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BayVGH: Rundfunkbeitragspflicht kann nicht entgegengehalten werde dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk seinen Programmauftrag verfehlt

BayVGH
Urteil vom 17.07.2023
7 BV 22.2642


Der BayVGH hat entschieden, dass der Rundfunkbeitragspflicht nicht entgegengehalten werde kann, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Programmauftrag verfehlt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
BayVGH: Einwände gegen die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befreien nicht von der Zahlung des Rundfunkbeitrags

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Urteil vom 17. Juli 2023 entschieden, dass gegen die Rundfunkbeitragspflicht nicht eingewandt werden kann, der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfehle wegen mangelnder Programm- und Meinungsvielfalt seinen verfassungsmäßigen Funktionsauftrag. Die schriftlichen Urteilgründe liegen nun vor.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall wandte sich eine im Landkreis Rosenheim wohnhafte Klägerin gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen für ihre Wohnung. Sie machte geltend, die Beitragspflicht müsse wegen eines aufgrund mangelnder Meinungsvielfalt bestehenden „generellen strukturellen Versagens des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ entfallen. Es sei Aufgabe der Verwaltungsgerichte, im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht hierzu Feststellungen zu treffen. Das Verwaltungsgericht München wies die Klage in erster Instanz ab, lies jedoch die Berufung zum BayVGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung wies der BayVGH nunmehr zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, der Rundfunkbeitrag werde nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausschließlich als Gegenleistung für die Möglichkeit des Rundfunkempfangs erhoben. Ziel des Rundfunkbeitrags sei es, eine staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes garantierte Programmfreiheit setze die institutionelle Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten voraus und schütze zudem vor der Einflussnahme Außenstehender. Die Kontrolle, ob die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten die verfassungsmäßigen Vorgaben erfüllen, obliege deshalb deren plural besetzten Aufsichtsgremien. Einwände gegen die Qualität der öffentlich-rechtlichen Programminhalte sowie andere Fragen der Programm- und Meinungsvielfalt könnten daher die Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht in Frage stellen. Den Beitragspflichtigen stünden hierfür die Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten zu den gesetzlich vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten offen.

Gegen das Urteil kann die Klägerin innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. (BayVGH, Urteil vom 17. Juli 2023, Az. 7 BV 22.2642)


VG Münster: Vollstreckungsmaßnahmen zur Beitreibung rückständiger Rundfunkbeiträge in Form von Vermögensauskunft bzw. Haft zur Erzwingung der Vermögensauskunft rechtmäßig

VG Münster
Urteil vom 13.05.2022 - 7 K 1552/21
Urteil vom 08.06.2022 - 7 K 1553/21

Das VG Münster hat entschieden, dass Vollstreckungsmaßnahmen zur Beitreibung rückständiger Rundfunkbeiträge in Form von Vermögensauskunft bzw. Haft zur Erzwingung der Vermögensauskunft rechtmäßig sein können.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Vollstreckungsmaßnahmen wegen ausstehender Rundfunkbeiträge rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht Münster hat durch jetzt bekannt gegebene Urteile vom 13. Mai 2022 und 8. Juni 2022 die Klagen eines Mannes aus Borken abgewiesen, der sich gegen Vollstreckungsmaßnahmen zur Beitreibung rückständiger Rundfunkbeiträge gewandt hatte.

Mit Bescheiden vom 2. Juli und 1. August 2015 hatte der für den Einzug des Rundfunkbeitrags zuständige Beitragsservice gegen den Kläger rückständige Rundfunkbeiträge seit 2013 in Höhe von insgesamt 465,50 Euro festgesetzt. Nachdem der Kläger gegen diese Bescheide keinen Widerspruch erhoben, die Beiträge aber auch nicht gezahlt hatte, beauftragte der Westdeutsche Rundfunk Köln (WDR) die Stadt Borken im Wege der Amtshilfe, die rückständigen Beiträge beim Kläger zu vollstrecken. Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens beantragte die Stadt Borken Anfang 2020 beim Amtsgericht Borken, die Vermögensauskunft des Klägers abzunehmen. Nachdem der Kläger diese verweigert hatte, beantragte die zuständige Gerichtsvollzieherin beim Amtsgericht Borken einen Haftbefehl zur Erzwingung der Vermögensauskunft. Dieser wurde am 25. Februar 2021 vollstreckt. Der Kläger wurde in die Justizvollzugsanstalt Münster gebracht, wo er bis zum 24. August 2021 inhaftiert war. In dieser Zeit erhob der Kläger Klage gegen die Stadt Borken sowie gegen den WDR. Zur Begründung machte er unter anderem geltend: Da er seit 2010 weder ein Radio- noch ein Fernsehgerät besitze, sei er nicht verpflichtet, Rundfunkbeiträge zu zahlen. Er habe die seit 2013 erhaltenen Briefe des Beitragsservice für Werbung gehalten und sie ungeöffnet wieder an den Absender zurückgeschickt. Außerdem hätten die Voraussetzungen für die einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen nicht vorgelegen. Auch stehe ihm wegen der unzulässigen Inhaftierung ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu.

Dem folgte das Verwaltungsgericht Münster jedoch nicht und wies beide Klagen des Klägers ab. In den Entscheidungsgründen heißt es unter anderem: Die Klagen seien überwiegend bereits unzulässig. Soweit sich der Kläger gegen die ursprünglichen Rundfunkbeitragsbescheide wende, seien diese bereits bestandskräftig, weil der Kläger innerhalb der dafür vorgesehenen Fristen keine Rechtsmittel eingelegt habe. Für die erstrebte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Inhaftierung des Klägers sowie für den geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld seien nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die Zivilgerichte zuständig. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Vollstreckung der Rundfunkbeiträge nicht erfüllt gewesen seien. Der Kläger könne auch nicht mehr verlangen, dass die Vollstreckung eingestellt werde, weil der WDR bereits erklärt habe, die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger nicht weiter zu betreiben.

Gegen die Urteile kann jeweils innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beantragt werden.

(Az.: 7 K 1552/21 und 7 K 1553/21 – nicht rechtskräftig)