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AG München: Keine materiell-rechtliche Verletzung des deutschen Urheberrechts durch Nutzung eines Fotos auf rein spanischsprachiger Website

AG München
Urteil vom 23.08.2024
161 C 12981/24


Das AG München hat entschieden, dass keine materiell-rechtliche Verletzung des deutschen Urheberrechts durch Nutzung eines Fotos auf einer rein spanischsprachigen Website vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die örtliche Zuständigkeit des Gerichts gegeben. Das Amtsgericht München ist für eine Entscheidung über denjenigen Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland verursacht wurde. Die internationale Zuständigkeit folgt aus Art. 7 Nr. 2 der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12.12.2012 (Brüssel Ia-VO; EuGVVO). Hiernach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Der EuGH wendet dabei die klägerfreundliche Ubiquitätstheorie an, die sowohl den Handlungs- als auch den Erfolgsort zum Tatort erklärt. Fallen Handlungs- und Erfolgsort auseinander, steht dem Kläger ein Wahlrecht zu (BeckOK IT-Reht/Rühl, Stand 01.10.2023, VO (EU) Nr. 1215/2012 Art. 7 Rn. 9).

Die Klägerin verfolgt hier Ansprüche am Erfolgsort. Im Rahmen einer deliktischen Haftung wegen der Veröffentlichung von Fotografien im Internet unter Verletzung von Urheberrechten bestimmt sich der Erfolgsort nach zwei Gesichtspunkten. Erstens muss das betroffene Recht in dem Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts überhaupt geschützt sein (EuGH, Urteil vom 22.01.2015 – C-441/13 Rn. 29; EuGH, Urteil vom 03.10.2013 – C-170/12 Rn. 32, 33). Zweitens muss die Internetseite, über die die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, im Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts zugänglich sein. Dabei ist unerheblich, ob die Inhalte der Seite sich auch bestimmungsgemäß an ein Publikum im Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts richten (EuGH, Urteil vom 22.01.2015 – C-441/13 Rn 31-34; EuGH, Urteil vom 03.10.2013 – C-170/12 Rn. 42, 47; so auch der BGH für § 32 ZPO: BGH, Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 43/14 – An Evening with Marlene Dietrich, Rn. 18) (AG Köln, Urteil vom 13.04.2021 – 125 C 319/18, GRUR-RS 2021, 9276).

Die von der Klägerin geltend gemachten Rechte sind in Deutschland und damit auch im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts München geschützt. Weiterhin war der Internetauftritt der Beklagten in Deutschland und im Gerichtsbezirk M. abrufbar, wobei es insoweit auch nicht darauf ankommt, ob sich dieser bestimmungsgemäß an Personen in Deutschland richtete.

Die Klägerin hat zwar auch vorgetragen, dass der Handlungsort der Beklagten in Deutschland sei, da die Beklagte die Erlaubnis zur Werknutzung in Deutschland hätte einholen müssen bzw. diese in Deutschland erteilt worden wäre. Dieser Vortrag führt aber nicht dazu, dass der Handlungsort der Rechtsverletzung i.S.d. § 19 a UrhG, für welche der Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird, in Deutschland ist. Denn hierbei ist auf den Ort abzustellen, an dem der rechtswidrige Inhalt hochgeladen wird (EuGH, Urt. v. 22.1.2015 – C-441/13, GRUR 2015, 296, BeckOK IT-Reht/Rühl, Stand 01.10.2023, VO (EU) Nr. 1215/2012 Art. 7 Rn. 12) und nicht auf den Ort an dem eine vorherige Erlaubnis zur Nutzung zuvor hätte eingeholt werden müssen. Dies ist infolge des Wahlrechts der Klägerin aber hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage unschädlich.

II. Die Klage ist unbegründet. Zwar ist das deutsche Recht im vorliegenden Fall anwendbar, allerdings steht der Klägerin der Schadensersatzanspruch mangels Vorliegens einer materiell-rechtlichen Verletzung deutschen Urheberrechts nicht zu.

1. Vorliegend ist deutsches Recht anwendbar. Dies folgt aus dem Territorialitätsprinzip. Danach gilt jedes Urheberrecht nur auf dem Territorium desjenigen Staates, der es erlassen hat (Peukert, 19. Aufl. 2023, Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, § 49 Rn. 23, 24).

Urhebern stehen keine einheitlichen Schutzrechte zu, die einem einzigen Statut unterliegen, sondern sie verfügen über ein Bündel nationaler Schutzrechte (BGH GRUR 2007, 691, 691 – Staatsgeschenk). Demnach sind bei einer grenzüberschreitenden Rechtsverletzung, entsprechend einer Mosaikbetrachtung, alle betroffenen Rechtsordnungen anzuwenden, allerdings jede nur für das jeweilige Territorium (Katzenberger/Metzger, in: Schricker/Loewenheim, 5. Aufl. 2017, Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 143). Das Territorialitätsprinzip verweist wiederum auf das Schutzlandprinzip. Danach ist auf alle Fragen, die das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte betreffen, das Urheberrecht des Staates anzuwenden, für den Schutz beansprucht wird (lex loci protectionis; BGH GRUR Int 2003, 470, 471). Beruft sich der Kläger vor einem deutschen Gericht nur auf das UrhG, folgt daraus zugleich, dass Schutz nur für das Inland geltend gemacht wird (BGH ZUM 2014, 517, 518; BGH GRUR 2010, 628, 629) (LG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2019 – 12 O 48/18, GRUR-RS 2019, 60596).

2. Der Klägerin steht allerdings kein Anspruch aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG zu.

a) Ein inländisches Urheberrecht kann grundsätzlich nur durch eine zumindest teilweise im Inland begangene Handlung verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 – I ZR 42/04 – Staatsgeschenk, Rn. 31, juris, m.w.N.). Daher wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum hinsichtlich des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung mehrheitlich darauf abgestellt, in welchen Ländern ein Angebot bestimmungsgemäß abrufbar ist, an welche inländischen Internet-Nutzer sich ein Angebot also gezielt richtet; als Kriterien werden hierbei die Sprache des Angebots sowie ggf. Zahlungs- und Versandmodalitäten herangezogen (BeckOK UrhR, UrhG Kollisionsrecht und internationale Zuständigkeit, Rn. 26, beck-online).

Dabei ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, bei der auf der einen Seite zu berücksichtigen ist, wie groß die Auswirkungen der Nutzungshandlung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Schutzrechtsinhabers sind. Auf der anderen Seite ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die die Beklagte keinen Einfluss hat oder ob die Beklagte vielmehr zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert und die Beeinträchtigung des Schutzrechtsinhabers dadurch nicht nur unwesentlich ist (LG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2019 – 12 O 48/18, GRUR-RS 2019, 60596; BGH, Urteil vom 8.3.2012 – I ZR 75/10, GRUR 2012, 621, Schricker/Loewenheim/Katzenberger/Metzger, 6. Auflage 2020, UrhG Vor §§ 120 ff Rn. 146).

Bei Anwendung dieser Kriterien liegt kein ausreichender Inlandsbezug vor. Die Websites „…“ sowie „…“ sowie die Beiträge auf I. und F. sind ausschließlich auf Spanisch verfasst. Die Beklagte ist lediglich in Spanien tätig und die Mitarbeiter der Beklagten können kein Deutsch. Sie wenden sich nicht an deutsche Kunden und die Beklagte hat keine Kunden in Deutschland. Insofern richten sich die Websites bzw. die Einträge auf F. und I. nicht an Personen im Inland. Hieran ändert auch die Verwendung der Top-Level Domain der Website „…“ nichts, da ansonsten kein weiteres Indiz auf das Inland verweist. Sofern die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.08.2024 nunmehr ausführt, die Sprache auf F. sei in aller Regel die Sprache des Benutzers, also in Deutschland deutsch, so dass Personen die in Spanien etwas auf spanisch posten würden, zumindest billigend in Kauf nehmen würden, dass der Post im Ausland in die jeweilige Landessprache übersetzt wird, vermag auch dies nach Auffassung des Gerichts – selbst bei Zugrundelegung dieses Vortrags – nichts am mangelnden Inlandsbezug zu verändern. Denn selbst bei Zugrundelegung dieser Tatsache handelt es sich letztlich nur um eine technisch unvermeidbare Begleiterscheinung, auf die die Beklagte keinen Einfluss hat. Im Übrigen würde eine Bejahung des Inlandsbezugs infolge dieser Tatsache letztlich wiederum dazu führen, dass infolge der weltweiten Abrufbarkeit des Beitrags auf F. , nur der Inhaber weltweiter Nutzungsrechte F. insoweit ohne Risiko nutzen könnte. Dies hätte für den jeweiligen Nutzer kaum vorhersehbare und mitunter unangemessene Folgen. Gerade um dies zu vermeiden, verlangt die Rechtsprechung und die überwiegende Literatur mehrheitlich einen hinreichenden Inlandsbezug. Dieses Erfordernis würde aber gerade unterlaufen werden, würde man eine automatische Übersetzung durch etwaige Internetportale in die jeweilige Benutzersprache des Benutzers der Plattform ausreichen lassen, um diesen zu bejahen.

3. Auch der Vortrag der Klägerin, dass deutsches Urheberrecht zur Anwendung komme, da die Beklagte mangels Einholung einer Erlaubnis zur Verwendung der Bilder die Schadensursache in Deutschland gesetzt habe, verfängt nicht. Zöge man dies als Kriterium für den Inlandsbezug heran, würde dessen Zweck, dem Recht des jeweiligen Landes nur solche Urheberrechtsverletzungshandlungen zu unterwerfen, die einen Bezug zu ebendiesem Land aufweisen, wiederum verfehlt. Eine derartige Herleitung des Inlandsbezugs würde letztlich dazu führen, dass bei einer Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung immer in dem Land, in dem der Rechteinhaber seinen Sitz hat, eine Verletzung des Urheberrechts in Betracht kommen würde. Dann müsste der jeweilige Verwerter bzw. Nutzer eines urheberrechtlich geschützten Werks wiederum jeweils vor einer Nutzung den Sitz des Rechteinhabers und die dort geltenden Urheberrechtsbestimmungen recherchieren, was zu einer immensen Rechtsunsicherheit führen würde. Auch würde dies dazu führen, dass durch die Verlegung des Sitzes der jeweiligen Urheber, diese die Geltung der jeweiligen Urheberrechte herbeiführen könnten.

4. Mangels materiell-rechtlicher Verletzung des deutschen Urheberrechts stehen dem Kläger auch die mit den weiteren Klageanträgen geltend gemachten Ansprüche – jedenfalls vor dem angerufenen Gericht – nicht zu.

Den Volltext der Entscheiung finden Sie hier:

OLG Hamm: Fotoklau im Internet - Streitwert von 5.000 EURO für Unterlassungsanspruch bei Nutzung eines Fotos im Geschäftsverkehr zu Werbezwecken angemessen

OLG Hamm
Beschluss vom 06.09.2016
32 SA 49/16


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Streitwert von 5.000 EURO für den Unterlassungsanspruch bei der unberechtigten Nutzung eines Fotos im Geschäftsverkehr zu Werbezwecken angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

(2) Der Unterlassungsantrag zu Ziff. 1 ist gem. § 3 ZPO mit mindestens 5.000 € zu bewerten. Entscheidend sind Art und Umfang der Verletzung und das wirtschaftliche Interesse des Rechteinhabers an der Unterlassung (Herget in: Zöller, a.a.O., § 3 ZPO, Rn. 16 „Unterlassung“ m.w.N.), also an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Dabei sind u.a. die Stellung des Verletzers und des Verletzten, das Wirkungspotential der Verletzung, die Intensität und Nachahmungsgefahr der Verletzung und subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers von Bedeutung (OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2015 – 4 U 34/15, juris Rn. 172; KG Berlin, Beschluss vom 30.12.2010 – 24 W 100/10, juris Rn. 4; Nordemann-Schiffel in: Mayer, Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, V. Streitwerte im Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Presse- und Persönlichkeitsrecht, Rn. 13, beck-online). Die Streitwertangaben der Klägerseite haben indizielle Bedeutung, auch wenn sie anhand der objektiven Gegebenheiten und unter Heranziehung der Erfahrung und üblichen Wertfestsetzungen in gleichartigen Fällen zu überprüfen sind (OLG Köln, Beschluss vom 25.08.2014 – 6 W 123/14, juris Rn. 1; OLG Braunschweig, Beschluss vom 14.10.2011 – 2 W 92/11, juris Rn. 7; OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2015 – 4 U 34/15, juris Rn. 172 m.w.N.). Für den Anspruch auf Unterlassung der Verwendung einzelner von Wettbewerbern verwendete Fotos hat die Rechtsprechung Werte von 5.000 bis 6.000 € (vgl. etwa OLG Hamm, a.a.O. Rn. 173; OLG Zweibrücken, Urteil vom 19.05.2016 – 4 U 45/15, juris; OLG Köln, a.a.O., juris;), teils auch deutlich höher (z.B. OLG München, Beschluss vom 10.04.2015 – 6 W 2204/14, juris Rn. 5 m.w.N.; s.a. Nordemann-Schiffel in: Mayer, Kroiß a.a.O. m.w.N.: 10.000 € bis 16.000 €; KG Berlin, Beschluss vom 30.12.2010 – 24 W 100/10, juris – 9.000 € resp. 2/3 davon im einstweiligen Verfügungsverfahren) als angemessene Bewertung angesehen. Geringeren Bewertungen lag regelmäßig eine einmalige Verwendung eines Fotos durch Private oder Kleingewerbetreibende in einer zeitlich begrenzten Auktion zugrunde (vgl. z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 13.09.2012 – 22 W 58/12, juris Rn. 3 m.w.N.).

Danach ist im vorliegenden Fall nach den tatsächlichen Angaben des Klägers der Streitwert für den Unterlassungsantrag entsprechend den Angaben des Klägers mit mindestens 5.000 € zu bemessen. Kläger und Beklagte befinden sich im Wettbewerb; beide vermarkten Aquaristikprodukte der auf dem streitgegenständlichen Foto dargestellten Art in Web-Shops. Der Kläger ist durch die unbefugte Verwendung und Bearbeitung des Fotos, an dem ihm das Urheberrecht zusteht, in der eigenen jetzigen und künftigen Verwertung des Fotos für eigene Zwecke beeinträchtigt. Das Foto, das nach dem Vorbringen des Klägers hochwertig und jedenfalls semiprofessionell erstellt ist, will der Kläger nicht nur einmalig, sondern dauerhaft für die Bewerbung seiner Produkte nutzen. Auch die Verwendung durch die Beklagte war ihrer Art nach auf Dauer – nicht etwa nur auf eine Auktionszeit - angelegt. Die Beklagte hat das Foto zudem nach dem Klagevorbringen auf mehreren Seiten im Internet genutzt. Die Nutzung durch die Beklagte ist nach dem Vortrag der Klägerin noch nicht insgesamt, sondern nur teilweise eingestellt und erfolgt mindestens auf einer Seite weiterhin. Auch eine vorgerichtliche Aufforderung durch den Kläger hat die Beklagte nicht veranlasst, von der Verwendung Abstand zu nehmen. Der Kläger behauptet ferner eine Nutzung in Kenntnis der fehlenden Berechtigung. Gleichzeitig ist auch zu berücksichtigen, dass das Foto nicht oder jedenfalls nur begrenzt vermarktungsfähig und das Interesse des Klägers auf die eigene Nutzung, nicht auf Kommerzialisierung des Fotos, gerichtet ist. Unter Berücksichtigung aller Umstände besteht kein Anlass, den Wert für den Unterlassungsantrag niedriger als mit 5.000 € anzunehmen.

Soweit das Landgericht den Antrag auf Auskunft mit 500 € und den Antrag auf Schadensersatz mit 1.000 € bemessen hat, ist jedenfalls ist kein Grund erkennbar, die Anträge niedriger zu bemessen.

In der Summe ergibt sich ein Zuständigkeitsstreitwert von mindestens 6.500 € und daraus die Zuständigkeit des Landgerichts.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Celle: Streitwert für Unterlassungsanspruch bei unberechtigter Lichtbildnutzung im gewerblichen Bereich zwischen 3.000 - 6.000 EURO pro Bild - Fotoklau

OLG Celle
Beschluss vom 13.05.2016
13 W 36/16


Das OLG Celle hat entschieden, dass der Streitwert für den Unterlassungsanspruch in einem Hauptsacheverfahren bei unberechtigter Lichtbildnutzung im gewerblichen Bereich zwischen 3.000 - 6.000 EURO pro Bild liegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

2. Der Wert des von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsantrags ist mit jeweils 4.000,00 € pro Lichtbild, mithin mit 8.000,00 € zu bemessen.

a) Bei der Festsetzung des Streitwertes ist die Schwere des erfolgten Angriffs in das Urheberrecht einzubeziehen, dessen wirtschaftlicher Wert in der Höhe einer möglichen Lizenzgebühr Ausdruck findet; mithin kann die Bemessung nach dem drohenden Lizenzschaden erfolgen (Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 13 U 130/11, juris Rn. 3; OLG Rostock, Beschluss vom 14. November 2006 - 2 W 25/06, juris Rn. 9). Für die Bemessung ist dabei auf Intensität, Umfang und Dauer der Rechtsverletzung, Gewinn und Umsatz für den Verletzer, Gewinn- und Umsatzverlust für den Verletzten, Bekanntheit und Aktualität des Werks bzw. dessen Urhebers, Zinsvorteil des Verletzers, berechnet für den Zeitraum zwischen Verletzung und Verurteilung zur Zahlung, abzustellen (Reber in BeckOK UrhR, 12. Edition, § 97 UrhG § 97 Rn. 125; vgl. auch v. Wolff in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 97 Rn. 83).

Für eine (schematische) Verdopplung des Lizenzsatzes für die Streitwertbemessung des Unterlassungsanspruchs mit dem Ziel, dass weitere Verletzung in Zukunft verhindert werden sollen (so OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 2 W 92/11, juris Rn. 4; OLG Brandenburg, Beschluss vom 22. August 2013 - 6 W 31/13, juris Rn. 33 mit Faktor 10), fehlt es an einer ausreichenden Grundlage (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. August 2014 - 20 U 114/13, juris Rn. 16). Bei der Schadensberechnung im Rahmen des § 97 UrhG wird ein Verletzerzuschlag im Rahmen der Lizenzanalogie - mit Ausnahme der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugunsten der GEMA - grundsätzlich abgelehnt (BGH, Urteil vom 16. November 1989 - I ZR 15/88 - Raubkopien, juris Rn. 29; Reber in BeckOK UrhR, a. a. O., § 97 UrhG § 97 Rn. 126ff.; v. Wolff in Wandtke/Bullinger, a. a. O., § 97 Rn. 78 ff.). Der Gesetzgeber hat bei Schadensersatzansprüche nach §§ 54 f. Abs. 3 und 54g Abs. 3 UrhG eine Verdopplung des Vergütungssatzes zu Präventions- und Sanktionszwecken vorgesehen, eine vergleichbare Regelung im Rahmen des § 97 UrhG aber nicht getroffen. Diese Grundsätze sind auf die Wertfestsetzung für den Unterlassungsanspruch zu übertragen.

Nach dem Vorgenannten hält der Senat für die bereits im geschäftlichen Verkehr von der Beklagten benutzten Lichtbilder jeweils einen Wert von 4.000,00 € als Lizenzschaden für angemessen. Der Streitwert des Unterlassungsanspruchs wegen der unberechtigten Verwendung von Lichtbildern zu gewerblichen Zwecken kann grundsätzlich in einem Bereich von 3.000,00 € bis 6.000,00 € bemessen werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 25. August 2014 - 6 W 123/14, juris Rn. 1; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. August 2014 - 20 U 114/13, juris Rn. 16; OLG München, Beschluss vom 10. April 2015 - 6 W 2404/14, juris Rn. 7; OLG Hamburg, Beschluss vom 14. Juli 2015 - 5 W 46/15, juris Rn. 4). Bei der Bemessung war zu berücksichtigen, dass die Beklagte die von ihr ausgerichtete Veranstaltung zur Miss Niedersachsen am 22. Mai 2015 umfangreich mit den streitgegenständlichen Lichtbildern sowohl im Internet als auch als Fassadenwerbung am P. Club H. beworben hat. Auf der anderen Seite dienten die streitgegenständlichen Lichtbilder der Erstplatzierten der Miss Germany-Wahl 2013 und 2014 als Werbematerial der von der Klägerin alljährlich ausgestalteten Schönheitskonkurrenz. Zudem handelt es sich bei den genutzten Lichtbildern um professionell hergestellte Aufnahmen, die über eine entsprechende werbliche Qualität verfügen.
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b) Die Festsetzung eines höheren Streitwertes lässt sich nicht aus generalpräventiven Gesichtspunkten rechtfertigen. Eine Disziplinierungsfunktion hinsichtlich möglicher Nachahmer hat bei der Bemessung des Streitwertes außer Betracht zu bleiben (Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 13 U 130/11, juris Rn. 5; OLG Brandenburg, Beschluss vom 22. August 2013 - 6 W 31/13, juris Rn. 33).
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3. Der Streitwert für die Klageanträge zu II. 1. bis 3. bemisst sich nach § 44 GKG. Es ist dabei gleichfalls von einem Streitwert von 8.000,00 € auszugehen.

a) Bei den auf Auskunft und Schadensersatz gerichteten Klageanträgen handelt es sich um eine Stufenklage. Maßgeblich für die Wertberechnung bei einer Stufenklage nach § 254 ZPO ist gemäß § 44 GKG der höhere der verbundenen Ansprüche. Dies ist in der Regel der noch zu beziffernde Zahlungsanspruch, während der diesen vorbereitenden Auskunftsanspruch nur mit einem Bruchteil des zu erwartenden Leistungsanspruchs zu bewerten ist (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 49 Rn. 37).

Für die Stufenklage erfolgt die Bemessung gleichfalls nach dem möglichen Lizenzschaden. Es kann daher auf die vorgenannten Ausführungen verwiesen werden.

b) Für die Wertbemessung ist unbeachtlich, dass in dem vorliegenden Rechtsstreit im Wege des Teil-Versäumnisurteils des Landgerichts Hannover vom 11. November 2015 über den Leistungsantrag bisher nicht entschieden worden ist. Es ist hier nicht auf den Wert des Auskunftsantrags, sondern auf den „höheren Anspruch“ abzustellen (vgl. Kurpat in Schneider/Volpert/Fölsch, a. a. O., § 44 GKG Rn. 3).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: