Das LG Karlsruhe hat entschieden, dass ein Ordnungsgeld in Höhe von 90.000 EURO gegen YouTube angemessen ist, wenn der Betreiber der Videoplattform trotz gerichtlicher Entscheidung ein zu Unrecht gelöschtes Video nicht wieder zugänglich macht.
Aus den Entscheidungsgründen: 2. Der unstreitige Sachverhalt rechtfertigt Grund und Höhe des von der Kammer verhängten Ordnungsgelds von 90.000,00 € entsprechend drei Tagessätzen.
a) Der Beschluss der Kammer vom 23.03.2022 verpflichtete die Schuldnerin, es zu unterlassen, das von dem Antragsteller (jetzt: Gläubiger) auf der Plattform YouTube eingestellte und unter https://www.youtube.com/watch… abrufbare Video zu löschen und/oder den Antragsteller wegen der Einstellung dieses Inhalts mit einer Verwarnung zu versehen und/oder das Video zu löschen oder für dieses eine Verwarnung auszusprechen, soweit dem Antragsteller nicht, z.B. mit Timecode, mitgeteilt wird, welche Passagen oder sonstigen Inhalte gegen welche Regelung verstoßen haben sollen.
Der Beschluss wurde der Schuldnerin am 05.05.2022 zugestellt. Die Schuldnerin schaltete das streitgegenständliche Video am 12.05.2022 wieder frei, um es sodann am 16.05.2022 wieder zu löschen. Am selben Tag verwarnte die Schuldnerin den Gläubiger zum zweiten Mal. Eine dreimalige Verwarnung binnen 90 Tagen geht bei der Schuldnerin mit einer Kanal-Löschung einher. Ferner bedeutet die zweimalige Verwarnung für den Nutzer, dass er zwei Wochen lang keine Videos hochladen, Beiträge posten oder Inhalte live streamen kann. Eine Mitteilung an den Gläubiger, welche Passagen oder sonstigen Inhalte seines Videos gegen welche Regelung der Schuldnerin verstoßen haben sollen, insb. unter Angabe eines Timecodes, erfolgte bei der erneuten Löschung und zweiten Verwarnung (wieder) nicht. Die Beschwerde des Gläubigers gegen die erneute Löschung wies die Schuldnerin am 17.05.2022 zurück. Zugunsten der Schuldnerin ist ihr Vortrag (zu dem der Gläubiger noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte) zu unterstellen, dass sie das Video am 19.05.2022 wieder eingestellt hat. Die Schuldnerin ist nach unstreitigem Vortrag des Gläubigers ohne weiteres in der Lage, Videos innerhalb von 48 Stunden wiederherzustellen.
b) Danach hat die Schuldnerin in mehrfacher Weise gegen den Unterlassungstitel verstoßen, als sie das Video um mehrere Tage verspätet wieder einstellte, es sodann erneut löschte und den Gläubiger wieder ohne Angabe, inwiefern sein Video regelwidrig sei, verwarnte. Insbesondere ist es nicht hinnehmbar, dass die Schuldnerin für die Befolgung des Unterlassungstitels eine volle Woche benötigte, obwohl ihr ein weitaus schnelleres Tätigwerden möglich wäre. Das gesamte Vorgehen der Schuldnerin im vorliegenden Fall offenbart einen laxen Umgang mit dem gerichtlichen Titel. Unterstellt man zu ihren Gunsten, dass die erneute Löschung und Verwarnung nicht vorsätzlich erfolgten, so liegt ein erheblicher Grad von Fahrlässigkeit jedenfalls darin, dass die Schuldnerin ihr Unternehmen offensichtlich nicht so organisiert hat, dass ihr eine zügige Befolgung gerichtlicher Entscheidungen verlässlich gelingt. Das Zusammentreffen dieser Säumigkeit mit den weiteren genannten Fehlleistungen der Schuldnerin rechtfertigt bereits ein nennenswertes Ordnungsgeld.
Für den Gläubiger bedeutete die zweite Verwarnung ein erhebliches Risiko einer Kanal-Löschung und unmittelbare negative Folgen in der Nutzbarkeit seines Kanals. Nachdem die Schuldnerin sogar die Beschwerde des Gläubigers gegen die erneute Löschung zurückgewiesen hatte, musste der Gläubiger befürchten, für beachtliche Zeit nicht mehr auf YouTube hochladen und posten zu können, also – unter Verstoß gegen einen von ihm erwirkten Titel – vorübergehend insoweit mundtot gemacht zu werden.
c) Zu Unrecht versucht die Schuldnerin, die Bemessung des Ordnungsgelds unter dem Gesichtspunkt einer nicht ausreichenden Darlegung ihrer Finanzstärke anzugreifen. Dahinstehen kann, ob – wie die Schuldnerin meint – nicht auf ihre Konzernzugehörigkeit, sondern nur auf sie als (Tochter-)Unternehmen abzustellen ist, was nach Auffassung der Kammer schon deswegen nicht zutrifft, weil etwa im Fall von Gewinnverlagerungen bzw. Gewinnabführungsverträgen Titelverstöße in einem Tochterunternehmen vorkommen können, welches nur aus konzerninternen/steuerlichen Gründen finanzschwach ist. Allgemeinbekannt generiert die Schuldnerin jedenfalls immense Werbeeinnahmen, was etwa die französische Datenschutzbehörde dazu veranlasste, wegen erheblicher Datenschutzverstöße Bußgelder von 60 Mio. Euro im Januar 2022 und von 40 Mio. Euro im Dezember 2020 zu verhängen. Die Gelegenheit, zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen im Rahmen ihrer Beschwerdeschrift vorzutragen, hat die Schuldnerin nicht genutzt.
d) Nachdem es sich auf der anderen Seite um einen Erstverstoß handelt, war das Ordnungsgeld nicht auf den oder in der Nähe des Höchstbetrags festzusetzen, sondern bei Gesamtabwägung wie mit dem angegriffenen Beschluss geschehen.
Das LG Köln hat entschieden, dass ein Verstoß gegen eine zuvor abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung vorliegt, wenn das streitgegenständliche Bild durch Direkteingabe der URL und über die Suchfunktion der Website noch aufrufbar ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
II. Dem Kläger steht gegen den Beklagten aufgrund der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 17.09.2021 in Verbindung mit § 339 BGB ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in der vom Kläger festgesetzten Höhe von 4.000,00 EUR zu.
1. Der Beklagte hat gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 17.09.2021 (Anlage K 3) verstoßen.
Unstreitig haben die Parteien den streitgegenständlichen Unterlassungsvertrag abgeschlossen. Danach war der Beklagte verpflichtet, es ab sofort zu unterlassen, die streitgegenständlichen Fotoaufnahmen mit oder ohne Urheberbezeichnung zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen und/oder Dritten Handlungen der vorgenannten Art zu ermöglichen, ohne hierzu die erforderlichen Rechte innezuhaben.
Indem die streitgegenständlichen Fotos weiterhin über die URL:
https://www.f.de/(...)
abrufbar waren, hat der Beklagte gegen den Unterlassungsvertrag verstoßen. Der Kläger hat nachvollziehbar dargetan, dass die Bilder nicht nur bei Eingabe der URL ins Browserfenster, sondern auch bei Eingabe der Suchbegriffe „L0 in die F Suchfunktion auffindbar waren, wie durch Anlage K 6 (Bl. 98 ff. d.A.) dokumentiert ist:
Bilddateien entfernt
Der Beklagte ist dem nicht erheblich entgegengetreten. Der Kammer ist aus einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren bekannt, dass die Beendigung eines Verkaufsangebotes bei F mitnichten bedeutet, dass die verwandten Bilder nicht gleichwohl weiterhin abrufbar bleiben. Die von der Beklagtenseite vorgelegten Screenshots belegen nichts anderes. Auch bedurfte es – wie aufgezeigt – nicht der Eingabe einer 70 Zeichen langen URL, um die Fotos aufzurufen, sondern diese waren über die interne Suchfunktion bei F auffindbar. Die vom Beklagten angeführten Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Lautsprecherfoto“ (BGH, GRUR 2021, 1286) vermögen bereits aus diesem Grund keine Anwendung zu finden. Denn es ist vorliegend gerade nicht erfahrungswidrig, dass außer dem Kläger noch „recht viele“ andere Personen bei Eingabe der entsprechenden Suchbegriffe auf F der streitgegenständlichen Fotografien ansichtig werden. Damit waren die Fotos nicht faktisch lediglich für die Personen auffindbar, die sich die URL vorher abgespeichert oder sonst in irgendeiner Form kopiert oder notiert oder die Adresse von Dritten erhalten hatten. Vielmehr konnte eine thematische Suche die Bilder noch auffindbar machen (vgl. dazu OLG Köln, Urteil vom 01.10.2021, 6 U 141/20 – Pixelio).
2. Der Beklagte hat schuldhaft – jedenfalls fahrlässig – im Sinne von § 276 BGB gegen die vertragliche Unterlassungspflicht verstoßen, indem er nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Fotos auch über eine thematische Suche auf F nicht mehr aufgefunden werden konnten.
3. Nach der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 17.09.2021 steht dem Kläger das Recht zu, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung eine Vertragsstrafe festzusetzen, deren Angemessenheit gegebenenfalls durch das zuständige Gericht überprüft werden mag. Das dem Kläger damit zugewiesene Leistungsbestimmungsrecht ist gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen auszuüben. Die vom Kläger getroffene Bestimmung der Strafhöhe ist nur dann verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht.
a) Einem Bestimmungsberechtigten steht bei der Bestimmung der Strafhöhe ein Ermessensspielraum zu. Nur wenn dieser überschritten und das Ermessen vom Bestimmungsberechtigten unbillig ausgeübt worden ist, ist das Gericht befugt, die Bestimmung gemäß § 315 Abs. 3 BGB zu ersetzen. Es kann dagegen die Bestimmung nicht schon dann ersetzen, wenn es eine andere Festsetzung für richtig hält (BGH, GRUR 2005, 757 - PRO-Verfahren; BGH, NJW-RR 2003, 1355; BGH, NJW-RR 1991, 1248). Im Rahmen des § 315 Abs. 3 BGB besteht damit nur ein beschränktes Kontrollrecht und kein Nachbesserungsrecht dahingehend, die Ermessensentscheidung des primär Bestimmungsberechtigten durch eine eigene, für besser und billiger gehaltene zu ersetzen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2019, Az.: I-15 U 65/18; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2016, 92 - Seifenblasenflüssigkeit; OLG Celle, MMR 2015, 408).
Für die Feststellung, ob die vom Bestimmungsberechtigten festgesetzte Strafhöhe der Billigkeit entspricht, ist nicht die festgesetzte Vertragsstrafe abzüglich eines Ermessensspielraums als Ausgangspunkt anzusetzen. Basis für die Überprüfung ist vielmehr die angemessene Vertragsstrafe, die sodann nicht um einen gewissen (Prozent-)Satz überschritten werden darf (Senat, Urteil vom 12.09.2019, Az.: I-15 U 65/18; ebenso für die Billigkeitskontrolle von Rechtsanwaltsgebühren: KG Beschluss, BeckRS 2011, 02651; im Ergebnis ebenso OLG Celle, MMR 2015, 408). Eine Unbilligkeit ist nicht regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn das Doppelte der angemessenen Strafe überschritten ist. Um wieviel der Bestimmungsberechtigte die angemessene Vertragsstrafe wegen eines Verstoßes gegen eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgrund des ihm zustehenden Ermessens überschreiten darf, ist bislang - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht entschieden. Soweit der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Kinderwärmekissen“ (BGH, GRUR, 2009, 181) ausgeführt hat, dass eine Vertragsstrafe in Höhe des doppelten angemessenen Betrages in einem außerordentlichen Missverhältnis steht, erfolgten diese Ausführungen im Zusammenhang mit § 242 BGB bzw. § 348 HGB (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2019, Az.: I-15 U 65/18). Ein aufgrund von § 242 BGB zu konstatierendes außerordentliches Missverhältnis ist indes nicht ohne weiteres mit einem Ermessensspielraum im Rahmen des § 315 Abs. 3 BGB gleichzusetzen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2019, Az.: I-15 U 65/18).
Welche Vertragsstrafe angemessen ist, ist vielmehr unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Strafe die ihr zugewiesenen Funktionen erfüllen können muss. Unterwerfungserklärungen, die nach Verstößen abgegeben werden, dienen neben der Schadenspauschalierung in Bezug auf zukünftige Rechtsverletzungen in erster Linie dazu, den Unterlassungsschuldner zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht zu bewegen, so dass er auf Grund der versprochenen Strafe vor weiteren Verstößen zurückschreckt. Für diesen Zweck muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt. Maßgeblich ist hierbei die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, das Verschulden des Verletzers sowie die Art und Größe des Unternehmens des Schuldners (BGH GRUR 2014, 595 - Vertragsstrafenklausel; BGH GRUR 2009, 181 - Kinderwärmkissen; BGH GRUR 1994, 146 - Vertragsstrafenbemessung; BGH GRUR 1983, 127 - Vertragsstrafenversprechen).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die ursprünglich vom Kläger festgesetzte und insoweit beantragte Vertragsstrafe in Höhe von 4.000,00 EUR nicht zu beanstanden. Sie liegt innerhalb des dem Kläger zustehenden Ermessenspielraums.
Die Kammer sieht für den streitgegenständlichen Verstoß eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 EUR als geboten an. Wie vorstehend dargelegt, waren die Lichtbilder nach der Unterwerfung noch im potentiell jedermann zugänglichen Teil des Internetdienstes zugänglich. Hier schlägt ins Gewicht, dass der Beklagte mit „F“ eine Angebotsplattform nutzt, die einen erheblichen Zulauf hat und viele Verbraucher erreicht. Zusätzlich besteht hier grundsätzlich die Gefahr der Nachahmung von Rechtsverletzungen aufgrund der Popularität der Plattform. Andere Wettbewerber könnten dazu animiert werden, ebenfalls auf eigene Fotos zur Produktanpreisung zu verzichten und auf die klägerischen zurückzugreifen. Die Parteien stehen als Händler im Vertrieb von Campingbesteck der hier streitgegenständlichen Art im unmittelbaren Wettbewerb zueinander. Indem der Beklagte eine erhebliche Anzahl laufender Angebote hält und bereits auf umfangreiche Verkäufe zurückblickt, ist der Beklagte ferner kein unbedeutender Händler. Zwar ist nicht vorgetragen, über welchen Zeitraum genau die Verkäufe getätigt wurden, und in welchen Abständen der Beklagte neue Angebote einstellt. Aber selbst wenn man den Zeitraum großzügig bemessen würde, hat der Beklagte dennoch eine stetige Präsenz und Geschäftsaktivität auf der Plattform zu verzeichnen. Seinem Händlerstatus kommt daher eine gewisse Bedeutung zu, so dass sein Verhalten nicht als bloße Bagatelle angesehen werden kann.
Zusätzlich ist in den Blick zu nehmen, dass eine ausreichende abschreckende Wirkung durch eine Vertragsstrafe unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur angenommen werden kann, wenn die vereinbarte Vertragsstrafe deutlich über die wirtschaftlichen Vorteile hinausgeht, die der Verletzer durch die mit dem urheberrechtswidrigen Handeln verbundenen Geschäfte erzielen könnte (vgl. zum Lauterkeitssrecht: OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2020, 3130), so ist dies bei einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 EUR der Fall. Das hier beanstandete Verhalten betrifft ein Produkt, das für 9,99 EUR verkauft wird, wobei die Vertragsstrafe ca. das 300-fache beträgt.
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In der Zusammenschau der genannten Kriterien ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 EUR für den konkreten Verstoß durchaus angemessen. Indem der Kläger 30 % mehr als die angemessene Vertragsstrafe mit seiner Klageforderung verlangt hat, hat er sich jedenfalls in dem Korridor gehalten, der durch seinen Ermessenspielraum gedeckt ist.
4. Der Beklagte hat den Vertragsstrafenanspruch in unverjährter Zeit klageweise geltend gemacht. Bei einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach „Hamburger Brauch“ beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist nicht schon mit der Zuwiderhandlung, sondern erst, wenn der Gläubiger den Anspruch geltend macht (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2022 – I ZR 141/21, GRUR-RS 2022, 31943). Hier ist der Vertragsstrafenanspruch erst im November 2021 fällig geworden und damit nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden. Die Verjährung hat danach erst mit Ablauf des Jahres 2021 zu laufen begonnen und läuft frühestens mit dem Schluss des Jahres 2024 ab. Die Klagezustellung an den Beklagten erfolgte hier aber bereits am 12.01.2021.
III. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf angemessenen Lizenzschadensersatz in Höhe von 300,00 EUR aus § 97 Abs. 2 UrhG zu.
1. Die streitgegenständlichen Fotos – wie aus den Anlagen K 7, Bl. 101 ff. d.A. ersichtlich – genießen jedenfalls Leistungsschutz nach § 72 UrhG.
2. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Der Kläger hat Abbildungen hochauflösender Bilddateien (Anlage K 7) und eine Erklärung des Herrn T1 N vom 22.08.2022 (Anlage K 8) vorgelegt, in der dieser erklärt, als hauptberuflicher Fotograf Ersteller der streitgegenständlichen Fotografien zu sein, die er im Auftrag des Klägers am 31.01.2017 gefertigt, digital bearbeitet und dem Kläger die ausschließlichen Verwertungsrechte daran übertragen habe. Diesen detaillierten Darlegungen der Klägerseite ist der Beklagte nicht mehr in erheblicher Weise entgegengetreten. Insbesondere hat er nicht dargetan, aus welcher anderen Quelle, wenn nicht vom Kläger, er die Fotos erhalten haben will und wer sonst, wenn nicht Herr T1 N als Fotograf in Betracht kommen soll.
3. Indem der Beklagte die Fotos zur Bebilderung seines Verkaufsangebots auf der Internetplattform F verwendete, hat er in das dem Kläger zustehende Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG eingegriffen. Dazu gelten die im Rahmen des Vertragsstrafenanspruchs gemachten Ausführungen entsprechend.
Die Verletzung erfolgte zumindest fahrlässig. Der Beklagte hätte seine fehlende Berechtigung jedenfalls erkennen können. Für die rechtswidrige Nutzung des Fotos kann der Kläger danach gemäß § 97 Abs. 2 Satz1 und 3 UrhG Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangen.
Der Schadensersatz für die Verletzung der Rechte aus § 19a UrhG im Wege der Lizenzanalogie richtet sich gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG auf den Betrag, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.
Bei der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Dabei ist unerheblich, ob und inwieweit der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 Rn. 23 = WRP 2006, 274 – Pressefotos; GRUR-RS 2013, 03085 Rn. 30 = ZUM 2013, 406 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild). Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (vgl. BGH, GRUR 2009, 407 Rn. 25 = WRP 2009, 319 – Whistling for a train; BGH, GRUR-RS 2013, 03085 Rn. 30 = ZUM 2013, 406 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild). Im Zusammenhang mit der unberechtigten Nutzung einer Fotografie im Internet wird es dabei unter anderem auf die Intensität der Nutzung, insbesondere ihre Dauer, und die Qualität des Lichtbilds ankommen (vgl. BGH, GRUR 2010, 623 Rn. 39 f. = WRP 2010, 927 – Restwertbörse I). Soweit damit objektiv eine Erhöhung des wirtschaftlichen Werts der Bildernutzung verbunden ist, wird ferner der für die Erstellung des Lichtbilds erforderliche Aufwand zu berücksichtigen sein (BGH, GRUR 2019, 292, 293 – Foto eines Sportwagens; vgl. Forch, GRUR-Prax 2016, 142 [144]).
Maßgebliche Bedeutung kommt einer zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt durchgesetzten eigenen Lizenzierungspraxis des Rechtsinhabers zu (BGH, GRUR 2019, 292, 293 – Foto eines Sportwagens; LG Kassel, GRUR-Prax 2010, 560; Forch, GRUR-Prax 2016, 142 [143]). Fehlt es daran, liegt es für die Festsetzung einer angemessenen Lizenzgebühr nahe, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem maßgeblichen Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 Rn. 27 – Pressefotos; GRUR-RS 2013, 03085 Rn. 30 = ZUM 2013, 406 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild, stRspr).
Gibt es keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu. Die tatrichterliche Schadensschätzung unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Überprüfbar ist lediglich, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 44 = WRP 2016, 66 - Tauschbörse II, mwN).
Vorliegend fehlt es an einer eigenen Lizenzierungspraxis des Klägers. Dazu, welches Entgelt an den Fotografen für die Bilder gezahlt wurde, fehlt es an Vortrag. Die Kammer schätzt daher in Ansehung der ständigen Spruchpraxis in vergleichbaren Fällen (einfacher) Produktbilder und in Ausübung des ihr nach § 287 ZPO eingeräumten Ermessens den Schadensersatz hier auf 100,00 EUR pro Foto. Die Fotos sind von handwerklich sauberer Machart und professionell gefertigt. Sie weisen aber keinerlei Besonderheiten auf, die sie aus der Masse von Fotos, die zur Bebilderung von Verkaufsangeboten für Alltagsgegenstände Verwendung finden, herausheben würden. Mit dem Betrag von 100,00 EUR ist die Qualität der Lichtbilder und die Wiedergabe des vom Kläger jeweils gewählten Motivs auch unter Berücksichtigung der gewerblichen Nutzung der öffentlichen Zugänglichmachung durch den Beklagten angemessen berücksichtigt. Der Kläger hat auch keine Umstände mitgeteilt, aus denen geschlossen werden könnte, dass vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls einen 100,00 EUR übersteigenden Betrag als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Der Umstand, dass die Fotos hier von einem hauptberuflichen Fotografen exklusiv für den Kläger als Inhaber der auf den Bildern abgebildeten Ware gefertigt wurden, rechtfertigt keine andere Bewertung.
Der Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG ist nicht verjährt. Er unterliegt gemäß § 102 Satz 1 UrhG in Verbindung mit § 194 ff. BGB der dreijährigen Regelverjährung. Die Rechtsverletzung fand im September 2021 statt. Die Klage ist dem Beklagten am 12.01.2022, also in unverjährter Zeit, zugestellt worden.
IV. Der Anspruch des Klägers auf Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten für die Abmahnschreiben vom 08.09.2021 (Bl. 154.D d.A.) und vom 11.11.2021 ergibt sich aus § 97a Abs. 3 UrhG.
Der Höhe nach sind die geltend gemachten Beträge von 1.214,99 EUR für das erste Abmahnschreiben (1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300, 1008 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 18.300,00 EUR in Höhe von 1.001,00 EUR sowie Mehrwertsteuer von 19 % in Höhe von 193,99 EUR und Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR gemäß Auslagen Nr. 7008 u. 7002 VV RVG) und 1.295,43 EUR für das zweite Abmahnschreiben (1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300, 1008 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 21.000,00 EUR in Höhe von 1.068,60 EUR sowie Mehrwertsteuer von 19 % in Höhe von 206,83 EUR und Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR gemäß Auslagen Nr. 7008 u. 7002 VV RVG) nicht zu beanstanden.
Verjährung ist nicht eingetreten. Die Abmahnungen sind dem Beklagten im September respektive November 2021 zugegangen. Mithin erfolgte die Klageerhebung auch insoweit in unverjährter Zeit.
Der Anspruch besteht indes nur Zug-um-Zug gegen Rechnungsstellung durch den Kläger als Abmahnenden. Bis zum Erhalt der Rechnung hat der Beklagte als Abgemahnter, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG), ein Zurückbehaltungsrecht (vgl. BGH GRUR 2012, 711 [714] Rn. 44 = GRUR-Prax 2012, 263 [Poll]; Voges, GRUR-Prax 2020, 254). Nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag des Beklagten hat er bislang keine entsprechende Rechnung erhalten.
Das OLG Hamburg hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß durch eine irrreführende YouTube-Kanalbeschreibung auch dann vorliegt, wenn der Kanal keine Videos mehr enthält.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung vom 12.4.2019 mit Urteil vom 10.9.2019 zu Recht und mit der zutreffenden Begründung bestätigt. Auf das angegriffene Urteil wird vollumfänglich Bezug genommen. Das Vorbringen der Antragsgegnerin im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung.
1. Der Antragstellerin steht wegen der streitgegenständlichen Angabe in der Beschreibung des Youtube-Kanals gemäß der Anlage ASt 15 ein auf Unterlassung gerichteter Verfügungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG zu.
a. Die Antragstellerin ist als Mitbewerberin der Antragstellerin im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 aktivlegitimiert. Mitbewerber ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. An das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen (BGH, WRP 2015, 1326, Rn. 19 – Hotelbewertungsportal; WRP 2017, 1085, Rn. 16 – Wettbewerbsbezug; WRP 2018, 1322, Rn. 17 – Werbeblocker II). Unerheblich ist sowohl eine unterschiedliche Branchenzugehörigkeit (vgl. z. B. BGH, GRUR 2006, 1042, Rn. 16 – Kontaktanzeigen; GRUR 2007, 978, Rn. 17 – Rechtsberatung durch Haftpflichtversicherer; GRUR 2009, 845, Rn. 40 – Internet-Videorekorder) als auch die Angehörigkeit zu verschiedenen Wirtschaftsstufen, sofern sie sich nur im Ergebnis an den gleichen Abnehmerkreis richten (BGH, GRUR 2012, 74, Rn. 20 – Coaching-Newsletter; GRUR 2012, 1053, Rn. 12 – Marktführer Sport; WRP 2015, 552, Rn. 17 – Werbung für Fremdprodukte; WRP 2016, 974, Rn. 20 – Kundenbewertung im Internet). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn die Ware oder Dienstleistung des handelnden Unternehmers einen wettbewerblichen Bezug zur Ware oder Dienstleistung eines anderen Unternehmers aufweist und mit der Förderung des eigenen Absatzes die Beeinträchtigung des fremden Absatzes einhergehen kann (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 2 Rn. 109b m. w. Nachw.).
Vorliegend werben die Parteien jeweils um Personen, die sich für die Aufnahme eines Medizin- oder Zahnmedizinstudiums interessieren. Diejenigen, die sich für ein Studium bei der Antragstellerin entscheiden, können von der Antragsgegnerin nicht an andere Universitäten vermittelt werden und umgekehrt, sodass insoweit nach Beendigung der Kooperation zwischen den Parteien der wirtschaftliche Erfolg der einen Partei zumindest zum Teil zu Lasten der anderen Partei geht. Dass die Antragstellerin ihre Studienplätze selbst vergibt und die Antragsgegnerin diese lediglich vermittelt, spielt für das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses dagegen keine Rolle.
b. Die Veröffentlichung der Kanalbeschreibung gemäß der Anlage C, welche die streitgegenständliche Aussage enthält, stellt sich als geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Geschäftliche Handlung ist nach dieser Vorschrift jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezuges von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Eine solche geschäftliche Handlung liegt ohne Weiteres vor, wenn die eigenen Leistungen werblich dargestellt werden. Dies ist in der angegriffenen konkreten Darstellung in der Kanalbeschreibung (Anlage Ast 15) der Fall. An die beanstandete Exklusivitätsbehauptung hinsichtlich der Vermittlung von Studienplätzen der Antragstellerin schließt sich zudem ein explizites werbliches Eigenlob an („Abiturienten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol vertrauen auf die fachliche Expertise und Auslandserfahrung der E.-Gruppe“). Ob in dem Youtube-Kanal Videos abrufbar sind, ist für die Frage des Vorliegens einer geschäftlichen Handlung unerheblich. Daran ändert sich auch nichts, wenn die angesprochenen Verkehrskreise hätten erkennen könnten, dass sich der Videokanal „in Auflösung“ befinde, was allerdings mangels eines entsprechenden Hinweises entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht der Fall ist.
c. Die beanstandete Exklusivitätsbehauptung ist nach § 5 Abs. 1 UWG irreführend, weil die behauptete Kooperation nach beiderseitiger Kündigung des zwischen den Parteien ursprünglich geschlossenen Vertrags unstreitig nicht mehr gegeben war. An der Irreführung fehlt es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht, weil der Videokanal keine Videos mehr enthielt. Solange der Kanal sowie seine Beschreibung noch zugänglich waren, war die unrichtige Behauptung geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise in die Irre zu führen.
d. Es besteht auch Wiederholungsgefahr. Das bloße Aufgeben des beanstandeten Verhaltens ist nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin war dieser auch zuzumuten, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.
2. Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeit wird nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet.
Das OLG München hat entschieden, dass ein Anspruch auf Wiederveröffentlichung einer positiven Bewertung in einem Arztbewertungsportal besteht, wenn diese zu Unrecht durch Algorithmus als Fake-Bewertung eingestuft und gelöscht wurde. Im vorliegend Fall hat das Gericht aber einen Anspruch verneint.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch die Löschung der positiven Bewertungen nicht in seinen Rechten verletzt.
1. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine vertraglichen Schadensersatzansprüche zu. Die Beklagte hat mit der Löschung der positiven Bewertungen unabhängig davon, ob diese zu Recht oder zu Unrecht erfolgte, keine vertraglichen Schutzpflichten verletzt.
Zwar erwachsen aus dem vertraglichen Schuldverhältnis gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch Rücksichtnahme- und Schutzpflichten, insbesondere die Pflicht, sich bei Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden. Die hier streitgegenständliche Löschung der positiven Bewertungen erfolgte aber nicht in Abwicklung des Schuldverhältnisses, sondern steht mit diesem in keinerlei Zusammenhang. Hinsichtlich der Löschung eingestellter Bewertungen ergeben sich aus dem vertraglichen Schuldverhältnis keine Besonderheiten.
Ausweislich der für den Inhalt der vertraglichen Hauptleistungspflichten vom Kläger vorgelegten Anlage K 3 umfasste das von ihm gebuchte Premium-Paket Gold die Option, auf jameda.de ein persönliches Portraitbild, individuelle Inhalte und Bilder sowie eine eigene PraxisHomepage zu hinterlegen. Darüber hinaus besteht für Premium-Paket Gold Kunden die Möglichkeit, Artikel im Experten Ratgeber zu publizieren und für Fachgebiete auffälliger dargestellt zu werden. Zudem umfasst das Angebot, mit dem Profil bei Google auf Seite 1 gefunden zu werden und den Profil-Service (Erstellung & Pflege) zu genießen sowie die OnlineTerminvergabe zu nutzen. Die streitgegenständliche Löschung der Bewertungen erfolgte nicht bei oder im Zusammenhang mit der Erbringung dieser Hauptleistungspflichten, sondern völlig losgelöst und unabhängig von diesen, sodass die Löschung der Bewertungen keine Vertragspflichtverletzung begründen kann.
2. Die Löschung der positiven Bewertungen verletzt den Kläger auch nicht in seinen Rechten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB.
Beim Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb handelt es sich um einen offenen Auffangtatbestand, der auch die Angehörigen freier Berufe, die eigentlich kein Gewerbe betreiben, wie Zahnärzte, schützt (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 79. Aufl., § 823 Rn. 134 m.w.N.).
Schutzgegenstand des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb ist alles, was in seiner Gesamtheit den Betrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt und damit den wirtschaftlichen Wert des Betriebs als bestehender Einheit ausmacht, also nicht nur den Bestand des Betriebs, sondern auch einzelne Erscheinungsformen, Geschäftsideen und Tätigkeitskreise, Kundenstamm und Geschäftsbeziehungen, Organisationsstruktur, Know-How und good will (vgl. Palandt-Sprau, a.a.O. § 823 Rn. 134 m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch von Dritten auf Bewertungsportalen eingestellte Meinungen vom Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb umfasst, auch wenn sie nicht vom Bewerteten initiiert worden sind. Schutzgegenstand des Rechts ist auch der „gute Ruf“ eines Unternehmens, das unternehmerische Ansehen (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.2020, Az. VI ZR 496/18 juris, dort Rn. 41), und dieses wird maßgeblich durch Bewertungen auf Bewertungsportalen mitbestimmt, so dass in einer Löschung von positiven Bewertungen auch ein Eingriff in den Schutzbereich liegen kann.
In der Löschung positiver Bewertungen auf einem Bewertungsportal kann auch ein betriebsbezogener Eingriff liegen, denn er führt zur Beeinträchtigung des Betriebs als solchem. Durch die Löschung können wesentliche Geschäftsaktivitäten, wie die Kundenakquise, unmittelbar beeinträchtigt sein (vgl. PalandtSprau, a.a.O. § 823 Rn. 135 m.w.N).
Die Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen stellt vorliegend aber keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb des Klägers dar. Inhalt und Grenzen des Schutzes einschließlich der Rechtswidrigkeit des Eingriffs ergeben sich, entsprechend der Natur als offener Tatbestand, erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphären Dritter gemäß den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen (PalandtSprau, a.a.O. § 823 Rn. 133 m.w.N; vgl. BGH, Urteil vom 14.01.2020, Az. VI ZR 496/18 juris, dort Rn. 43).
Das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal erfüllt eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion und der Portalbetrieb ist vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG erfasst (BGH GRUR 2016, 855, Rn. 40 - jameda.de II; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.01.2020, Az. VI ZR 496/18 juris, dort Rn. 46). Der Wert des Bewertungsportals der Beklagten hängt maßgeblich davon ab, dass es ihr entsprechend den von ihr selbst formulierten Ansprüchen (vgl. Anlage K 1) gelingt, manipulierte Bewertungen, also käuflich erworbene oder in sonstiger Weise von dem bewerteten Arzt beeinflusste Bewertungen, von ihrem Portal zu verbannen, sei es dadurch, dass sie gar nicht erst eingestellt werden, sei es dadurch, dass sie, wenn entsprechende Verdachtsmomente auftauchen, gelöscht werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet, offenzulegen, wie der von ihr eingesetzte Algorithmus zum Aufspüren verdächtiger, also nicht „authentischer“, sondern vom Arzt beeinflusster Bewertungen funktioniert. Hierbei handelt es sich um ein nicht zu offenbarendes Geschäftsgeheimnis der Beklagten, denn wenn dem Verkehr dies bekannt würde, würden seitens der Ärzte bzw. der seitens von diesen beauftragten Agenturen Umgehungsmöglichkeiten entwickelt (vgl. Büscher, Soziale Medien, Bewertungsplattformen & Co, GRUR 2017, 433, 441 m.w.N.). Die Beklagte könnte dann dem von ihr selbst formulierten Anspruch, für „echte Bewertungen“ zu sorgen, nicht mehr gerecht werden, die Plattform würde für die Nutzer an Wert verlieren und die Beklagte würde somit durch die Offenlegung der Prüfungskriterien ihr eigenes Geschäftsmodell gefährden.
Eine über die hier erfolgten allgemeinen Ausführungen zur Prüfung der Echtheit von Bewertungen hinausgehende (sekundäre) Darlegungslast hinsichtlich der Löschung von positiven Bewertungen würde die Beklagte erst dann treffen, wenn der Kläger konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen und ggf. unter Beweis gestellt hätte, dass die Löschung nicht aufgrund eines begründeten Verdachts hinsichtlich der Validität der Bewertungen erfolgt ist, sondern entweder willkürlich oder aus sachfremden Gründen. Denn bei einer willkürlichen oder auf sachfremden Erwägungen erfolgten Löschung der Bewertungen würden die Interessen des Klägers, durch die Löschung nicht in seiner Kundenakquise behindert zu werden, die dann nicht schützenswerten Interessen der Beklagten an der Löschung überwiegen.
Ein Anhaltspunkt für die Löschung der Bewertungen aus sachfremden Motiven könnte sich vorliegend aus dem nahen zeitlichen Zusammenhang der Kündigung des Premium-Pakets Gold am 10.01.2018 seitens des Klägers und der Löschung der Bewertungen in der Zeit vom 11.18.01.2018 ergeben. Insoweit trifft die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast. Dieser ist die Beklagte jedoch nachgekommen, denn sie hat im Einzelnen dargestellt und unter Nennung einer der für das Qualitätsmanagement zuständigen Mitarbeiterin Beweis dafür angeboten, dass der Prüfalgorithmus der Beklagten die streitgegenständlichen Bewertungen schon vor Ausspruch der Kündigung „gelb“, also dahingehend, dass ein Verdacht auf Manipulationen bei der Bewertung erfolgt ist, eingestuft hat, und die Beklagte hinsichtlich der Bewertungen schon am 28.12.2017 dem Qualitätsmanagementteam den Auftrag zur Überprüfung der Bewertungen erteilt hat. Der Kläger hat diesen Vortrag schon nicht substantiiert bestritten, geschweige denn vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Bewertungen nicht schon deutlich vor Ausspruch seiner Kündigung als „verdächtig“ eingestuft worden seien und eine entsprechende Überprüfung angeordnet worden sei. Dies wäre ihm, nachdem die Beklagte zu den Umständen der Löschung vorgetragen und die zuständige Mitarbeiterin benannt hatte, ohne weiteres möglich gewesen. Hiervon hat er jedoch abgesehen.
Tatsächlich bestehen vorliegend unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten, dass die Bewertungen schon vor der Kündigung als „verdächtig“ eingestuft worden sind und das Verifikationsverfahren bereits eingeleitet worden ist, keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständlichen Bewertungen willkürlich oder aus sachfremden Gründen gelöscht wurden. Es ist schon nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht dargelegt, welches Interesse die Beklagte daran gehabt haben könnte, die bestehenden Bewertungen des Klägers, bei dem es sich um einen ihrer zahlenden „Premium-Paket Gold“-Kunden handelte, ohne dass sich ein begründeter Verdacht der Manipulation ergeben hätte, einer - letztlich nicht erfolgreichen - Verifikationsprüfung zu unterziehen.
Das Interesse der Beklagten und ihrer Nutzer daran, die streitgegenständlichen „verdächtigen“ Bewertungen zu löschen, um das sich auf der Plattform ergebende Meinungsbild nicht zu verfälschen, überwiegt das Interesse des Klägers daran, nicht durch die Löschung nicht ausschließbar doch valider Bewertungen in seiner Kundenakquise beeinträchtigt zu werden.
3. Der geltend gemachte Anspruch auf Wiederveröffentlichung der gelöschten Bewertungen ergibt sich auch nicht aus § 9, § 3, § 5 Abs. 1 UWG.
a) Der Anspruch besteht schon nicht, weil die Parteien keine Mitbewerber sind. Die Eigenschaft als Mitbewerber erfordert ein konkretes Wettbewerbsverhältnis i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Das ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (BGHZ 168, 314 = NJW 2006, 3490 Rn. 14 - Kontaktanzeigen; BGH, GRUR 2012, 193 = WRP 2012, 201 Rn. 17 - Sportwetten im Internet II); auch wenn die Parteien keine gleichartigen Waren oder Dienstleistungen abzusetzen versuchen, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das Dritter zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen (BGH NJW 2019, 3065 Rn. 232; BGH GRUR 2017, 918 = WRP 2017, 1085 Rn. 16 u. 19 m.w.N. - Wettbewerbsbezug; BGH NJW 2019, 763 = GRUR 2019, 189 = WRP 2019, 317 Rn. 58 - Crailsheimer Stadtblatt II). Nicht ausreichend ist es, wenn die Maßnahme den anderen nur irgendwie in seinem Marktstreben betrifft. Eine bloße Beeinträchtigung reicht zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses nicht aus, wenn es an jeglichem Konkurrenzmoment im Angebots- oder Nachfragewettbewerb fehlt (BGH GRUR 2017, 918 Rn. 16 - Wettbewerbsbezug).
aa) Die Parteien versuchen nicht, gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen. Der Kläger bietet zahnärztliche Leistungen an. Die Beklagte betreibt ein Ärztebewertungsportal und bietet Ärzten auf diesem Präsentationsmöglichkeiten und die Nutzung einer Online-Terminvergabe über das Portal an. Es handelt sich nicht um gleichartige Dienstleistungen.
bb) Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ergibt sich auch nicht aus der angegriffenen Maßnahme, der Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen. Zwar wird der Kläger durch die Löschung in seinem Bestreben, Patienten zu akquirieren, beeinträchtigt. Da es jedoch an jeglichem Konkurrenzmoment zwischen den Parteien im Angebots- und Nachfragewettbewerb fehlt, ist diese Beeinträchtigung in dem Marktstreben des Klägers zur Begründung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses nicht ausreichend.
cc) Die Mitbewerbereigenschaft ergibt sich vorliegend auch nicht unter dem Aspekt der Förderung fremden Wettbewerbs. Zwar werden andere gleichartige Leistungen wie der Kläger anbietende Zahnärzte durch die Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen mittelbar begünstigt. Es handelt sich jedoch nur um eine gleichsam reflexartige Begünstigung, die nur dadurch eintritt, dass die Beklagte als Plattformbetreiberin, um ihr Geschäftsmodell zu erhalten, dafür sorgen muss, dass manipulierte Bewertungen möglichst erkannt und von dem Portal gelöscht werden. Die mit der aus diesen Gründen erfolgenden Löschung von Bewertungen einhergehende Begünstigung der Konkurrenten desjenigen, dessen Bewertungen gelöscht wurden, reicht zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses unter dem Gesichtspunkt der Förderung fremden Wettbewerbs nicht aus (vgl. Büscher, a.a.O., GRUR 2017, 433, 436)."
OLG Hamburg
Beschluß vom 8.2.2010 5 W 5/10
Nicht mit der Homepage verlinkter Kartenausschnitt
Häufig wird nach einer Abmahnung wegen der urheberrechtswidrigen Verwendung von Stadplänen, Kartenausschnitten, Fotos und Bildern der Fehler gemacht, dass lediglich der Link auf der Webseite entfernt wird. Das OLG Hamburg hat sich mit der Frage befasst, ob ein öffentliches zugängliche machen im Sinne von § 19a UrhG auch dann vorliegt, wenn eine Datei nicht auf der Homepage verlinkt ist, sondern nur (noch) durch Direkteingabe aufrufbar ist. Nach Ansicht des OLG Hamburg liegt auch dann eine Urheberrechtsverletzung vor.
In den Entscheidungsgründen heißt es:
"Nichts anderes kann gelten, wenn ein Kartenausschnitt zu keinem Zeitpunkt mit der Homepage des Verletzers verlinkt war, sondern nur durch Eingabe der URL erreichbar war. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, reicht die abstrakte Möglichkeit der Erreichbarkeit durch Eingabe der URL für § 19a UrhG aus. Diese Bestimmung setzt lediglich voraus, dass Dritten der Zugriff auf das betreffende Werk faktisch eröffnet wird ( Senat GRUR-RR 2008,383 ). Eine bestimmte Wahrscheinlichkeit, dass ein tatsächlicher Zugriff realistisch ist, wird nicht verlangt und kann entgegen der Auffassung des LG Berlin ( GRUR-RR 2008, 387 ) auch nicht aus § 15 Abs.3 UrhG gefolgert werden."
Diese Entscheidung verdeutlicht wieder einmal, dass es nach einer Abmahnung bzw. gerichtlichen Entscheidung wichtig ist, die streitigen Inhalte komplett vom Server zu löschen und auch sicherzustellen, dass diese bei einem Backup nicht versehentlich wiederhergestellt werden. Andernfalls droht z.B. nach Abgabe einer Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe.