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EuGH: Schutzbereich einer geschützten Ursprungsbezeichnung kann auch charakteristische Form oder das Erscheinungsbild umfassen - Morbier-Käse

EuGH
Urteil vom 17.12.2020
C-490/19
Syndicat interprofessionnel de défense du fromage Morbier / Société Fromagère du Livradois SAS


Der EuGH hat entschieden, dass der Schutzbereich einer geschützten Ursprungsbezeichnung auch die charakteristische Form oder das Erscheinungsbild umfassen kann.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Das Unionsrecht verbietet unter bestimmten Umständen die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds, die bzw. das für ein Erzeugnis charakteristisch ist, das von einer geschützten Ursprungsbezeichnung erfasst wird

Es ist zu prüfen, ob diese Wiedergabe den Verbraucher irreführen kann, und dabei sind alle maßgeblichen Umstände zu berücksichtigen, einschließlich der Modalitäten, unter denen das Erzeugnis der Öffentlichkeit angeboten und vermarktet wird, sowie des tatsächlichen Kontexts Würdigung durch den Gerichtshof.

Der Gerichtshof entscheidet als Erstes, dass die Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 nicht nur die Verwendung eines eingetragenen Namens durch einen Dritten verbieten. Als Zweites entscheidet der Gerichtshof, dass die Art. 13 Abs. 1 Buchst. d dieser beiden Verordnungen die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds, die bzw. das für ein Erzeugnis charakteristisch ist, das von einem eingetragenen Namen erfasst wird, verbieten, wenn diese Wiedergabe den Verbraucher zu der Annahme veranlassen kann, dass das fragliche Erzeugnis von diesem eingetragenen Namen erfasst wird. Insoweit ist zu prüfen, ob diese Wiedergabe den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen europäischen Verbraucher irreführen kann, und dabei sind alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, einschließlich der Modalitäten, unter denen die betreffenden Erzeugnisse der Öffentlichkeit angeboten und vermarktet werden, sowie des tatsächlichen Kontexts.

Um zu diesem Ergebnis zu kommen, weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass die Art. 13 Abs. 1 der Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 eine abgestufte Aufzählung verbotener Verhaltensweisen enthalten und nicht lediglich die Verwendung des eingetragenen Namens selbst verbieten. Obwohl die Art. 13 Abs. 1 Buchst. d dieser Verordnungen nicht spezifisch die
verbotenen Verhaltensweisen festlegen, erfassen sie somit weitgehend alle Verhaltensweisen, die nicht durch die Art. 13 Abs. 1 Buchst. a bis c verboten werden und dazu führen können, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des betreffenden Erzeugnisses irrezuführen.

Was sodann die Frage betrifft, ob die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds eines Erzeugnisses, das von einem eingetragenen Namen erfasst wird, eine solche Praktik darstellen kann, die geeignet ist, den Verbraucher irrezuführen, stellt der Gerichtshof fest, dass der Gegenstand des von den Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 vorgesehenen Schutzes zwar der eingetragene Name und nicht das mit ihm benannte Erzeugnis ist. Der Zweck dieses Schutzes besteht deshalb nicht darin, die Verwendung von Herstellungstechniken oder die Wiedergabe einer oder mehrerer charakteristischer Eigenschaften, die in der Spezifikation eines Erzeugnisses genannt werden, das von einem eingetragenen Namen erfasst wird, deshalb zu verbieten, weil sie in dieser Spezifikation aufgeführt sind.

Geschützte Ursprungsbezeichnungen werden allerdings insoweit geschützt, als sie ein Erzeugnis bezeichnen, das eine bestimmte Güte oder bestimmte Eigenschaft aufweist.

Somit sind die geschützte Ursprungsbezeichnung und das von ihr erfasste Erzeugnis eng miteinander verbunden. Daher ist nicht auszuschließen, dass die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds eines Erzeugnisses, das von einem eingetragenen Namen geschützt wird, ohne dass dieser Name auf dem fraglichen Erzeugnis oder auf seiner äußeren Verpackung erscheint, in den Anwendungsbereich der Art. 13 Abs. 1 Buchst. d fallen kann.

Dies ist dann der Fall, wenn diese Wiedergabe geeignet ist, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des fraglichen Erzeugnisses irrezuführen. Für die Beurteilung, ob dies der Fall ist, ist u. a. zu prüfen, ob ein Bestandteil des Erscheinungsbildes des Erzeugnisses, das von dem eingetragenen Namen erfasst wird, eine besonders unterscheidungskräftige Referenzeigenschaft dieses Erzeugnisses darstellt, so dass dessen Wiedergabe in Verbindung mit allen maßgeblichen Umständen des Einzelfalls den Verbraucher zu der Annahme veranlassen kann, dass das Erzeugnis,das diese Wiedergabe enthält, von diesem eingetragenen Namen erfasst wird.

Der „Morbier“ ist ein Käse, der im Jura-Massiv (Frankreich) hergestellt wird und seit dem 22. Dezember 2000 eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) trägt. Er ist durch einen schwarzen Streifen gekennzeichnet, der den Käse horizontal in zwei Hälften teilt. Dieser schwarze Streifen, der ursprünglich aus einer Kohleschicht bestand und heutzutage aus pflanzlicher Kohle
besteht, wird in der Beschreibung des Erzeugnisses, die in der Spezifikation der g.U. enthalten ist, ausdrücklich genannt.

Die Société Fromagère du Livradois SAS, die Morbier-Käse seit 1979 herstellt, ist nicht in dem geografischen Gebiet ansässig, dem die Bezeichnung „Morbier“ vorbehalten ist. Seit Ablauf eines Übergangszeitraums verwendet sie daher für ihren Käse die Bezeichnung „Montboissié du Haut Livradois“.

2013 verklagte das Syndicat interprofessionnel de défense du fromage Morbier (berufsübergreifender Verband zur Verteidigung des Morbier-Käses, im Folgenden: Verband) die Société Fromagère du Livradois vor dem Tribunal de grande instance de Paris (Gericht erster Instanz Paris, Frankreich). Nach Ansicht des Verbands verletzt die Société Fromagère du Livradois die g.U. und begeht dadurch unlautere und rufausnutzende Handlungen, dass sie einen Käse herstelle und vertreibe, der das äußere Erscheinungsbild, u. a. den schwarzen Streifen, des unter die g.U. „Morbier“ fallenden Erzeugnisses übernehme. Seine Klage wurde abgewiesen.

Mit einem 2017 erlassenen Urteil bestätigte die Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) diese Abweisung. Nach Ansicht dieses Gerichts sollen mit einer g.U. nicht das Erscheinungsbild eines Erzeugnisses oder dessen Eigenschaften geschützt werden, sondern sein Name, so dass sie nicht verbiete, ein Erzeugnis nach denselben Techniken herzustellen. Der
Verband legte daraufhin gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde beim vorlegenden Gericht ein.

Unter diesen Umständen ersucht die Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) den Gerichtshof um Auslegung der jeweiligen Art. 13 Abs. 1 der Verordnungen Nrn. 510/20061 und 1151/20122, die den Schutz eingetragener Namen betreffen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Übernahme der physischen Merkmale eines von einer g.U. geschützten Erzeugnisses ohne Verwendung des eingetragenen Namens eine Praktik darstellen kann, die geeignet ist, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des Erzeugnisses irrezuführen, was von Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der genannten Verordnungen verboten wird. Der Gerichtshof hat damit zum ersten Mal die Gelegenheit, diese Art. 13 Abs. 1 Buchst. d auszulegen.

Würdigung durch den Gerichtshof
Der Gerichtshof entscheidet als Erstes, dass die Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 nicht nur die Verwendung eines eingetragenen Namens durch einen Dritten verbieten. Als Zweites entscheidet der Gerichtshof, dass die Art. 13 Abs. 1 Buchst. d dieser beiden Verordnungen die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds, die bzw. das für ein Erzeugnis charakteristisch ist, das von einem eingetragenen Namen erfasst wird, verbieten, wenn diese Wiedergabe den Verbraucher zu der Annahme veranlassen kann, dass das fragliche Erzeugnis von diesem eingetragenen Namen erfasst wird. Insoweit ist zu prüfen, ob diese Wiedergabe den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen europäischen Verbraucher irreführen kann, und dabei sind alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, einschließlich der Modalitäten, unter denen die betreffenden Erzeugnisse der Öffentlichkeit angeboten und vermarktet werden, sowie des tatsächlichen Kontexts.

Um zu diesem Ergebnis zu kommen, weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass die Art. 13 Abs. 1 der Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 eine abgestufte Aufzählung verbotener Verhaltensweisen enthalten und nicht lediglich die Verwendung des eingetragenen Namens selbst verbieten. Obwohl die Art. 13 Abs. 1 Buchst. d dieser Verordnungen nicht spezifisch die
verbotenen Verhaltensweisen festlegen, erfassen sie somit weitgehend alle Verhaltensweisen, die nicht durch die Art. 13 Abs. 1 Buchst. a bis c verboten werden und dazu führen können, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des betreffenden Erzeugnisses irrezuführen.

Was sodann die Frage betrifft, ob die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds eines Erzeugnisses, das von einem eingetragenen Namen erfasst wird, eine solche Praktik darstellen kann, die geeignet ist, den Verbraucher irrezuführen, stellt der Gerichtshof fest, dass der Gegenstand des von den Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 vorgesehenen Schutzes zwar der eingetragene Name und nicht das mit ihm benannte Erzeugnis ist. Der Zweck dieses Schutzes besteht deshalb nicht darin, die Verwendung von Herstellungstechniken oder die Wiedergabe einer oder mehrerer charakteristischer Eigenschaften, die in der Spezifikation eines Erzeugnisses genannt werden, das von einem eingetragenen Namen erfasst wird, deshalb zu verbieten, weil sie in dieser Spezifikation aufgeführt sind.

Geschützte Ursprungsbezeichnungen werden allerdings insoweit geschützt, als sie ein Erzeugnis bezeichnen, das eine bestimmte Güte oder bestimmte Eigenschaft aufweist. Somit sind die geschützte Ursprungsbezeichnung und das von ihr erfasste Erzeugnis eng miteinander verbunden. Daher ist nicht auszuschließen, dass die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds eines Erzeugnisses, das von einem eingetragenen Namen geschützt wird, ohne dass dieser Name auf dem fraglichen Erzeugnis oder auf seiner äußeren Verpackung erscheint, in den Anwendungsbereich der Art. 13 Abs. 1 Buchst. d fallen kann.

Dies ist dann der Fall, wenn diese Wiedergabe geeignet ist, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des fraglichen Erzeugnisses irrezuführen. Für die Beurteilung, ob dies der Fall ist, ist u. a. zu prüfen, ob ein Bestandteil des Erscheinungsbildes des Erzeugnisses, das von dem eingetragenen Namen erfasst wird, eine besonders unterscheidungskräftige Referenzeigenschaft dieses Erzeugnisses darstellt, so dass dessen Wiedergabe in Verbindung mit allen maßgeblichen Umständen des Einzelfalls den Verbraucher zu der Annahme veranlassen kann, dass das Erzeugnis,
das diese Wiedergabe enthält, von diesem eingetragenen Namen erfasst wird.



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuG: Dreidimensionale Unionsmarke Rubik’s cube ist nichtig - Zauberwürfel kann nicht als Marke eingetragen werden

EUG
Urteil vom 24.10.2019
T-601/17
Rubik's Brand Ltd / EUIPO

Siehe auch zum Thema EuGH: Ob Zauberwürfel / Rubik´s Cube als 3D-Marke eingetragen werden kann muss erneut vom EUIPO geprüft und entscheiden werden

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Das Gericht bestätigt die Nichtigerklärung der Unionsmarke, die aus der Form des „Rubik’s cube“ besteht

Da die wesentlichen Merkmale dieser Form zur Erreichung der technischen Wirkung erforderlich sind, die in der Drehbarkeit des Rubik’s cube besteht, hätte diese Form nicht als Unionsmarke eingetragen werden dürfen.

Auf Antrag von Seven Towns, einem britischen Unternehmen, das u. a. die Rechte des geistigen Eigentums am „Rubik’s cube“ verwaltet, trug das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) im Jahr 1999 die folgende Würfelform als dreidimensionale Unionsmarke für „dreidimensionale Puzzles“ ein:

Im Jahr 2006 beantragte Simba Toys, ein deutscher Spielzeughersteller, beim EUIPO die Nichtigerklärung dieser dreidimensionalen Marke u. a. mit der Begründung, dass sie eine in ihrer Drehbarkeit bestehende technische Lösung enthalte und eine solche Lösung nur durch ein Patent und nicht als Marke geschützt werden könne. Das EUIPO wies den Antrag zurück, woraufhin Simba Toys beim Gericht der Europäischen Union Klage erhob und die Aufhebung der Entscheidung des EUIPO beantragte.

Mit Urteil vom 25. November 20141 wies das Gericht die Klage von Simba Toys mit der Begründung ab, dass die fragliche Würfelform keine technische Lösung enthalte, die den Schutz dieser Form als Marke verhindere. Das Gericht war insbesondere der Ansicht, dass sich die für den Rubik’s cube charakteristische technische Lösung nicht aus den Merkmalen dieser Form, sondern allenfalls aus einem nicht sichtbaren Mechanismus im Würfelinnern ergebe.

Simba toys legte gegen das Urteil des Gerichts ein Rechtsmittel beim Gerichtshof ein. Dieser hob mit Urteil vom 10. November 20162 sowohl das Urteil des Gerichts als auch die Entscheidung des EUIPO auf. In seinem Urteil stellte der Gerichtshof u. a. fest, dass das EUIPO und das Gericht bei der Prüfung, ob die Eintragung abzulehnen gewesen wäre, weil die streitige Würfelform eine technische Lösung enthält, auch nicht sichtbare funktionale Elemente der durch diese Form dargestellten Ware, wie etwa ihre Drehbarkeit, hätten berücksichtigen müssen.

Auf das Urteil des Gerichtshofs hin hatte das EUIPO eine neue Entscheidung zu erlassen, die den Feststellungen des Gerichtshofs Rechnung trägt. Mit Entscheidung vom 19. Juni 2017 stellte das EUIPO fest, dass die Darstellung der streitigen Würfelform drei wesentliche Merkmale aufweise, nämlich die Form des Würfels insgesamt, die schwarzen Linien und kleinen Quadrate auf jeder Seite des Würfels sowie die unterschiedlichen Farben auf den sechs Seiten des Würfels. Jedes dieser wesentlichen Merkmale sei zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich, die dadurch entstehe, dass Reihen kleinerer Würfel unterschiedlicher Farben, die einen größeren Würfel bildeten, vertikal und horizontal um eine Achse solange gedreht würden, bis die neun Quadrate jeder Seite dieses Würfels die gleiche Farbe hätten. Da die Verordnung über die Unionsmarke die Eintragung einer Form nicht zulasse, deren wesentliche Merkmale zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich seien, stellte das EUIPO fest, dass die streitige Marke unter Verstoß gegen diese Verordnung eingetragen worden sei, und löschte daher ihre Eintragung.

Die Rubik’s Brand Ltd, die derzeit Inhaberin der streitigen Marke ist, hat diese Entscheidung des EUIPO beim Gericht angefochten.

Mit seinem Urteil vom heutigen Tag stellt das Gericht zunächst fest, dass die Entscheidung des EUIPO mit einem Beurteilungsfehler behaftet ist, soweit das EUIPO festgestellt hat, dass die unterschiedlichen Farben auf den sechs Seiten des Würfels ein wesentliches Merkmal der streitigen Marke seien. Zum einen hat nämlich Rubik’s Brand nie behauptet, dass für sie die etwaige Farbgebung jeder Seite des Würfels im Zusammenhang mit der Eintragung der streitigen Marke eine wichtige Rolle spiele, zum anderen lässt sich anhand einer bloßen visuellen Analyse der grafischen Darstellung dieser Marke nicht deutlich genug erkennen, dass die sechs Seiten des Würfels unterschiedliche Farben aufweisen.

Des Weiteren bestätigt das Gericht die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Definition der technischen Wirkung. In diesem Zusammenhang stellt das Gericht fest, dass die streitige Würfelform das Erscheinungsbild der konkreten Ware darstellt, für die die Eintragung beantragt wurde, nämlich des als „Rubik’s cube“ bekannten dreidimensionalen Puzzles. Bei dieser Ware
handelt es sich um ein Spiel, dessen Ziel es ist, ein farbiges dreidimensionales Puzzle in Form eines Würfels mit sechs Seiten von unterschiedlicher Farbe wiederherzustellen. Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass Reihen kleinerer Würfel unterschiedlicher Farben, die Bestandteile eines größeren Würfels sind, so lange vertikal und horizontal um eine Achse gedreht werden, bis die neun Quadrate jeder Seite dieses Würfels die gleiche Farbe haben.

Hinsichtlich der Beurteilung der Funktionalität der wesentlichen Merkmale der streitigen Marke ist das Gericht wie das EUIPO der Auffassung, dass das wesentliche Merkmal, das in den schwarzen Linien besteht, die sich horizontal und vertikal auf jeder Seite des Würfels kreuzen und jede dieser Seiten damit in neun kleine Würfel gleicher Größe unterteilen, die in drei Reihen
von jeweils drei angeordnet sind, erforderlich ist, um die angestrebte technische Wirkung zu
erreichen.

Diese schwarzen Linien stellen nämlich eine physische Trennung zwischen den verschiedenen kleinen Würfeln dar, die es dem Spieler ermöglichen, jede Reihe kleiner Würfel unabhängig voneinander zu drehen, um diese kleinen Würfel in der gewünschten Farbkombination auf den sechs Seiten des Würfels anzuordnen. Eine solche physische Trennung ist notwendig, um die verschiedenen Reihen kleiner Würfel mit Hilfe eines Mechanismus im Würfelinnern vertikal und horizontal drehen zu können. Ohne eine solche physische Trennung wäre der Würfel nichts weiter als ein fester Block, der kein einzelnes Element enthielte, das sich unabhängig bewegen ließe. Was das wesentliche Merkmal der Form des Würfels insgesamt betrifft, teilt das Gericht die Auffassung des EUIPO, dass die Würfelform untrennbar ist von zum einen der Gitterstruktur, die aus schwarzen Linien besteht, die sich auf jeder Seite des Würfels kreuzen und jede dieser Seiten in neun kleine Würfel gleicher Größe unterteilen, die in drei Reihen von jeweils drei angeordnet sind, und zum anderen der Funktion der konkreten Ware, die darin besteht, dass sich die Reihen kleiner Würfel horizontal und vertikal drehen lassen. In Anbetracht dieser Elemente kann die Form der Ware nämlich nur die eines Würfels, d. h. eines regelmäßigen Hexaeders, sein.

Daher gelangt das Gericht zu dem Schluss, dass zwar die unterschiedlichen Farben auf den sechs Seiten des Würfels kein wesentliches Merkmal der streitigen Marke darstellen, aber die beiden vom EUIPO zutreffend als wesentlich eingestuften Merkmale dieser Marke zur Erreichung der mit der durch die fragliche Würfelform dargestellten Ware angestrebten Wirkung
erforderlich sind, und diese Form daher nicht als Unionsmarke hätte eingetragen werden dürfen. Folglich bestätigt das Gericht die angefochtene Entscheidung und weist die Klage von Rubik’s Brand ab.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




EuGH: Louboutin-Marke bestehend aus einer auf der Sohle eines Schuhs aufgebrachten Farbe "Rot" kann als Marke eingetragen werden

EuGH
Urteil vom 12.06.2018
C-163/16
Christian Louboutin und Christian Louboutin SAS / Van Haren Schoenen BV


Der EuGH hat entschieden, dass die Louboutin-Marke bestehend aus einer auf der Sohle eines Schuhs aufgebrachten Farbe "Rot" als Marke eingetragen werden kann.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Eine Marke, die aus einer auf der Sohle eines Schuhs aufgebrachten Farbe besteht, fällt nicht unter das Verbot der Eintragung von Formen

Eine solche Marke besteht nämlich nicht „ausschließlich aus der Form“ im Sinne der Markenrichtlinie

Herr Louboutin und die Christian Louboutin SAS kreieren hochhackige Damenschuhe, deren Besonderheit darin besteht, dass die äußere Sohle stets die Farbe Rot hat. 2010 ließ Herr Louboutin diese Marke in den Benelux-Ländern für die Klasse „Schuhe“ eintragen, ab 2013 für die Klasse „hochhackige Schuhe“. Diese Marke wird beschrieben als „Farbe Rot (Pantone 18-1663TP), die auf der Sohle eines Schuhs wie abgebildet (die Kontur des Schuhs ist nicht von der Marke umfasst, sondern dient nur dem Zweck, die Position der Marke zu zeigen) aufgebracht ist“.

Das Unternehmen Van Haren betreibt in den Niederlanden Einzelhandelsgeschäfte für Schuhe. Im Jahr 2012 verkaufte Van Haren hochhackige Damenschuhe, deren Sohlen rot waren. Herr Louboutin und sein Unternehmen riefen die niederländischen Gerichte an, um eine Markenverletzung durch Van Haren feststellen zu lassen. Van Haren macht geltend, dass die streitige Marke ungültig sei. Die Unionsrichtlinie über die Marken führt nämlich mehrere Ungültigkeitsgründe bzw. Eintragungshindernisse auf, u. a. in Bezug auf Zeichen, die ausschließlich aus der Form bestehen, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.

Die Rechtbank Den Haag (Gericht erster Instanz Den Haag, Niederlande) hat beschlossen, hierzu den Gerichtshof zu befragen. Sie ist der Ansicht, dass die streitige Marke untrennbar mit einer Schuhsohle verbunden sei, und möchte wissen, ob der Begriff „Form“ nach der Richtlinie auf dreidimensionale Merkmale einer Ware (wie deren Konturen, Abmessungen oder Umfang)
beschränkt sei oder ob er auch andere Eigenschaften wie die Farbe umfasse.

In seinem heutigen Urteil führt der Gerichtshof aus, dass die Bedeutung des Begriffs „Form“, da dieser in der Richtlinie nicht definiert ist, entsprechend seinem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen ist. Der Gerichtshof stellt fest, dass sich aus dem üblichen Wortsinn nicht ergibt, dass eine Farbe als solche ohne räumliche Begrenzung eine Form darstellen
kann.

Ferner spielt die Form der Ware oder eines Teils der Ware bei der räumlichen Begrenzung der Farbe zwar eine Rolle, es kann jedoch nicht angenommen werden, dass ein Zeichen aus dieser Form besteht, wenn die Eintragung der Marke nicht diese Form, sondern nur die Aufbringung einer Farbe an einer bestimmten Stelle dieser Ware schützen soll.

Im vorliegenden Fall bezieht sich die Marke nicht auf eine bestimmte Form der Sohle von hochhackigen Schuhen, da es in der Markenbeschreibung ausdrücklich heißt, dass die Kontur des Schuhs nicht von der Marke umfasst ist, sondern nur dazu dient, die Position der von der Eintragung erfassten roten Farbe zu zeigen. Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass ein Zeichen wie das in Rede stehende jedenfalls nicht als „ausschließlich“ aus der Form bestehend angesehen werden kann, wenn sein
Hauptgegenstand eine Farbe ist, die nach einem international anerkannten Kennzeichnungscode festgelegt worden ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




BGH: Zur Kennzeichnungskraft einer Marke bestehend aus Produktform wenn Form des Produkts nicht funktionsbedingt vorgegeben ist - lufterfrischer in Form eines Tannenbaums

BGH
Urteil vom 02.06.2016
I ZR 75/15
Wunderbaum II
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 51 Abs. 1, § 115 Abs. 1, § 124



Leitsätze des BGH:

a) Wird ein Produkt (hier: Lufterfrischer) in Form der Marke (hier: Silhouette eines stilisierten Tannenbaums) hergestellt, schwächt dies nicht die originäre Kennzeichnungskraft der Marke wegen beschreibender Anklänge im Hinblick auf die Waren, für die sie Schutz beansprucht, wenn die Form des Produkts nicht funktionsbedingt vorgegeben oder die Ware beschreibend ist.

b) Die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke kann bei inländischen Verkehrskreisen dadurch gesteigert werden, dass die Marke nicht nur im Inland, sondern in zahlreichen weiteren Ländern präsent ist und inländische Verkehrskreise der Marke bei Reisen ins Ausland begegnen.

BGH, Urteil vom 2. Juni 2016 - I ZR 75/15 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH: Ob Zauberwürfel / Rubik´s Cube als 3D-Marke eingetragen werden kann muss erneut vom EUIPO geprüft und entscheiden werden

EuGH
Urteil vom 10.11.2016
C-30/15 P
Simba Toys GmbH & Co. KG / EUIPO


Der EuGH hat entschieden, dass die Frage, ob der Zauberwürfel / Rubik´s Cube als 3D-Marke eingetragen werden kann erneut vom EUIPO geprüft und entschieden werden muss.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des EuGH:

Der Gerichtshof hebt das Urteil des Gerichts und die Entscheidung des EUIPO auf, die die Eintragung der Form des Rubik’s cube als Unionsmarke bestätigte

Bei der Prüfung, ob die Eintragung abzulehnen war, weil diese Form eine technische Lösung enthielt, hätten das EUIPO und das Gericht auch nicht funktionelle Elemente der durch diese Form dargestellten Ware wie ihre Drehbarkeit berücksichtigen müssen.

Auf Antrag von Seven Towns, einem britischen Unternehmen, das u. a. die Rechte des geistigen Eigentums am „Rubik’s cube“ verwaltet, trug das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) im Jahr 1999 die folgende Würfelform als dreidimensionale Unionsmarke für „dreidimensionale Puzzles“ ein:

Im Jahr 2006 beantragte Simba Toys, ein deutscher Spielzeughersteller, beim EUIPO die Nichtigerklärung der dreidimensionalen Marke u. a. mit der Begründung, dass diese eine in ihrer Drehbarkeit bestehende technische Lösung enthalte und eine solche Lösung nur durch ein Patent und nicht als Marke geschützt werden könne. Das EUIPO wies den Antrag zurück, woraufhin Simba Toys beim Gericht der Europäischen Union Klage erhob und die Aufhebung der
Entscheidung des EUIPO beantragte.

Mit seinem Urteil vom 25. November 20141 wies das Gericht die Klage von Simba Toys mit der Begründung ab, dass die fragliche Würfelform keine technische Lösung enthalte, die den Schutz dieser Form als Marke verhindere. Das Gericht war insbesondere der Ansicht, dass sich die für den Rubik’s cube charakteristische technische Lösung nicht aus den Merkmalen dieser Form, sondern allenfalls aus einem nicht sichtbaren Mechanismus im Würfelinnern ergebe.
Simba Toys hat beim Gerichtshof ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts eingelegt.

Mit seinem Urteil von heute weist der Gerichtshof darauf hin, dass die im vorliegenden Fall anzuwendende Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke verhindern soll, dass einem Unternehmen durch das Markenrecht ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware eingeräumt wird. Der Gerichtshof stellt insoweit fest, dass die wesentlichen Merkmale der streitigen Form in einem Würfel und einer Gitterstruktur auf jeder Seite
dieses Würfels bestehen.

Zu der Frage, ob die Eintragung der fraglichen Form als Unionsmarke Seven Towns ein Monopol für eine technische Lösung einräumen kann, führt der Gerichtshof anschließend aus, dass zu prüfen ist, ob diese Form zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Der Gerichtshof erklärt entgegen den Feststellungen des Gerichts, dass im Rahmen dieser Prüfung die wesentlichen Merkmale der fraglichen Würfelform im Hinblick auf die technische
Funktion der durch diese Form dargestellten Ware beurteilt werden müssen. Insbesondere musste das Gericht auch auf der grafischen Darstellung dieser Form nicht sichtbare Elemente, wie die Drehbarkeit der Einzelteile eines dreidimensionalen Puzzles der Art „Rubik’s cube“ berücksichtigen. In diesem Kontext hätte das Gericht die technische Funktion der betreffenden Ware bestimmen und bei seiner Prüfung berücksichtigen müssen.

Außerdem verhindert der Umstand, dass Seven Towns die Eintragung des streitigen Zeichens für „dreidimensionale Puzzles“ im Allgemeinen, ohne eine Beschränkung auf drehbare Puzzles, beantragt hat, nach Ansicht des Gerichtshofs nicht, dass die technische Funktion der durch die fragliche Würfelform dargestellten Ware berücksichtigt wird, und macht dies sogar notwendig, da die Entscheidung über diesen Antrag alle Hersteller von dreidimensionalen Puzzles, deren Elemente die Form einen Würfels darstellen, beeinträchtigen kann.

Unter diesen Umständen hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts und die Entscheidung des EUIPO auf, die die Eintragung der streitigen Form als Unionsmarke bestätigten.

Das EUIPO hat unter Berücksichtigung der Feststellungen des Gerichtshofs im vorliegenden Urteil eine neue Entscheidung zu erlassen.

EuGH: Zur markenrechtlichen Schutzfähigkeit einer Marke die aus der Form einer Ware besteht - Tripp Trapp-Stuhl

EuGH
Urteil vom 18.09.2014
C‑205/13
Hauck GmbH & Co. KG
gegen
Stokke A/S u.a.


Tenor der Entscheidung:

1. Art. 3 Abs. 1 Buchst. e erster Gedankenstrich der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass das in dieser Bestimmung vorgesehene Eintragungshindernis auf ein Zeichen anwendbar ist, das ausschließlich aus der Form einer Ware besteht die eine oder mehrere wesentliche Gebrauchseigenschaften aufweist, die der oder den gattungstypischen Funktion(en) dieser Ware innewohnen, nach denen der Verbraucher möglicherweise auch bei den Waren der Mitbewerber sucht.

2. Art. 3 Abs. 1 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Ersten Richtlinie 89/104 ist dahin auszulegen, dass das in dieser Bestimmung vorgesehene Eintragungshindernis auf ein Zeichen anwendbar ist, das ausschließlich aus der Form einer Ware mit mehreren Eigenschaften, die ihr in unterschiedlicher Weise jeweils einen wesentlichen Wert verleihen können, besteht. Bei der Feststellung, ob das fragliche Eintragungshindernis anwendbar ist, stellt die Wahrnehmung der Form der Ware durch die angesprochenen Verkehrskreise nur eines der Beurteilungskriterien dar.

3. Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Ersten Richtlinie 89/104 ist dahin auszulegen, dass die im ersten und im dritten Gedankenstrich dieser Bestimmung genannten Eintragungshindernisse nicht zusammen anwendbar sind.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: