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OLG Karlsruhe: Kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten wenn entgegen § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG in der Abmahnung die Berechnung der Abmahnkosten fehlt

OLG Karlsruhe
Urteil vom 10.01.2024
6 U 28/23


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten besteht, wenn entgegen § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG in der Abmahnung die Berechnung der Abmahnkosten fehlt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Auf die Berufung ist hingegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung zu beseitigen und die Klage insoweit abzuweisen. Denn der vom Landgericht zugesprochene Anspruch auf Erstattung von Kosten ist unbegründet.

Es fehlt an den Voraussetzungen, von denen ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 UWG mit Blick auf Anforderungen an die ihm zugrunde gelegte Abmahnung abhängt. Insoweit können die Anspruchsvoraussetzungen im Streitfall auch nicht durch Zubilligung eines Anspruchs nach der vom Kläger ergänzend angeführten Vorschrift in § 9 UWG oder nach §§ 670, 677, 683 Satz 1 BGB unterlaufen werden (vgl. BT-Drucks. 19/12084, S. 32; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 13 Rn. 47), zumal ein ersatzfähiger Schaden oder eine ersatzfähige Aufwendung nur den Kosten solcher Maßnahmen liegen könnten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren (siehe BGH, GRUR 2011, 754 Rn. 15 ff - Kosten des Patentanwalts II), was auf eine die gesetzlichen Anforderungen verfehlende Abmahnung nicht zutrifft.

a) Nach § 13 Abs. 3 UWG kann der Abmahnende vom Abgemahnten Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nicht schon dann verlangen, wenn und soweit die Abmahnung berechtigt ist; Voraussetzung des Ersatzanspruchs ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zudem, dass die Abmahnung den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entspricht (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 13 Rn. 99; MünchKommUWG/Schlingloff, 3. Aufl., UWG § 13 Rn. 241; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 13 Rn. 47).


b) Entgegen der Ansicht der Beklagten verfehlt die Abmahnung allerdings nicht die Anforderungen an die Angaben zu Name oder Firma des Abmahnenden nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Ob dazu auch im Allgemeinen die Angabe der Anschrift des Abmahnenden gehört, kann dahinstehen. Sie war jedenfalls im Streitfall zur Angabe des Namens oder der Firma des Abmahnenden nicht erforderlich, der aus Sicht der früher bei diesem beschäftigten Beklagten zweifelsfrei identifiziert war. Abgesehen davon, dass der Beklagten aus dem früheren beruflichen Verhältnis zum Kläger zudem dessen Anschrift des Klägers bekannt gewesen sein musste, war dieser auf die Abmahnung hin über dessen in der Abmahnung mit Anschrift genannten Bevollmächtigten erreichbar.

c) Die Abmahnung war auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht unzureichend, soweit nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG anzugeben sind. Diese ergaben sich ohnehin für jedermann klar und verständlich aus der Information im Abmahnschreiben, der Abmahnende sei Inhaber des Friseurbetriebs […] in […], wo er die typischen Dienstleistungen des Friseurhandwerks anbiete. Erst recht waren weitere Angaben nicht gegenüber der Beklagten erforderlich, der die geschäftliche handwerkliche Tätigkeit des Klägers aus ihrer früheren Beschäftigung zudem näher bekannt war.

d) Die Abmahnung ist auch nicht mit Blick auf die Anforderungen an die Bezeichnung der Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG) und die im Abmahnschreiben des Klägers erhobene Unterlassungsforderung ungeeignet, einen Anspruch auf Kostenerstattung zu begründen.

Erforderlich ist (nur), den Sachverhalt, der den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens begründen soll, genau anzugeben und den darin erblickten Verstoß so klar und eindeutig zu bezeichnen, dass der Abgemahnte die gebotenen Folgerungen ziehen kann (vgl. BGH, GRUR 2021, 752 Rn. 26 mwN - Berechtigte Gegenabmahnung). Der Abmahnende muss daher (nur) die begangene Verletzungshandlung in tatsächlicher Hinsicht so detailliert schildern, dass dem Abgemahnten deutlich wird, was der Abmahnende konkret beanstandet und was der Abgemahnte abstellen oder künftig unterlassen soll (BGH, GRUR 2021, 752 Rn. 26 mwN - Berechtigte Gegenabmahnung). Dem genügen die Darlegungen des Abmahnschreibens dazu, welches Verhalten beanstandet wurde. Dazu wies die Abmahnung im Übrigen im Kern rechtlich zutreffend auf die „marktverhaltensregelnden Normen“ zur Ausübung des Friseurhandwerks im stehenden Gewerbe und die Kriterien zur Abgrenzung vom Reisegewerbe hin, beanstandete (als die abgemahnte Handlung), dass die Beklagte im Internet herausstelle, dass sich Interessierte unter Zuhilfenahme der vorgegebenen Angaben an sie wenden sollten, um sie mit der Leistungserbringung zu beauftragen, und verlangte, dass die Beklagte sich stattdessen vielmehr werbemäßig an die Vorgaben des Reisegewerbes halten müsse. Dass die Abmahnung das beanstandete Verhalten rechtlich unzutreffend als Irreführung im Sinn von § 5 UWG durch Umgehung der Berufsausübungsregeln des Reisegewerbes einordnete, kennzeichnete die geltend gemachte Verletzungshandlung nicht und steht der Erfüllung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abmahnung nicht entgegen.

Die Abmahnung war dabei auch nicht etwa deshalb (teilweise) unberechtigt, weil die darin für die Beklagte vorformulierte Unterlassungserklärung zu weit gefasst war. Eine Abmahnung ist zwar nur berechtigt, wenn sie dem Schuldner den Weg weist, wie er sich zu verhalten hat, damit ein Prozess vermieden wird. Dementsprechend muss die Abmahnung die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung enthalten. Es ist aber unschädlich, wenn der Gläubiger mit der von ihm vorgeschlagenen Unterwerfungserklärung mehr fordert, als ihm zusteht; denn es ist Sache des Schuldners, aufgrund der Abmahnung die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche Erklärung abzugeben (BGH, GRUR 2019, 82 Rn. 35 mwN - Jogginghosen). Da die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung eher sprachlich missglückt scheint, als dass sie offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausginge, ist auch kein Ausschluss von Ansprüchen wegen Rechtsmittbrauchs nach § 8c Abs. 1, 2 Nr. 5, Abs. 5 UWG zu erkennen.

d) Zu den Inhalten der Abmahnung, die für einen Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG erforderlich sind, gehört aber nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG auch, dass in der Abmahnung klar und verständlich angegeben wird, ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

aa) Die Abmahnung gibt zwar – entgegen der Rüge der Berufung – eine Höhe des geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs und deren Einforderung an.

bb) Sie genügt aber nicht der Anforderung, diese Angabe klar und verständlich zu machen und dabei anzugeben, wie sich der Aufwendungsersatzanspruch berechnet. Die Abmahnung gibt nur an, die zu erstattenden Kosten machten aufgrund eines Streitwerts von 10.000 € einen Betrag von 1.192,86 € aus. Sie gibt weder an, welche Art von Gebühr(en) und welcher Gebührensatz der Berechnung zugrunde liegen, noch ob in dem geforderten Betrag Umsatzsteuer enthalten ist.

Dabei kann dahinstehen, ob eine Angabe des geforderten Betrags in Verbindung mit einer Angabe des Gegenstandswerts genügt, wenn der Abgemahnte aus diesen Angaben durch eigene Rück- oder Proberechnung erschließen kann, dass eine der Kostenforderung eine – regelmäßig angesetzte – 1,3-fachen Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG bei nebst Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 % der Gebühren, höchstens 20 € zugrundeliegt, wobei sich aus dem angegeben Kostenbetrag ferner erschließen lässt, ob diese mit oder ohne Umsatzsteuer erstattet verlangt wird (siehe aber etwa MünchKommUWG/Schlingloff, 3. Aufl., UWG § 13 Rn. 255). Dies ist im Streitfall nämlich ebenso wenig möglich wie sonstige Berechnungen zur Feststellung, welche Parameter zu dem in der Abmahnung genannten Kostenbetrag führen konnten. Bei dem angegebenen Streitwert von 10.000 € würden sich Gebühren in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr und einer Pauschale von 20 € selbst zuzüglich Umsatzsteuer lediglich auf 973,66 € belaufen. Es ist der Abmahnung nicht zu entnehmen, welche anderen (höheren) Ansätze eines Streitwerts und/oder Gebührensatzes mit oder ohne Umsatzsteuer zu dem von der Abmahnung genannten Betrag geführt haben könnten.

cc) Ob der Kläger seine – nun abweichend bezifferte – Klageforderung mit der darauf gerichteten Klageerweiterung vom 17. August 2022 (AS I 18) hinreichend erläutert hat, kann dahinstehen. § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG verlangt ausreichenden Angaben gerade in der Abmahnung. Eine nachvollziehbare Kostenberechnung in einer späteren Klagebegründung genügt zumindest nach den Umständen des Streitfalls nicht, um einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung (nachträglich) zu begründen.

Es kann offenbleiben, ob eine Heilung formaler Verstöße gegen § 13 Abs. 2 UWG ausnahmsweise möglich ist und dann auch zur Wahrung des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 13 Abs. 3 UWG führt, solange dem Abgemahnten noch keine Aufwendungen für die Rechtsberatung oder -verteidigung entstanden sind (so Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 13 Rn. 59 unter Hinweis auf BT-Drucks. 19/12084 S. 33; siehe auch Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 13 Rn. 93a). Eine Heilung dadurch, dass die in § 13 Abs. 2 UWG aufgezählten Informationen vom Abmahnenden nachgereicht werden, wurde in der Begründung des Gesetzesentwurfs ohnehin nur im Hinblick auf die Grundlage für einen Gegenanspruch des Abgemahnten in Betracht gezogen und dort jedenfalls nicht für möglich gehalten, wenn die Informationen erst in einem Gerichtsverfahren nachgereicht werden (BT-Drucks. 19/12084 S. 33).

Im Übrigen hat der Kläger auch mit der Klageerweiterung keine Informationen dazu gegeben, die den im Abmahnschreiben geforderten Betrag nachvollziehen ließen, und zudem nicht angegeben, ob er die (außergerichtliche) Forderung in der im Abmahnschreiben angegebenen Höhe aufrechterhält. Letzteres scheint insbesondere deshalb unklar, weil der Kläger sich bei der Klageerweiterung ausdrücklich insbesondere die Geltendmachung weitergehender Schadensersatzansprüche vorbehalten hat. Daher lässt sich eine Heilung auch nicht damit rechtfertigen, dass die Beklagte außergerichtlich und bis zur (erst nach der Klageerweiterung) erfolgten Verteidigungsanzeige möglicherweise noch keinen Rechtsanwalt beauftragt haben mag und eine Kostenfolge womöglich durch sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO hätte vermeiden können. Im Übrigen wären ihr auch für ein Anerkenntnis im vorliegenden Anwaltsprozess vor dem Landgericht Rechtsverteidigungskosten entstanden und hätten darauf beruht, dass der Kläger seine Forderung erst im Prozess nachvollziehbar dargelegt hat. Die Beklagte hätte allenfalls einen Erstattungsanspruch gegen den Kläger gehabt und somit dessen Insolvenzrisiko getragen. Schon deshalb ist die Annahme einer allenfalls in engen Grenzen möglichen Heilung des Verstoßes der Abmahnung gegen § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG nicht gerechtfertigt. Denn der Grund dafür, dass nach § 13 Abs. 3 UWG schon bloße formale Verstöße gegen § 13 Abs. 2 UWG zum Nachteil des Abgemahnten führen sollen, liegt darin, den Abmahnenden dazu anzuhalten, die Abmahnung formal sorgfältig zu gestalten, um nicht durch fehlende Angaben (vermeidbare) Kosten bei dem Abgemahnten zu verursachen (vgl. BT-Drucks. 19/12084, S. 33). Eine unzureichende Angabe des Kostenerstattungsanspruchs ist geeignet, den Abgemahnten von der außergerichtlichen Erfüllung abzuhalten und dazu zu veranlassen, das damit einhergehende Risiko einer mit Kostenaufwand verbundenen gerichtlichen Inanspruchnahme einzugehen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten für Abmahnung durch Anwalt wenn Anspruchssteller bereits zuvor selbst abgemahnt hat - Zweitabmahnung

OLG Frankfurt
Beschluss vom 17.08.2017
6 U 80/17
Zweitabmahnung

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten für Abmahnung durch einen Anwalt besteht, wenn der Anspruchsteller bereits zuvor selbst abgemahnt hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen Verletzung seiner Kollektivmarke u.a. auf Erstattung von Anwaltskosten für eine Abmahnung in Anspruch. Nachdem eine erste, vom Kläger selbst ausgesprochene Abmahnung vom 8.6.2016 ohne Reaktion geblieben war, ließ der Kläger den Beklagten unter dem 6.7.2016 erneut durch einen von ihm beauftragten Anwalt abmahnen. Das Landgericht hat die Klage, soweit sie auf die Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten gerichtet ist, durch - insoweit unechtes - Versäumnisurteil abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger diesen Anspruch weiter.

II.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Wie das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen hat, steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten für die anwaltliche Abmahnung vom 6.7.2016 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. GRUR 2010, 354 - Kräutertee) sind die Anwaltskosten für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung weder nach § 12 I 2 UWG noch nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 687, 670, 677 BGB) erstattungsfähig, wenn der Unterlassungsgläubiger den Verletzer zuvor bereits mit einer eigenen Abmahnung einen Weg gewiesen hat, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Dies gilt nicht nur, wenn es sich bei dem Unterlassungsgläubiger um eine Wettbewerbsverband i.S.v. § 8 III Nr. 2 UWG handelt, der für die erste Abmahnung regelmäßig keiner anwaltlichen Hilfe bedarf, sondern auch für die Abmahnung durch einen Mitbewerber i.S.v. § 8 III Nr. 1 UWG, der einer solchen Beschränkung nicht unterliegt (vgl. hierzu die einen solchen Fall betreffende Entscheidung BGH GRUR 2013, 307 - Unbedenkliche Mehrfachverfolgung, Tz. 31).

Eine vorgerichtliche Abmahnung hat den Zweck, dem Verletzer die Möglichkeit einer Klaglosstellung durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu geben und ihm damit nach Klageerhebung die Möglichkeit eines sofortigen Anerkenntnisses mit der Kostenfolge aus § 93 ZPO abzuschneiden. Diesen Zweck kann eine zweite Abmahnung grundsätzlich nicht mehr erfüllen, wenn der Verletzer einer bereits ausgesprochenen, inhaltlich ausreichenden Abmahnung nicht nachgekommen ist und dem Gläubiger damit der Klageweg ohne das sich aus § 93 ZPO ergebende Kostenrisiko eröffnet ist.

2. Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für eine Abmahnung bzw. Verwarnung wegen der Verletzung einer Marke. In diesem Fall kann die Erstattung der Anwaltskosten für die zweite Abmahnung regelmäßig auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§ 14 VI MarkenG) verlangt werden; denn soweit eine Abmahnung aus den dargestellten Gründen ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann, können die durch sie entstandenen Kosten nicht als durch die Markenverletzung verursachter adäquater Schaden angesehen werden.

Danach kann der Kläger keine Erstattung der Kosten für die anwaltliche Abmahnung vom 6.7.2016 verlangen, weil - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - bereits die eigene Abmahnung des Klägers vom 8.6.2016 den inhaltlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abmahnung gerecht wurde.

In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob eine andere Beurteilung dann in Betracht kommt, wenn das anwaltliche Abmahnschreiben im Wesentlichen nicht nur den Inhalt der Eigenabmahnung wiederholt (vgl. hierzu Oberlandesgericht Frankfurt a. M. - 11. Zivilsenat - MMR 2012, 249 [OLG Karlsruhe 23.01.2012 - 6 U 136/11], Tz. 36), sondern vertiefte tatsächliche oder rechtliche Ausführungen enthält, die die berechtigte Erwartung zulassen, der Verletzer werde unter dem Eindruck dieser Ausführungen seine bisherige Position überdenken und zur Abgabe der verlangten Erklärungen bereit sein. Denn im vorliegenden Fall enthält die anwaltliche Zweitabmahnung - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat - solche weiteren Ausführungen nicht. Zusätzlich zum Inhalt der Eigenabmahnung der Klägerin vom 8.6.2016 ist in der Abmahnung vom 6.7.2016 lediglich die verletzte Marke näher bezeichnet und auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu deren Kennzeichnungskraft verwiesen worden ist. Darüber hinaus wurde über den Unterlassungsanspruch hinaus ein - im Abmahnschreiben allerdings nicht näher erläuterter - Auskunft- und Schadensersatzanspruch geltend gemacht. Es bestand kein Grund zu der Annahme, dass der Beklagte einer solchen anwaltlichen Abmahnung eher nachkommen werde als der vorangegangenen Eigenabmahnung der Klägerin.

Der Senat verkennt nicht, dass die vom Kläger in der Berufungsbegründung dargelegte "abgestufte" Verfahrensweise, den Verletzer zunächst selbst kostenfrei abzumahnen und erst bei Erfolglosigkeit dieser ersten Abmahnung einen Anwalt für eine weitere Abmahnung einzuschalten, für den Verletzer vorteilhafter sein kann, als wenn der Kläger - was ihm nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Beschluss vom 22.6.2017 - 6 U 51/17; zur Veröffentlichung in juris bestimmt) unbenommen ist - bereits für die erste Abmahnung einen Anwalt beauftragt oder nach einer Eigenabmahnung unmittelbar Klage erhebt. Das ändert jedoch nichts daran, dass aus den dargestellten Gründen nach einer erfolglosen ersten Abmahnung eine zweite Abmahnung des hier in Rede stehenden Inhalts ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann und daher auch die Voraussetzungen für die Erstattung der damit verbunden Kosten nicht erfüllt sind.

III.

Die für die Beurteilung maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt, so dass auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 II 1 ZPO erfüllt sind.

OLG Frankfurt: Kein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung, wenn Anspruchsteller zunächst selbst abgemahnt hat

OLG Frankfurt
Urteil vom 10.01.2012
11 U 36/11


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung besteht, wenn der Anspruchsteller zunächst selbst eine Abmahnung ausgesprochen hat und das anwaltliche Abmahnschreiben keine wesentlichen neuen Aspekte enthält.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Allerdings sind Rechtsanwaltskosten nach allgemeinen Schadensersatzregeln nur dann ersatzfähig, wenn die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich und zweckmäßig war (Palandt/Grüneberg, 70. Aufl., § 249 BGB Rdnr. 57 m.w.Nw.). Dies war im Hinblick auf das Abmahnschreiben vom 23.7.2010 nicht der Fall. Denn dieses Schreiben erschöpft sich im Wesentlichen in einer Wiederholung dessen, was die Klägerin selbst mit ihrem Schreiben vom 4.6.2010 bereits gefordert hatte: die Abgabe einer Unterlassungserklärung (wenn auch jetzt zusätzlich strafbewehrt) und die Aufforderung zur Mitteilung der Seitenaufrufe, um eine Lizenzgebühr berechnen zu können. Das Schreiben war nicht weiter zielführend in dem Bemühen, der Klägerin außergerichtlich zu ihrem Recht zu verhelfen und/oder eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Auch unter dem Gesichtspunkt der „Waffengleichheit“ ist kein berechtigtes Interesse der Klägerin erkennbar, auf das Anwaltsschreiben der Beklagten hin einen Rechtsanwalt einzuschalten, der - anders als in dem vom OLG Dresden mit Urteil vom 14.7.2010, 12 U 357/10 (juris) entschiedenen Fall - nicht etwa die mit der Vorkorrespondenz begonnenen Verhandlungen über eine angemessene Lizenzgebühr fortsetzt, sondern lediglich die Forderungen des Schreibens vom 4.6.2010 wiederholt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Erstattungsfähigkeit zusätzlicher Patentanwaltskosten bei einer Abmahnung wegen einer Markenrechtsverletzung

BGH
Urteil vom 24.02.2011
I ZR 181/09
Kosten des Patentanwalts II
BGB §§ 677, 683 Satz 1, § 670; MarkenG § 14 Abs. 6 Satz 1

Leitsatz des BGH:

Hat neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abmahnung wegen einer Markenverletzung mitgewirkt, kann die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nach §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB oder § 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die - wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage - zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Düsseldorf: Kein Anspruch auf Abmahnkosten, wenn der Unterlassungsanspruch nach erfolgloser Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungseklärung nicht gerichtlich geltend gemacht wird

LG Düsseldorf
Urteil vom 19.01.2011
23 S 359/09
Abmahnkosten


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten besteht, wenn der Abmahnende seinen Unterlassungsanspruch trotzt fehlender strafbewehrter Unterlassungserklärung nicht gerichtlich durchsetzt und nur auf Erstattung von Abmahnkosten klagt.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Der Kläger hat die Beklagte wiederholt erfolglos abgemahnt, diese hat die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben. Dennoch hat der Kläger bis heute keine Unterlassungsklage erhoben, und dies, obwohl er selbst betont, dass die Beklagte mit der jeweiligen Löschung der Dateien seiner Forderung nicht nachgekommen sei und er damit sein Ziel in der Sache erklärtermaßen nicht erreicht hat. Einen plausiblen Grund hat er dafür nicht genannt. Gleichzeitig ist aufgrund des Verhaltens der Beklagten offensichtlich, dass sie nicht bereit ist, die verlangten strafbewehrten Unterlassungserklärungen abzugeben, weil sie sich nicht als Störerin betrachtet. Diese Haltung der Beklagten trägt der Kläger in der Klageschrift selbst vor. Bei dieser Sachlage kann nach Auffassung der Kammer aber nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Abmahnungen dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen haben. Ein Ersatz der Abmahnkosten nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet demnach aus."

Eine Ausnahme besteht in Einklang mit der herrschenden Meinung auch nach Ansicht des LG Düsseldorf, wenn es einen nachvollziehbaren Grund gibt, weshalb der Abmahnende nachträglich von einer gerichtlichen Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs Abstand nimmt.

"Soweit in der Literatur die Ansicht vertreten wird, die Abmahnkosten seien gemäß §§ 677, 683, 670 BGB zu ersetzen, wenn der Abmahnende einen nachvollziehbaren Grund dafür angebe, warum er seinen Unterlassungsanspruch nicht weiter verfolge, teilt die Kammer – wie oben bereits ausgeführt – grundsätzlich diese Auffassung. Nach dem Sinn und Zweck der Geschäftsführung ohne Auftrag kann dies jedoch nur gelten, wenn er nachträglich von einer gerichtlichen Geltendmachung seines Unterlassungsanspruchs Abstand nimmt, nicht aber, wenn von vornherein feststeht, dass er keine Unterlassungsklage erheben wird. Schließlich kommt es für die Ermittlung des Interesses sowie des – wirklichen oder mutmaßlichen – Willens auf Seiten des Geschäftsherrn auf den Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung an (vgl. Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 70. Aufl., § 683 Rn. 4 und 5 m. w. N.), d. h. hier auf die Versendung der Abmahnungen nebst Unterlassungserklärung."

BGH: Verband hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer zweiten Abmahnung durch einen Rechtsanwalt

BGH
Urteil vom 21.01.2010
Kräutertee
UWG § 12 Abs. 1 Satz 2; BGB § 683 Satz 1, §§ 677, 670


Leitsatz des BGH:
Ein Wettbewerbsverband, der den Schuldner nach einer selbst ausgesprochenen, ohne Reaktion gebliebenen ersten Abmahnung ein zweites Mal von einem Rechtsanwalt abmahnen lässt, kann die Kosten dieser zweiten Abmahnung nicht erstattet verlangen (Abgrenzung von BGHZ 52, 393, 400 - Fotowettbewerb).

BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - I ZR 47/09 - OLG Hamburg
LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Erstattung anwaltlicher Abmahnkosten auch bei eigener Rechtsabteilung

BGH
Urteil vom 08.05.2008 - I ZR 83/06
Abmahnkostenersatz


Der BGH hat mit Urteil vom 08.05.2008 - I ZR 83/06 entschieden, dass auch ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung einen Anspruch auf Erstattung anwaltlicher Abmahnkosten hat, wenn es für eine Abmahnung nicht die eigene Rechtsabteilung sondern einen externen Rechtsanwalt einschaltet. Der BGH führt aus, dass ein Unternehmen nicht verpflichtet ist, die eigenen Juristen zur Überprüfung von Wettbewerbshandlungen der Mitbewerber einzusetzen und gegebenenfalls Abmahnungen auszusprechen. Dies gelte auch für Großunternehmen. Die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehöre nicht zu den originären Aufgaben eines gewerblichen Unternehmens. Bislang hatte der BGH die Ansicht vertreten, dass Großunternehmen mit eigener Rechtsabteilung bei einfach gelagerten und leicht erkennbaren Wettbewerbsverstößen zunächst selbst ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abmahnen müssen (siehe BGH, Urteil vom 06.05.2004 - I ZR 2/03 m.w.N.) . Ob der BGH von dieser Ansicht nunmehr komplett abgerückt ist, werden erst die Entscheidungsgründe zeigen. Diese liegen noch nicht vor.

Die Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:

"BGH: Erstattung anwaltlicher Abmahnkosten auch bei eigener Rechtsabteilung" vollständig lesen