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OLG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Werbung mit Produktbewertungen wenn diese mit Gewinnspielteilnahmen als Gegenleistung generiert wurden

OLG Frankfurt
20.06.2024
6 U 128/23


Das OLG Franfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Werbung mit Produktbewertungen vorliegt, wenn diese mit Gewinnspielteilnahmen als Gegenleistung generiert wurden

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerin ist ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und in die Liste der klagebefugten qualifizierten Wirtschaftsverbände gem. § 8b UWG eingetragen. Die Beklagte betreibt einen Onlineshop für Fahrräder auf der Internetseite www.(...).de.

Im Jahr 2022 warb die Beklagte in ihrem Onlineshop für die Abgabe von Kundenbewertungen mit einem Gewinnspiel (vgl. Anlage K 16, Bl. 49 ff. d.A), wonach einen Online-Gutschein im Wert von EUR 200,-- gewinnen könne, wer eine Produktbewertung abgibt. In den Teilnahmebedingungen heißt es unter Ziff. (1):

„(1) Teilnahme und Teilnahmevoraussetzungen: Um teilzunehmen, gibt der Besucher an vorgesehener Stelle eine Produktbewertung ab. Jede veröffentlichte Bewertung nimmt automatisch am Gewinnspiel teil. Die Anzahl der Sterne, die der oder die Teilnehmer:in in seiner Produktbewertung abgegeben hat, beeinflusst nicht die Teilnahme an dem Gewinnspiel...".

An verschiedenen Stellen ihres Onlineshops warb die Beklagte mit Kundenbewertungen, die sie zuvor mithilfe des Gewinnspiels generiert hatte. Unterhalb der Gesamt-Sternebewertung und eines grünen Buttons „Bewertung abgeben" fand sich ein Hinweis, dass alle veröffentlichten Bewertungen an einem Gewinnspiel teilgenommen haben (K 5 und K 6).

Das Landgericht hat durch Urteil vom 21.07.2023, auf das gem. § 540 I ZPO im Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die auf Unterlassung gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es liege keine bezahlte Empfehlung und daher auch keine Irreführung vor. Die Beklagte habe keine unmittelbare Belohnung für die Abgabe einer Produktbewertung in Aussicht gestellt, sondern nur die mittelbare Chance auf einen Gewinn. Zudem würden die Nutzer über Umstände und Bedingungen für die Abgabe der Produktbewertungen und Teilnahme an einem Gewinnspiel vollständig, klar und deutlich informiert. Schließlich werde auch die Gesamtbewertung nicht verzerrt, da alle Bewertungen - auch die negativen - an dem Gewinnspiel teilnähmen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Es sei davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben worden sei, weil die Bewerter durch die Gewinnspielteilnahme belohnt würden. Es liege auch auf der Hand, dass Bewertungen aus Anlass des Gewinnspiels eher positiv ausfielen. Der angesprochene Verkehr handele bei Abgabe der Kundenbewertung im Bewusstsein, dass er von der Beklagten eine Belohnung erhalten habe. Der angesprochene Verkehr nehme die 5-Sterne-Bewertungen der Produkte auch wahr, ohne ein irgendeinen Hinweis zu erhalten, wie diese Bewertungen zustande gekommen sei. Aufklärende Hinweise seien so angeordnet, dass sie vom Verkehr nicht wahrgenommen würden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.07.2023, Az. 3-12 O 12/23, zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollstrecken an einem der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten, zu unterlassen, geschäftlich handelnd in einem Onlineshop

1. für die Abgabe von Produktbewertungen die Teilnahme an einem Gewinnspiel über einen Warengutschein zu versprechen und/oder zu gewähren, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 16;

und/oder

2. Produkte mit einer Gesamtbewertung in Gestalt fünf ganz oder teilweise ausgefüllter schwarzer Sterne zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn in die Gesamtbewertung solche Bewertungen eingehen, für deren Abgabe Nutzer an einem Gewinnspiel teilnehmen konnten und dies geschieht wie in der Anlage K 4 (Rubrik „unsere Topseller“ auf der Startseite www.(...).de) und/oder der in der Anlage K 5 (Darstellung eingangs der Produktseite);

und/oder

3. Produkte mit einer Gesamtbewertung in Gestalt fünf ganz oder teilweise ausgefüllter schwarzer Sterne und/oder mit Textbewertungen zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn hierbei solche Bewertungen verwendet werden, für deren Abgabe Nutzer an einem Gewinnspiel teilnehmen konnten und dies geschieht wie in der Anlage K 6 (Darstellung von Gesamtbewertung und Textbewertungen auf der Produktseite).

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

1. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 I, III Nr. 3, § 5 I 1, 2 Nr. 1 und 3 UWG zu, da die Beklagte mit Produktbewertungen wirbt, ohne den Verkehr darüber aufzuklären, dass die Abgabe der Bewertungen mit einem vermögenswerten Vorteil in Form der Teilnahme an einem Gewinnspiel verbunden war.

a) Äußerungen Dritter wirken in der Werbung objektiv und werden daher im Allgemeinen höher bewertet als eigene Äußerungen des Werbenden. Die Werbung mit bezahlten Empfehlungen ist daher unzulässig. Ein Kunde, der eine Empfehlung ausspricht, muss in seinem Urteil frei und unabhängig sein. Ein zu Unrecht erzeugter Anschein der Objektivität ist irreführend (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.166).

b) Eine in diesem Sinne „bezahlte“ Bewertung liegt hier vor.

Die Beklagte hat für die Abgabe einer Bewertung die Teilnahme an einem Gewinnspiel ausgelobt, bei dem ein Online-Gutschein in Höhe von 200 € gewonnen werden konnte. Dies stellt trotz des eher geringen Betrages und der lediglich bestehenden Möglichkeit der „Gegenleistung“ letztlich einen geldwerten Vorteil dar, den der Bewerter von der Beklagten erhält.

Durch diesen Vorteil besteht auch die Gefahr, dass die Abgabe der Bewertungen nicht frei und unbeeinflusst erfolgt. Der Senat hat bereits entschieden, dass grundsätzlich auch ein kleines Entgelt die Gefahr birgt, dass der Bewerter nicht nur aus sachlichen Kriterien, sondern auch aus monetären Erwägungen seine Bewertung abgibt (vgl. Senat, MMR 2020, 764; GRUR-RR 2021, 124). Hier ist zwar der monetäre Anreiz nur mittelbar vorhanden, da nur die Teilnahme an einem Gewinnspiel mit einem Gewinn von 200 €, mithin kein unmittelbarer, sondern nur ein mittelbarer Vorteil ausgelobt worden ist. Gleichwohl sind die vom Senat hierzu entwickelten Grundsätze anwendbar, da auch hier die Möglichkeit besteht, dass der Verkehr aus Dankbarkeit für die Gegenleistung in Form der Gewinnspielteilnahme zu besseren Bewertungen bereit ist - und sei es unbewusst.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, der Verkehr werde nicht zur Bewertung der Beklagten auf anderen Plattformen, sondern nur zur Bewertung verschiedener Produkte auf ihrer eigenen Plattform angehalten, hält die Klägerin dem zu Recht entgegen, dass auch eine hohe positive Bewertung an sich zu einem Kaufanreiz führt. Der Verkehr wird umso eher überhaupt zu einem Kaufentschluss kommen, umso höher die Bewertungen sind.

c) In der Folge liegt eine Irreführung vor, da der Verkehr nicht hinreichend über diesen Umstand aufgeklärt wird. Eine vorhandene Aufklärung in den Teilnahmebedingungen reicht nicht aus, da der (nur) an Fahrrädern interessierte Verkehr keine Veranlassung sieht, diese aufzurufen.

(2) In den Anlagen K 4 und K 5 (Antrag 2) findet sich eine entsprechende Aufklärung gerade nicht, sondern erst dann, wenn der Verbraucher auf ein entsprechendes Fahrradmodell klickt. Dann landet er auf einer Seite wie in Anlage K 6. Die Entscheidung, das Modell zur näheren Befassung auszuwählen, erfolgt damit vor Aufklärung über die Umstände der Bewertungen. Die Platzierung des aufklärenden Hinweises wie er sich aus Anlage K 8 ergibt, mag für den Verkehr erkennbar sein, wenn er sich die Liste der Bewertungen, wie sie sich aus Anlage K 6 ergibt, anschaut. Streitgegenständlich sind jedoch die Bewerbungen in den Anlagen K 4 - K 5.

(3) Der aufklärende Hinweis in der Anlage K 6 (Antrag 3) ist darüber hinaus aber auch nicht geeignet, eine Irreführung auszuschließen. So nimmt er mangels Störer schon nicht an der herausgehobenen Bewertung „4,9/5.0“ teil. Die Platzierung und die unscheinbare Gestaltung des Hinweises am linken Rand werden von dem angesprochenen Verkehr nicht wahrgenommen. Sowohl die Gesamtbewertung als auch die Textbewertungen benötigen für sich genommen keiner Erläuterung, so dass der angesprochene Verkehr nicht nach solchen Hinweisen sucht. Der angesprochene Verkehr nimmt daher die Gesamtbewertung und die Textbewertungen zur Kenntnis, ohne den unscheinbaren Hinweis auf der linken Seite zur Kenntnis zu nehmen. Verstärkt wird dies dadurch, dass die Aufklärung unterhalb des grünen Buttons „Bewertung abgeben“ platziert ist. Denn der Button dient dazu, dass Besitzer des beworbenen Fahrrads nach dem Kauf eine Bewertung abgeben können. Er richtet sich somit schon nicht an den Nutzerkreis, der Bewertungen liest, weil er ein Fahrrad erst kaufen möchte. Dieser Nutzerkreis möchte keine Bewertung abgeben, denn er besitzt das betreffende Fahrrad noch gar nicht. Der Nutzerkreis, der Interesse an Informationen über die Motivation der Verfasser von Bewertungen hat, wird spätestens bei der grünen Schaltfläche aufhören zu lesen, weil der Button ihn nicht betrifft, und den Hinweis daher nicht zur Kenntnis nehmen.

Darüber hinaus ist der Hinweis „Alle veröffentlichten Bewertungen haben an einem Gewinnspiel teilgenommen.“ auch inhaltlich nicht geeignet, den angesprochenen Verkehr über die tatsächlichen Umstände hinreichend aufzuklären. Die Formulierung lässt nämlich nicht erkennen, dass eine Bewertung abgegeben werden musste, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen. Die Teilnahme an einem Gewinnspiel lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass die Bewertung gerade Bedingung für diese Teilnahme war und die Bewertung somit nicht frei und unabhängig erfolgt ist.

d) Es fehlt auch nicht an der Geeignetheit, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Hier wird der Verkehr zwar nicht dazu veranlasst, auf die Seite der Beklagten zu gehen (Anlockeffekt); vielmehr nimmt er die Bewertungen erst wahr, wenn er sich bereits auf der Seite der Beklagten befindet. Die geschäftliche Entscheidung, das „virtuelle Ladengeschäft“ zu betreten, hat er also bereits getroffen. Die nähere Befassung mit einem konkreten Fahrradmodell stellt indes eine geschäftliche Entscheidung dar. Der Begriff der geschäftlichen Entscheidung ist weit auszulegen und erfasst alle tatsächlichen Reaktionen des Verbrauchers, die als Zwischenschritt zu der vom Unternehmer angestrebten endgültigen geschäftlichen Entscheidung angesehen werden können (Köhler WRP 2014, 259). Dem entspricht das Unionsrecht. Art. 2 lit. k der UGP-RL wird dahin ausgelegt, dass unter den Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ alle Entscheidungen der Verkehrskreise fallen, die unmittelbar mit der Entscheidung zu Gunsten oder zu Lasten des Erwerbs einer beworbenen Ware oder Dienstleistung zusammenhängen (EuGH GRUR 2014, 196 - Trento Sviluppo/AGCM; OLG Düsseldorf MMR 2015, 33 - Top Tagesgeld). Jede tatsächliche Reaktion des Verbrauchers, die einen Zwischenschritt in Richtung auf die vom Unternehmer angestrebte endgültige geschäftliche Entscheidung darstellt, muss daher für eine geschäftliche Entscheidung im Sinne der Norm ausreichen, hier also auch die Nähere Befassung mit einem konkreten Fahrrad.

2. Im Hinblick auf das Ausloben der Teilnahme an einem Gewinnspiel (Antrag 1) hat die Berufung indes keinen Erfolg. Eine Irreführung nach § 5 I 1, II Nr. 1, 3 UWG liegt nicht vor.

Der Kläger hat schon nicht vorgetragen, worin genau eine Irreführung des Verkehrs liegen soll. In der Anlage K 16, die Gegenstand des Antrages ist, wird gerade erläutert, dass die Teilnahme an dem Gewinnspiel von der Abgabe einer Bewertung abhängig ist.


Den Volltext eder Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Wettbewerbsverstoß durch Werbung mit Kundenbewertungen wenn Gegenleistung für Bewertung Teilnahme an Gewinnspiel ist - Wirksame Vollziehung einer einstweiligen Verfügung bei zum Tei

OLG Frankfurt
Urteil vom 16.05.2019
6 U 14/19

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn mit Kundenbewertungen geworben wird und die Kunden als Gegenleistung für eine Bewertung die Teilnahme an einem Gewinnspiel erhalten. Eine Irreführung liegt auch dann vor, wenn mit einer Gesamtbewertung geworben wird, die sich aus diesen Bewertungen und herkömmlich erlangten Kundenbewertungen zusammensetzt.

Zudem hat das Gericht entschieden, dass eine einstweilige Verfügung auch dann wirksam zugestellt und vollzogen wurde, wenn eine Anlage zum Teil unleserlich ist der Empfänger aber ohne unzumutbaren Aufwand erkennen kann, wie der nicht lesbare Text lautet.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Der Eilantrag ist zulässig Die Antragsgegnerin wendet sich ohne Erfolg gegen die Bestimmtheit des Eilantrags und des entsprechend ergangenen Verbots (§ 253 II Nr. 2 ZPO).

a) Das verbotene Verhalten ist im abstrakten Teil des Antrags bereits klar umrissen. Die Antragsgegnerin soll es unterlassen, mit Bewertungen zu werben, wenn auf diese Bewertungen Einfluss durch Teilnahme an einem Gewinnspiel als Gegenleistung für die Bewertung genommen wurde. Der Antrag nimmt außerdem auf die konkrete Verletzungsform Bezug (Anlage CF1). Die Anlage zeigt auf S. 6 unter anderem die Facebook-Seite der Antragsgegnerin, auf der zwei offensichtlich durch das Gewinnspiel veranlasste Bewertungen zu sehen sind. Außerdem findet sich dort die Zahl der Gesamtbewertungen (4.735) und die Durchschnittsnote aller Bewertungen (4,9 von 5 Sternen).

b) Zu Unrecht reklamiert die Antragsgegnerin, es sei nicht ersichtlich, auf welche der angezeigten Gesamtbewertungen in der beschriebenen Weise Einfluss genommen wurde; im Vollstreckungsverfahren müsse geprüft werden, ob das angezeigte Gesamtergebnis Bewertungen umfasst, die auf dem Gewinnspieleinfluss beruhen. Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist in dem Sinn auszulegen, dass nicht mit Bewertungen geworben werden darf, die durch das Gewinnspiel beeinflusst sein können. Es geht damit um alle Bewertungen, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Gewinnspielauslosung, also zwischen der erstmaligen Schaltung der Gewinnspielwerbung am 29.3.2018 und der Verlosung am 17.6.2018 abgegeben wurden. Werden sie weiterhin angezeigt bzw. in das Gesamtergebnis eingerechnet, liegt ein Verstoß gegen das Verbot vor.

2. Mit Recht hat das Landgericht die einstweilige Verfügung nicht wegen fehlender Vollziehung innerhalb der Vollziehungsfrist gemäß § 929 Abs. 2 ZPO aufgehoben. Die Beschlussverfügung des Landgerichts vom 24.5.2018 ist dem Antragsgegnervertreter am 28.5.2018 im Parteibetrieb zugestellt worden (Anlage CF6, Bl. 120 d.A.). Die Antragsgegnerin beanstandet, die Anlage CF1 sei in der zugestellten Version der Antragsschrift nicht vollständig lesbar gewesen.

a) Die wirksame Vollziehung einer Unterlassungsverfügung, die - wie hier - bereits mit einer Ordnungsmittelandrohung versehen ist, erfordert, dass der Schuldner Umfang und Inhalt des Verbots zweifelsfrei ermitteln kann. Eine ohne Begründung versehene Beschlussverfügung, die auf Anlagen Bezug nimmt, wird nur dann wirksam vollzogen, wenn dem Schuldner neben dem Beschluss selbst zumindest auch diejenigen Anlagen zugestellt werden, die Aufschluss über den Inhalt und die Reichweite des Verbots geben können. Hierher gehören auf jeden Fall Anlagen, auf die im Verbotstenor verwiesen wird (Senat, Beschl. v. 1.6.2011, 6 W 12/11 - Ankle Tube). Ist eine solche Anlage in teilweise nicht lesbarer Form zugestellt worden, steht dies der Vollziehung allerdings dann nicht entgegen, wenn der Schuldner ohne unzumutbaren Aufwand erkennen kann, wie der nicht lesbare Text lautet (Senat, Urt. v. 8.6.2017 - 6 U 2/17, juris).

b) Die Antragsschrift wurde der Antragsgegnerin per Fax übermittelt. Die konkrete Verletzungsform in Gestalt der 16 Seiten umfassenden Anlage CF1 sowie die Anlage CF2 sind teilweise nicht bzw. schlecht lesbar (vgl. Anlage A1, Bl. 197, 263 d.A.). Unstreitig verfügte die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Zustellung allerdings bereits über die der vorgerichtlichen Abmahnung beigefügten Anlagen. Die Anlage LHR9 stimmt mit der Anlage CF1 überein (Anlagenband). Dies war auch bei der per Fax übersandten Version der Antragsschrift unschwer zu erkennen (vgl. Anlage A1, Bl. 197, 263 d.A.). Ob das Datum des Screenshots lesbar war, ist unerheblich, da ersichtlich ein inhaltlich übereinstimmender Screenshot übermittelt wurde. Ebenso ist unerheblich, dass die Antragstellerin den Anlagensatz in der Abmahnung mit „Anlage Verletzungshandlung“ und im Eilantrag nur mit „Verletzungshandlung“ bezeichnete. Ein Vollziehungsmangel liegt bei dieser Sachlage nicht vor.

3. Es besteht ein Verfügungsgrund (§ 12 II UWG).

4. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterlassung aus §§ 3, 5 I, 8 I, III Nr. 1 UWG zu. Die Werbung mit Bewertungen der angegriffenen Art ist irreführend.

a) Äußerungen Dritter wirken in der Werbung objektiv und werden daher im Allgemeinen höher bewertet als eigene Äußerungen des Werbenden (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm, 37. Aufl., § 5 Rn. 1.165). Die Werbung mit bezahlten Empfehlungen ist daher unzulässig. Ein Kunde, der eine Empfehlung ausspricht, muss in seinem Urteil frei und unabhängig sein. Ein zu Unrecht erzeugter Anschein der Objektivität ist irreführend. Eine Ausnahme gilt nur für Empfehlungen Prominenter in der Werbung, da der Verkehr weiß, dass der bekannte Name nicht unentgeltlich verwendet werden darf (Bornkamm/Feddersen aaO Rn. 1.166).

b) Die Antragsgegnerin wirbt mit ihren Facebook-Bewertungen und der dort erzielten guten Durchschnittsnote auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken, namentlich bei „Google My Business“ (Anlage CF1, S. 1) und bei „11880.com“ (Anlage CF1, S. 11, 14). Die Bewertungen sind zumindest teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden. Es ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurde, weil die Bewerter durch die Gewinnspielteilnahme „belohnt“ wurden. Es liegt auch auf der Hand, dass Bewertungen aus Anlass des Gewinnspiels eher positiv ausfallen. Es ist damit zwar keine „bezahlte“ Empfehlung im Wortsinn gegeben. Gleichwohl sind die Bewertungen nicht als objektiv anzusehen. Besucher der Seiten der Antragsgegnerin auf den Plattformen Facebook, Google My Business und 18800.com, die die Werbung mit der hohen Anzahl an Bewertungen und der hohen Durchschnittspunktzahl sehen, gewinnen demgegenüber den Eindruck grundsätzlich objektiver Bewertungen. Sie werden irregeführt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin gilt nicht deshalb etwas anderes, weil es sich nicht um Produktbewertungen handelt, bei denen der Käufer ein bereits erworbenes Produkt bewertet. Vorliegend bewerten Nutzer von Social-Media-Plattformen die Facebook-Seite der Antragsgegnerin. Dies macht keinen wesentlichen Unterschied. Der Durchschnittsverbraucher geht davon aus, dass nur zufriedene Kunden oder solche Verbraucher, die das gesehene Angebot für überzeugend halten, den Social-Media-Auftritt positiv bewerten. Die Anzahl der Bewertungen lässt außerdem auch Rückschlüsse auf die Bekanntheit des Unternehmens und seiner Produkte zu. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin kann nicht angenommen werden, dass alle Besucher der Seite die Bewertungen inhaltlich durchgehen und daher selbst erkennen, dass sie teilweise nur anlässlich des Gewinnspiels abgegeben wurden.

c) Entgegen der von dem Antragsgegnervertreter in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht kann nicht angenommen werden, dass Besuchern von Social-Media-Plattformen die (unlauteren) Praktiken bei der Generierung von Bewertungen bereits so geläufig sind, dass sie den Bewertungen von vornherein keine objektive Aussagekraft zumessen. Würde dies zutreffen, hätte die Antragsgegnerin für die Abgabe von Bewertungen sicher keine werthaltige Belohnung ausgesetzt.

d) Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, für eine Gewinnspielteilnahme sei die Abgabe einer Bewertung nicht zwingend erforderlich gewesen. Vielmehr sei es für die Teilnahme ausreichend gewesen, die Facebook-Seite der Antragsgegnerin bzw. den Gewinnspielpost zu „liken“, zu kommentieren oder zu teilen. Tatsächlich war es so, dass „jede Aktion“ ein Los erhält und die Gewinnchancen erhöht (Anlage CF1, S. 6). Ein Teilnehmer, der möglichst gute Gewinnchancen haben möchte, wird also nach Möglichkeit von mehreren oder allen Aktionen Gebrauch machen, die ein Los einbringen.

e) Die Antragsgegnerin kann schließlich auch nicht damit gehört werden, eine Irreführung scheide deshalb aus, weil der Verkehr ohne weiteres erkenne, dass es sich bei den Angaben auf „Google My Business“ um Werbung handelt. Darum geht es nicht. Der Vorwurf liegt nicht in der Schaltung getarnter Werbung, sondern in der (offenen) Werbung mit Bewertungen, die (verdeckt) gekauft wurden.

f) Die Irreführung ist auch geeignet, im Sinne von § 5 I UWG den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der Begriff „geschäftliche Entscheidung" erfasst außer der Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten eines Geschäfts (vgl. BGH, GRUR 2016, 1076 Rn. 29 - LGA tested) oder - wie hier - den Zugang zu einem im Internet angebotenen Produkt über eine Werbeseite, um sich mit dem Produkt im Detail zu beschäftigen (vgl. BGH, Urt. v. 7.3.2019 - I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III, Rn. 29, juris). Die Werbung mit einer hohen Zahl ganz überwiegend positiver Bewertungen ist geeignet, Verbraucher dazu zu veranlassen, sich mit dem Angebot der Antragsgegnerin näher zu befassen. Es kommt nicht darauf an, dass die Antragstellerin lediglich bei zwei der insgesamt rund 4.000 Bewertungen nachgewiesen hat, dass sie tatsächlich durch das Gewinnspiel veranlasst wurden. Es liegt ohne weiteres nahe, dass durch die Gewinnspielauslobung eine erhebliche Zahl an Bewertungen generiert wurde. Die Beeinflussung muss sich nicht explizit aus dem Text der Bewertung ergeben. Bei der Mehrzahl der beeinflussten Bewertungen dürfte sich die Einflussnahme nicht direkt aus dem Bewertungstext erschließen.