Skip to content

OLG Hamm: Alkoholfreies Bier darf nicht mit "vitalisierend" beworben werden - auch bei gleichzeitigem Wortspiel mit Werbegesicht Vitali Klitschko

OLG Hamm
Urteil vom 20.05.2014
4 U 19/14


Alkoholfreies Bier darf nicht mit dem Zusatz "vitalisierend" beworben werden, da es sich eine gesundheitsbezogene Angabe handelt und somit ein Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung verliegt. Dies gilt - so das OLG Hamm zutreffend - bei einem gleichzeitigem Wortspiel mit Werbegesicht Vitali Klitschko .

Die Pressemitteilung des OLG Hamm

Alkoholfreies Bier durfte nicht mit “vitalisierend“ beworben werden

Eine Privatbrauerei aus dem Kreis Soest durfte ihr alkoholfreies Bier nicht mit der Angabe “vitalisierend“ bewerben, weil sie dem Begriff keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt hatte. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20.05.2014 unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Arnsberg entschieden.

Die beklagte Privatbrauerei bewarb ihr alkoholfreies Bier im Jahr 2013 auf den Rückenetiketten und den Verpackungen der sog. Sixpacks mit den Angaben “vitalisierend“, “erfrischend“ und “isotonisch“ und bildete auf den Flaschenetiketten
die durch den Boxsport bekannten Brüder Vitali und Wladimir Klitschko ab. Der Kläger, ein in München ansässiger Verein, hat die Werbung mit dem Begriff “vitalisierend“ für unzulässig gehalten, weil sie gesundheitsbezogen sei und die Beklagte ihr keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt habe.

Die vom Kläger insoweit erhobene Unterlassungsklage hatte Erfolg. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat der Beklagten die beanstandete Werbung für ihr alkoholfreies Bier mit dem Begriff “vitalisierend“ untersagt, weil dieser Werbeaussage keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt worden war. Die streitgegenständlichen Werbung verstoße gegen
Art. 10 Abs. 3 der Europäischen Health Claim VO (HCVO), VO (EG) Nr. 1924/2006. Mit dem Begriff “vitalisierend“ habe die Beklagte für ein Lebensmittel geworben. “Vitalisierend“ sei eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der HCVO. Der Bezug zur Gesundheit ergebe sich bereits aus dem Wortsinn. “Vitalisieren“ stehe für “beleben“ und “anregen“. Für den
Verbraucher bringe das Adjektiv “vitalisierend“ eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zum Ausdruck. Deswegen suggeriere die Beklagte, dass der Konsum ihres alkoholfreien Bieres eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirke, wenn sie es mit der Angabe “vitalisierend“ bewerbe.

Dass der Ausdruck auch in Verbindung mit dem Werbeträger Vitali Klitschko verstanden werden könne, stehe dem nicht entgegen. “Vitalisierend“ solle ebenfalls eine Produkteigenschaft beschreiben, was sich aus seiner Nennung in einem engen räumlichen Zusammenhang mit den Bezeichnungen “erfrischend“ und “isotonisch“ ergebe. Die Angabe “vitalisierend“ sei zudem unspezifisch
im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO, weil sie sich nicht auf eine bestimmte zu fördernde Körperfunktion beziehe. Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO seien derartige gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder 14 der HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt sei (sog. Kopplungsgebot).

Die Vorschrift sei anzuwenden, auch wenn die genannten Listen noch nicht vollständig vorlägen. Das alkoholfreie Bier der Beklagten enthalte nämlich Stoffe, die in den genannten Listen mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben beschrieben würden. Weil die Beklagte der unspezifischen Angabe “vitalisierend“ keine zugelassene gesundheitsbezogene Angabe beigefügt habe, sei
ihre Werbung insoweit unzulässig gewesen.

Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.05.2014 (4 U 19/14), nicht rechtskräftig (Revision zugelassen)

BGH-Entscheidung zur unzulässigen Werbung mit Praebiotik + Probiotik für Hipp-Babynahrung liegt im Volltext vor

BGH
Urteil vom 19.02.2014
I ZR 178/12
Praebiotik
UWG § 4 Nr. 11; Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 Nr. 1, Art. 2 Abs. 2 Nr. 5, Art. 10 Abs. 1, Art. 14, Art. 28 Abs. 2, Art. 28 Abs. 6 Buchst. b


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Hipp-Babynahrung - Unzulässige Werbung mit "Praebiotik + Probiotik - zur Unterstützung der Darmflora" - Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung" über die Entscheidung berichtet.


Leitsätze des BGH:

1. Eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 liegt vor, wenn nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers, das auch durch Vorerwartungen und Kenntnissen geprägt wird, ein Zusammenhang zwischen dem Bestandteil eines Lebensmittels und dem Gesundheitszustand des Konsumenten suggeriert wird.

2. Bei der Prüfung, ob eine verwendete gesundheitsbezogene Angabe inhaltlich mit einer im Sinne von Art. 28 Abs. 6 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 angemeldeten Angabe übereinstimmt, ist ein strenger Maßstab anzulegen.

3. Zwischen einem markentypisch auf ein Unternehmen hinweisendes Kennzeichen (hier: "Praebiotik®") und der von einem Verband zugunsten einer Vielzahl von in Betracht kommenden Verwendern angemeldeten rein beschreibenden Angabe eines Inhaltsstoffs (hier: "Prebiotic fibre supports development of healthy intestinal flora") besteht ein grundlegender inhaltlicher Unterschied, der bei dem anzulegenden strengen Maßstab der Anwendung der Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 6 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 entgegensteht.

BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 - I ZR 178/12 - OLG Frankfurt/Main - LG Frankfurt/Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Hipp-Babynahrung - Unzulässige Werbung mit "Praebiotik + Probiotik - zur Unterstützung der Darmflora" - Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung

BGH
Urteil vom 19.02.2014
I ZR 178/12


Der BGH hat zutreffend erschienen, dass die Bewerbung von Babynahrung mit "Praebiotik + Probiotik - zur Unterstützung der Darmflora" eine unzulässige Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben ist und einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung darstellt. Der Babynahrungshersteller Hipp hatte seine Produkte entsprechend beworben. Geklagt hatte der Mitbewerber Milupa.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zu gesundheitsbezogenen Angaben auf Babynahrung


Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute den Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (sog. Health-Claim-Verordnung) weiter präzisiert.

Die Parteien vertreiben Babynahrung. Die Beklagte bot unter der Bezeichnung "Praebiotik® + Probiotik®" Produkte an, die als präbiotische Komponente Galactooligosaccharide und als probiotische Komponente das Bakterium Lactobacillus fermentum hereditum enthalten. Sie verwendete auf der Verpackung die weiteren Aussagen "mit natürlichen Milchsäurekulturen" und "Praebiotik® zur Unterstützung der Darmflora". Die Klägerin sieht hierin gesundheitsbezogene Angaben, die mit der Health-Claim-Verordnung unvereinbar seien. Sie hat die Beklagte daher unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "Praebiotik® + Probiotik®" (Antrag zu 1) verurteilt. Den auf das Verbot der Angabe ""Praebiotik® + Probiotik® Mit natürlichen Milchsäurekulturen - Praebiotik® zur Unterstützung einer gesunden Darmflora" gerichteten Antrag zu 2 hat es abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Beklagte nach dem Antrag zu 2 zur Unterlassung verurteilt. Im Hinblick auf den Antrag zu 1 hat der Bundesgerichtshof die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Bundesgerichtshof hat - anders als das Berufungsgericht - in der Bezeichnung "Praebiotik® + Probiotik®" eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Health-Claim-Verordnung gesehen. Die Bezeichnung wird vom Durchschnittsverbraucher nicht lediglich als eine Beschaffenheits- oder Inhaltsangabe angesehen, sondern spielt im Sinne eines sprechenden Kennzeichens auf die Eigenschaften "probiotisch" und "präbiotisch" an, also die Fähigkeit, die natürliche Darmfunktion und die Abwehrkräfte zu stimulieren. Dieser suggerierte Zusammenhang zwischen dem Bestandteil eines Lebensmittels und dem Gesundheitszustand des Konsumenten reicht für die Bejahung einer gesundheitsbezogenen Angabe aus. Im neu eröffneten Berufungsverfahren ist nun die bislang vom Berufungsgericht offengelassene Frage zu klären, ob die Beklagte die Bezeichnung "Praebiotik® + Probiotik®" bereits vor dem 1. Januar 2005 zur Kennzeichnung von Lebensmitteln benutzt hatte und sich deshalb auf die Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 2 der Health-Claim-Verordnung berufen kann.

Die mit dem Antrag zu 2 angegriffene Angabe ""Praebiotik® + Probiotik® Mit natürlichen Milchsäurekulturen - Praebiotik® zur Unterstützung einer gesunden Darmflora" hat der Bundesgerichtshof verboten. Diese gesundheitsbezogene Angabe ist nicht aufgrund der Übergangsbestimmung des Art. 28 Abs. 6 Buchst. b der Health-Claim-Verordnung zulässig, weil sie nicht Gegenstand einer vorherigen Anmeldung im Sinne dieser Vorschrift war. Angemeldet war die rein beschreibende Angabe eines Inhaltsstoffs ("Prebiotic fibre supports development of healthy intestinal flora"), während die Bezeichnung "Praebiotik®" vom Verkehr als ein markentypisch auf ein Unternehmen hinweisendes Kennzeichen verstanden wird. Darin liegt ein grundlegender inhaltlicher Unterschied, der bei dem anzulegenden strengen Maßstab der Anwendung der Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 6 Buchst. b der Verordnung entgegensteht.

Urteil vom 19. Februar 2014 - I ZR 178/12 - Praebiotik

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 23. März 2011 - 2/06 O 568/10

juris

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 9. August 2012 - 6 U 67/11

GRUR-RR 2012, 484

Karlsruhe, den 26. Februar 2014

Art. 2 Health-Claim-Verordnung lautet:



(2)Ferner bezeichnet der Ausdruck

1."Angabe" jede Aussage oder Darstellung, die nach dem Gemeinschaftsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder, grafische Elemente oder Symbole in jeder Form, und mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt;



5."gesundheitsbezogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;"


OLG Koblenz: Unzulässige Werbung für Rotbäckchen Saft - "lernstark" und "mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit"

OLG Koblenz
Urteil vom 11.12.2013
9 U 405/13


Das OLG Koblenz hat wenig überraschend entschieden, dass ein Verstoß gegen die Vorgaben der Health-Claims-Verordnung vorliegt, wenn Rotbäckchen Saft mit den Atributen "lernstark" sowie "mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" beworben wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Es handelt sich vorliegend um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 2 Nr. 5 HCVO. Danach ist eine "gesundheitsbezogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit anderseits besteht.

Durch die beanstandeten Angaben "Lernstark" und /oder *Mit Eisen ... zur Unterstüztung der Konzentrationsfähigkeit" wird jedenfalls indirekt ein Zusammenhang zwischen dem Produkt "Rotbäck-chen" und dem Erhalt oder der Förderung der Gesundheit hergestellt. Eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Definition liegt auch dann vor, wenn das Wort "gesund" in der Angabe nicht enthalten ist, jedoch bei einem aufmerksamen und verstandigen Verbraucher Assoziationen mit der Gesundheit ausgelost werden (Zipfel/Rathke Art. 2 Anm. 45). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Werbung der Beklagten "Lernstark" und "Mit Eisen und Vitamin B-Komplex zur Unterstüztung der Konzentrationsfähigkeit" beinhaltet Angaben über die Gesundheit von Kindern im Sinne des Art. 14 Abs. 1 HCVO und darf deshalb mangels Zulassung nach Art. 10 Abs. 1 HCVO nicht verwendet werden."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: "So wichtig wie das tägliche Glas Milch" - eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe über Lebensmittel - Monsterbacke -

BGH
Beschluss vom 05.12.2012
I ZR 36/11
Monsterbacke


Der BGH hat entschieden, dass der Werbeslogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch" für einen Früchtequark (hier: Monsterback) eine unzulässige Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben für Lebensmittel darstellt. Fraglich ist jedoch, ob die Vorschriften im Jahr 2010 bereits anwendbar waren. Dies muss nun der EuGH entscheiden.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Der Bundesgerichtshof ist dabei davon ausgegangen, dass der Werbeslogan nicht irreführend ist und auch keine nährwertbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, wohl aber eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 dieser Verordnung darstellt. Dies entnimmt der BGH der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "Deutsches Weintor" (Urteil vom 6. September 2012 C 544/10, GRUR 2012, 1161 Rn. 34-36). Danach ist der Begriff "gesundheitsbezogene Angabe" weit zu verstehen.

Der Erfolg des Rechtsmittels hängt demnach davon ab, ob die Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 in dem für die Beurteilung des Falles relevanten Zeitraum im Jahr 2010 bereits anwendbar war."



Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:



"BGH: "So wichtig wie das tägliche Glas Milch" - eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe über Lebensmittel - Monsterbacke -" vollständig lesen