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LG Frankfurt: Zustellungsmangel führt zur Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wegen rechtswidriger Presseberichterstattung

LG Frankfurt
Urteil vom 14.11.2024
2-03 O 275/24


Das LG Frankfurt hat im vorliegenden Rechtsstreit eine einstweilige Verfügung wegen rechtswidriger Presseberichterstattung aufgrund eines Zustellungsmangels aufgehoben.

Dieser Fall zeigt wieder einmal, dass bei der Zustellung einstweiliger Verfügungen stets mit größter Sorgfalt vorzugehen ist.

Die Pressmeitteilung des Gerichts:
Frist versäumt
Eilverfahren transidenter Person gegen Presseberichterstattung
Die Pressekammer hebt die einstweilige Verfügung auf.

Die Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat mit einem heute verkündeten Urteil eine von einer transidenten Klägerin zuvor erwirkte einstweilige Verfügung gegen verschiedene Medienberichterstattungen aus formellen Gründen aufgehoben. Zwingende Vorschriften bei der Zustellung der einstweiligen Verfügung an das beklagte Medienunternehmen waren von der Anwältin der Klägerin nicht eingehalten worden.

Die Klägerin hatte ihren Personenstand gerichtlich in „weiblich“ ändern lassen. Eine geschlechtsangleichende Operation hat sie nicht durchführen lassen. Im Frühjahr 2024 beabsichtigte sie, ein Probetraining in einem Erlanger Damenfitnessstudio durchzuführen. Das wurde ihr mit dem Hinweis verwehrt, das Sportstudio verfüge nur über Damenumkleiden und Damenduschen.

Über diesen Sachverhalt berichtete die Beklagte auf ihrer Internetseite. In verschiedenen Artikeln wurde der Name der Klägerin genannt und es wurden „verpixelte“ Bilder von ihr veröffentlicht. Außerdem wurde sie als Mann bezeichnet und ein männliches Pronomen für sie verwendet.

Gegen diese Art der Berichterstattung wandte sich die Klägerin mit einem Eilantrag vor dem Landgericht Frankfurt am Main. Die Pressekammer des Gerichts gab dem Antrag mit Beschluss vom 12.7.2024 überwiegend statt. Nachdem die Klägerin ihren Personenstand per Gerichtsbeschluss in „weiblich“ umgeändert habe, stelle die Bezeichnung als „Herr Transfrau“ oder „Herr in Damenkleidung“ und die Verwendung männlicher Fürwörter einen Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht und einen Angriff auf ihre Menschenwürde dar. Die Offenlegung ihres Vor- und Nachnamens verletze die Klägerin in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht, denn dieses beinhalte auch das Recht, anonym zu bleiben. Die Klägerin seit trotz der Verpixelung ohne weiteres erkennbar.

Allerdings stellte die Kammer in ihrem Beschluss klar, das beklagte Medienunternehmen dürfe die Meinung äußern, nur Frauen mit weiblichem Geburtseintrag sollten Mitglieder eines Frauenfitness-Studios sein. „Eine öffentlich geführte Diskussion zu diesem Thema ist von dem Recht auf Meinungsäußerung geschützt. Dabei darf die Beklagte sich auch auf Geschlechtsmerkmale beziehen, solange sie nicht – wie bei den untersagten Äußerungen – einer Person ihre Geschlechtsidentität abspricht. Entsprechend kann ihr das Wortspiel ,Mit-Glied-Schaft‘ nicht untersagt werden.“ Die Richterinnen und Richter führten weiter aus: „Dasselbe gilt für die angegriffene Mitteilung, dass die Antidiskriminierungsbeauftragte jemanden darin unterstützt, ,Zugang zu einem Frauen-Fitnessstudio in Erlangen und Frauenduschen‘ zu erhalten. Laut Antragsschrift hat die Klägerin selbst vorgeschlagen, "etwa nur mit Badehosen zu duschen". Insoweit handelt es sich bei der angegriffenen Äußerung um eine wahre Tatsachenbehauptung mit wertenden Inhalten im Rahmen eines öffentlichen Diskurses.“

Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte Widerspruch eingelegt. Nach mündlicher Verhandlung hat die Pressekammer die zuvor ergangene einstweilige Verfügung mit dem heutigen Urteil nun aus formellen Gründen aufgehoben.

Eine einstweilige Verfügung muss nämlich innerhalb der Frist von einem Monat im sog. „Parteibetrieb“ zugestellt werden. Das bedeutet, dass die Zustellung innerhalb eines Monats von Anwalt zu Anwalt erfolgen muss, wenn eine Partei bereits einen Anwalt hat. Diese Frist hatte die Rechtsanwältin der Klägerin nicht eingehalten. Sie hatte den Beschluss der Beklagten direkt zugestellt, obwohl sich zwischenzeitlich ein Rechtsanwalt der Beklagten zur Akte gemeldet hatte. Unabhängig von der materiellen Rechtslage und etwaigen Rechtsverletzungen in der angegriffenen Medienberichterstattung war die Pressekammer daher gehalten, die einstweilige Verfügung aufzuheben.

Das heutige Urteil ist nicht rechtskräftig (Aktenzeichen: 2-03 O 275/24). Es kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden.


BVerfG lehnt weitere Eilanträge gegen Vorratsdatenspeicherung ab - Verfassungsrechtliche Bewertung nicht für Eilverfahren geeignet

BVerfG
Beschlüsse vom 26.03.2017
1 BvR 3156/15 und 1 BvR 141/16


Das Bundesverfassungsgericht hat erneut Eilanträge gegen die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung abgelehnt und auf die Hauptsacheverfahren verwiesen.

Die Pressemitteilung des BVerfG:

Weitere Eilanträge in Sachen „Vorratsdatenspeicherung“ erfolglos

Die Antragsteller haben sich mit ihren Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erneut gegen das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vom 10. Dezember 2015 gewandt. Sie wollten insbesondere mit Blick auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. Dezember 2016 (Rs. C-203/15 und C-698/15) erreichen, dass die durch dieses Gesetz eingeführte Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit außer Kraft gesetzt wird. Mit heute veröffentlichten Beschlüssen hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Auch nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union stellen sich hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bewertung der angegriffenen Regelungen Fragen, die nicht zur Klärung im Eilrechtschutzverfahren geeignet sind.


Die Volltexte der Entscheidungen finden Sie hier:

1 BVR 3156/15

1 BvR 141/16

BGH: Zum Kostenausspruch und zur Kostenverteilung im selbständigen Beweisverfahren

BGH
Beschluss vom 28.04.2015
VI ZB 36/14
ZPO § 269

Leitsätze des BGH:


a) Im Falle der Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren hat die Kosten dieses Verfahrens entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich der Antragsteller zu tragen.

b) Der Kostenausspruch ist in diesem Fall jedenfalls dann dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, wenn ein solches anhängig ist und dessen Parteien und Streitgegenstand mit denjenigen des selbständigen Beweisverfahrens identisch sind.

c) Die sofortige Beschwerde gegen eine im selbständigen Beweisverfahren entsprechend § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO ergangene isolierte Kostengrundentscheidung wird entsprechend § 269 Abs. 5 Satz 2 ZPO unzulässig, wenn gegen den aufgrund dieses Beschlusses ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

BGH, Beschluss vom 28. April 2015 - VI ZB 36/14 - OLG Karlsruhe in Freiburg - LG Freiburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Kein Regelstreitwert von 20.000 EURO bei durchschnittlichen Wettbewerbssachen im Klageverfahren - Ermessensausübung erforderlich

BGH
Beschluss vom 22.01.2015
I ZR 95/14

Der BGH hat klargestellt, dass es in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten keinen Regelstreitwert von 20.000 EURO für das Hauptsacheverfahren bei durchschnittlichen Wettbewerbssachen gibt. Vielmehr sieht das Gesetz stets eine Ermessensausübung des Gerichts vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Zwar begegnet es Bedenken, dass das Berufungsgericht bei der Festsetzung des Streitwerts von einem Regelstreitwert ausgegangen ist, den es für durchschnittliche Wettbewerbssachen in Klageverfahren mit 20.000 € bemisst.

Denn die Festsetzung eines solchen Regelstreitwerts für Wettbewerbssachen ist mit den Vorschriften des § 3 ZPO und des § 51 Abs. 2 GKG nicht vereinbar, die eine Ermessensausübung des Gerichts vorsehen (Köhler, in: Köhler/Bornkamm,
33. Aufl., § 12 Rn. 5.3a; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 49 Rn. 17; Ahrens/Büttner, 7. Aufl., Kap. 40 Rn. 48; GK-UWG/Ebersohl, 2. Aufl., § 12 F Rn. 4).

Zudem nimmt das Berufungsgericht durch diese Festsetzungspraxis den Parteien in Wettbewerbsstreitigkeiten regelmäßig die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch das Revisionsgericht überprüfen zu lassen.

Vorliegend führt jedoch auch die ordnungsgemäße Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles nicht zu einer 20.000 € überschreitenden Streitwertfestsetzung. Damit übersteigt auch der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer des Klägers diesen Betrag nicht."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: