Skip to content

AG Frankenthal: Kein Anscheinsbeweis dass eBay-Auktion durch Accountinhaber erstellt wurde wenn Umstände auf rechtswidrige Nutzung durch Dritten hindeuten

AG Frankenthal
Urteil vom 28.09.2022
3c C 113/22

Das AG Frankenthal hat entschieden, dass kein Anscheinsbeweis dafür besteht, dass eine eBay-Auktion durch den Accountinhaber erstellt wurde, wenn Umstände auf eine rechtswidrige Nutzung durch einen Dritten hindeuten.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Entscheidung des Monats Oktober

Leitsatz:
Ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass eine Ebay-Versteigerung durch den Accountinhaber initiiert wurde, greift jedenfalls dann nicht, wenn sich dem Käufer aufgrund anderer Umstände der Verdacht aufdrängen musste, der Account könnte von Dritten rechtswidrig genutzt worden sein. (Hier: Email mit ungewöhnlichem, zweifelhaften Abwicklungsvorschlag)

Sachverhalt:
Der Beklagte unterhielt einen eBay Account unter dem Namen „m.“. Unter diesem Account und unter der Auktionsnummer # 294163479699 wurde ein Rennrad „Cervelo s5 2019 — RH 56 cm — Gr. L / 1,75-1,85 zum Preise von 2.765,00 € zum Kauf angeboten. Der Kläger macht geltend, er sei zum Zeitpunkt des Auktionsende Höchstbietender gewesen, sodass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Gleichwohl habe der Beklagte das Fahrrad trotz mehrfacher Aufforderungen nicht ausgeliefert, sondern es vielmehr ab dem 11.5.2021 erneut anderweitig angeboten. Mit der weiteren Behauptung, das Fahrrad habe angesichts der sehr geringen Laufleistung einen Zeitwert von mindestens 4.500 € gehabt, macht der Kläger einen Nichterfüllungsschaden in Höhe von 1.735 € geltend.

Der Beklagte bringt vor, er habe keine entsprechende Auktion gestartet, sodass zwischen den Parteien auch kein Kaufvertrag zustande gekommen sein könne. Sein Account sei von einem unbekannten Dritten gehackt worden. Die eBay GmbH habe ihm mitgeteilt, sein Konto sei bereits am 19.5.2021 (Anmerkung: also nach der oben genannten Versteigerungsaktion) geschlossen worden. Aus dem aufgrund seiner Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft E. unter Aktenzeichen (…) geführten Ermittlungsverfahren ergebe sich, dass der wahre Vertragspartner des Klägers ein Herr J. sei.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist unbegründet. Das Gericht kann nicht zu seiner Überzeugung feststellen, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag gem. § 433 BGB zustande gekommen wäre, dessen Erfüllung der Kläger verlangen könnte. Der Kläger blieb hierfür beweisfällig. Andere zugunsten des Klägers streitende Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Die Beweislast für das Zustandekommen eines Vertrages, aus dem Ansprüche hergeleitet werden sollen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Kläger. Beweis dafür, dass der Beklagte selbst das Verkaufsangebot bei eBay eingestellt hatte oder dieses mit dessen Kenntnis und Willen dort von einem Dritten eingestellt wurde, bietet der Kläger nicht an. Zu seinen Gunsten streitet auch nicht deshalb ein Anscheinsbeweis, weil ein eBay-Account des Beklagten verwendet wurde. Es fehlt insoweit bereits an einem typischen Geschehensablauf, weil der Sicherheitsstandard im Internet derzeit nicht ausreichend ist. Für eine Zurechnung reicht es nicht bereits aus, dass der Kontoinhaber evtl. die Zugangsdaten nicht hinreichend vor dem unberechtigten Zugriff des Handelnden geschützt hat. Auch eine von eBay gestellte und von jedem registrierten Nutzer akzeptierte Formularklausel, wonach Mitglieder grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten haften, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden, begründet keine Haftung des Kontoinhabers gegenüber Auktionsteilnehmern (BGH, Urteil vom 11.05.2011, VIII ZR 289/09, juris; OLG Hamm, Urteil vom 16.11.2006, Az. 28 U 84/06, NJW 2007,611; Neubauer/Steinmetz, Handbuch des Multimediarechts, 2022, Teil 14, Internetauktionen, Rn. 58 f.). Selbst wenn zu Vorstehendem eine andere Auffassung vertreten würde, wäre ein zugunsten des Kläger in Betracht kommender Anscheinsbeweis jedenfalls erschüttert. Der Kläger selbst legt nämlich mit der Anlage zur Anspruchsbegründung auch eine Nachricht vor, die zwar die Absenderkennung des Beklagten trägt, jedoch den Empfänger mit dem fadenscheinigen Zusatz, der Absender der Nachricht habe „auf die letzte Auszahlung über drei Wochen (…) warten müssen“ darum bittet, „nicht direkt an eBay zu zahlen“, sondern eine Telefonnummer „[...]“ anzurufen. Bereits hier drängt sich der Verdacht eines Betrugsversuchs auf. Der Beklagte hat darüber hinaus unter Hinweis auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens dargelegt, nicht Inhaber der genannten Telefonnummer zu sein.


LG Hamburg: Fiktives Interview mit Politikerin als Satire auch ohne entsprechenden Hinweis zulässig wenn es sich für Leser erkennbar um Satire handelt

LG Hamburg
Urteil vom 25.07.2022
324 O 85/22


Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein fiktives Interview mit einer Politikerin als Satire auch ohne entsprechenden Hinweis zulässig ist, wenn es sich für Leser erkennbar um Satire handelt.

BGH: Grundpreis muss nicht nur für sich genommen deutlich wahrnehmbar sein sondern auch zusammen mit Verkaufspreis auf einen Blick wahrgenommen werden können

BGH
Versäumnisurteil vom 19.05.2022
I ZR 69/21
Grundpreisangabe im Internet
UWG § 5a Abs. 2 und 4; PAngV § 2 Abs. 1; Richtlinie 98/6/EG Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass der Grundpreis nicht nur für sich genommen deutlich wahrnehmbar sein muss, sondern auch zusammen mit dem Verkaufspreis auf einen Blick wahrnehmbar sein muss.
Leitsätze des BGH:
a) § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV geht mit seiner Forderung, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, nicht über die Mindestharmonisierung der Richtlinie 98/6/EG hinaus. § 2 Abs. 1 Satz 1 PAnGV konkretisiert damit lediglich das Erfordernis der klaren Erkennbarkeit des Grundpreises aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG.

b) Da der Grundpreis als Preis je Maßeinheit auf den Verkaufspreis bezogen ist, ist er nicht schon dann klar erkennbar, wenn er für sich genommen deutlich wahrnehmbar ist. Vielmehr ist er nur dann als solcher klar erkennbar, wenn er in dem Sinne in unmittelbarer Nähe des Verkaufspreises steht, dass er zusammen mit diesem auf einen Blick wahrgenommen werden kann (Fortführung von BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 163/06, GRUR 2009, 982 = WRP 2009, 1248 - Dr. Clauder's Hufpflege).

BGH, Versäumnisurteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - OLG Naumburg - LG Halle

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Oldenburg: gekauft wie gesehen schließt Gewährleistungsansprüche für von Laien nicht erkennbare Mängel nicht aus

OLG Oldenburg
Beschluss vom 28.08.2017
9 U 29/17


Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass die Formulierung "gekauft wie gesehen" schließt Gewährleistungsansprüche für von Laien nicht erkennbare Mängel nicht aus. Vorliegend ging es um einen nicht erkennbaren Unfallschaden beim Autokauf.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Gebrauchtwagenkauf - „gekauft wie gesehen“

Bei einem Gebrauchtwagenkauf nutzen die Beteiligten häufig bestimmte Formulierungen, um die Haftung des Verkäufers für Mängel des Wagens auszuschließen. Oft wird dabei die Wendung „gekauft wie gesehen" gewählt. In einer aktuellen Entscheidung hat sich der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg damit auseinandergesetzt, was dies im Einzelfall bedeuten kann.

Eine Frau aus dem Emsland hatte von einem Mann aus Wiesmoor einen gebrauchten Peugeot für gut 5.000,- € gekauft. Nach einiger Zeit wollte sie das Fahrzeug zurückgeben und ihren Kaufpreis zurückerhalten. Sie behauptete, das Fahrzeug habe einen erheblichen Vorschaden, von dem sie beim Kauf nichts gewusst habe. Der Verkäufer bestritt einen Vorschaden und berief sich außerdem darauf, dass man mit der benutzen Formulierung „gekauft wie gesehen" Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen habe.

Das Landgericht Aurich gab der Frau Recht, was jetzt der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts bestätigt hat. Nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen habe der Wagen einen erheblichen, nicht vollständig und fachgerecht beseitigten Unfallschaden. Beide Kotflügel wiesen Spachtelarbeiten und eine Neulackierung auf. Die Formulierung „gekauft wie gesehen" schließe einen Gewährleistungsanspruch der Klägerin nicht aus. Denn diese Formulierung gelte nur für solche Mängel, die ein Laie ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei einer Besichtigung erkennen könne. Dass dem Verkäufer der Vorschaden ebenfalls nicht bekannt war, spiele keine Rolle. Denn für den Gewährleistungsanspruch sei eine Arglist des Verkäufers nicht Voraussetzung. Auch das Argument des Verkäufers, die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines privaten Verkäufers würden überspannt, greife nicht. Denn ihm hätte freigestanden, im Kaufvertrag einen umfassenden Haftungsausschluss für alle ihm nicht bekannten Mängel zu vereinbaren.

Die Frau kann jetzt den Wagen zurückgeben und erhält den Kaufpreis zurück.

Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 02.08.2017, Zurückweisungsbeschluss vom 28.08.2017, Aktenzeichen 9 U 29/17"