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OLG Zweibrücken: Für die Strafbarkeit der Beleidigung von Politikern in sozialen Medien kommt es nicht auf Reichweite und Anzahl der Follower an

OLG Zweibrücken
Urteil vom 30.09.2024
1 ORs 1 SRs 8/24


Das OLG Zweibrücken hat entschieden, dass es für die Strafbarkeit der Beleidigung von Politikern in sozialen Medien nicht auf die Reichweite und die Anzahl der Follower ankommt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung: Auf die Anzahl der „Follower“ kommt es nicht an

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgericht Zweibrücken hat entschieden, dass es für die Strafbarkeit von Beleidigungen in sozialen Medien gegenüber im politischen Leben stehenden Personen lediglich auf den Inhalt der Äußerung ankommt. Nicht relevant sind dagegen die sonstigen Umstände, wie beispielsweise die gewählte Verbreitungsart und die Größe des Adressatenkreises.

Im September 2021 veröffentlichte ein Mann aus Kaiserslautern auf seinem öffentlichen Facebook-Profil folgenden Kommentar: „Merkel im Ahrtal…daß sich die dumme Schlampe nicht schämt…“. Der Text war dabei in weißer Schriftfarbe auf braunem Untergrund geschrieben, auf dem zudem insgesamt sieben sogenannte Emoticons in Form von lächelnden Kothaufen zu sehen waren.

Das Amtsgericht Kaiserslautern verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe. Auf die Berufung des Angeklagten stellte das Landgericht Kaiserslautern das Verfahren gegen ihn ein. Bei der sog. „Politikerbeleidigung“ (§ 188 Strafgesetzbuch: Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung) seien neben der Äußerung selbst auch die Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Dies betreffe neben der Person des Betroffenen auch die Reichweite der jeweiligen Veröffentlichung. Der Post des Facebook-Nutzers auf seinem privaten Profil mit 417 „Freunden“ habe nicht die Reichweite, die eine Strafbarkeit seines Tuns rechtfertige. Einer Verurteilung wegen (einfacher) Beleidigung stand der fehlende Strafantrag der ehemaligen Bundeskanzlerin entgegen.
Der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken teilte diese Rechtsmeinung nicht, weshalb er das Urteil des Landgerichts in der Verhandlung am 30.09.2024 aufhob und die Sache zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Kaiserslautern zurückverwies. Für die Strafbarkeit komme es einzig auf den Inhalt der Äußerung an und nicht auf sonstige Umstände. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der kurz vor der Tat den Anwendungsbereich des Straftatbestands durch eine Gesetzesänderung erheblich ausweitete, um Personen, die sich im politischen Leben engagieren, vor Hass und Hetze im Internet besser schützen zu können.

Verfahrensgang:
Amtsgericht Kaiserslautern, Urteil vom 14.12.2022, Az. 41 Cs 52Js 293/22
Landgericht Kaiserslautern, Urteil vom 22.11.2023, Az. 5 NBs 52 Js 293/22
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 30.09.2024, Az. 1 ORs 1 SRs 8/24


LG Hamburg: Posts in einem auf privat gestellten Instagram-Account sind bei hoher Follower-Zahl öffentlich im Sinne des Presserechts

LG Hamburg
Urteil vom 23.06.2023
324 O 433/22


Das LG Hamburg hat entschieden, dass Posts in einem auf privat gestellten Instagram-Account bei hoher Follower-Zahl öffentlich im Sinne des Presserechts sind und somit aufgrund einer Selbstöffnung Gegestand von Presseberichterstattung sein können.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG oder einer anderen Anspruchsgrundlage.

Im Rahmen der anzustellenden Abwägung überwiegen die Rechte der Klägerin jene der Beklagten nicht. Die vorliegende Berichterstattung über die Schwangerschaft der Klägerin berührt zwar deren Privatsphäre (hierzu unter I.); der Schutz der Privatsphäre der Klägerin ist indes durch eine Selbstöffnung ihrerseits entfallen bzw. verringert, so dass das Berichterstattungsinteresse der Beklagten höher zu gewichten ist (hierzu unter II.). Schließlich ist hinsichtlich der Berichterstattung über die Schwangerschaft der Klägerin jedenfalls teilweise die Wiederholungsgefahr entfallen (hierzu unter III.).

I. Die Berichterstattung der Beklagten über die Schwangerschaft der Klägerin berührt grundsätzlich deren Privatsphäre.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zusichert, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Dabei ist der Schutz der Privatsphäre sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt und umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2011, VI ZR 26/11 - Juris Rn. 10 m.w.N.). Hiernach fällt auch eine Schwangerschaft in den thematischen Bereich des Kernbereichs der Privatsphäre, jedenfalls soweit sie noch nicht von außen für jedermann zweifelsfrei optisch wahrnehmbar ist und dadurch eine soziale Dimension erlangt (KG Berlin, Urt. v. 16.09.2021, Az. 10 U 63/19 - Juris Rn. 27; OLG Köln, Urt. v. 10.11.2015, Az. 15 U 97/15 - Juris Rn. 17). Teilweise wird weitergehend auch vertreten, dass es für den thematischen Schutz der Privatsphäre im Zusammenhang mit Schwangerschaften auf die äußere Erkennbarkeit der Schwangerschaft nicht ankomme (so wohl OLG München, Urt. v. 25.02.2014, Az. 18 U 277, 18 U 2770/13 - Juris Rn. 42f.). Eine Entscheidung zwischen diesen Positionen kann hier offenbleiben. Denn die vorliegenden Fotografien der im fünften Monat schwangeren Klägerin im Februar 2022 (Anlagen K 1 und K 2) lassen nicht erkennen, dass die Schwangerschaft der Klägerin zum Zeitpunkt der Berichterstattung bei entsprechender Kleidung für jedermann zweifelsfrei von außen optisch wahrnehmbar gewesen wäre.

II. Der Schutz der Privatsphäre der Klägerin ist indes durch eine Selbstöffnung ihrerseits entfallen bzw. verringert worden, so dass das Berichterstattungsinteresse der Beklagten das Geheimhaltungsinteresse der Klägerin überwiegt.

Im einstweiligen Verfügungsverfahren 324 O 101/22 hat die Kammer im Beschluss eine Selbstöffnung noch mit folgenden Erwägungen verneint:

„Insbesondere liegt eine solche Selbstöffnung nicht in dem Umstand, dass die Antragstellerin die Schwangerschaft in einem Posting auf ihrem Instagram-Profil mitgeteilt hat. Denn bei diesem Profil handelt es sich nicht um ein öffentliches Profil, dessen Inhalte jeder Instagram-Nutzer einsehen könnte. Vielmehr ist das Instagram-Profil, wie aus der Anlage ASt 5 ersichtlich und von der Antragstellerin an Eides statt versichert, als „privates“ Konto geführt. Die Postings auf einem privaten Instagram-Konto sind nur für bestätigte Follower dieses Kontos sichtbar. Die Reichweite der erfolgten Mitteilung unterlag somit der Kontrolle der Antragstellerin. Dabei ändert auch der Umstand, dass das Profil 411 Follower hat, nichts daran, dass eine an diesen Empfängerkreis versandte Nachricht nicht als veröffentlicht angesehen werden kann.“

Daran hat die Kammer im Urteil festgehalten und darauf abgestellt, dass

„(d)ie Antragstellerin (...) ihren Account erkennbar auf „privat“ gestellt (hatte), so dass ihre Posts nur für ihre ca. 400 Follower lesbar waren und sein sollten und die Erlangung eines Follower-Status und damit die Zugriffsmöglichkeit auf die von der Antragstellerin geposteten Inhalte von ihrem jeweiligen Einverständnis abhängig waren. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie nur diesem begrenzten Personenkreis die hier in Frage stehenden privaten Informationen zukommen lassen wollte.“

Im vorliegenden Hauptsacheverfahren ist nun erstmals vorgetragen und unstreitig geworden, dass unter den der Klägerin folgenden mehr als 400 Instagram-Accounts auch Accounts von Politikern sind, wie der des stellvertretenden C.-Bundesvorsitzenden C. L. sowie der Bundestagsabgeordneten C. P., T. K., Dr. K. L1 und J. M. (Anlage B 3) sowie der offizielle Instagram-Account des Kreisverbands der J. U. P1 (Anlage B 7).

Dies rechtfertigt nach Auffassung der Kammer eine andere rechtliche Würdigung der Frage der Selbstöffnung als sie im einstweiligen Verfügungsverfahren erfolgt ist: Nicht nur ist die Zahl der Follower mit 411 für einen Freundes- und Verwandtenkreis ungewöhnlich hoch. Zusätzlich liegt hinsichtlich der Politiker- und Kreisverbandsaccounts, die der Klägerin folgen, kein begrenzter Personenkreis mehr vor, den die Klägerin vollständig kennen und kontrollieren konnte. Zwar trägt die Klägerin insoweit vor, die Politiker-Accounts würden lediglich von 1 bis 3 Mitarbeitern bearbeitet, die ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet seien. Dass diese Mitarbeiter ihr zu jedem Zeitpunkt bekannt seien, behauptet die Klägerin indes nicht. Soweit die Klägerin hinsichtlich der Followerschaft des Kreisverbandes der J. U. P1 vorgetragen hat, dass ihr die beiden Zugriffsberechtigten bekannt seien und über diese hinaus nur eine Handvoll Personen zugangsberechtigt seien, die ihr ebenfalls bekannt seien, gilt Entsprechendes. Denn eine „Handvoll Personen“ als Zugriffsberechtigte bedeuten für die Klägerin gerade keine jederzeitige vollständige Kenntnis und Kontrollmöglichkeit; auch wenn zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass ihr die in Betracht kommenden Personen grundsätzlich bekannt sind, hat die Klägerin nicht geltend gemacht, dass sie zu jedem Zeitpunkt Kenntnis davon hätte, wer im Kreisverband der J. U. P1 zugriffberechtigt war. Damit stellt sich ihr Einverständnis hinsichtlich der Zugriffsmöglichkeit der Politiker- und Kreisverbandsaccounts als personell nicht kontrollierbar und nicht begrenzt dar. Die Klägerin hat die Erwartung, dass die Umwelt ihre Schwangerschaft als Privatangelegenheit nicht oder nur begrenzt zur Kenntnis nimmt, jedenfalls nicht mehr „situationsübergreifend und konsistent“ zum Ausdruck gebracht (vgl. Korte, Praxis des Presserechts, 2. Aufl. 2019, § 2 Rn. 82 m.w.N.). Der bei der Bestimmung der Reichweite des Persönlichkeitsrechtsschutzes zentrale situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartung (BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408) ist danach im Falle der Klägerin entfallen bzw. jedenfalls deutlich gemindert.

Auch wenn vor diesem Hintergrund kein völliges Entfallen des Privatsphärenschutzes der Klägerin, sondern nur eine Abschwächung wegen der Öffnung gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit angenommen würde, führte dies nicht zu einer Unzulässigkeit der Berichterstattung:

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 12. Juni 2018 - VI ZR 284/17 -, Juris Rn. 18). Dies ist hier nicht der Fall.

Auch unterhaltende Beiträge wie der vorliegende nehmen in vollem Umfang am Schutz der Berichterstattungsfreiheit des Art. 5 Abs. 2 GG teil. Die Klägerin und ihr Ehemann sind bekannte Persönlichkeiten des (H.) sozialen Lebens und treten gemeinsam bei öffentlichen Veranstaltungen auf, wo sie sich auch gemeinsam fotografieren lassen. Ein Berichterstattungsinteresse an der Klägerin und ihrem Ehemann als Prominenten ist daher auch vor dem Hintergrund der Leitbild- und Kontrastfunktion bekannter Personen anzuerkennen, auch wenn der vorliegende Beitrag vornehmlich die Neugier der Leser hinsichtlich der Angelegenheiten der Klägerin und ihres Ehemannes befriedigen soll und weniger einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung darstellt. Aufgrund der Selbstöffnung der Klägerin überwiegt ihr persönlichkeitsrechtliches Interesse gegenüber dem Berichterstattungsinteresse der Beklagten nicht. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Berichterstattungsaspekts der Schwangerschaft als auch hinsichtlich des Aspekts des beabsichtigten Umzugs nach H1.

III. Zusätzlich ist jedenfalls hinsichtlich der auf die Schwangerschaft der Klägerin bezogenen Teile der Berichterstattung, die keine weiteren privaten Details als die Tatsache der Geburt (wie Zwillinge, Jungen etc.) enthalten, die Wiederholungsgefahr durch die Geburt der Kinder der Klägerin im Juli 2022 entfallen (Anträge b., c. erster Satz). Die Geburt eines Kindes stellt grundsätzlich einen sozialen Umstand mit Gemeinschaftsbezug dar, der nicht der Privatsphäre zuzurechnen ist (OLG Hamburg, NJW-RR 1991, 98). Jedenfalls aufgrund der vom Ehemann der Klägerin im Dezember 2022 der Öffentlichkeit mitgeteilten Geburt der Kinder (Anlage B 9) berührte die streitgegenständliche Berichterstattung - soweit sie die Tatsache der Schwangerschaft an sich betrifft - zum jetzigen Zeitpunkt insoweit nur die Sozialsphäre der Klägerin, da mit der Geburt auch notwendig eine vorangegangene Schwangerschaft von im Regelfall 9 Monaten Dauer bekannt wird. Die Abwägung ginge aus den oben genannten Gründen insoweit zugunsten der Beklagten aus.

Ferner stellen die Auskünfte des Ehemannes der Klägerin im Dezember 2022 gegenüber dem S.-H. Zeitungsverlag zur Geburt der Kinder mit darüberhinausgehenden Details (wie Geburtsdatum und Namen, Anlage B 9) eine der Klägerin zuzurechnende weitere Selbstöffnung dar (bezüglich der Anträge a. und teilweise c.), die auch insoweit die Wiederholungsgefahr entfallen lässt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Hamburg: Instagram-Posts über selbst gekaufte Produkte nicht immer eine geschäftliche Handlung - Nur 5000 Follower Indiz gegen Schleichwerbung

LG Hamburg
Urteil vom 31.01.2019
312 O 341/18


Das LG Hamburg hat entschieden, dass Instagram-Posts über selbst gekauften Produkte nicht immer eine geschäftliche Handlung darstellen und als Werbung zu kennzeichnen sind. Das Gericht führt aus, dass die im vorliegenden Fall geringe Followerzahl von ca. 5000 gegen eine unzulässige Schleichwerbung sprechen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Jedoch steht der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 5a Abs. 6 UWG ebenso wenig wie aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3a UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG zu.

Die Antragsgegnerin verstößt mit den streitgegenständlichen Postings nicht gegen eine Kennzeichnungspflicht nach § 5a Abs. 6 UWG. Es mangelt schon an einer hierfür erforderlichen geschäftlichen Handlung.

Unlauter handelt nach § 5a Abs. 6 UWG, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Der geltend gemachte Verfügungsanspruch setzt danach zunächst das Vorliegen einer „geschäftlichen Handlung“ im Sinne des UWG voraus. Dies erfordert, dass die streitgegenständlichen Postings der Antragsgegnerin nicht privater Natur, sondern Werbung im geschäftlichen Sinne sind. Erforderlich dafür ist im Grundsatz ein Tätigwerden aufgrund eines entgeltlichen Vertrages oder jedenfalls in der Erwartung eines Entgelts oder einer Gegenleistung. Diese Voraussetzung hat die Antragstellerin im Ergebnis nicht glaubhaft gemacht.

Die Schwierigkeit des Nachweises einer geschäftlichen Handlung im Bereich des „Influencings“ liegt gerade darin, dass der entgeltlich-werbende und damit geschäftliche Charakter von Werbung auf Instagram oft wesensmäßig verschleiert wird, um durch eine privat erscheinende Präsentation der Postings glaubhafter zu erscheinen und größeres Interesse zu erwecken, als erkennbare „echte“ Werbung der Unternehmen selbst. Andererseits ist jedoch auch der Grundsatz der Meinungsfreiheit zu beachten, der es Privaten auch erlaubt, sich zu wirtschaftlichen Fragen und auch zu Unternehmen und Produkten zu äußern und in dem Zusammenhang ebenso negative wie positive Empfehlungen auszusprechen (BGH Urt. vom 20.03.1986 – I ZR 13/8 – Gastrokritiker, WRP 1986, 547).

Demgemäß kommt es vor allem auf die Begleitumstände an, die indiziellen Charakter für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung haben können. Maßgeblich kommt es darauf an, ob entweder ein Entgelt bezahlt wurde (OLG Celle Urteil vom 08.06.2017 – 13 U 53/17, GRUR 2017, 1158) oder sonstige Vorteile, wie z.B. Rabatte oder Zugaben gewährt oder wenigstens in Aussicht gestellt wurden (KG Berlin, Beschluss vom 11. Oktober 2017 – 5 W 221/17, Rz. 10 – zitiert nach juris; Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 5 W 233/17, Rz. 9 – zitiert nach juris). Daneben ist aber auch zu berücksichtigen, dass auch private Posts mit selbst gekauften Produkten dazu dienen können, Aufmerksamkeit bei potentiellen Werbekunden zu erzeugen und den Marktwert für zukünftige Werbeaktionen zu steigern. Damit kann zumindest auch das eigene gewerbliche Handeln gefördert werden. (vgl. LG Heilbronn, Urteil vom 08.05.2018 – 21 O 14/18, Rz. 48ff – zitiert nach juris). Ein Indiz kann ferner sein, dass die betroffene Person eine „Influencerin“ mit einer hohen Followerzahl ist. Hieraus kann sich ein grundsätzliches Bestreben ergeben, andere Nutzer zum Kauf von Produkten zu animieren und damit selbst Geld zu verdienen oder geldliche Vorteile zu ziehen (vgl. LG Osnabrück Urteil v. 12.06.2018 – 14 O 135/18, Rz. 42 ff.). Auch die Verlinkung bei einer Vielzahl von Produkten auf die jeweilige Unternehmerseite kann ein Indiz für eine geschäftliche Handlung sein (LG Berlin, Urteil v. 24. Mai 2018, Az. 52 O 101/18, zitiert nach Anl. Ast. 8, Abs. 19; KG, Beschluss v. 11.10.2017, Az. 5 W 221/17, zitiert nach juris, Abs.11).

Unter Berücksichtigung des Vorgesagten ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin mit ihren Produktpräsentationen mehr als nur eine private Meinung kundtun wollte. Für eine geschäftliche Handlung spricht vor allem, dass bei zahlreichen Produkten eine Verlinkung auf die Seite des jeweiligen Unternehmens angebracht ist. Ebenfalls spricht für eine solche geschäftliche Handlung, dass einige wenige Produkte auch bei der Influencerin Frau D. identisch präsentiert und dort als Werbung gekennzeichnet sind. Insoweit hat die Antragstellern allerdings keinen Vortrag dazu gehalten, in welchem Verhältnis Frau D. zu den Unternehmen der vorgestellten Produkte steht und ob sie etwa ein Entgelt für die Präsentation der Produkte erzielt.

Demgegenüber hat die Antragsgegnerin an Eides statt u.a. versichert, dass sie weder auf ihrem Instagram-Account, noch in sonstigen Medien gegen Entgelt als Werbende für irgendwelche Unternehmen oder Produkte auftritt, dass sie nicht geschäftlich oder mit Gewinnerzielungsabsicht tätig ist und noch nie Geld, Rabatte oder sonstige Gegenleistungen von einem Unternehmen erhalten hat. Weiter hat die an Eides statt versichert, alle Kleidungsstücke, Accessoires, Reisen, Hotelaufenthalte, Restaurant- und Barbesuche selbst finanziert oder von ihren Eltern bezahlt bekommen zu haben. Glaubhaft gemacht ist Letzteres durch eine große Anzahl von Rechnungen (Anl. AG 5), die belegen, dass die Antragsgegnerin nachweislich einen großen Teil der präsentierten Produkte entgeltlich erworben hat. Dies gilt auch in Ansehung des Vortrags zu dem Veranstalter „T. B. C.“ und den hierzu vorgelegten Anl. Ast 10 bis 13. Die Kammer sieht den Vortrag der Antragstellerin als richtig unterstellt, selbst dann keinen Widerspruch zu Ziff. 4 der eidesstattlichen Versicherung, wenn der Antragsgegnerin die vorgestellte Jacke für die Dauer der Aufnahmen unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. In der eidesstattlichen Versicherung vom 3. November 2018 hat die Antragsgegnerin insoweit angegeben, alle ihre Kleidungsstücke und Accessoires, die sie auf den Bildern auf Instagram trage, selbst bezahlt oder als Geschenk von ihren Eltern erhalten zu haben. Nichts davon sei ihr von einem Unternehmen unentgeltlich oder vergünstigt als Gegenleistung für einen Post überlassen worden. Richtig ist zwar im Ausgangspunkt, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin die Jacke der Antragsgegnerin für die Dauer der Aufnahmen unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde und damit der erste Teil von Ziff. 4 der eidesstattlichen Versicherung bei rein grammatikalischer Betrachtungsweise falsch ist. Die Kammer versteht allerdings die Angaben im Zusammenhang mit dem zweiten Teil der Ziff. 4 so, dass die Antragsgegnerin keinerlei Vorteile durch die Unternehmen für die Veröffentlichung der Aufnahmen auf Instagram erhalten hat. Von einem solchen Vorteil kann nach Auffassung der Kammer nur dann die Rede sein, wenn ihr die Jacke über die Dauer der Aufnahmen hinaus unentgeltlich oder vergünstigt überlassen worden wäre. Für eine solche Annahme bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.

Schließlich streitet auch der Umstand für die Antragsgegnerin, dass sie verglichen mit anderen Profilen mit ca. 5.000 relativ wenige „Follower“ hat. In den bereits zitierten Fällen des Landgerichts Heilbronn und des Landgerichts Osnabrück waren es 100.000 bzw. 60.000.

Auch in der zitierten Entscheidung des Landgerichts Berlin (Urteil vom 24.05.2018 – 52 O 101/18) lag der Fall deutlich anders. Die dortige Antragsgegnerin hatte mehr als 50.000 Follower und hat sich zudem dahingehend geäußert, dass das Einzige, was man auf ihrem Blog nicht sehe, private Bereiche seien, die sie nicht ins Internet tragen möchte. Außerdem beschäftigte die Antragsgegnerin eine Projektmanagerin und verfügte über eine Geschäftsanschrift in den Räumen einer Werbeagentur. Über dies alles verfügt die Antragsgegnerin nicht, so dass letztlich lediglich die Verlinkung als Anhaltspunkt für eine geschäftliche Handlung verbleibt, was nach dem soeben Gesagten nicht ausreicht.

Ein geschäftliches Handeln der Antragsgegnerin ist nach allem nicht glaubhaft gemacht. Aus diesem Grunde scheitern auch etwaige Ansprüche aus § 5a Abs. 6 UWG oder §§ 8, 3, 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Hamburg: Facebook-Gewinnspiel mit Teilnahme durch Gefällt-Mir-Button nicht wettbewerbswidrig

LG Hamburg
Urteil vom 10.01.2013
327 O 438/11


Gewinnspiele von Unternehmen bei Facebook sind weit verbreitet. Im Regelfall ist dabei zur Teilnahme erforderlich, dass die Nutzer den Gefällt-Mir-Button betätigen.

Das LG Hamburg hat nun zutreffend entschieden, dass dieser Teilnahmemodus wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Das Gericht vertritt zutreffend die Ansicht, dass diese Konstellation nicht mit dem Kauf von Facebook-Fans oder positiven Bewertungen in Bewertungsportalen zu vergleichen ist.