hessischen Ladenöffnungsgesetz sei die Ladenöffnung am Sonntag grundsätzlich verboten, wenn sie nicht ausdrücklich erlaubt sei. Eine derartige Erlaubnis habe der Betroffene nicht.

Der Betroffene sei vielmehr bereits im September 2019 vom Gewerbeamt auf das allgemeine Sonntagsverkaufsverbot hingewiesen worden. Er könne die gesetzgeberische Vorgabe auch nicht dadurch unterlaufen, dass er einen Rechtsanwalt gefragt und von diesem eine entgegenstehende Antwort erhalten habe. Der Rechtsanwalt habe die gesetzliche Regelung nicht durch eigenständige Bewertungen ersetzen können. Die Vorgehensweise des Betroffenen führe allein dazu, dass von einem vorsätzlichen Verhalten auszugehen sei und eine Haftung des Rechtsanwalts für die unrichtige Auskunft im Raum stehe.

Das Lebensmittelgeschäft des Betroffenen falle auch nicht unter den Begriff „Kiosk“, der zum Verkauf an Sonn- und Feiertagen berechtigt wäre. Der Begriff „Kiosk“ sei in Anlehnung an bauordnungsrechtliche Vorschriften zu verstehen. Es handele sich um „eine kleine ortsfeste, meist aus einem einzigen Raum bestehende bauliche Anlage, die in der Regel von Kundinnen und Kunden nicht betreten werden kann und bei der die Warenabgabe in Form des Schalterverkaufs stattfindet“. Diesem Begriffsverständnis entspreche das Lebensmittelgeschäft des Betroffenen - auch im Falle der provisorischen Abtrennung - nicht.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 20.8.2020, Az. 2 Ss-OWi 867/20

Erläuterungen:
§ 3 Hessisches Ladenöffnungsgesetz - Öffnungszeiten
(1) Verkaufsstellen dürfen an Werktagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kunden von 0 bis 24 Uhr geöffnet sein.

(2) Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kunden geschlossen sein:

1. an Sonn- und Feiertagen,

...

§ 4 - Sonderöffnungszeiten
(1) Abweichend von § 3 Abs. 2 dürfen

1. Tankstellen in der Zeit von 0 bis 24 Uhr für die Abgabe von Betriebsstoffen, Ersatzteilen für die Erhaltung oder Wiederherstellung der Fahrbereitschaft von Kraftfahrzeugen sowie für die Abgabe von Reisebedarf,

2. Verkaufsstellen auf internationalen Verkehrsflughäfen, Flughäfen und Personenbahnhöfen in der Zeit von 0 bis 24 Uhr, auf Flughäfen und Personenbahnhöfen jedoch nur für die Abgabe von Reisebedarf,

3. Kioske für die Dauer von sechs Stunden zur Abgabe von Zeitungen, Zeitschriften, Tabakwaren, Lebens- und Genussmitteln in kleineren Mengen,

4....



BVerwG: Verkaufsoffener Sonntag nur bei Vorliegen eines ausreichenden Sachgrundes

BVerwG
Urteil vom 17.05.2017
8 CN 1.16

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein verkaufsoffener Sonntag nur bei Vorliegen eines ausreichenden Sachgrundes zulässig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Kein verkaufsoffener Sonntag ohne Sachgrund

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Rechtsverordnung der Stadt Worms zur Freigabe der Ladenöffnung an einem Sonntag unwirksam war. Die Verordnung sah vor, dass am 29. Dezember 2013 sämtliche Verkaufsstellen im Gemeindegebiet von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet sein durften.

Der Normenkontrollantrag einer Gewerkschaft hatte vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz keinen Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil der Vorinstanz geändert und festgestellt, dass die Rechtsverordnung über die Freigabe der sonntäglichen Ladenöffnung unwirksam war.

Die zur Prüfung gestellte Rechtsverordnung war rechtswidrig, weil § 10 Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz (LadöffnG) sie bei der gebotenen grundgesetzkonformen Auslegung nicht rechtfertigt. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Einklang mit Bundesrecht davon ausgegangen, dass jede Ladenöffnung an einem Sonn- oder Feiertag für sich genommen nach § 10 LadöffnG i.V.m. Art. 57 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz durch einen Sachgrund gerechtfertigt sein muss. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die bundesverfassungsrechtlichen Anforderungen des Sonntagsschutzes jedoch nicht schon erfüllt, wenn der Verordnungsgeber alle für und gegen die Ladenöffnung sprechenden Belange berücksichtigt und im Rahmen einer Gesamtabwägung vertretbar gewichtet hat. Als Sachgrund reicht das alleinige Umsatz- und Erwerbsinteresse der Handelsbetriebe und das Shoppinginteresse der Kundschaft nicht aus. Ein darüber hinausgehendes öffentliches Interesse muss hinreichend gewichtig sein, um die konkret beabsichtigte Ladenöffnung in ihrem zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Umfang zu rechtfertigen. Ein solcher Sachgrund für die in Rede stehende stadtgebietsweite sonntägliche Ladenöffnung lag bei Erlass der Verordnung jedoch nicht vor. Der nachträglich im Gerichtsverfahren angeführte Silvestermarkt war damals noch nicht einmal beantragt.

BVerwG 8 CN 1.16 - Urteil vom 17. Mai 2017

Vorinstanz:
OVG Koblenz 6 C 10122/14 - Urteil vom 20. Mai 2014


Auszug aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland:

Art. 140

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Art. 139 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Auszug aus der Verfassung für Rheinland-Pfalz:

Art. 57

(1) Der 8-Stunden-Tag ist die gesetzliche Regel. Sonntage und gesetzliche Feiertage sind arbeitsfrei. Ausnahmen sind zuzulassen, wenn es das Gemeinwohl erfordert.

(…)

Auszug aus dem Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz:

§ 3 Allgemeine Ladenschlusszeiten

Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kunden geschlossen sein:

1. an Sonn- und Feiertagen,

(…)

§ 10 Verkaufsoffene Sonntage

Verbandsfreie Gemeinden, Verbandsgemeinden und kreisfreie und große kreisangehörige Städte können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Verkaufsstellen abweichend von § 3 Satz 1 Nr. 1 allgemein oder in bestimmten Teilen des Gemeindegebiets an höchstens vier Sonntagen pro Gemeinde in einem Kalenderjahr geöffnet sein dürfen und diese Tage sowie die Lage der zugelassenen Ladenöffnungszeiten festsetzen. (…)




OLG Düsseldorf: Schaufensterwerbung mit Hörgeräten kann auch ohne Preisangabe zulässig sein

OLG Düsseldorf
Urteil vom 29.01.2015
I-2 U 29/14


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass bei der Schaufensterwerbung mit Hörgeräten durch einen Hörgeräteakustiker nicht immer zwingend eine Preisangabe nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV erforderlich ist. Dies ist nach Ansicht des Gerichts dann der Fall, wenn die Schaufensterdekoration für den Betrachter nicht als konkretes Angebot für die jeweiligen Hörgeräte, sondern eine allgemeine Werbung für Hörgerätstypen (hier: Im-Ohr [IdO] / Hinter dem Ohr[HdO] darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die angegriffene Schaufensterauslage verstößt nicht gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV.

Nach der 1. Alternative dieser Bestimmung hat, wer Letztverbrauchern Waren oder Dienstleistungen gewerbs- oder geschäftsmäßig anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind. Dieselben Verpflichtungen treffen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. PAngV denjenigen, der als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt. Daraus folgt, dass reine Werbung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV ohne Preisangabe erlaubt ist.

Da die Beklagte ihre Schaufensterauslage nicht mit Preisen versehen hat, die 2. Alt. von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV mithin ausscheidet, hängt die Entscheidung des Streitfalles davon ab, ob in der von der Klägerin beanstandeten Schaufenster-Präsentation zweier Hörgerätetypen ("Im-Ohr" [IdO] /"Hinter dem Ohr"[HdO]) ein (eine Preisauszeichnung erforderndes) "Angebot" oder eine (ohne Preisauszeichnung zulässige) schlichte "Werbung" liegt. Letzteres ist - wie das Landgericht richtig entschieden hat - der Fall. Der Senat sieht sich insoweit - jedenfalls im Ergebnis - in Übereinstimmung mit anderen Gerichten (LG Berlin, GewArch 2013, 414; LG München I, WRP 2014, 358 - Preisauszeichnung bei Hörgeräten), die im gleichen Sinne entschieden haben. Zwar hat das LG München I (a.a.O.) ein "Angebot" bejaht, dies aber nur deshalb, weil die präsentierten Hörgeräte für den Verbraucher individualisierbar und mit Herstellerangaben versehen waren. Ohne diese spezielle Sachlage bestätigt auch das LG München I die Auffassung des LG Berlin, dass von einer bloßen Werbung auszugehen ist (a.a.O., Rdnr. 29)".

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LAG Hamm: (Dauer-)Praktikant erhält kein Arbeitsentgelt für achtmonatige Tätigkeit im Einzelhandel - Praktikantenverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis

LAG Hamm
Urteil vom 17.10.2014
1 Sa 664/14


Die Pressemitteilung des LAG Hamm:

"Landesarbeitsgericht Hamm: Praktikantin fordert Arbeitsentgelt für achtmonatige Tätigkeit im Einzelhandel - Klage abgewiesen

Wegen des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Pressemittteilung Nr. 21.

Die 1. Kammer hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum abgeändert und die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung der Kammer steht der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt zu, da zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Zwar habe die Klägerin jedenfalls teilweise reguläre Arbeitstätigkeiten verrichtet. Dies sei allerdings im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses geschehen. Die Klägerin habe als Teilnehmerin einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit das Praktikum absolviert und in dieser Zeit Leistungen der Arbeitsagentur erhalten.

Die Revision ist nicht zugelassen worden."



BGH-Entscheidung "Marktführer Sport" im Rechtsstreit Intersport gegen Karstadt liegt im Volltext vor.

BGH
Urteil vom 08.03.2012
I ZR 202/10
Marktführer Sport
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3

Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Streit um Marktführerschaft im Sportartikelbereich - Karstadt gegen INTERSPORT" über das Urteil berichtet.

Leitsatz des BGH:
Bei dem Verständnis des für die Spitzenstellung maßgeblichen Vergleichs-markts zieht der durchschnittlich verständige Verkehrsteilnehmer erfahrungs-gemäß die übrigen Marktteilnehmer nur insoweit in Betracht, als sie ihm in tat-sächlicher Hinsicht mit dem die Spitzenstellung beanspruchenden Marktteil-nehmer vergleichbar erscheinen.
BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 202/10 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Celle: Online-Shops bzw. Internetanbieter sind keine Mitbewerber stationärer Anbieter und Einzelhandelsgeschäfte

OLG Celle
Urteil vom 08.03.2012
9 O 80/10



Das OLG Celle hat entschieden, dass Online-Shops bzw. Internetanbieter keine Mitbewerber stationärer Anbieter und Einzelhändler sind. Nach Ansicht des OLG Celle fehlt es an einer Mitbewerberstellung bzw. einem Wettbewerbsverhältnis im Sinne des UWG , da die Waren bzw. Dienstleistungen nicht innerhalb derselben Verkehrskreise angeboten werden. Dies Ansicht ist eine Mindermeinung und wird von anderen Gerichten völlig zu Recht nicht geteilt, da Onlineangebote und Geschäfte sehr wohl denselben Kundenkreis ansprechen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

"OLG Celle: Online-Shops bzw. Internetanbieter sind keine Mitbewerber stationärer Anbieter und Einzelhandelsgeschäfte" vollständig lesen

BGH: Streit um Marktführererschaft im Sportartikelbereich - Karstadt gegen INTERSPORT

BGH
Urteil vom 08.03.2012
I ZR 202/10
Marktführer Sport


Der BGH musste sich in diesem Rechtsstreit zwischen Karstadt und der INTERSPORT-Gruppe (ein Verbund von verschiedenen Sportfachgeschäften) mit der Werbeaussage des Warenhausunternehmens befassen, wonach Karstadt Marktführer im Sortimentsbereich Sport sei.

Die INTERSPORT-Gruppe hatte eingewandt, dass die im Verbund auftretenen Sportfachgeschäfte einen höheren Umsatz erzielen.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Aufgrund des Gesamteindrucks, den die konkrete Werbung vermittelt, sehen die angesprochenen Verbraucher in der behaupteten Marktführerschaft die quantitative Angabe, dass Karstadt den größten Umsatz auf dem Sportartikelmarkt erzielt. Nach dem, was das Berufungsgericht bislang festgestellt hat, ist diese Werbeaussage nicht unrichtig, auch wenn die in der Klägerin zusammengeschlossenen Einzelunternehmen zusammen einen größeren Umsatz als die Beklagte erwirtschaften. [...] Für eine Irreführung ist daher erforderlich, dass das von der Werbung angesprochene allgemeine Publikum die in der Klägerin zusammengeschlossenen Unternehmen zumindest als wirtschaftliche Einheit ansieht."

Diese Frage muss die Vorinstanz nun klären. Die Sache wurde an das OLG München zurückverwiesen.

Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:

"BGH: Streit um Marktführererschaft im Sportartikelbereich - Karstadt gegen INTERSPORT" vollständig lesen