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BGH: Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht gelten auch für Rechtsscheintatbestand von § 15 Abs. 1 HGB

BGH
Urteil vom 09.01.2024
II ZR 220/22
HGB § 15 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht auch für den Rechtsscheintatbestand von § 15 Abs. 1 HGB gelten.

Leitsätze des BGH:
a) Die Berufung auf die fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache ist dem Dritten gemäß § 15 Abs. 1 HGB nur dann verwehrt, wenn er positive Kenntnis von der einzutragenden Tatsache hat; ein Kennenmüssen oder eine grob fahrlässige Unkenntnis genügen demgegenüber nicht.

b) Die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht gelten auch im Anwendungsbereich des Rechtsscheintatbestands des § 15 Abs. 1 HGB.

BGH, Urteil vom 9. Januar 2024 - II ZR 220/22 - KG - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier.

OLG Naumburg: Recht auf Löschung gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO gilt nach Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO nicht in Handelsregistersachen - Schwärzung von Unterschriften im Handelsregister

OLG Naumburg
Beschluss vom 11.01.2023
5 Wx 14/22


Das OLG Naumburg hat entschieden, dass das Recht auf Löschung gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO nach Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO nicht in Handelsregistersachen gilt. Vorliegend ging es um die Schwärzung von Unterschriften im Handelsregister.

Aus den Entscheidungsgründen:
Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht demjenigen die Beschwerde zu, der durch einen gerichtlichen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Es muss sich um die unmittelbare Beeinträchtigung eines eigenen materiellen Rechts handeln (vgl. BGH FamRZ 2011, 465 mwN; BGHZ 1, 343, 351). Eine solche Beeinträchtigung ist hier nicht gegeben, weil den Beteiligten ein Anspruch auf Schwärzung ihrer Unterschriften unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zukommt.

a) Das von den Beteiligten reklamierte Recht auf Löschung gem. Art. 17 Abs. 1 DS-GVO findet aufgrund der Ausnahmevorschrift des Art. 17 Abs. 3 lit. b DS-GVO im Registerwesen keine Anwendung (hierzu MüKoHGB/Krafka, 5. Aufl. 2021, HGB § 10a Rn. 13, 14; BT-Drs. 18/12611, S. 68). Danach ist die Art. 17 Abs. 1 DS-GVO unanwendbar, wenn „die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, die die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, erfordert, oder zur Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde“. Dass die Tätigkeit eines Hoheitsträgers, die darauf gerichtet ist, in Erfüllung von Publizitätspflichten übermittelte Daten in einer Datenbank zu speichern sowie interessierten Personen Einsicht zu gewähren, zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse gehört, hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden (EUGH ZD 2012, 522). Eine solche Tätigkeit stellt zudem auch eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe im Sinne des Art. 17 Abs. 3 lit. b DS-GVO dar (Pauly/Paal, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 17 Rn. 43).

Im Übrigen hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Salvator Manni zur von der DS-GVO abgelösten Datenschutz-RL, die eine mit Art. 17 Abs. 3 lit. b DS-GVO vergleichbare Anwendungsausnahme nicht kannte, hervorgehoben, dass die Registerpublizität grundsätzlich Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz genießt (EuGH ZD 2017, 325, 327). Ein Löschungsbegehren kam daher schon unter Herrschaft Datenschutz-RL nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht, also in Konstellationen, in denen der Betroffene besonders schutzbedürftig erscheint (zur Übertragbarkeit der Grundsätze auf die DS-GVO Hübner, ZHR 183 [2019], 540, 571]). Eine solche Schutzbedürftigkeit der Beteiligten ist hinsichtlich der hier streitbefangenen Unterschriften nicht ersichtlich.

b) Auch auf Art. 16 Abs. 1 DS-GVO können sich die Beteiligten nicht berufen. Denn der dort geregelte Berichtigungsanspruch setzt eine - hier nicht gegebene - unrichtige Angabe in Bezug auf personenbezogene Daten voraus.

c) Schließlich folgt auch kein Löschungsanspruch aus den Grundrechten der Beteiligten. Zwar steht einem solchen, anders als das Registergericht meint, nicht bereits entgegen, dass die Beteiligten die Veröffentlichung ihrer Unterschriften seinerzeit willentlich veranlassten und es damit an einer Grundrechtsbeeinträchtigung fehlte (zum Grundrechtsverzicht BVerfGE 106, 28, 44 f.; Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu Abschnitt I, Rn. 55). Denn angesichts der (faktischen) Erweiterung der Einsichtsrechte in das Register und die dort eingestellten Dokumente infolge der Digitalisierungsrichtlinie und ihrer Umsetzung in nationales Recht durch das DiRUG aufgrund der Statuierung der Kostenfreiheit der Einsicht verlöre die ursprüngliche Einwilligung ihre Geltung und wäre ein fortwirkender Verzicht auf die in Art. 7, 8 GRCh verankerten Grundrechte der Beteiligten auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ausgeschlossen (zum Verhältnis der deutschen Grundrechte zu europäischen in - wie hier - nicht vollständig unionsrechtlich determinierten Bereichen mit nationalen Gestaltungsspielräumen BVerfG, NJW 2020, 300, 302).


Gleichwohl können die Beteiligten nicht die Schwärzung ihrer Unterschriften in den zum Register seinerzeit eingereichten Unterlagen verlangen. Anerkanntermaßen ist ein grundrechtlicher (Folgen-)Beseitigungsanspruch insoweit begrenzt, als die in der Rechtsfolge begehrte Handlung rechtlich und tatsächlich möglich sein muss (BVerwGE 69, 366, 370; 82, 76, 95; BVerwG, NVwZ 1998, 1292, 1294; Bay. VGH, NVwZ 1999, 1237). Diese Schranken kommen hier zur Anwendung: Denn einmal in den Registerordner eingestellte Dokumente können zum Schutz der Registerwahrheit grundsätzlich nicht verändert werden (vgl. BR-Drs. 560/22, S. 29). Daher ist es nicht Aufgabe des Registergerichts, in freigegebene Dokumente nachtäglich einzugreifen. Daran ändert auch der mit Wirkung zum 23. Dezember 2022 neu eingefügte § 9 Abs. 7 HRV nichts. Nach dieser Vorschrift ist beim Austausch eines in den Registerordner eingestellten Dokuments gegen ein neues Dokument der Austausch kenntlich zu machen und das Datum der Aufnahme des alten Dokuments in den Registerordner anzugeben. Diese Vorschrift setzt die Möglichkeit des nachträglichen Austausches von Dokumenten damit zwar voraus. Doch erstreben die Beteiligten hier keinen unter die Vorschrift fallenden Austausch von Dokumenten, sondern begehren die Veränderung des Ausgangsdokuments. Auf die von § 9 Abs. 7 HRV nicht beantwortete Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Austausch überhaupt möglich ist, kommt es hier nicht an. Im Übrigen wäre der § 9 Abs. 7 HRV unterfallende Austausch vom Notar, und nicht, wie hier, den Beteiligten gegenüber dem Registergericht zu veranlassen (vgl. § 12 Abs. 2 HGB).

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Düsseldorf: Keine Irreführung und kein Verstoß gegen § 18 Abs. 2 HGB durch Bennungen einer privatwirtschaftlichen GmbH mit "Institut für Einfachheit"

OLG Düsseldorf
Beschluss vom 15.08.2023
3 Wx 104/23


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, das keine Irreführung und kein Verstoß gegen § 18 Abs. 2 HGB durch Benennung einer privatwirtschaftlichen GmbH mit "Institut für Einfachheit" vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die gemäß §§ 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Gemäß § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Gemäß § 18 Abs. 2 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Im Verfahren vor dem Registergericht wird die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist.

Eine ersichtliche Irreführung durch die Verwendung der Firma „Institut für Einfachheit“ im Sinne der Vorschrift lässt sich nicht feststellen.

Zu den bedeutsamen Angaben über die gesellschaftlichen Verhältnisse gehören Angaben zu Art, Größe und Tätigkeit der Gesellschaft, zu ihrem Alter, ihrer Zusammensetzung oder ihren sonstigen Verhältnissen (Senat, Beschluss vom 16.04.2004 – I-3 Wx 107/04, Rn. 15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.04.2001 – 20 W 84/2001, Rn. 2, juris). Die durch die mögliche Täuschung in Betracht kommende Irreführung muss von einer gewissen Bedeutung für die angesprochenen Verkehrskreise sein, wobei ein objektiver Maßstab aus der Sicht der durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises und deren verständiger Würdigung anzulegen ist (Senat, a.a.O., Rn. 16, juris).

Da es heutzutage zahlreiche in privater Rechtsform gewerblich tätige Organisationen gibt, die das Wort „Institut“ in ihrer Firma führen (z.B. Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut, Kosmetikinstitut, Bestattungsinstitut, Reinigungsinstitut), führt - wie von der älteren Rechtsprechung angenommen - alleine die Bezeichnung „Institut“ für sich betrachtet den angesprochenen Verkehr nicht mehr zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber um einen privaten Gewerbebetrieb oder um eine private Vereinigung (so noch BGH, Urteil vom 16.10.1986 – I ZR 157/84, Rn. 23, juris zu § 3 UWG a.F., jetzt § 5 UWG; zu § 18 Abs. 2 HGB a.F. BayObLG, Beschluss vom 26.04.1990 – BReg 3 Z 167/89, Rn. 25, juris, zu § 18 Abs. 2 HGB n.F. noch Senat, a.a.O., Rn. 17; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 3; KG Berlin, Beschluss vom 26.10.2011 – 25 W 23/11, Rn. 10, juris). Dies gilt, obwohl der Begriff „Institut“ nach wie vor als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Betriebseinheit einer Hochschule verwendet wird (vgl. z.B. BayObLG, a.a.O., Rn. 18; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4). So findet sich bei google zu den Stichworten „Institut“ und „GmbH“ zahlreiche Verweise auf Institute für Moderation und Management, für Facility Management, für Mitbestimmung, für Innovation und Transfer, ein Institut für Führungskräfte, das IST Studieninstitut, das Zukunftsinstitut und vieles mehr. Letztlich kann die Frage, ob und inwieweit vor dem dargestellten Hintergrund die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht fortentwickelt werden müssen, auf sich beruhen.

Denn auch bei Anwendung der bisherigen Rechtsgrundsätze folgt aus der Verwendung des Worts „Institut“ in der Firma vorliegend keine Irreführung. Danach muss die Bezeichnung "Institut" für ein Privatunternehmen zur Vermeidung von Irreführungen mit klaren Hinweisen versehen werden, die einen solchen Charakter außer Zweifel stellen. Dabei kommt es stets auf die konkrete Art des Gebrauchs, insbesondere die im Zusammenhang mit dem Begriff "Institut" verwendeten weiteren Bestandteile der Bezeichnung oder auf sonstige im Zusammenhang damit benutzte Angaben an (BGH, a.a.O. Rn. 23 zu § 3 UWG a.F.; zu § 18 Abs. 2 HGB BayObLG, a.a.O., Rn. 25; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; KG Berlin, a.a.O., Rn. 11, juris). Dabei reicht die Angabe des Rechtsformzusatzes, z.B. GmbH in der Regel nicht aus, um die Täuschungseignung auszuschließen (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 f., OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; vgl. Senat, a.a.O., Rn. 17 zu e.K.; KG Berlin, a.a.O., Rn. 12 zu e.V.).

Eindeutig als nicht täuschungsgeeignet und somit zulässig sind Bezeichnungen wie z.B. Beerdigungs-, Detektiv-, Eheanbahnungs- und Meinungsforschungsinstitut sowie Institut für Schönheitspflege beurteilt worden (vgl. BayObLG, a.a.O., Rn. 23, juris). Etwas anderes wurde angenommen, wenn die Tätigkeitsangabe im Zusammenhang mit der Bezeichnung „Institut“ den Eindruck wissenschaftlicher Betätigung erweckt, z.B. bei Deutsches Vorsorgeinstitut, Kardiologisches Institut, Institut für Marktanalysen, Institut für Zelltherapie, Institut für physikalische Therapie, Institut für steuerwissenschaftliche Information, Institut für Politik und Wirtschaftswissenschaften, Dolmetscher-Institut (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 mit Nachweisen zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung).

Nach diesen Grundsätzen ist - bei der im Hinblick auf die Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gebotenen grundrechtskonformen Auslegung des § 18 Abs. 2 HGB - eine Irreführung durch die Firma „Institut für Einfachheit“ nicht ersichtlich. Der Namenszusatz „für Einfachheit“ ist weder identisch mit universitären Studiengängen oder Forschungszweigen, noch weist er auf eine bestimmte Fachrichtung hin. Er ist auch nicht geeignet, die Vorstellung einer wissenschaftlichen Einrichtung, die mit dem Wort „Institut“ verbunden werden könnte, zu verstärken (vgl. KG Berlin, a.a.O., Rn. 12).


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OLG Celle: Kein Anspruch auf Löschung von Wohnort und Geburtsdatum eines GmbH-Geschäftsführers aus dem Handelsregister nach der DSGVO - § 10a Abs. 3 HGB mit DSGVO vereinbar

OLG Celle
Beschluss vom 24.02.2023
9 W 16/23


Das OLG Celle hat entschieden, dass kein Anspruch auf Löschung von Wohnort und Geburtsdatum eines GmbH-Geschäftsführers aus dem Handelsregister nach der DSGVO besteht. § 10a Abs. 3 HGB ist mit der DSGVO vereinbar

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Für das Begehren des Antragstellers fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

a) Soweit der Antragsteller sich auf Art. 17, 18 und 21 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO) zu stützen sucht (vgl. Beschwerdebegründung vom 7. Februar 2023, dort S. 2, Bl. 59R d.A.), vermag er damit nicht durchzudringen.

aa) Ein Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO steht dem Antragsteller gemäß § 10a Abs. 3 HGB nicht zu.

Dementsprechend ist auch Art. 18 Abs. 1 lit. d DSGVO nicht einschlägig, weil diese Bestimmung das Bestehen eines Widerspruchsrechts nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO voraussetzt.

bb) Des Weiteren ergibt sich auch aus Art. 17 Abs. 1, Abs. 2 DSGVO kein Löschungsanspruch zugunsten des Antragstellers, weil diese Bestimmungen gemäß Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO nicht gelten, soweit die Datenverarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, die die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, erfordert, notwendig ist. Eben eine solche rechtliche Verpflichtung ist hier mit Blick auf § 387 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 43 Nr. 4b HRV gegeben.

b) Auch auf § 395 FamFG vermag sich der Antragsteller nicht zu stützen. Denn die Aufnahme seines Geburtsdatums und seines Wohnorts in das Handelsregister war mit Blick auf § 387 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 43 Nr. 4b HRV nicht unzulässig im Sinne dieser Bestimmung.

2. Zweifel an der Vereinbarkeit der dem Begehren des Antragstellers entgegenstehenden Bestimmung des § 10a Abs. 3 HGB mit Verfassungs- bzw. Europarecht hat der Senat weder generell noch bezogen auf den Streitfall.

a) Die in § 10a Abs. 3 HGB vorgenommene Einschränkung der Rechte aus § 21 DSGVO ist von Art. 23 Abs. 1 lit. e DSGVO gedeckt, wonach die Pflichten und Rechte gemäß den Art. 12 - 22 DSGVO zum Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates beschränkt werden können (vgl. Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Ries, HGB, 5. Aufl. 2019, § 10a Rn. 2; Staub/Koch/Harnos, HGB, 6. Aufl. 2023, § 10a Rn. 5 f.). Dazu zählen funktionsfähige und verlässliche öffentliche Register, die für die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs unerlässlich sind (vgl. BT-Drs. 18/12611, S. 67).

Vor diesem Hintergrund ist die Regelung des § 10a Abs. 3 HGB nach einhelliger Auffassung im Schrifttum, der sich der Senat anschließt, nicht zu beanstanden. Sie dient der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Registerverkehrs (vgl. Krafka, Registerrecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 74a); ein Widerspruch gegen die Datenverarbeitung wäre mit den Publizitätsanforderungen des öffentlichen Registers nicht in Einklang zu bringen (vgl. MünchKomm/Krafka, HGB, 5. Aufl. 2021, § 10a Rn. 12; BeckOK/Müther, HGB, 39. Edition, Stand: 15. Januar 2023, § 10a Rn. 4; Oetker/Preuß, HGB, 7. Aufl. 2021, § 10a Rn. 7).

b) Dass das öffentliche Interesse an der Führung des Handelsregisters im Streitfall durch das Interesse des Antragstellers an einer Geheimhaltung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts überwogen würde, ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich.

aa) Ein derart überwiegendes Interesse folgt insbesondere nicht aus den vom Antragsteller in Bezug genommenen, ihn betreffenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. Denn bei Auskünften aus dem Fahrzeugregister, die diese Entscheidungen zum Gegenstand haben, sind andere, deutlich weitergehende persönliche Daten als nur die - hier allein in Rede stehenden - Angaben zum Geburtsdatum und Wohnort betroffen (vgl. § 33 StVG).

bb) Des Weiteren ist, eine tatsächliche Gefährdung des Antragstellers - die er über allgemeine Angaben hinaus nicht konkretisiert hat - zu dessen Gunsten unterstellt, auch weder vorgetragen noch ersichtlich, in welcher Weise eine solche Gefährdung durch die Einsehbarkeit von Geburtsdatum und Wohnort im Handelsregister verursacht oder erhöht werden soll. Soweit es die Nennung des Wohnorts betrifft, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eine genaue Adressangabe nicht erfolgt und ein Ansatzpunkt zum Auffinden des Antragstellers auch bereits mit der Nennung der Geschäftsanschrift der betroffenen Gesellschaft gegeben ist, deren Löschung der Antragsteller indes nicht begehrt.

3. Vermag der Antragsteller sein Begehren nach alldem schon mangels einer dies tragenden Rechtsgrundlage im Registerverfahren nicht durchzusetzen, hat der Senat mit Blick auf den Verweis des Antragstellers auf die mit dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie vom 5. Juli 2021 (DiRUG) jedermann eröffnete Möglichkeit zur kostenfreien Einsichtnahme in das Handelsregister erwogen, inwieweit ein aus Rechtsnormen außerhalb des Registerverfahrens und datenschutzrechtlicher Bestimmungen, beispielsweise §§ 823, 839 BGB oder § 1004 BGB (analog), folgender Anspruch wegen Verfehlung datenschutzrechtlicher Vorgaben durch das DiRUG bestehen könnte.

a) Insoweit ist der Senat jedoch der Auffassung, dass die Prüfung eines etwaigen solchen Anspruchs nicht im Registerverfahren zu erfolgen hat. Das formalisierte Registerverfahren dient der korrekten Führung des Handelsregisters, zielt aber weder auf die inzidente Prüfung der dafür bestehenden Vorgaben noch gar auf die Behebung von dem Gesetzgeber etwa unterlaufenen Auslassungen beispielsweise im Hinblick auf datenschutzrechtliche Belange. Dies hat umso mehr zu gelten, als die Registergerichte nicht ihrerseits durch (Teil-) Löschungen von Einträgen in Einzelfällen womögliche, aus gesetzlichen Vorgaben resultierende generelle Probleme zu lösen in der Lage wären.

b) Im Übrigen bleibt der die Einschränkung datenschutzrechtlicher Ansprüche rechtfertigende Zweck des § 10a Abs. 3 HGB, der als solcher nicht zu beanstanden ist (s.o.), durch das DiRUG unangetastet. Dass allein die Möglichkeit zur kostenfreien Einsichtnahme in das Handelsregister eine Höherbewertung des Interesses am Schutz persönlicher Daten gebieten und einer Beschränkung der Rechte aus § 21 DSGVO durch § 10a Abs. 3 HGB entgegenstehen würde, vermag der Senat nicht zu erkennen.


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OLG Hamburg: Titelumschreibung durch Bezugnahme auf elektronisch geführtes Handelsregister möglich

OLG Hamburg
Beschluss vom 16.12.2020
6 W 24/20


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass eine Titelumschreibung durch Bezugnahme auf das elektronisch geführte Handelsregister möglich ist, da es sich um offenkundige Tatsachen im Sinne von § 727 ZPO handelt.

BGH:Gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) kann mit Zusatz "gUG (haftungsbeschränkt)" in das Handelsregister eingetragen werden

BGH
Beschluss vom 28.04.2020
II ZB 13/19
GmbHG § 5a


Der BGH hat entschieden, dass eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit dem Zusatz "gUG (haftungsbeschränkt)" in das Handelsregister eingetragen werden kann.

Leitsatz des BGH:

Eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) kann mit "gUG (haftungsbeschränkt)" eingetragen werden.

BGH, Beschluss vom 28. April 2020 - II ZB 13/19 - OLG Karlsruhe - AG Mannheim

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BGH legt EuGH Fragen zum Handelsregistereintrag einer GmbH zur Entscheidung vor

BGH
Beschluss vom 14.05.2019
II ZB 25/17
HGB § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3; GmbHG § 8 Abs. 3, § 10


Tenor der Entscheidung:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. L 169 vom 30. Juni 2017, S. 46) und von Art. 49, 54 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Steht Art. 30 der Richtlinie (EU) 2017/1132 einer nationalen Regelung entgegen, nach der für die Eintragung einer Zweigniederlassung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat in das Handelsregister die Angabe der Höhe des Stammkapitals oder eines vergleichbaren Kapitalwerts erforderlich ist?

2. a) Steht Art. 30 der Richtlinie (EU) 2017/1132 einer nationalen Regelung entgegen, nach der der Geschäftsführer der Gesellschaft bei Anmeldung der Eintragung einer Zweigniederlassung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat in das Handelsregister die Versicherung abgeben muss, dass in seiner Person kein Bestellungshindernis nach nationalem Recht in Form eines gerichtlichen oder behördlichen Berufs- oder Gewerbeverbots, das mit dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ganz oder teilweise übereinstimmt, oder in Form einer rechtskräftigen Verurteilung wegen bestimmter Straftaten vorliegt und dass er insoweit über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht durch einen Notar, einen Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen Konsularbeamten belehrt worden ist?

b) Falls die Frage 2a) verneint wird:

Stehen Art. 49, 54 AEUV einer nationalen Regelung entgegen, nach der der Geschäftsführer der Gesellschaft bei Anmeldung der Eintragung einer Zweigniederlassung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat in das Handelsregister eine solche Versicherung abgeben muss?

BGH, Beschluss vom 14. Mai 2019 - II ZB 25/17 - OLG Frankfurt am Main - AG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Bei juristischen Personen genügt als Angabe der ladungsfähigen Anschrift im Rubrum die Angabe der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift

BGH
Urteil vom 28.06.2018
I ZR 257/16
Anschrift des Klägers
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass bei juristischen Personen als Angabe der ladungsfähigen Anschrift im Rubrum die Angabe der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift genügt.

Leitsatz des BGH:

Bei juristischen Personen des Privatrechts genügt als ladungsfähige Anschrift die Angabe der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift, sofern dort gemäß § 170 Abs. 2 ZPO Zustellungen an das Organ als gesetzlichen Vertreter der juristischen Person oder den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter im Sinne von § 171 ZPO bewirkt werden können.

BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 257/16 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Für internationale Zuständigkeit aufgrund Satzungssitzes nach EuGVVO genügt Registerseintrag - Verwaltungs- oder Geschäftstätigkeit am Ort des Satzungssitzes nicht erforderlich

BGH
Urteil vom 14.11.2017
VI ZR 73/17
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (= Brüssel Ia-VO) Art. 63 Abs. 1 lit. a
Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (= Brüssel I-VO) Art. 60 Abs. 1 lit. a


Der BGH hat entschieden, dass für die internationale Zuständigkeit aufgrund Satzungssitzes nach EuGVVO der Registerseintrag genügt. Eine Verwaltungs- oder Geschäftstätigkeit am Ort des Satzungssitzes ist nicht erforderlich

Leitsatz des BGH:

Der Begriff des satzungsmäßigen Sitzes i.S.d. Art. 63 Abs. 1 lit. a EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. a EuGVVO aF setzt keine Verwaltungs- oder Geschäftstätigkeit am Ort des Satzungssitzes voraus. Es bedarf keines über den Registertatbestand
hinausgehenden realwirtschaftlichen Bezugs (Fortführung von BGH,Urteil vom 12. Juli 2011 - II ZR 28/10, BGHZ 190, 242 Rn. 19 ff.).

BGH, Urteil vom 14. November 2017 - VI ZR 73/17 - OLG Celle LG Hannover

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamm: Inkassounterehmen darf nicht die Bezeichnung Deutsches Vorsorgeinstitut tragen

OLG Hamm
Beschluss vom 02.03.2017
27 W 179/16


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Inkassounterehmen nicht die Bezeichnung "Deutsches Vorsorgeinstitut" tragen darf.

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

Inkassounternehmen als ʺDeutsches Vorsorgeinstitutʺ?

Eine Handelsgesellschaft, die im Schwerpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit fremde Forderungen einzieht, kann sich in ihrem Firmennamen - ohne klarstellenden Zusatz - nicht als ʺDeutsches Vorsorgeinstitutʺ bezeichnen.

Das hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit einem am 08.03.2017 erlassenen Beschluss entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Paderborn bestätigt. Die Antragstellerin, eine Kommanditgesellschaft aus Paderborn, befasst sich in ihrem Tätigkeitsschwerpunkt mit dem Einzug von Forderungen. Sie beabsichtigt, ihren Firmennamen in ʺDeutsches Vorsorgeinstitut KGʺ umzubenennen. Ihren dementsprechenden Antrag hat das für das Handelsregister zuständige Amtsgericht Paderborn unter Hinweis darauf abgelehnt, die gewählten Namensbestandteile ʺInstitutʺ und ʺDeutschesʺ seien irreführend. Sie seien geeignet, über wesentliche geschäftliche Verhältnisse des Unternehmens zu täuschen. Unter der Bezeichnung ʺInstitutʺ erwarte der Rechtsverkehr eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber einen privaten Gewerbebetrieb. Mit ʺDeutschʺ werde in der Regel ein Unternehmen bezeichnet, welches nach seiner wirtschaftlichen Bedeutung auf den ganzen deutschen Markt zugeschnitten sei.

Die von der Antragstellerin unter Hinweis darauf eingelegte Beschwerde, dass der Namensbestandteil ʺInstitutʺ im geschäftlichen Verkehr vielfach verwandt werde (so z.B. bei ʺKosmetikinstitutʺ), ist erfolglos geblieben. Der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Die Firma eines Privatbetriebes dürfe das Wort ʺInstitutʺ nur dann enthalten, so der Senat, wenn durch einen Zusatz oder weitere Firmenbestandteile eindeutig klargestellt werde, dass es sich nicht um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht stehende Einrichtung handle, wie es z.B. bei den Bezeichnungen ʺBeerdigungsinstitutʺ, ʺSchönheitsinstitutʺ oder ʺKreditinstitutʺ der Fall sei. Auf den vorliegenden Fall treffe das nicht zu. Die von der Antragstellerin angestrebte Bezeichnung sei vielmehr in besonderem Maße irreführend, weil der beabsichtigte Zusatz ʺVorsorgeʺ das tatsächliche Betätigungsfeld der Gesellschaft, den Forderungseinzug, verschleiere und stattdessen ein medizinischwissenschaftliches Geschäftsfeld der Gesellschaft suggeriere.

Rechtskräftiger Beschluss des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 02.03.2017, erlassen am 08.03.2017 (27 W 179/16).


OLG Frankfurt: Angaben Registergericht 000 und Handelsregister HR0000 im Impressum sind ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß - keine Platzhalter im Impressum verwenden

OLG Frankfurt
Urteil vom 14.03.2017
6 U 44/16


§ 5 TMG sieht zahlreiche Pflichtangaben für das Impressum vor. Natürlich müssen nur die Informationen hinsichtlich der unkkte angegeben werden, über die der Anbieter tatsächlich auch verfügt. So ist nicht jeder Anbieter im Handelsregister eingetragen. Leider finden sich immer wieder zahlreichen Angebote, wo diese Angaben dann nicht weggelassen werden, sondern Platzhalter in der Anbieterkennzeichnung wiedergegeben werden.

Das OLG Frankfurt hat nun wenig überraschend entschieden, dass die Angaben "Registergericht 000" und "Handelsregister HR0000" in der nach § 5 Abs. 1 TMG erforderlichen Anbieterkennzeichnung unzulässig sind und einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellen. Dies gilt auch für andere Platzhalterangaben (z.B. Aufsichtsbehörde oder USt.-ID).

Aus den Entscheidungsgründen:

"2. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung aus §§ 3, 3a,5a IV, 8 I,8 III Nr. 1 UWG, § 5 I TMG zu.

a) Die Klägerin ist als Mitbewerberin aktivlegitimiert.

b) Die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 TMG sind Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG, § 4 Nr. 11 UWG a.F. (BGH GRUR 2016, 957 Rn. 9 [BGH 25.02.2016 - I ZR 238/14] - Mehrwertdienstenummer).

c) Der Beklagte hat es versäumt, im Rahmen seines Internetauftritts ausreichende Impressumsangaben im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG zu machen. Versicherungsvermittler (Makler und Mehrfachagenten) und Versicherungsberater bedürfen einer Erlaubnis nach der Gewerbeordnung und müssen daher die zuständige Aufsichtsbehörde im Internet-Impressum angeben. Zuständige Aufsichtsbehörde im Bereich Versicherungsvermittlung und -beratung ist die jeweilige Industrie- und Handelskammer, denn sie ist für die Erteilung der Erlaubnis, die Rücknahme und den Widerruf der Erlaubnis nach § 34d GewO und § 34e GewO zuständig. Der Beklagte hat mit der Angabe "IHK 000" insoweit keine ausreichenden Angaben gemacht.

d) Entgegen der Ansicht des Landgerichts fehlt es dem Verstoß nicht an der Spürbarkeit im Sinne des § 3a UWG. Die Angabe "Zuständige Aufsichtsbehörde: IHK 000" ist nicht nur unvollständig, sondern auch irreführend. Entgegen der Ansicht des Landgerichts liegt es für Verbraucher nicht ohne weiteres nahe, dass die IHK Stadt1 zuständige Aufsichtsbehörde ist, weil der Beklagte in Stadt1 ansässig ist. Die Angabe "000" ist mehrdeutig. Sie kann auch darauf hindeuten, dass es gar keine zuständige Aufsichtsbehörde gibt, weil kein erlaubnispflichtiges Gewerbe vorliegt. Hierfür spricht der Kontext des Impressums. Der Beklagte hat auch bei sämtlichen anderen Pflichtangaben deren Nichtvorhandensein mit mehreren Nullen gekennzeichnet. Es heißt zum Beispiel "Registergericht: Amtsgericht 000". Damit soll - nach Ansicht des Beklagten - nicht das für Stadt1 zuständige Amtsgericht bezeichnet werden, sondern verdeutlicht werden, dass gar keine Eintragung im Handelsregister vorliegt. Ein entsprechender Eindruck kann bei der Angabe "IHK 000" entstehen. Die Fortsetzung des Impressumsverstoßes kann deshalb nicht geduldet werden.

e) Das Fehlen der Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde stellt zugleich einen Verstoß gegen § 5a I, IV UWG dar. Bei § 5 TMG handelt es sich um Informationspflichten, die ihre Grundlage im Unionsrecht (Art. 5 I e-commerce-Richtlinie) haben und damit nach § 5a IV UWG per se als "wesentlich" gelten. Die fehlende Angabe ist auch geeignet, geschäftliche Entscheidungen der Verbraucher zu beeinflussen (§ 5 a II UWG). Geht der Verbraucher davon aus, dass kein erlaubnispflichtiges Gewerbe mit einer zuständigen Aufsichtsbehörde vorliegt, wird er möglicherweise davon abgehalten, sich vor einem Geschäftsabschluss über die Seriosität des Unternehmers bei der Behörde zu informieren. Das Erfordernis dient außerdem neben der vorvertraglichen Informationsmöglichkeit auch der nachvertraglichen Rechtsdurchsetzung oder einer Anzeige von möglichen Rechtsverletzungen durch einen Diensteanbieter auf seiner Internetseite.

f) Das beanstandete Impressum ist auch in den anderen angegriffenen Punkten fehlerhaft. Es liegt ein Verstoß gegen § 5 I Nr. 4 und Nr. 6 TMG vor. Der Beklagte hat Angaben zum Registergericht, der Registernummer, der Umsatzsteueridentifikationsnummer und der Wirtschaftsidentifikationsnummer jeweils mit "Nullen" gekennzeichnet. Entgegen der Ansicht des Landgerichts wird aus diesen Angaben nicht ohne weiteres erkennbar, dass der Beklagte über entsprechende Registrierungen und Nummern nicht verfügt. Sofern ein Unternehmer nicht Adressat der im Katalog des § 5 TMG aufgeführten Pflichtangaben ist, haben Angaben zu unterbleiben. Falsche Angaben sind ebenso unlauter wie fehlende Angaben (vgl. Lorenz, WRP 2010, 1224, 1229). Die Angaben dürfen zudem nicht unklar und intransparent sein. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 5 TMG. Die Angaben zur Anbieterkennzeichnung sind im Interesse des Verbraucherschutzes und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telemediendiensten vorgesehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sollen die vom Diensteanbieter mitgeteilten Informationen den Nutzern ermöglichen, die Tragweite ihrer zukünftigen Verpflichtung zu beurteilen und so die Gefahr bestimmter Irrtümer zu vermeiden, die zum Abschluss eines nachteiligen Vertrags führen können (BGH GRUR 2016, 957 Rn. 24 [BGH 25.02.2016 - I ZR 238/14] - Mehrwertdienstenummer). Auch wenn der Verkehr die Angabe "000" als "keine Angabe" interpretieren mag, bedeutet dies nicht, dass ihm auch klar ist, dass entsprechende Angaben gar nicht veranlasst sind, weil eine Eintragung im Handelsregister bzw. eine Umsatzsteueridentifikationsnummer gar nicht vorliegen. Die Angaben sind mehrdeutig. Sie können auch darauf hindeuten, dass der Beklagte die Angaben nicht veröffentlichen möchte oder dass die Daten nur vorrübergehend noch nicht vorliegen.

g) Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt es nicht an der Wiederholungsgefahr. Die durch den einmaligen Verstoß begründete Wiederholungsgefahr kann nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Das offline-Stellen der Internetseite genügt nicht. Dadurch wird nicht gewährleistet, dass der Beklagte in Zukunft im Internet nicht mehr in vergleichbarer Weise Dienstleistungen ohne ausreichende Impressumsangaben anbietet.

3. Der Beklagte hat gemäß § 12 I 2 UWG die Kosten für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung iHv € 475,78 zu erstatten. Soweit die Klägerin eine höhere Kostenerstattung beansprucht, war die Berufung zurückzuweisen. Die Geschäftsgebühr für die Abmahnung bemisst sich aus einem Streitwert von € 8.000,00. Sie beläuft sich auf € 592,80 zzgl. Auslagenpauschale € 20,00 = € 612,80. Unter Anrechnung der € 0,65-Gebühr aus dem Eilverfahren ergibt sich ein Betrag von € 338,98. Hinzu kommen die Kosten für das Abschlussschreiben. Das Abschlussschreiben ist entsprechend den Grundsätzen der BGH-Entscheidung "Kosten für das Abschlussschreiben" (GRUR 2010, 1038 [BGH 04.02.2010 - I ZR 30/08]) als Schreiben einfacher Art anzusehen, das nur eine 0,3-Gebühr iHv € 136,80 auslöst."



EuGH: Kein Recht auf Vergessenwerden für im Handelsregister bzw Gesellschaftsregister enthaltene personenbezogene Daten

EuGH
Urteil vom 09.03.2017
C‑398/15
Camera di Commercio,Industria, Artigianato e Agricoltura di Lecce gegen Salvatore Manni


Der EuGH hat entschieden, dass kein Recht auf Vergessenwerden für im Handelsregister bzw Gesellschaftsregister enthaltene personenbezogene Daten besteht.

Nur in ganz engen Ausnahmefällen bei konkreter Beeinträchtigung der Rechte der betroffenen Person kann der Zugriff nach Ablauf einer hinreichend langen Frist nach Auflösung der Gesellschaft auf Dritte mit besonderem Interesse an einer Einsichtnahme beschränkt werden.

Tenor der Entscheidung:

Art. 6 Abs. 1 Buchst. e, Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr in Verbindung mit Art. 3 der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, in der durch die Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass es beim derzeitigen Stand des Unionsrechts Sache der Mitgliedstaaten ist, zu entscheiden, ob die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und j der Richtlinie 68/151 angeführten natürlichen Personen die mit der Führung des zentralen Registers oder des Handels- oder Gesellschaftsregisters betraute Stelle ersuchen können, auf der Grundlage einer Einzelfallbeurteilung zu prüfen, ob es ausnahmsweise gerechtfertigt ist, aus überwiegenden, schutzwürdigen, sich aus ihrer besonderen Situation ergebenden Gründen nach Ablauf einer hinreichend langen Frist nach Auflösung der betreffenden Gesellschaft den Zugang zu den in diesem Register eingetragenen sie betreffenden personenbezogenen Daten auf Dritte zu beschränken, die ein besonderes Interesse an der Einsichtnahme in diese Daten nachweisen.

Die Pressemitteilung des EuGH:

"Nach Ansicht des Gerichtshofs gibt es kein Recht auf Vergessenwerden für die im Gesellschaftsregister eingetragenen personenbezogenen Daten

Die Mitgliedstaaten können jedoch nach Ablauf einer hinreichend langen Frist nach der Auflösung
der betreffenden Gesellschaft in Ausnahmefällen einen beschränkten Zugang Dritter zu diesen
Daten vorsehen Herr Salvatore Manni, Geschäftsführer einer Gesellschaft, die einen öffentlichen Auftrag für die Errichtung einer Ferienanlage in Italien erhielt, ging 2007 gerichtlich gegen die Handelskammer Lecce vor. Er war der Auffassung, dass sich die Immobilien der Anlage deshalb nicht veräußern ließen, weil sich aus dem Gesellschaftsregister ergebe, dass er Geschäftsführer eine anderen Gesellschaft gewesen sei, die 1992 insolvent geworden und 2005 liquidiert worden sei.
Das Tribunale di Lecce (erstinstanzliches Gericht Lecce, Italien) gab der Handelskammer Lecce
auf, die personenbezogenen Daten zu anonymisieren, die Herrn Manni mit der Insolvenz der
früheren Gesellschaft in Verbindung bringen, und verurteilte die Handelskammer zum Ersatz des
Herrn Manni daraus entstandenen Schadens. Die von der Handelskammer Lecce angerufene
Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) hat dem Gerichtshof mehrere Fragen
zur Vorabentscheidung vorgelegt. Sie möchte wissen, ob es die Richtlinie zum Schutz der Daten
natürlicher Personen und die Richtlinie über die Offenlegung von Gesellschaftsurkunden verbieten, dass jede Person ohne zeitliche Beschränkung Zugang zu natürliche Personen betreffenden Daten im Gesellschaftsregister haben kann.

Im heutigen Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass die Offenlegung von
Gesellschaftsregistern die Rechtssicherheit in den Beziehungen zwischen den Gesellschaften und
Dritten sicherstellen soll und u. a. dazu dient, die Interessen Dritter gegenüber
Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu schützen, da diese zum
Schutz Dritter lediglich ihr Gesellschaftsvermögen zur Verfügung stellen. Außerdem können sich
auch noch mehrere Jahre nach Auflösung einer Gesellschaft Fragen ergeben, die einen Rückgriff
auf im Gesellschaftsregister eingetragene personenbezogene Daten erfordern. In Anbetracht der
Vielzahl der Rechte und Rechtsbeziehungen, die eine Gesellschaft (auch nach ihrer Auflösung) mit
Akteuren in mehreren Mitgliedstaaten verbinden können, und der Unterschiede in den
Verjährungsfristen der verschiedenen nationalen Rechte erscheint es nämlich nicht möglich, eine
einheitliche Frist festzulegen, nach deren Ablauf die Eintragung der Daten im Register und ihre
Offenlegung nicht mehr notwendig wären.

Unter diesen Umständen können die Mitgliedstaaten natürlichen Personen, deren Daten im
Gesellschaftsregister eingetragen sind, nicht das Recht garantieren, nach einer bestimmten Frist
nach Auflösung der Gesellschaft die Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten
verlangen zu können.

Nach Ansicht des Gerichtshofs ist dieser Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Personen
(insbesondere in ihre durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten
Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten) nicht
unverhältnismäßig, da erstens nur eine begrenzte Zahl an personenbezogenen Daten im
Gesellschaftsregister eingetragen wird und es zweitens gerechtfertigt ist, dass die natürlichen
Personen, die sich dafür entscheiden, über eine Aktiengesellschaft oder eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung am Wirtschaftsleben teilzunehmen, und die zum Schutz Dritter lediglich das
Vermögen dieser Gesellschaft zur Verfügung stellen, verpflichtet sind, die Daten zu ihren
Personalien und Aufgaben innerhalb der Gesellschaft offenzulegen.

Der Gerichtshof schließt es jedoch nicht aus, dass in besonderen Situationen überwiegende,
schutzwürdige, sich aus dem konkreten Fall der Person ergebende Gründe ausnahmsweise
rechtfertigen können, den Zugang zu den sie betreffenden personenbezogenen Daten nach Ablauf
einer hinreichend langen Frist nach der Auflösung der Gesellschaft auf Dritte zu beschränken, die
ein besonderes Interesse an der Einsichtnahme in die Daten nachweisen. Eine solche
Zugangsbeschränkung zu personenbezogenen Daten muss das Ergebnis einer Einzelfallprüfung
sein. Es ist Sache jedes Mitgliedstaats, zu entscheiden, ob er eine solche Zugangsbeschränkung
in seiner Rechtsordnung wünscht.

Im vorliegenden Fall vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass der Umstand allein, dass sich die
Immobilien der Ferienanlage nicht veräußern lassen, weil die potenziellen Käufer Zugang zu den
im Gesellschaftsregister eingetragenen Daten über Herrn Manni haben, u. a. wegen des
berechtigten Interesses dieser Käufer an diesen Informationen nicht für eine Rechtfertigung der
Zugangsbeschränkung zu diesen Daten ausreichen kann."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Geschäftsführer einer GmbH hat keinen Anspruch auf Löschung des ehemals männlichen Vornamens im Handelsregister aus § 5 Abs. 1 Transsexuellengesetz

BGH
Beschluss vom 03.02.2015
TSG § 5; GmbHG § 39

Leitsatz des BGH:


Aus § 5 Abs. 1 TSG folgt kein Anspruch der Geschäftsführerin einer GmbH auf vollständige
Löschung ihres vormals männlichen Vornamens im Handelsregister.

BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 - II ZB 12/14 - OLG Schleswig - AG Pinneberg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamm: Fehlen von Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bzw der Handelsregisternummer und des Registergerichts ist ein abmahnfähiger Wettbwerbsverstoß

OLG Hamm,
Urteil vom 02.04.2009
4 U 213/08


Das OLG Hamm kommt in dieser Entscheidung zu dem Ergebnis, dass das Fehlen der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in der Anbieterkennzeichnung ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß ist. Ebenfalls ist es wettbewerbswidrig, wenn eine Handelsregistereintrag besteht, aber in der Anbieterkennzeichnung die Registernummer bzw. das Registergericht fehlt. Das Gericht ist der Ansicht, dass jeder Verstoß gegen die Pflicht zur Anbieterkennzeichnung nach § 5 TMG und der Pflichten nach §§ 312 c BGB, 1 Info-VO wettbewerbswidrig ist. Zudem hält das OLG Hamm bei derartigen Verstößen einen Streitwert von 15.000 EURO für angemessen.

Die pauschale Betrachtungsweise des OLG Hamm ist abzulehnen. Insbesondere das Fehlen der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist nicht geeignet den Wettbewerb zu beeinflussen. Hingegen dürfte das Fehlen der Informationen zum Handelsregistereintrag regelmäßig wettbewerbswidrig sein, da hierdurch die Rechtsverfolgung erschwert werden kann. Auch der Streitwert ist überhöht. Andere Gericht setzen völlig zu Recht bei derartigen rechtlichen Auseinandersetzungen einen weitaus niedrigeren Streitwert an. Dennoch gilt es die Vorgaben des OLG Hamm einzuhalten. Nach den Grundsätzen des fliegenden Gerichtsstands kann ein Abmahner im Regelfall gerichtliche Schritte im OLG-Bezirk Hamm einleiten.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


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