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OLG Frankfurt: Für mutmaßliche Einwilligung für Werbeanruf bei Gewerbetreibenden genügt mögliches Interesse an beworbenen Waren nicht - Bürostühle

OLG Frankfurt
Beschluss vom 27.01.2016
6 U 196/15


Das OLG Frankfurt hat wenig überraschend entschieden, dass für die mutmaßliche Einwilligung für Werbeanrufe bei Gewerbetreibenden ein mögliches Interesse an den beworbenen Waren nicht ausreicht. Vielmehr muss hinzutreten, dass es keine andere Möglichkeiten der wirksamen Kontaktaufnahme gibt. Dies ist durch Werbung per Brief aber regelmäßig möglich.

Der Volltext der Entscheidung:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt vom 9. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieser Beschluss sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,-- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 6.000,-- €.

Gründe
I.

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und gerichtsbekannt umfassend klagebefugt (§ 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG). Sie verlangt von der Beklagten, die u.a. Arbeitsstühle vertreibt, die Unterlassung unerbetener Telefonanrufe bei sonstigen Marktteilnehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung, wie geschehen in dem Fall der Kanzlei ... Rechtsanwälte, ..., mit Telefonat vom 4. September 2014.

Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben und die Beklagte ferner zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 246,10 € verurteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts sowie auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, dass sie von einer mutmaßlichen Einwilligung des angerufenen Rechtsanwalts ausgehen durfte, weil ein sachliches Interesse an der Kontaktaufnahme bestanden habe. Die Angerufenen würden von ihren Mitarbeitern sehr ausführlich über die Notwendigkeit ergonomischen und gesunden Sitzens am Arbeitsplatz aufgeklärt, was vor allem bei Rechtsanwälten, Steuerberatern und anderen Berufen, in denen die Berufsträger und deren Mitarbeiter viel Zeit sitzend am Arbeitslatz verbrächten, notwendig sei.

II.

Das Rechtsmittel der Beklagten hat keinen Erfolg.

Der Senat hat die Beklagte bereits durch Beschluss vom 9. Dezember 2015 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung im Beschlussweg zurückzuweisen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung dieses Hinweisbeschlusses verwiesen (Bl. 138-139 d. A.).

Die Stellungnahme der Beklagten rechtfertigt keine davon abweichende Beurteilung. Die Ausführungen der Beklagten zur Verbreitung von Rückenleiden in der Bevölkerung sind unter gesundheitlichen Aspekten interessant und bestätigen die Einschätzung der Senatsmitglieder, dass es sich bei Rückenschmerzen um ein Volksleiden handelt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Beklagte mit ihren Anrufen Werbezwecke verfolgt.

Für die demnach erforderliche mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen spielt neben dem vermeintlichen Bedarf an den angebotenen Waren auch eine entscheidende Rolle, ob es andere Möglichkeiten der wirksamen Kontaktaufnahme gibt, um die angebotenen Waren präsentieren und einem Bedarf belegen zu können (vgl. Köhler-Bornkamm, UWG, 33. Auflage Rdn. 172 zu § 7 UWG).

Letzteres hat der Senat bereits im Hinweisbeschluss dargelegt, ohne dass die Beklagte hierauf mit einer Silbe eingegangen wäre und dargelegt hätte, warum es ihr im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen wäre, ihre Werbung in anderer Weise, beispielsweise durch postalische Übermittlung ihres Anliegens und ihres Angebotes wirkungsvoll zu präsentieren. Ihre Ausführungen bleiben daher unerheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kosten zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren folgt der erstinstanzlichen Festsetzung.



OLG Hamm: Online-Shop, der sich nur an Gewerbetreibende richtet, muss sicherstellen und überprüfen, dass keine Verbraucher bestellen können

OLG Hamm
Urteil vom 20.09.2011
I-4 U 73/11


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Online-Shop, der sich nur an Gewerbetreibende richtet, sicherstellen und überprüfen muss , dass keine Verbraucher bestellen können. Andernfalls müssen die gegenüber Verbrauchern erforderlichen Pflichtinformationen (z.B. Widerrufsbelehrung) vorgehalten werden.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Das streitgegenständliche Angebot der Antragstellerin stellt sich als verbotswidrig dar, da die gesetzlich geforderte Widerrufsbelehrung fehlte und auch die getroffenen Gewährleistungseinschränkungen unzulässig waren, weil davon auszugehen ist, dass sich das Angebot sich tatsächlich auch an Verbraucher richtete, die Waren der Antragstellerin auch an Verbraucher vertrieben werden und so die gesetzlichen Verbraucherschutzrechte von ihr umgangen werden. Eine Sicherstellung dahin, dass nicht in erheblichem Umfang auch an Verbraucher verkauft wird, findet nicht statt. Dabei ist nicht zu entscheiden, ob ein Verkauf ausschließlich an Unternehmer im Rahmen der im Zivilrecht grundsätzlich geltenden Privatautonomie (vgl. hierzu BGH NJW 2005, 1045; Senat GRUR-RR 2008, 361) bei X überhaupt möglich ist oder nicht, noch, welche konkrete Gestaltung hierfür erforderlich sein könnte, um solches zu erreichen. Allein die konkrete Verkaufstätigkeit der Antragsgegnerin bietet jedenfalls keine ausreichende Grundlage für eine bloße Verkaufstätigkeit nur an Unternehmer."
[...]
Die Antragsgegnerin würde ausnahmsweise dann nicht den üblichen Verbraucherschutzvorschriften unterliegen, wenn sie durch geeignete Maßnahmen sicherstellen würde, dass ausschließlich gewerbliche Abnehmer solche privat und betrieblich verwendbare Waren erwerben können. Das für jedermann zugängliche Internetangebot spricht von vornherein ebenfalls den allgemeinen Verkehr an. Selbst bei einer eindeutigen Ausrichtung des Angebots ausschließlich an Gewerbetreibende trifft den Anbietenden die Pflicht, durch geeignete Kontrollmaßnahmen im Ergebnis sicherzustellen, dass ausschließlich gewerbliche Abnehmer betrieblich verwendbare Waren erwerben können (vgl. BGH GRUR 2011, 82 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; GRUR 1990, 617 – Metro III). "


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Werbeanrufe gegenüber Gewerbetreibenden im Regelfall unzulässig

BGH, Urteil vom 20.09.2007 - I ZR 88/05
Unaufgeforderter Telefonanruf zu Werbezwecken


Der BGH hat mit seiner Entscheidung bekräftigt, dass unaufgeforderte Werbeanrufe auch gegenüber Gewerbetreibenden regelmäßig unzulässig sind. Nur wenn aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse zu vermuten ist, kann ein solcher unverlangter Werbeanruf zulässig sein. Völlig zu Recht nimmt der BGH dies nur in ganz engen Ausnahmefällen an (BGH, Urteil vom 05.02.2004 - I ZR 87/02 - Gelbe Seiten). In dem hier entschiedenen Fall hat der BGH ein sachliches Interesse völlig zu Recht verneint. Vorliegend ging es um Werbung für einen kostenpflichtigen Eintrag in eine wenig bekannte Suchmaschine.

Die Pressemitteilung des BGH finden Sie hier: "BGH: Werbeanrufe gegenüber Gewerbetreibenden im Regelfall unzulässig" vollständig lesen