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Volltext BGH liegt vor: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins

BGH
Urteil vom 27.04.2023
VII ZR 144/22
BGB §§ 133, 157, § 275 Abs. 1, §§ 313, 648


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
1. Verpflichtet sich eine Fotografin zur fotografischen Begleitung einer kirchlichen Hochzeit und der sich anschließenden Feier, wird die geschuldete Leistung nicht deshalb unmöglich, weil die vom Brautpaar mit 104 Gästen geplante Hochzeit und Feier aufgrund der Beschränkungen durch eine Corona-Schutzverordnung in diesem Umfang nicht durchgeführt werden kann und deshalb verlegt wird.

2. Zu einer ergänzenden Vertragsauslegung bei pandemiebedingter Verlegung einer Hochzeit und Hochzeitsfeier.

BGH, Urteil vom 27. April 2023 - VII ZR 144/22 - LG Gießen - AG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins

BGH
Urteil vom 27.04.2023
VII ZR 144/22


Der BGH hat entschieden, dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an eine Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins hat.

Die Pressemitteilung des BGH:
Bundesgerichtshof zu Vergütungsansprüchen einer Hochzeits-Fotografin nach Verlegung des Hochzeitstermins wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Werkverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über eine Klage auf Rückgewähr einer an eine Hochzeits-Fotografin geleisteten Anzahlung und auf Feststellung, dass ihr keine weiteren Vergütungsansprüche zustehen, weil die Kläger wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie den Hochzeitstermin verlegten und deshalb von dem Vertrag zurücktraten bzw. diesen kündigten, entschieden.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Die Kläger beabsichtigten, am 1. August 2020 kirchlich zu heiraten. Nachdem der Fotograf, der die standesamtliche Trauung begleitet hatte, zu diesem Termin verhindert war, wandten sich die Kläger an die Beklagte. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2019 bedankte sich die Beklagte für "die Beauftragung" und stellte für "Reportage Hochzeit 01.08.2020 (1. Teilbetrag)" 1.231,70 € von der insgesamt vereinbarten Vergütung in Höhe von 2.463,70 € in Rechnung. Die Kläger überwiesen den geforderten "1. Teilbetrag".

Die Kläger beabsichtigten, zu ihrer kirchlichen Hochzeit 104 Gäste einzuladen. Die Durchführung der so geplanten Hochzeit war aufgrund von Beschränkungen im Rahmen der Corona-Pandemie nicht möglich. Die Kläger planten deshalb neu eine Hochzeitsfeier für den 31. Juli 2021 und teilten der Beklagten mit E-Mail vom 15. Juni 2020 mit, für den neuen Termin den Fotografen beauftragen zu wollen, der am 1. August 2020 verhindert gewesen sei. Daraufhin forderte die Beklagte ein weiteres Honorar von 551,45 €, was die Kläger ablehnten. Diese verlangten vielmehr die Rückzahlung der bereits überwiesenen 1.231,70 € und erklärten wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage den "Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung".

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.231,70 € und zusätzlicher 309,40 € für außergerichtliche Kosten sowie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, weitere 551,45 € an die Beklagte zu zahlen.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision haben die Kläger ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Kläger zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Ansprüche der Kläger auf Rückgewähr der Anzahlung und Feststellung, eine weitere Vergütung von 551,45 € nicht zu schulden, verneint.

Ein Anspruch auf Rückgewähr der Anzahlung folgt nicht daraus, dass der Beklagten die von ihr geschuldete Leistung unmöglich geworden ist. Denn ihr war es trotz der zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier geltenden pandemiebedingten landesrechtlichen Vorgaben möglich, fotografische Leistungen für eine kirchliche Hochzeit und eine Hochzeitsfeier zu erbringen. Das betreffende Landesrecht erlaubte kirchliche Hochzeiten und Hochzeitsfeiern sowie die Erbringung von Dienstleistungen und Handwerkstätigkeiten. Soweit die Kläger die Hochzeit und die Hochzeitsfeier wegen der nicht einzuhaltenden Abstände von mindestens 1,5 m nicht im geplanten Umfang (104 Gäste) durchführen konnten, führt das nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Der Rückzahlungsanspruch folgt des Weiteren nicht aus einem Rücktrittsrecht der Kläger wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage oder einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die ergänzende Vertragsauslegung, die Vorrang vor den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage hat, ergibt, dass die pandemiebedingte Verlegung der für den 1. August 2020 geplanten Hochzeit und der Hochzeitsfeier keinen Umstand darstellt, der die Kläger zum Rücktritt vom Vertrag berechtigte. Der Umstand, dass die Kläger nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen, einen anderen Fotografen bevorzugten, ist nach Treu und Glauben unter redlichen Vertragspartnern unerheblich und deshalb im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu berücksichtigen.

Den von den Klägern erklärten "Rücktritt" bzw. die "Kündigung" des Vertrags hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als freie Kündigung des Vertrags (§ 648 Satz 1 BGB) ausgelegt und darauf aufbauend einen Vergütungsanspruch der Beklagten aus § 648 Satz 2 BGB in Höhe von 2.099 € festgestellt. Dementsprechend besteht nicht nur kein Rückzahlungsanspruch der Kläger in Höhe von 1.231,70 €, sondern ist auch die negative Feststellungsklage der Kläger unbegründet. Deshalb können die Kläger schließlich die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht verlangen.

Vorinstanzen:

AG Gießen - Urteil vom 26.November 2021 - 43 C 63/21
LG Gießen - Urteil vom 21. Juni 2022 - 1 S 1/22

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 648 BGB

Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werks den Vertrag jederzeit kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.


OLG Düsseldorf: Stromanbieter und Gasanbieter mit Preisgarantie-Tarif dürfen Preise nicht wegen hoher Energiebeschaffungskosten einseitig erhöhen

OLG Düsseldorf
Urteil vom 23.03.2023
I-20 U 318/20


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass Stromanbieter und Gasanbieter mit Preisgarantie-Tarif die Preise nicht wegen hoher Energiebeschaffungskosten einseitig erhöhen dürfen. Allerdings hat das Gericht im vorliegenden Fall das Rechtsschutzbedürfnis der Verbraucherzentrale NRW verneint, da nach Ansicht des Gerichts nicht etwa Interessen von Kunden verfolgt wurden, sondern auf ein anderes behördliches Verfahren Einfluss genommen werden sollten.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Urteil im Prozess um Strom- und Gaspreiserhöhungen bei vertraglich zugesagten Preisgarantien

Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg mit einer Unterlassungsklage gegen eine einseitige Preisanpassung als solche wenden. Dass die von der Antragsgegnerin vertretene Auffassung, zur einseitigen Preisanpassung berechtigt zu sein, unrichtig ist, stellt keine Täuschung des Kunden dar. Dies hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Düsseldorf Erfried Schüttpelz entschieden. Das Urteil vom 23.03.2023 (Aktenzeichen I-20 U 318/20) ist in Kürze in der Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de abrufbar.

Der Antragsteller, ein Verein der sich unter anderem der Durchsetzung von Verbraucherinteressen und -rechten widmet, nimmt im Wege eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein deutschlandweit tätiges Energieversorgungsunternehmen wegen irreführender Angaben sowie wegen unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen auf Unterlassung in Anspruch (vgl. Pressemitteilung vom 09.03.2023). Das Landgericht Düsseldorf hat der Antragsgegnerin mit Urteil vom 09.11.2022 unter anderem untersagt, während des vereinbarten Zeitraums einer Preisfixierung einseitig eine Erhöhung des Strom- und/oder Gaspreises mitzuteilen (Az.: 12 O 247/22). Die hiergegen gerichtete Berufung der Antragsgegnerin hat insoweit Erfolg. Zwar stand ihr nach der Auffassung des Senats ein Recht zur einseitigen Preiserhöhung, gestützt auf § 313 BGB nicht zu, weil der Gesetzgeber auf die "Gaskrise" reagiert und in § 24 EnSiG ein spezialgesetzliches Preisänderungsrecht eingeführt hat, das die Anwendung des § 313 BGB verdrängt. Dass die Voraussetzungen des § 24 EnSiG nicht vorliegen, weil die Bundesnetzagentur nicht eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen festgestellt hat, ist unerheblich. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 24 EnSiG zu erkennen gegeben, dass ein einseitiges Preiserhöhungsrecht der Versorger nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich ist.

Der Unterlassungsanspruch hat jedoch deswegen keinen Erfolg, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis für ein Unterlassungsbegehren gegen Äußerungen unter anderem dann fehlt, wenn damit unmittelbar auf die Rechtsverfolgung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren Einfluss genommen werden soll. Damit scheidet eine Verurteilung zur Unterlassung einer einseitigen Preisanpassung als solche gegenüber Kunden aus. Ohne eine derartige Gestaltungserklärung könnte die Antragsgegnerin das von ihr beanspruchte Recht nicht wahrnehmen und dessen Berechtigung im Verhältnis zu Kunden nicht klären. Im Übrigen handelt es sich bei der Preisanpassungserklärung auch nicht um eine täuschende Angabe.

Demgegenüber darf die Antragsgegnerin nicht in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel verwenden, in der in Verträgen mit unbestimmter Laufzeit und Preisfixierung ein beidseitiges Kündigungsrecht mit einer Frist von einem Monat eingeräumt wird. Eine solche Klausel führt zu einer vollständigen Aushöhlung der Preisgarantie und ist unwirksam. Insoweit hat der Senat die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Das Urteil ist rechtskräftig. Eine Revision zum Bundesgerichtshof ist nicht möglich, weil es sich um ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung handelt.

§ 24 Abs. 1 und 2 EnSiG (Gesetz zur Sicherung der Energieversorgung (Energiesicherungsgesetz)


(1) Nach der Ausrufung der Alarmstufe oder der Notfallstufe durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1938 in Verbindung mit dem Notfallplan Gas des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom September 2019, der auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz veröffentlicht ist, kann die Bundesnetzagentur die Feststellung treffen, dass eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland vorliegt. Die Feststellung kann zu einem späteren Zeitpunkt als dem der Ausrufung der Alarm- oder Notfallstufe erfolgen und unter der Voraussetzung, dass die Optionen in den §§ 29 und 26 geprüft wurden und das Ergebnis dokumentiert ist. Mit der Feststellung durch die Bundesnetzagentur nach Satz 1 erhalten alle von der Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland unmittelbar durch Lieferausfälle oder mittelbar durch Preissteigerung ihres Lieferanten infolge der Lieferausfälle betroffenen Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 3 Nummer 18 des Energiewirtschaftsgesetzes entlang der Lieferkette das Recht, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen. Eine Preisanpassung ist insbesondere dann nicht mehr angemessen, wenn sie die Mehrkosten einer Ersatzbeschaffung überschreitet, die dem jeweils betroffenen Energieversorgungsunternehmen aufgrund der Reduzierung der Gasimportmengen für das an den Kunden zu liefernde Gas entstehen.

(2) Die Preisanpassung nach Absatz 1 Satz 3 ist nur auf Verträge anzuwenden, die eine physische Lieferung von Erdgas innerhalb des deutschen Marktgebietes zum Gegenstand haben. Satz 1 ist unabhängig von dem auf den Vertrag im Übrigen anwendbaren Recht anzuwenden. Das Recht zur Preisanpassung nach Absatz 1 Satz 3 kann nicht durch vertragliche Regelungen ausgeschlossen werden.

LG Düsseldorf: Stromanbieter und Gasanbieter mit Preisgarantie-Tarif dürfen Preise nicht wegen hoher Energiebeschaffungskosten erhöhen

LG Düsseldorf
Beschluss vom 26.08.2022
12 O 247/22


Das LG Düsseldorf hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden, dass Stromanbieter und Gasanbieter mit Preisgarantie-Tarifen, Preise nicht wegen hoher Energiebeschaffungskosten erhöhen dürfen.

Aus dem Tenor der Entscheidung:
Der Antragsgegnerin wird untersagt,
1. im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Zusammenhang mit Strom- und Gaslieferverträgen außerhalb der Grundversorgung, in denen für eine bestimmte Dauer eine Preisfixierung (Festpreis) für die Strom- und Gaslieferung vereinbart wurde, die – wie in den in Anlage AS 4 abgebildeten AGB unter Punkt 7.1 bzw. 7.3 und 6.1 für Stromtarife und/oder Punkt 7.2 und 6.1 für Gastarife geregelt – auch die Kosten für Energiebeschaffung umfasst,

a. während des vereinbarten Zeitraums der Preisfixierung einseitig eine Erhöhung des Strom- und/oder Gaspreises mitzuteilen, wenn die angekündigte Strom- und/oder Gaspreisänderung die Kosten für Energiebeschaffung umfasst, wenn dies geschieht wie mit dem in Anlage AS 5 abgebildeten Schreiben vom 29.07.2022,

und/oder

b. Verbrauchern, denen eine Mitteilung mit gleichem Inhalt übermittelt wurde wie im Antrag zu I.1.a. angeführt, für die Belieferung mit Strom und/oder Gas während der vereinbarten Laufzeit der Preisfixierung Preise in Rechnung zu stellen und/oder Entgelte einzuziehen, die über die vor Erhalt der Mitteilung geltenden Preise hinausgehen;

und/oder

2. ab dem 01.09.2022 folgende und diesen inhaltsgleichen Klauseln in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse über die Belieferung mit Strom und/oder Gas zu verwenden, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

a. "[3.1.] Für den Fall, dass dem Kunden eine Preisfixierung (eingeschränkte Preisgarantie) gewährt wurde, gilt die Laufzeit der Preisfixierung auf unbestimmte Zeit. Die Preisfixierung kann
beidseitig mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden."

b. "[3.2] Der Preis für eine Preisfixierung (eingeschränkte Preisgarantie) wird durch den Lieferanten nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB bestimmt. Für den Fall, dass dem Kunden eine Preisfixierung gewährt wurde, ist der Lieferant berechtigt, den Preis für die Preisfixierung durch einseitige Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen gern. § 315 BGB anzupassen (Erhöhungen oder Senkungen). Anlass für eine Preisanpassung ist ausschließlich eine Änderung der Kosten für Energiebeschaffung oder Vertrieb, des an den Netzbetreiber anzuführenden Netzentgelts oder der operativen Kosten des Lieferanten."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Bei in Vor-Corona-Zeit gebuchten Hotelzimmern die pandemiebedingt storniert werden müssen kann hälftige Kostenteilung der Stornierungskosten gerechtfertigt sein

OLG Köln
Urteil vom 14.05.2021
1 U 9/21


Das OLG Köln hat entschieden, dass bei in Vor-Corona-Zeit gebuchten Hotelzimmern, die pandemiebedingt storniert werden müssen, eine hälftige Kostenteilung der Stornierungskosten gerechtfertigt sein kann.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Covid19-Pandemie: Bei pandemiebedingter Stornierung von Hotelzimmern hälftige Kostenteilung gerechtfertigt

Müssen vor Ausbruch der Covid19-Pandemie gebuchte Hotelzimmer pandemiebedingt storniert werden, kann dies eine hälftige Teilung der Buchungskosten rechtfertigen. Das hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteil vom 14.05.2021 - 1 U 9/21 - entschieden.

Klägerin im Streitfall war die deutsche Vertriebsgesellschaft eines taiwanesischen Fitnesskonzerns. Sie wollte mit ihren aus Taiwan stammenden Mitarbeitern an der für April 2020 in Köln geplanten Messe FiBo teilnehmen. Hierzu hatte sie bei der beklagten Hotelkette mehrere Zimmer gebucht und die hierfür anfallenden Kosten vollständig im Voraus bezahlt. Als die FiBo Ende Februar 2020 pandemiebedingt abgesagt wurde, stornierte die Klägerin Anfang März alle gebuchten Zimmer. Entsprechend der mit der Buchung getroffenen vertraglichen Vereinbarung erstattete die Hotelkette lediglich zehn Prozent der Anzahlung und behielt den restlichen Betrag als Servicegebühr ein. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Rückzahlung auch dieses Betrages begehrt. Mit Urteil vom 29.10.2020 hat das Landgericht Köln die Klage in erster Instanz abgewiesen (Az. 86 O 21/20).

Die seitens der Klägerin eingelegte Berufung hatte teilweise Erfolg. Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin Anspruch auf eine hälftige Teilung der Buchungskosten. Mit der pandemiebedingten Absage der Messe FiBo sei der Klägerin ein unverändertes Festhalten am Vertrag einschließlich des mit der Ausübung des vertraglichen Stornierungsrechtes entstandenen Rückabwicklungsschuldverhältnisses unzumutbar geworden. Zur Geschäftsgrundlage der Parteien bei Abschluss des Beherbergungsvertrages habe die Vorstellung gehört, dass es nicht zu einer weltweiten Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens kommen werde. Das Auftreten der Pandemie mit weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben bedeute daher eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragsabwicklung vorgestellten Umstände. Sowohl die Absage der Messe FiBo als auch die späteren behördlichen Beherbergungsverbote beruhten auf derselben tatsächlichen Grundlage des Ausbruchs einer Pandemie. Es erscheine daher auch unbillig, die Kostentragung von dem zufälligen Umstand abhängig zu machen, dass die Klägerin den Vertrag bereits storniert hatte, bevor die Leistung für die Beklagte durch den zwischenzeitlichen Ausspruch eines Beherbergungsverbots in Köln unmöglich werden konnte. Das durch die Corona-Pandemie verwirklichte Risiko der Absage der Messe FiBo gehe über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Nachfragers deutlich hinaus. Überdies stehe es in gleichem Maß außerhalb des Risikobereichs von Anbieter und Nachfrager. Es sei der Klägerin daher auch nicht zuzumuten, dieses Risiko alleine zu tragen. Bei dieser Sachlage erscheine eine hälftige Teilung des Risikos und mithin eine hälftige Teilung der Buchungskosten sachgerecht.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Anwendbarkeit der für die Entscheidung maßgeblichen Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage beruhe auf anerkannten Regeln.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 14.05.2021 - Az. 1 U 9/21.


BGH: Zum Gewährleistungsrecht beim Anteilskauf - Zur Störung der Geschäftsgrundlage wenn beide Vertragsparteien irrtümlich von Solvenz der Gesellschaft ausgehen

BGH
Urteil vom 26.09.2018 - VIII ZR 187/17
BGB § 313 Abs. 1, 2 § 453 Abs. 1 Alt. 1

Leitsätze des BGH:


a) Zur Mängelgewährleistung beim Rechtskauf nach § 453 BGB (hier: Kauf von Gesellschaftsanteilen).

b) Bei einem Kauf von Mitgliedschaftsrechten an einer GmbH, der als solcher ein Rechtskauf gemäß § 453 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist, sind im Fall von Mängeln des von der GmbH betriebenen Unternehmens die Gewährleistungsrechte der §§ 434 ff. BGB anzuwenden, wenn Gegenstand des Kaufvertrags der Erwerb sämtlicher oder nahezu sämtlicher Anteile an dem Unternehmen ist und sich der Anteilskauf damit sowohl nach der Vorstellung der Vertragsparteien als auch objektiv bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Kauf des Unternehmens selbst und damit als Sachkauf darstellt (Fortführung von BGH, Urteile vom 27. Februar 1970 - I ZR 103/68, WM 1970, 819 unter II; vom 12. November 1975 - VIII ZR 142/74, BGHZ 65, 246, 248 f., 251; vom 24. November 1982 - VIII ZR 263/81, BGHZ 85, 367, 370; vom 25. März 1998 - VIII ZR 185/96, BGHZ 138, 195, 204; vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, NJW 2001, 2163 unter II 1; jeweils zu §§ 459 ff. BGB aF).

c) Ein solcher Erwerb sämtlicher oder nahezu sämtlicher Anteile an dem Unternehmen liegt nicht vor, wenn ein Käufer, der bereits 50 % der Mitgliedschaftsrechte an einer GmbH hält, weitere 50 % der Geschäftsanteile dieser Gesellschaft hinzuerwirbt.

d) Zur Störung der Geschäftsgrundlage, wenn bei einem Anteilskauf beide Vertragsparteien irrtümlich von einer Solvenz der Gesellschaft ausgehen.

BGH, Urteil vom 26. September 2018 - VIII ZR 187/17 - OLG Karlsruhe in Freiburg - LG Konstanz

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: