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LG Bonn: Angabe der Geschäftsbezeichnung genügt nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 VerpackG - Aufrechnungsverbot in AGB bzgl. nicht rechtskräftiger bzw. nicht anerkannter Forderungen wettbewerbswidrig

LG Bonn
Urteil vom 29.07.2020
1 O 417/19


Das LG Bonn hat entschieden, dass die Angabe der Geschäftsbezeichnung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 VerpackG zur genügt Zudem hat das Gerichts entschieden, dass ein Aufrechnungsverbot in AGB bzgl. nicht rechtskräftiger bzw. nicht anerkannter Forderungen wettbewerbswidrig ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Es lag ein Wettbewerbsverstoß durch Verwendung einer unzulässigen Allgemeinen Geschäftsbedingung vor gem. § 3 UWG i.V.m. § 307 BGB.

Denn die vom Beklagten zeitweise verwendete Klausel „Ein Recht zur Aufrechnung steht dem Kunden nur zu, wenn seine Gegenansprüche rechtskräftig festgestellt, unstreitig oder von X anerkannt sind.“ hält einer Prüfung im Lichte von § 307 BGB nicht stand.

Denn diese Klausel stellt eine Benachteiligung des Vertragspartners i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Bei dieser Beurteilung orientiert sich die Kammer an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Die Klausel, über die der BGH zu entscheiden hatte (vgl. NJW 2011, 1729) ist quasi wortgleich mit der hier verwendeten. In der genannten Entscheidung betraf der Vertrag einen Anspruch auf Architektenhonorar. Dabei hat sich der BGH in der Begründung auch explizit auf die synallagmatische Verknüpfung von Werklohnforderung und mangelfreier Leistungserbringung bezogen. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird ein Aufrechnungsverbot darüber hinaus auch dann abgelehnt, wenn es konnexe Forderungen betrifft, insbesondere etwa Schadensersatzansprüche nach § 281 BGB (Palandt/Grüneberg, BGB, § 309 Rn. 20, weitere Nachweise bei BeckOK BGB/Becker, 53. Ed. 1.2.2020 Rn. 15a, BGB § 309 Nr. 3 Rn. 15a, der sich dieser Ansicht aber nicht anschließt).

So liegt der Fall hier. Denn bei einem Aufrechnungsverbot besteht eine Vergütungspflicht für Leistungen, obwohl Gegenansprüche aus gleichem Rechtsverhältnis bestehen. Dies kann bei Kaufverträgen ebenso auftreten wie bei Werkverträgen, wenn es um Minderungsbeträge oder Schadensersatzansprüche geht. Dass es zu Fällen von Nachbesserungsansprüchen nicht kommt oder wegen § 439 Abs. 4 BGB nicht kommen kann, wie der Beklagte meint, reicht daher allein nicht aus, da auch andere Ansprüche von Kunden denkbar sind. Dies gilt insbesondere für Schadensersatzansprüche. In diesen Fällen erhalten Kunden – gerade wenn es um Schäden an anderen Rechtsgütern oder Nebenpflichten aus dem Vertrag geht – nicht einfach ein Produkt als Ersatz und gelten in ihren Primärinteressen aus dem Kaufvertrag als befriedigt. Sie haben vielmehr monetäre Ansprüche, die Gegenstand einer Aufrechnung sein könnten.

Eine Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem Verstoß selbst. Dass dieser möglicherweise ohne Vorsatz erfolgte, ist für einen Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG nicht entscheidend. Das erledigende Ereignis selbst hat keinen Einfluss auf die Frage der Wiederholungsgefahr, da die Begründetheit des Anspruches vor der Erledigung entscheidend für die Beurteilung ist.

3. Der Antrag zu 2) ist hingegen unbegründet.

Ein Anspruch nach § 3a UWG besteht nicht. Das VerpackG stellt dabei eine Marktverhaltensregel dar, da es Regelungen für Unternehmer bezüglich Pflichten aus dem Bereich Verpackung und Entsorgung aufstellt.

Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 VerpackG liegt nicht vor. Dieser ordnet an, dass ein Hersteller bei der Registrierung unter anderem den „Namen“ anzugeben hat.

Der Beklagte hat durch Angabe des Namens „X“ bei der Registrierung seine Pflichten aus dem VerpackG erfüllt.

Das VerpackG selbst definiert nicht näher, was mit dem Begriff Name gemeint ist oder welche Angaben an dieser Stelle zu machen sind. Auch § 12 BGB setzt ein Namensrecht (der natürlichen Person) voraus, ohne den Begriff zu definieren. Die Gesetzesbegründung zum VerpackG (BR-Drs. 797/16) enthält ebenfalls keine nähere Erläuterung, was mit dem Begriff Name gemeint sein kann.

Daher ist der Begriff im Rahmen des VerpackG auszulegen. Dabei ist insbesondere auf die Verwendung im konkreten Kontext durch relevante Verkehrskreis abzustellen. Die Mail der Zentralen Stelle Verpackungsregister an den Beklagten zeigt, dass dort die Bestimmung so ausgelegt wird, dass die Firmierung oder Geschäftsbezeichnung anzugeben ist. Dies ist die Firma laut Handelsregister, im Übrigen „die Geschäftsbezeichnung, unter der sie ihr Gewerbe betreiben“, also der Name des Kaufmanns, auch eine Etablissementsbezeichnung, wenn unter dieser Verpackungen in Verkehr gebracht werden. Die Angabe des vollen Namens des Gewerbetreibenden sei dagegen nicht zwingend (vgl. Anlage B5).

Für eine solche Auslegung spricht auch das in den letzten Jahren und Jahrzehnten liberaler gewordene Firmenrecht, nach dem auch Einzelkaufleute oder Kleingewerbetreibende einen Phantasienamen nutzen können und nicht auf den bürgerlichen Namen angewiesen sind. Wenn sie dann unter diesem Namen Bekanntheit erlangen, müssen sie den Namen auch im behördlichen Verkehr verwenden können.

Hiergegen spricht nicht eine größere Rechtssicherheit bei Angabe des bürgerlichen Namens des Inhabers, da eine hier vorliegende Geschäftsbezeichnung – anders als die Firma im Handelsregister – stets geändert werden kann und für den Rechtsverkehr eine möglichst große Sicherheit bestehen soll, wenn eine Überprüfung erfolgen soll.

Denn dies ist nach der Zielsetzung der konkreten Regelung und des Verpackungsgesetzes nicht geboten. Das Verpackungsgesetz enthält Vorschriften, die dem Abfallrecht angehören. Es konkretisiert die Produktverantwortung iS. des § 23 KrWG und dient in erster Linie der Abfallvermeidung. Seine wesentlichen Elemente sind die Pfand- und Rücknahmepflichten, mit denen die massenhaft anfallenden Verpackungsabfälle möglichst vermieden oder wenigstens gesondert erfasst und verwertet werden sollen sowie die Systembeteiligungspflicht (Erbs/Kohlhaas, VerpackG vor § 1 Rn. 1). Ziel der Registrierung ist, dass die Zentrale Stelle eine bessere Überwachungsgrundlage erhalten und durch die Veröffentlichung der wesentlichen Registrierungsdaten im Internet zugleich eine effektive Selbstkontrolle des Marktes ermöglicht werden soll (BR-Drs. a.a.o. S. 82).

Unter dieser Zielsetzung ist eine möglichst genau Angabe des Namens wichtig für Haftungsfragen, andererseits aber auch eine leichte Auffindbarkeit durch den Nutzer der Abfrage. Gerade bei einer Suche durch einen Shopnutzer wird dem (potentiellen) Käufer, der sich informieren will, der Shopname geläufiger sein, da dieser prominent genannt wird, der Name des Kaufmanns/Inhabers sich i.d.R. aber erst im Impressum einer Seite findet, die ein durchschnittlicher Nutzer nicht gezielt zur Kenntnis nehmen wird. Zwar ist es für eine Klage nötig, dass der Name des Inhabers oder Kaufmannes bekannt ist, jedoch zeigen die vorgelegten Unterlagen über eine Suchabfrage (Anlage K6d), dass bei einem Treffer auch unter einem Shopnamen weitere Daten genannt werden, die eine erleichterte Identifizierung durch Adresse etc. ermöglich. Damit ist auch dem Zweck einer Haftung durch leichte Auffindbarkeit einer ladungsfähigen Adresse Genüge getan, selbst wenn ein Nutzer nur den Shopnamen kennt.

Zuletzt war auch die Bezeichnung „X“ anstelle von „www.X.de“ zulässig. Mittlerweile ist es gängige Praxis, bei Webadressen nicht mehr den Zusatz“ www“ anzugehen, wie es zu Beginn der Internetnutzung üblich war. Denn dieser muss auch in einem Browser nicht mehr eingegeben werden, um zu einer Seite zu navigieren. Auch das Kürzel „.de“ ist nicht so charakteristisch für den Shopnamen, da allein durch die Verwendung des deutschen Wortes Bambus (englisch müsste es bamboo lauten) deutlich wird, dass es sich um eine Homepage aus dem deutschsprachigen Raum handelt.


Den Volltext der Entscheidung finden sie hier:

OLG Frankfurt: Geschäftsbezeichnung mit Bestandteil "Zentrum" nur bei gewisser Größe und Marktbedeutung zulässig

OLG Frankfurt
Urteil vom 03.08.2017
6 U 35/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Geschäftsbezeichnung mit dem Bestandteil "Zentrum" nur bei gewisser Größe und Marktbedeutung zulässig ist. Fehlt diese, so liegt eine wettbewerbswidrige Irreführung vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Nach Einschätzung des Senats, dessen Mitglieder zu den (potentiell) angesprochenen Verkehrskreisen gehören, wird der Begriff "Zentrum" als Bestandteil einer Geschäftsbezeichnung (hier: "Firma1 Hörzentrum") vom Durchschnittsverbraucher grundsätzlich immer noch als Hinweis auf eine gewisse Größe und Marktbedeutung des so bezeichneten Unternehmens verstanden (vgl. hierzu BGH GRUR 2012, 942 [BGH 18.01.2012 - I ZR 104/10] - Neurologisch/Vaskuläres Zentrum, Tz. 17); an dieser vom Senat vorzunehmenden tatsächlichen Einschätzung vermag die von der Antragsgegnervertreter in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2005 - 1 BvR 2751/04 - nichts zu ändern. Der dargestellten Verkehrserwartung wird das Ladengeschäft der Antragsgegnerin aus den vom Landgericht dargestellten Gründen nicht gerecht.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass gerade der Begriff des "Hörzentrums" für Hörgeräteakustik-Händler inzwischen weit verbreitet sei und der Verkehr diesem Begriff daher keine besondere Bedeutung mehr beimesse. Die von der Antragsgegnerin bundesweit aufgefundenen "Hörzentren" könnten die Verkehrserwartung nur dann in der von der Antragsgegnerin behaupteten Weise beeinflusst haben, wenn und soweit die jeweiligen Unternehmen die herkömmlichen Erwartungen an ein "Zentrum" gerade nicht erfüllen. Das hat die Antragsgegnerin nicht dargetan. Unabhängig davon reicht auch die Anzahl dieser Benutzungsbeispiele nicht aus, um eine solche Änderung der Verkehrsauffassung zu belegen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz der Antragsgegnervertreterin vom 7.7.2017 vorgetragenen Beispiele.

Soweit die Antragsgegnervertreterin in der mündlichen Verhandlung sinngemäß weiter vorgetragen hat, schon die Vielzahl von "Hörzentren", denen man bei einer Recherche im Internet begegne, verdeutliche dem Nutzer, dass es sich bei all diesen Unternehmen nicht um Anbieter einer bestimmten Größe oder Bedeutung handeln könne, rechtfertigt auch dies keine abweichende Beurteilung. Denn der Durchschnittsverbraucher, der der beanstandeten Unternehmensbezeichnung der Antragsgegnerin begegnet, wird diese Bezeichnung in dem ihm geläufigen Sinne verstehen, ohne zuvor eine Internetrecherche über die Berechtigung dieses Verständnisses durchzuführen.

Der gegenüber der Antragstellerin erhobene "unclean hands"-Einwand verfängt bei einem Irreführungsvorwurf nach § 5 UWG von vornherein nicht."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Gewerbetreibende haben Anspruch auf kostenlosen Eintrag im Telefonbuch unter ihrer Geschäftsbezeichnung nach § 45m Abs. 1 S. 1 TKG

BGH
Urteile vom 17.04.2014
III ZR 87/13
III ZR 182/13
III ZR 201/13


Die Pressemitteilung des BGH:

"Gewerbetreibende haben Anspruch, kostenlos unter ihrer Geschäftsbezeichnung im Telefonbuch eingetragen zu werden


Der unter anderem für das Telekommunikationsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in drei heute verkündeten Urteilen entschieden, dass Gewerbetreibende verlangen können, kostenlos unter ihrer Geschäftsbezeichnung im Teilnehmerverzeichnis "Das Telefonbuch" und seiner Internetausgabe "www.dastelefonbuch.de" eingetragen zu werden.

In den drei Fällen hatten die Betreiber von Kundendienstbüros einer Versicherung von den Betreibern ihrer Telefonanschlüsse verlangt, sie ohne zusätzliche Kosten unter ihrer Geschäftsbezeichnung "X. (= Name der Versicherung) Kundendienstbüro Y.Z. (=Vorname und Nachname der Kläger)" in den genannten Verzeichnissen eingetragen zu werden. Die Telefondienstanbieter waren demgegenüber der Ansicht, die Kläger hätten lediglich einen Anspruch darauf, einen kostenlosen Eintrag unter ihrem Nach- und Vornamen gefolgt von der Angabe "Versicherungen" zu erhalten (= Z., Y., Versicherungen). Die gewünschte Eintragung beginnend mit dem Namen der Versicherung sei nur gegen einen Aufpreis möglich.

Der III. Zivilsenat hat entschieden, dass die Kläger gemäß § 45m Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes einen Anspruch auf den kostenlosen Eintrag unter ihrer Geschäftsbezeichnung haben. Zum "Namen" im Sinne dieser Vorschrift zählt auch die Geschäftsbezeichnung, unter der ein Teilnehmer ein Gewerbe betreibt, für das der Telefonanschluss besteht. Denn diese Angabe ist erforderlich, um den Gewerbetreibenden, der als solcher - und nicht als Privatperson - den Anschluss unterhält, als Teilnehmer identifizieren zu können. Dies gilt nicht nur für juristische Personen, Kaufleute, die einen handelsrechtlichen Namen (Firma) führen oder in die Handwerksrolle eingetragene Handwerker, sondern auch für sonstige Gewerbetreibende, die eine Geschäftsbezeichnung führen. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, beim Eintragungsanspruch des § 45m Abs. 1 Satz 1 TKG danach zu unterscheiden, ob ein Geschäftsname im Handelsregister oder in der Handwerksrolle eingetragen ist oder ob dies nur deswegen nicht der Fall ist, weil der Unternehmer weder ein Handelsgeschäft noch ein Handwerk betreibt. Entscheidend ist vielmehr, ob ein im Verkehr tatsächlich gebrauchter Geschäftsname besteht, dem für die Identifizierung des Gewerbetreibenden - in dieser Funktion - ein maßgebliches Gewicht zukommt.

Urteil vom 17. April 2014 - III ZR 87/13

OLG Köln - Az. 11 U 136/11 vom 13.02.2013

LG Bonn - Az. 13 O 66/11 vom 11.07.2011

und

Urteil vom 17. April 2014 - III ZR 182/13

OLG Düsseldorf - Az. I-20 U 34/12 vom 18.12.2012

LG Düsseldorf - Az. 2a O 203/11 vom 11.01.2012

Und

Urteil vom 17. April 2014 - III ZR 201/13

OLG Düsseldorf - Az. I-20 U 33/12 vom 29.01.2013

LG Düsseldorf - Az. 2a O 204/11 vom 11.01.2012"