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LG Frankfurt: Smartphoneaufnahmen vom Tagesgeschehen sind als Laufbilder gemäß § 95 UrhG geschützt

LG Frankfurt
Urteil vom 16.05.2025
2-06 O 299/24


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass Smartphoneaufnahmen vom Tagesgeschehen als Laufbilder gemäß § 95 UrhG geschützt sind.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Urheberrecht - Handyaufnahmen genießen urheberrechtlichen Schutz
Smartphoneaufnahmen von Tagesgeschehnissen, z. B. von Naturereignissen, sind urheberrechtlich geschützt. Die ausschließlichen Nutzungsrechte daran können an ein Medienunternehmen übertragen werden. Darüber hat das Landgericht Frankfurt am Main am 16.05.2025 (Aktenzeichen 2-06 O 299/24) entschieden.

Im Juni 2024 kam es in einer Gemeinde von Baden-Württemberg zu einem Hochwasser. Eine Privatperson filmte die Überschwemmung mit ihrem Smartphone. Genau in diesem Moment brach aufgrund der Wassermassen eine Lärmschutzwand. Am Morgen des nächsten Tages bot ein Medienunternehmen, die spätere Beklagte, Standbildaufnahmen dieses Videos über einen Newsletter und auf ihrer Webseite gegen Entgelt an. Der Kläger des späteren Verfahrens betreibt ebenfalls eine Nachrichtenagentur. Vor dem Landgericht Frankfurt am Main berief er sich darauf, der Ersteller des Videos habe ihm die Rechte daran zur ausschließlichen Nutzung schon vorher, nämlich am selben Tag der Aufnahme von dem Naturereignis übertragen.

Die auch für das Urheberrecht zuständige 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat der Klage stattgegeben. Die Richterinnen und Richter gelangten nach einer Zeugenvernehmung zu der Überzeugung, dass die Person, die das Video erstellt hatte, dem Kläger „exklusiv“ die ausschließlichen Nutzungsrechte daran übertragen hatte. Der Kläger könne daher von dem beklagten Medienunternehmen verlangen, dass es die Verbreitung der Standbildaufnahmen aus dem Video unterlasse. Außerdem stünde ihm ein Schadensersatzanspruch wegen der Verbreitung der Bilder zu.

Bei dem streitgegenständlichen Video handele es sich um ein sog. Laufbild, also eine Bild- und Tonfolge ohne Filmcharakter. „Das Video gibt ein Naturereignis in Echtzeit wieder und wurde weder bearbeitet noch fanden andere gestalterische Leistungen statt. Vielmehr handelt es sich um eine einfache, alltägliche Aufnahme ohne die für ein Filmwerk notwendige Schöpfungshöhe“, erklärte die Kammer in ihrem Urteil. Ohne Filmcharakter seien auch Live-Berichterstattungen in Nachrichtensendungen und Berichte über aktuelle Ereignisse, bei welchen wegen des zeitlichen Drucks keine schöpferische Gestaltung möglich sei. Für ein Filmwerk sei hingegen die Leistung eines Regisseurs, Kameramanns oder sonstiger Personen charakteristisch, die bei der Umsetzung des Gedankeninhalts mit filmischen Mitteln schöpferisch mitwirkten.

Wenngleich die Smartphoneaufnahme von dem Hochwasserereignis demnach kein Filmwerk darstelle, ordne § 95 des Urhebergesetzes an, dass auch solche Laufbilder von urheberrechtlichem Schutz profitieren. An den Aufnahmen könne der Ersteller einer anderen Person zudem Rechte zur ausschließlichen Nutzung einräumen. Indem die Beklagte das Video kommerziell angeboten und weitergegeben habe, habe sie in die zuvor von dem Kläger erworbenen ausschließlichen Nutzungsrechte eingegriffen.

Dem Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch des Klägers stünde auch nicht entgegen, dass oder ob das Video bereits kurze Zeit nach dem Hochwasserereignis auf sozialen Netzwerken verbreitet worden sei. „Denn auch nach dem Teilen eines Inhalts auf einer Social Media Plattform kann der Urheber einem Dritten ein ausschließliches Nutzungsrecht an dem Inhalt einräumen“, erklärte das Gericht.

Das Urteil vom 16.05.2025 (Aktenzeichen 2-06 O 299/24) ist nicht rechtskräftig. Es wird in Kürze unter

Auszug aus dem Urhebergesetz
§ 95 Laufbilder. Die §§ (…), 94 sind auf Bildfolgen und Bild- und Tonfolgen, die nicht als Filmwerk geschützt sind, entsprechend anwendbar.

§ 94 Schutz des Filmherstellers. Der Filmhersteller hat das ausschließliche Recht, (…) den Bild- und Tonträger (…) zu vervielfältigen, zu verbreiten und zu veröffentlichen (…).


BGH-Entscheidung zum Leistungsschutzrecht an einzelnen Filmbildern liegt vor - Filmaufnahme eines Fluchtversuchs aus der DDR

BGH
Urteil vom 6. Februar 2014
I ZR 86/12
Peter Fechter
UrhG § 72; BGB § 242


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Urheberrecht an Filmaufnahme eines Fluchtversuchs aus der DDR - Leistungsschutzrecht an einzelnen Filmbildern nach § 72 UrhG umfasst Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form des Films" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Die einzelnen Bilder eines Films sind unabhängig vom Schutz des Films als Filmwerk oder Laufbildfolge, wenn nicht als Lichtbildwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG, so doch jedenfalls als Lichtbilder nach § 72 UrhG geschützt. Der Lichtbildschutz einzelner Filmbilder aus § 72 UrhG erstreckt sich nicht nur auf die Verwertung der Bilder in Form von Fotos, sondern auch auf die Verwertung der Bilder in Form des Films.

b) Rechtsfolge der Verwirkung nach § 242 BGB ist im Urheberrecht wie auch sonst im Immaterialgüterrecht und im Wettbewerbsrecht allein, dass der Rechtsinhaber seine Rechte im Hinblick auf bestimmte konkrete bereits begangene oder noch andauernde Rechtsverletzungen nicht mehr durchzusetzen vermag; ein Freibrief für künftige Rechtsverletzungen ist damit nicht verbunden (Anschluss an BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 I ZR 17/11, GRUR 2012, 928 = WRP 2012, 1104 - Honda-Grauimport; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 188/11, GRUR 2013, 1161 = WRP 2013, 1465 - Hard Rock Cafe [zur Veröffentl. in BGHZ bestimmt]; Fortführung von BGH, Urteil vom 30. Juni 1976 I ZR 63/75, BGHZ 67, 56 - Schmalfilmrechte).

c) Verhält sich ein Rechtsinhaber gegenüber Zuwiderhandlungen gegen seine Rechte längere Zeit untätig, obwohl er den Verletzungstatbestand kannte oder doch kennen musste, können dadurch allenfalls diejenigen Ansprüche auf Schadensersatz und Bereicherungsausgleich verwirkt werden, die bis zu einer Abmahnung des Verletzers durch den Rechtsinhaber entstanden waren; nach einer Abmahnung durch den Verletzten muss der Verletzer wieder damit rechnen, wegen künftiger Verletzungshandlungen auf Schadensersatz oder Bereicherungsausgleich in Anspruch genommen zu werden (Bestätigung
von BGH, Urteil vom 15. November 1957 - I ZR 83/56, BGHZ 26, 52 Sherlock Holmes; BGHZ 67, 56 - Schmalfilmrechte).

d) Eine Abkürzung der für Ansprüche wegen Verletzung eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts oder wegen Eingriffs in den Zuweisungsgehalt eines solchen Rechts gemäß § 102 Satz 1 UrhG, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB geltenden dreijährigen Verjährungsfrist durch Verwirkung kann nur unter ganz besonderen Umständen angenommen werden (Anschluss an BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 EnZR
23/09, NJW 2011, 212 - Stromnetznutzungsentgelt IV; Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, NJW 2012,
3569; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, juris Rn. 13).

BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 - I ZR 86/12 - KG Berlin - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidungf finden Sie hier:

BGH: Urheberrecht an Filmaufnahme eines Fluchtversuchs aus der DDR - Leistungsschutzrecht an einzelnen Filmbildern nach § 72 UrhG umfasst Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form des Films

BGH
Urteil vom 22.01.2014
I ZR 86/12
Peter Fechter

Die Pressemitteilung des BGH:


"Bundesgerichtshof zum Urheberrecht an der Filmaufnahme eines Fluchtversuchs aus der DDR

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass das Leistungsschutzrecht aus § 72 Abs. 1 UrhG an einzelnen Filmbildern das Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form des Films umfasst.

Der Kameramann Herbert Ernst hatte am 17. August 1962 das Sterben und den Abtransport des Peter Fechter, der bei seinem Fluchtversuch aus der damaligen DDR von Soldaten der Nationalen Volksarmee an der Ostberliner Seite der Berliner Mauer nahe des sogenannten Checkpoint Charly angeschossen worden war, von der Westberliner Seite der Berliner Mauer aus gefilmt.

Die Kläger behaupten, Herbert Ernst habe ihnen die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dieser Filmaufnahme eingeräumt; die beklagte Rundfunkanstalt habe diese Aufnahme ohne ihre Zustimmung unter anderem am 13. August 2010 in der Berliner Abendschau gesendet. Sie haben die Beklagte deshalb mit Schreiben vom 31. August 2010 abgemahnt und sodann Klage auf Unterlassung und Wertersatz erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche seien jedenfalls verwirkt, nachdem Herbert Ernst über 48 Jahre keine Ansprüche geltend gemacht habe, obwohl Filmaufnahmen vom Tod des Peter Fechter wiederholt gesendet worden seien.

Auf die Revision der Kläger hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der von den Klägern geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen Ausstrahlung des Films am 13. August 2010 kann - so der Bundesgerichtshof - nicht wegen Verwirkung abgewiesen werden. Dem steht entgegen, dass mit einer Verwirkung von Ansprüchen wegen begangener Rechtsverletzungen kein Freibrief für künftige Rechtsverletzungen verbunden ist. Gegenüber dem Anspruch auf Feststellung der Wertersatzpflicht für unberechtigte Nutzungen der Filmaufnahmen kann die Beklagte sich dagegen - so der BGH weiter - zwar grundsätzlich mit Erfolg auf Verwirkung berufen; denn sie durfte im Blick auf die jahrzehntelange unbeanstandete Nutzung der Aufnahmen darauf vertrauen, nicht im Nachhinein auf Wertersatz in Anspruch genommen zu werden. Da die Verwirkung aber nicht zu einer Abkürzung der (kurzen) Verjährungsfrist von drei Jahren führen darf, sind lediglich bis zum 31. Dezember 2007 entstandene Ansprüche verwirkt, deren Verjährung durch die Klageerhebung im Jahr 2011 nicht mehr gehemmt werden konnte.

Ansprüche der Kläger auf Unterlassung und auf Wertersatz wegen Nutzungen seit dem 1. Januar 2008 scheitern nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch nicht daran, dass die Filmaufnahme nicht als Filmwerk und die Filmeinzelbilder nicht als Lichtbildwerke geschützt sind, weil es sich dabei lediglich um dokumentierende Aufnahmen und nicht um persönliche geistige Schöpfungen handelt. Denn an den einzelnen Filmbildern besteht jedenfalls ein Leistungsschutzrecht aus § 72 Abs. 1 UrhG und dieses umfasst - wie der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden hat - das Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form des Films. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Kläger - wie sie behaupten - Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem von der Beklagten gesendeten Film sind."



LG Hamburg: Auch Einzelbilder aus einem computeranimierten Film dürfen nicht ohne Zustimmung des Urhebers verwendet werden

LG Hamburg
Beschluss vom 07.01.2011
310 O 1/11
Einzelbilder aus einem Film


Das LG Hamburg hat entschieden, dass auch Einzelbilder aus einem computeranimierten Film nicht ohne Zustimmung des Urhebers verwendet werden dürfen. Ein computeranimierter Film kann nach § 2 I Nr. 6, II UrhG als Filmwerk geschützt sein, wenn die Schöpfungshöhe erreicht wird. Der urheberrechtliche Schutz umfasst auch den Schutz vor der unbefugten Verwendung von Einzelbildern des Films.