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EuG: Emmentaler kann nicht als Unionsmarke für Käse eingetragen werden da für deutsche Verkehrskreise rein beschreibend für Käsesorte

EuG
Urteil vom 24.05.2023
T-2/21
Emmentaler Switzerland / EUIPO (EMMENTALER)


Das EuG hat entschieden, dass der Begriff "Emmentaler" nicht als Unionsmarke für Käse eingetragen werden kann, da dieser Begriff für deutsche Verkehrskreise rein beschreibend für eine Käsesorte ist.

Die Pressemitteilung des EuG:
Der Begriff „Emmentaler“ kann nicht als Unionsmarke für Käse geschützt werden

Für Emmentaler Switzerland wurde beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum die internationale Registrierung des Wortzeichens EMMENTALER für „Käse mit der geschützten Ursprungsbezeichnung ‚Emmentaler‘“ vorgenommen.

Diese internationale Registrierung wurde dem Europäischen Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) angezeigt, jedoch wies die Prüferin die Anmeldung zurück. Emmentaler Switzerland legte daher eine Beschwerde ein, die sodann von der Zweiten Beschwerdekammer mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass die angemeldete Marke beschreibend sei.

Mit seinem Urteil weist das Gericht die gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer gerichtete Klage ab. Es prüft in dieser Rechtssache, ob die Beschwerdekammer, indem sie die angemeldete Marke als beschreibend ansah, gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 verstoßen hat. Außerdem präzisiert das Gericht das Zusammenspiel zwischen Art. 74 Abs. 2 dieser Verordnung, der beschreibenden Zeichen oder Angaben gewidmet ist, die als Kollektivmarken bezeichnet werden können, und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung, der beschreibende Marken betrifft.

Würdigung durch das Gericht

Was zum einen den beschreibenden Charakter der angemeldeten Marke angeht, ist das Gericht angesichts der von der Beschwerdekammer berücksichtigten Indizien der Auffassung, dass die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise das Zeichen EMMENTALER unmittelbar als Bezeichnung für eine Käsesorte verstehen. Da es für die Ablehnung der Eintragung eines Zeichens genügt, dass dieses Zeichen in einem Teil der Union, der gegebenenfalls aus einem einzigen Mitgliedstaat bestehen kann, beschreibenden Charakter hat, ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angemeldete Marke beschreibend ist, ohne dass es erforderlich wäre, Gesichtspunkte zu prüfen, die nicht die Wahrnehmung der maßgeblichen deutschen Verkehrskreise betreffen.

Was zum anderen den Schutz der angemeldeten Marke als Kollektivmarke betrifft, weist das Gericht darauf hin, dass Kollektivmarken nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 abweichend von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung aus Zeichen oder Angaben bestehen können, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Ausnahme ist jedoch eng auszulegen. Von ihrer Reichweite sind somit keine Zeichen erfasst, die als Hinweis auf die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die Zeit der Herstellung oder eine andere Eigenschaft der betreffenden Waren anzusehen sind, sondern lediglich Zeichen, die als eine Angabe der geografischen Herkunft dieser Waren erachtet werden. Da die angemeldete Marke für die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise eine Käsesorte beschreibt und nicht als geografische Herkunftsangabe für den betreffenden Käse wahrgenommen wird, kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass sie als Kollektivmarke keinen Schutz genießt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Hamburg: Schwäbische Brennerei darf ihren Whisky nicht unter der Bezeichnung "Glen Buchenbach" anbieten - Verletzung der geschützten geografischen Angabe "Scotch Whisky"

OLG Hamburg
Urteil vom 20.01.2022
5 U 43/19


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass eine schwäbische Brennerei ihren Whisky nicht unter der Bezeichnung "Glen Buchenbach" anbieten darf, da die Verwendung des Wortes "Glen" die geschützte geografische Angabe "Scotch Whisky" verletzt. Es wird - so das Gericht - fälschlich suggeriert, dass das Produkt aus Schottland stammt.

Siehe auch zum Thema: EuGH: Bezeichnung "Glen" für Whisky kann möglicherweise die geschützte geografische Angabe "Scotch Whisky" verletzen


KG Berlin: Irreführung durch Werbung mit "aus Berlin" wenn das Produkt dort nicht hergestellt wird sondern nur der Geschäftssitz in Berlin ist

KG Berlin
Beschluss vom 16.03.2021
5 U 86/19


Das KG Berlin hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "aus Berlin" vorliegt, wenn das Produkt dort nicht hergestellt wird sondern nur der Geschäftssitz in Berlin ist. Vorliegend ging es um Getränke. Geklagte hatte die Wettbewerbszentrale.

Aus den Entscheidungsgründen:

"a) Dem – nach Vorstehendem auch anspruchsberechtigten – Kläger steht der mit der mit dem Klageantrag zu Ziff. 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.

Der Anspruch folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 i. V. mit § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG.

Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch ist begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten zum Zeitpunkt seiner Vornahme wettbewerbswidrig war und sich auch noch nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz geltenden Rechtslage als wettbewerbswidrig darstellt (BGH Beschl. v. 15.10.2020 – I ZR 8/19, GRUR-RS 2020, 31452 Rn. 12 – Gruppenversicherung).

So liegt es hier.

aa) Die von dem Kläger angegriffene geschäftliche Handlung der Beklagten ist unzulässig i.S. von § 3 Abs. 1 UWG, da sie gem. § 5 Abs. 1 S. 1 i. V. mit S. 2 Nr. 1 UWG unlauter ist.

Unlauter handelt nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

(1) Die angegriffene Angabe „PREMIUM FILLER AUS BERLIN“ ist irreführend.

Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Fall 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung enthält, zu denen auch die, was hier relevant ist, geographische Herkunft zählt. Eine Irreführung liegt vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (BGH, Urt. v. 25.06.2020 – I ZR 96/19, GRUR 2020, 1226 Rn. 14 – LTE-Geschwindigkeit; Urt. v. 08.3.2012 − I ZR 202/10, GRUR 2012, 1053 Rn. 19 – Marktführer Sport). Das ist hier der Fall.

(a) Für die Frage, wie die angegriffene geschäftliche Handlung von den angesprochenen Verkehrskreisen verstanden wird, ist hier die Sichtweise des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend, der jener Angabe die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2017 – I ZR 78/16 –, Rn. 27, juris – Tiegelgröße).

(aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte die hier interessierenden Getränke seit Ende des Jahres 2016 über den stationären Einzelhandel vertreibt, insbesondere also auch gegenüber Verbrauchern. Der Senat kann das Verständnis des hiernach maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers selbst feststellen, weil seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören (vgl. BGH, Urt. v. 23.09.2015 – I ZR 15/14, GRUR 2016, 83 Rn. 52 – Amplidect/ampliteq; Urt. v. 02.10.2003 – I ZR 150/01, GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft) und er zudem aufgrund seiner ständigen Befassung mit Kennzeichen- und Wettbewerbsstreitsachen in der Lage ist, das Verkehrsverständnis anhand seiner Erfahrungen selbst zu beurteilen (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2014 – I ZR 34/12, GRUR 2014, 1211 Rn. 20 – Runes of Magic II; Urt. v. 02.10.2003 – I ZR 150/01, GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft). Eine Beweisaufnahme bedurfte es mithin zu der Frage, wie jene Verkehrskreise die Angabe verstehen, entgegen der Berufung nicht. Die Ermittlung des Verkehrsverständnisses ist keine Tatsachenfeststellung, sondern die Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens (BGH, Urt. v. 18.09.2014 – I ZR 34/12, GRUR 2014, 1211 Rn. 19 – Runes of Magic II).

(bb) Entgegen der Berufung ist nicht allein darauf abzustellen, wie “Fachkreise aus der Bar-/Gastronomie-/Barkeeper-Szene“ die streitgegenständliche Angabe verstehen. Nur dann, wenn eine geschäftliche Handlung sich ausschließlich an Fachleute wendet, ist deren Auffassung und Sprachgebrauch auf dem betreffenden Fachgebiet entscheidend (Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 1.64; vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2013 – I ZR 62/11, GRUR 2013, 649 Rn. 50). Demgegenüber genügt die Irreführung in einem der angesprochenen Verkehrskreise, wenn die geschäftliche Handlung sich – wie hier – an verschiedene Kreise richtet (BGH, Urt. v. 02.10.2003 – I ZR 150/01 –, BGHZ 156, 250, Rn. 23, juris – Marktführerschaft).

(b) Auf der Grundlage der angegriffenen Angabe entsteht jedenfalls bei den angesprochenen Verbrauchern der Eindruck, die geographische Herkunft des beworbenen Produkts liege in Berlin.

(aa) Jenes Verständnis folgt insbesondere daraus, dass in der Bezeichnung ausdrücklich auf die Stadt Berlin Bezug genommen wird (“PREMIUM FILLER AUS BERLIN“). Anknüpfend hieran gehen die Verbraucher davon aus, dass jedenfalls wesentliche Produktionsschritte, sei es bei der Herstellung oder beim Abfüllen, in Berlin vorgenommen werden.

(bb) Entgegen der Berufung beziehen die angesprochenen Verbraucher die angegriffene Bezeichnung nicht allein auf den Geschäftssitz des Herstellers oder den Entwicklungsort. Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, richtet sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (vgl. nur BGH, Urt. v. 05.11.2015 – I ZR 182/14 –, Rn. 10, juris – Durchgestrichener Preis II). Hier ist zu berücksichtigen, dass sich die angegriffene Angabe auf dem Etikett der von der Beklagten angebotenen Produkte befindet und dort unmittelbar unter der Angabe, um welche Sorte es sich bei dem jeweiligen Produkt handelt, und nicht etwa im Anschluss an die Unternehmensbezeichnung. Der Verkehr bezieht die Ortsangabe damit auf das Produkt. Auch die Beklagte geht davon aus, der Begriff “Filler“ weise auf das Produkt hin; sie zieht nur den unzutreffenden Schluss, der Verkehr verbinde dies allein mit dem Geschäftssitz oder gehe davon aus, das Produkt sei in Berlin besonders “hip“. Auch bei Produkten der hier interessierenden Art geht der angesprochene Verbraucher demgegenüber bei dem Hinweis darauf, dass ein Produkt “AUS“ Berlin sei, davon aus, dass es dort hergestellt und nicht lediglich entwickelt wurde; dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Getränk handelt, das insbesondere in der Berliner Bar-/Gastronomie-/Barkeeper-Szene zum Einsatz kommen mag. Auf die genaue Übersetzung des englischen Begriffs “Filler“ kommt es insoweit nicht an, zumal sie dem hier angesprochenen durchschnittlichen Verbraucher ohnehin nicht bekannt ist. Es handelt sich keineswegs um einen in Deutschland geläufigen Begriff der englischen Sprache.

(cc) Zwar entnimmt der Verkehr einer Ortangabe etwa dann keine geographische Herkunftsangabe, wenn der genannte Ort von vorneherein nicht dazu geeignet ist, das in Rede stehende Produkt zu produzieren und die angesprochenen Verkehrskreise hierüber in Kenntnis sind (vgl. OLG München, Urt. v. 01.02.2018 – 29 U 885/17 –, Rn. 43, juris – betr. die Angabe „Neuschwansteiner“ für Bier). So liegt es hier aber nicht. Die Stadt Berlin scheidet als Herstellungs- und/oder Abfüllort des hier interessierenden Produkts nicht schlechterdings aus.

(dd) Aufgrund der bereits aufgezeigten Gesamtzusammenhangs, in dem die Angabe steht, wäre es für das von der Beklagten befürwortete Verständnis erforderlich gewesen, dass sich aus den weiteren Umständen, ggf. auf der Grundlage eines unmissverständlichen Zusatzes, eindeutig ergibt, dass mit der Ortsangabe lediglich der Geschäftssitz des Unternehmens oder etwa der Ort gemeint ist, an dem gewichtige unternehmerische Entscheidungen getroffen werden, insbesondere die Entwicklung stattgefunden habe. Eine solche Klarstellung wird nicht etwa dadurch erreicht, dass der Begriff “Filler“ verwendet wird.

(ee) Es kann offen bleiben, ob der Verkehr in jener Angabe – wie ausgeführt – neben dem Hinweis auf die geographische Herkunft des Produktes zusätzlich noch einen Hinweis darauf erkennt, in welchem Ort die Beklagte ihren Geschäftssitz unterhält. Aus den genannten Gründen entnimmt der Verkehr der Bezeichnung einen solchen Inhalt keineswegs ausschließlich. Ist die Aussage aber mehrdeutig, muss der Werbende die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen (BGH, Urt. v. 31.03.2016 – I ZR 88/15, GRUR 2016, 1189 Rn. 47 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur; Urt. v. 21.02.1991 – I ZR 106/89, GRUR 1992, 66, 67 – Königl.-Bayerische Weisse).

(c) Das Verständnis, das durch die Werbung bei den relevanten Verkehrskreisen erzeugt wird, ist unzutreffend; es stimmt mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein. Dabei kann hier dahin stehen, ob der verständige Verbraucher annimmt, dass sowohl die Herstellung als auch das Abfüllen, nur einer dieser Produktionsschritte oder auch nur Teile davon in Berlin vorgenommen werden (zur vergleichbaren Frage im Rahmen von § 127 MarkenG vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 127 Rn. 7). Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte ihre Produkte in Berlin weder (teilweise) herstellt noch abfüllt. Dass die Beklagte ihren Geschäftssitz in Berlin haben und dort die wesentlichen Entscheidungen treffen mag, ist mithin insoweit unerheblich.

(2) Die angegriffene geschäftliche Handlung ist auch dazu geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 UWG).

(a) Mit diesem Merkmal soll sichergestellt werden, dass nur solche geschäftlichen Handlungen unlauter sind, die wettbewerblich relevant sind (vgl. Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 1.172). Eine Irreführung ist wettbewerbsrechtlich relevant, wenn die Fehlvorstellung des angesprochenen Verkehrs für den Kaufentschluss irgendwie – im Sinne einer allgemeinen Wertschätzung – von Bedeutung ist, ohne dass es auf besondere Qualitätserwartungen ankommt (BGH, Urt. v. 30.07.2015 – I ZR 250/12, GRUR 2016, 406 Rn. 22 – Piadina-Rückruf). Dabei kann auf Grund des Hervorrufens einer Fehlvorstellung grundsätzlich auf die wettbewerbliche Relevanz der Irreführung geschlossen werden. Etwas anderes gilt zwar dann, wenn über Umstände getäuscht worden ist, die für das Marktverhalten der Gegenseite nur eine unwesentliche Bedeutung haben (BGH, Urt. v. 19.04.2018 – I ZR 244/16, GRUR 2018, 950 Rn. 43 – Namensangabe; Urt. v. 29.03.2007 – I ZR 122/04, GRUR 2007, 1079 Rn. 26 – Bundesdruckerei). Das ist hier aber nicht der Fall. Es ist – im Gegenteil – vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass der Verkehr dem Herkunftshinweis eine wettbewerbliche Bedeutung beimisst (vgl. Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 1.187). Da geographische Herkunftsangaben ein wesentliches werbliches Kennzeichnungsmittel sind, bedarf es – wie im Rahmen von § 127 Abs. 1 MarkenG (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2015 – I ZR 250/12, GRUR 2016, 406 Rn. 22 – Piadina-Rückruf; s. auch Hacker in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 127 Rn. 7, der von einer tatsächlichen Vermutung spricht) – regelmäßig besonderer Gründe für die Annahme, dass eine irreführende geographische Herkunftsangabe für den Kaufentschluss des getäuschten Publikums ohne Bedeutung ist (BGH, Urt. v. 30.07.2015 – I ZR 250/12, GRUR 2016, 406 Rn. 22 – Piadina-Rückruf).

(b) Hier sind solche besonderen Umstände weder von der Beklagten vorgetragen noch sonst erkennbar. Insbesondere überzeugt der Einwand der Beklagten nicht, es sei – anders als bei Bier oder Wein – letztlich gleichgültig, an welchem Ort das hier in Rede stehende Getränk produziert und abgefüllt werde. Das mag zwar auf das erzielte Geschmacksergebnis zutreffen, lässt aber außer Acht, dass ein relevanter Anteil auch der hier angesprochenen Verkehrskreise bei der Kaufentscheidung sich auch davon leiten lässt, ob es sich um ein regionales Produkt handelt. Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, dass der Einwand der Berufung, es gehe dem Verbraucher allein darum, dass es sich bei den beworbenen Getränken um innovative Produkte handele, die in der modernen Stadt Berlin besonders “hip“ seien, ebenfalls nicht durchgreifen kann.

bb) Die gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor.

Dabei besteht eine tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr, wenn es in der Vergangenheit bereits zu einem (kerngleichen) Wettbewerbsverstoß gekommen ist (s. nur BGH, Beschl. v. 16.11.1995 – I ZR 229/93, GRUR 1997, 379 f. – Wegfall der Wiederholungsgefahr II). Dies ist hier aus den oben ausgeführten Gründen der Fall. Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass die tatsächliche Vermutung entfallen ist, sind nicht erkennbar.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:






OLG Frankfurt: Schaumwein darf Italian Rosé und Product of Italy genannt werden wenn italienischer Grundwein in Spanien zu Schaumwein verarbeitet wird

OLG Frankfurt
Beschluss vom 11.09.2020
6 W 95/20


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass Schaumwein "Italian Rosé" und "Product of Italy" genannt werden darf, auch wenn italienischer Grundwein in Spanien zum Schaumwein verarbeitet wird.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Italian Rosé und Product of Italy trotz zweiter alkoholischer Gärung in Spanien

Schaumwein aus in Italien geernteten und zu Wein verarbeiteten Trauben darf als Produkt aus Italien beworben werden, auch wenn die zweite Gärung und damit verbundene Verarbeitung des Grundweins zu Schaumwein in Spanien erfolgt. Die in der EU geforderte Herkunftsangabe knüpft entweder an das Land an, in dem die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet werden, oder aber das Land, in dem die zweite Gärung zu Schaumwein erfolgt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) wies deshalb mit heute veröffentlichtem Beschluss die Beschwerde eines Weinherstellers zurück.

Die Antragstellerin betreibt eine große deutsche Weinkellerei. Die Antragsgegnerin vertreibt Schaumweine, u.a. den Schaumwein “Italian Rosé“, den sie als „Product of Italy“ bezeichnet. Die Trauben dieses Schaumweines werden in Italien geerntet, wo sie auch zu Wein verarbeitet werden. In einem zweiten Schritt werden diesem „Grundwein“ Likör und Zucker sowie Hefe zugesetzt. Dieser als „zweite Gärung“ bezeichnete Schritt findet in Spanien statt. Die Antragstellerin hält die Bewerbung des Schaumweines als „Product of Italy“ für irreführend und wettbewerbswidrig.

Das Landgericht hat im Eilverfahren Unterlassungsansprüche der Antragstellerin gegen die geschilderte Bewerbung des Schaumweins zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Antragstellerin könne nicht verlangen, dass die Antragsgegnerin es unterlasse, den Schaumwein mit den streitgegenständlichen Angaben als italienisches Produkt zu bewerben, beschloss das OLG. Die Herkunftsangabe sei zutreffend. Die Angabe der Herkunft stelle eine obligatorische Pflichtangabe für in der EU vermarkteten oder für die Ausfuhr bestimmten Schaumwein dar. Die Angabe erfolge durch die Wörter „Wein aus“, „erzeugt in“, „Erzeugnis aus“ oder entsprechende Begriffe, wobei der Name des Mitgliedstaates oder Drittlandes hinzugefügt wird, „in dem die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet werden“ (Art. 45 Abs. 1 VO (EU) 2019/33). Hier würden die Trauben in Italien geerntet und auch dort zu Wein verarbeitet. Die zweite, in Spanien erfolgende Gärung ändere nichts an der in Italien erfolgten Traubenernte und Verarbeitung zu Wein i.S.d. Verordnung. Mit der Wendung „zu Wein verarbeitet“ sei auch nicht bereits das Endprodukt - Schaumwein - gemeint. Der Ort der zweiten Gärung könne vielmehr alternativ als Herkunftsangabe gewählt werden (Art. 45 Abs. 1 S. 2 VO (EU) 2019/33).

Es sei auch nicht die Intention des Verordnungsgebers gewesen, dass ein Schaumwein nur dann als Produkt aus Italien bezeichnet werden dürfe, wenn nicht nur die Trauben von dort stammten und dort zu Grundwein verarbeitet worden seien, sondern auch der Schaumwein dort hergestellt worden sei. Die Verordnung ermögliche vielmehr die Anknüpfung an verschiedene Herstellungsprozesse und damit verbunden unterschiedliche Herkunftsangaben.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.9.2020, Az. 6 W 95/20
(vorausgehend Landgericht Wiesbaden, Beschluss vom 3.8.2020, Az. 12 O 1514/20)

Die Entscheidung ist in Kürze im Volltext unter www.rv.hessenrecht.hessen.de abrufbar.

Erläuterungen:
Artikel 45 VO (EU) 2019/33 Angabe der Herkunft
(1) [1] Die Angabe der Herkunft gemäß Artikel EWG_VO_1308_2013 Artikel 119 Absatz EWG_VO_1308_2013 Artikel 119 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 erfolgt folgendermaßen:
a) bei Weinbauerzeugnissen, die in Anhang EWG_VO_1308_2013 VII Teil II Nummern 1, 3 bis 9, 15 und 16 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 genannt sind, durch die Wörter „Wein aus (…)“, „erzeugt in (…)“, „Erzeugnis aus (…)“ oder „Sekt aus (…)“ oder entsprechende Begriffe, ergänzt durch den Namen des Mitgliedstaats oder Drittlands, in dem die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet werden;
b) durch die Wörter „Wein aus der Europäischen Union“ oder „Verschnitt von Weinen aus verschiedenen Ländern der Europäischen Union“ oder entsprechende Begriffe im Falle von Wein, der sich aus der Mischung von Weinen mit Ursprung in verschiedenen Mitgliedstaaten ergibt;
c) durch die Wörter „Wein aus der Europäischen Union“ oder „Wein gewonnen in (…) aus in (…) geernteten Trauben“ unter Angabe der Namen der betreffenden Mitgliedstaaten im Falle von Wein, der in einem Mitgliedstaat aus in einem anderen Mitgliedstaat geernteten Trauben erzeugt wird;
d) durch die Wörter „Verschnitt aus (…)“ oder entsprechende Begriffe, ergänzt durch die Namen der betreffenden Drittländer im Falle von Wein, der sich aus der Mischung von Weinen mit Ursprung in verschiedenen Drittländern ergibt;
e) durch die Wörter „Wein gewonnen in (…) aus in (…) geernteten Trauben“ unter Angabe der Namen der betreffenden Drittländer im Falle von Wein, der in einem Drittland aus in einem anderen Drittland geernteten Trauben erzeugt wird.
[2] Abweichend von Unterabsatz 1 Buchstabe a kann bei Weinbauerzeugnissen gemäß Anhang EWG_VO_1308_2013 VII Teil II Nummern 4, 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, die nicht durch eine Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe geschützt sind, die Angabe gemäß Buchstabe a durch die Angabe „erzeugt in (…)“ oder entsprechende Begriffe, ergänzt durch den Namen des Mitgliedstaats, in dem die zweite Gärung stattgefunden hat, ersetzt werden.



BGH: Deutscher Balsamico II - Auch wenn nicht geografische Bestandteile einer geografischen Angabe nicht geschützt sind ist zu prüfen ob die Produktaufmachung eine unzulässige Anspielung ist

BGH
Urteil vom 28.05.2020
Deutscher Balsamico II
Verordnung (EG) Nr. 583/2009 Art. 1; Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und c; MarkenG § 135 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass auch nach der EuGH-Entscheidung (siehe dazu EuGH: Nicht geografische Begriffe "aceto" und "balsamico" sind nicht vom Schutz der geschützten geografischen Angabe "Aceto Balsamico di Modena" umfasst ) zu prüfen ist, ob die konkrete Produktaufmachung eine unzulässige Anspielung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 ist.

Leitsatz des BGH:

Der Umstand, dass sich der Schutz einer geschützten geografischen Angabe (hier: "Aceto Balsamico di Modena") nicht auf die Verwendung ihrer einzelnen nicht geografischen Bestandteile (hier: "Aceto", "Balsamico", "Aceto Balsamico") in einer Produktbezeichnung erstreckt, entbindet nicht von der Prüfung, ob eine angegriffene Produktaufmachung unter Berücksichtigung ihrer weiteren sprachlichen und bildlichen Gestaltungsmerkmale eine Anspielung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 darstellt.

BGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - I ZR 253/16 - OLG Karlsruhe - LG Mannheim

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Nicht geografische Begriffe "aceto" und "balsamico" sind nicht vom Schutz der geschützten geografischen Angabe "Aceto Balsamico di Modena" umfasst

EuGH
Urteil vom 04.12.2019
C-432/18
Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena ./. Balema GmbH


Der EuGH hat entschieden, dass die nicht geografischen Begriffe "aceto" und "balsamico" nicht vom Schutz der geschützten geografischen Angabe "Aceto Balsamico di Modena" umfasst sind.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Der Schutz der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ erstreckt sich nicht auf die Verwendung ihrer nicht geografischen Begriffe wie „aceto“ und „balsamico“

Die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)“ (Balsamessig aus Modena, Italien) ist seit 2009 im Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und der geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) eingetragen.

Balema ist eine deutsche Gesellschaft, die auf Essig aus badischen Weinen basierende Produkte erzeugt und vermarktet. Auf den Etiketten dieser Produkte befinden sich die Begriffe „Balsamico“ und „Deutscher balsamico“ in der Aufschrift „theo der essigbrauer, Holzfassreifung, Deutscher balsamico traditionell, naturtrüb aus badischen Weinen“ bzw. „1. Deutsches Essig-Brauhaus, Premium, 1868, Balsamico, Rezeptur No. 3“.

Das Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena, ein Konsortium, dem Erzeuger von Erzeugnissen mit der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)“ angehören, hatte von Balema verlangt, die Verwendung des Begriffs „balsamico“ zu unterlassen. Daraufhin erhob Balema bei den deutschen Gerichten Klage auf Feststellung, dass sie diesen Begriff für ihre
Produkte verwenden darf.

Der mit dem Rechtsstreit befasste Bundesgerichtshof (Deutschland) möchte vom Gerichtshof wissen, ob der durch die Verordnung über den Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gewährte Schutz der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ nur die Gesamtbezeichnung, d. h. „Aceto Balsamico di
Modena“, betrifft oder sich auf die Verwendung ihrer nicht geografischen Bestandteile, d. h. „aceto“, „balsamico“ und „aceto balsamico“, erstreckt.

Mit seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass sich der Schutz der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ nicht auf die Verwendung ihrer einzelnen nicht geografischen Begriffe erstreckt.

Der Gerichtshof führt aus, dass die Eintragung der in Rede stehenden g.g.A. und der sich aus ihr ergebende Schutz die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ als Ganzes betreffen, weil diese Bezeichnung sowohl auf dem nationalen Markt als auch im Ausland ein unzweifelhaftes Ansehen genießt. Dagegen können die nicht geografischen Begriffe dieser g.g.A., nämlich „aceto“ und „balsamico“, sowie ihre Kombination und ihre Übersetzungen nicht in den Genuss dieses Schutzes kommen, insbesondere weil der Begriff „aceto“ ein üblicher Begriff ist und der Begriff „balsamico“ ein Adjektiv ist, das üblicherweise zur Bezeichnung eines durch einen süßsauren Geschmack gekennzeichneten Essigs verwendet wird.

Der Gerichtshof weist ferner darauf hin, dass die Begriffe „aceto“ und „balsamico“ in den eingetragenen g.U. „Aceto balsamico tradizionale di Modena“ und „Aceto balsamico tradizionale di Reggio Emilia“ erscheinen, ohne dass ihre Verwendung den Schutz der in Rede stehenden g.g.A. beeinträchtigt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Hamburg: Bezeichnung Glen Buchenbach für Whisky aus Deutschland ist eine unzulässige Irreführung - Verbraucher erwartet einen Scotch Whisky

LG Hamburg
Urteil vom 19.01.2017
327 O 127/16


Das LG Hamburg hat entschieden, dass die Bezeichnung "Glen Buchenbach" für Whisky aus Deutschland eine unzulässige Irreführung darstellt. Verbraucher erwarten bei Verwendung des Wortes "Glen" einen Scotch Whisky.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Auf Grund eines Verstoßes gegen Art. 16 lit. c) der Verordnung Nr. 110/2008 steht der Klägerin gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 MarkenG in analoger Anwendung zu.

1. Die Bestimmung des § 135 Abs. 1 S. 1 MarkenG sieht für die in der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 niedergelegten Vorschriften zum Schutz geografischer Herkunftsangaben einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch vor. Jedoch sind Spirituosen nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 vom Anwendungsbereich der von § 135 MarkenG erfassten Verordnung ausdrücklich ausgeschlossen. Mit Rücksicht auf die gebotene Gewährleistung eines einheitlichen und effektiven Rechtsschutzes der durch Verordnungen der Europäischen Union geschützten Herkunftsangaben im nationalen Recht besteht allerdings eine vergleichbare Interessenlage. Diese rechtfertigt es, die für Spirituosen im nationalen Recht bestehende Regelungslücke durch die analoge Anwendung des § 135 MarkenG auf die in Art. 16 der Verordnung Nr. 110/2008 geregelten Verletzungstatbestände zu schließen (vgl. BGH GRUR 2019, 185 Rn. 20 ff. - Champagner Sorbet II).

2. Die Klagebefugnis und Aktivlegitimation der Klägerin folgt aus § 135 Abs. 1 S. 1 MarkenG analog in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Nachdem der Beklagte pauschal mit Nichtwissen bestritten hat, „dass es sich bei der Klägerin um einen nach § 8 Abs. 3 UWG zur Anspruchsdurchsetzung Berechtigten“ handle, hat die Klägerin substantiiert dargelegt, dass sie von ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung her imstande ist, ihre satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen. Der Beklagte ist diesem Tatsachenvortrag nicht mehr entgegengetreten.

3. Durch den Vertrieb des Whiskys „Glen Buchenbach“ hat der Beklagte zwar nicht gegen Art. 16 lit. a) oder b), jedoch gegen Art. 16 lit. c) der Verordnung Nr. 110/2008 verstoßen.

a) Art. 16 lit. a) der Verordnung Nr. 110/2008 setzt bzgl. einer „indirekte[n] gewerbliche Verwendung einer eingetragenen geografischen Angabe für Spirituosen“ voraus, dass das streitige Zeichen die eingetragene geografische Angabe in identischer oder zumindest in klanglich und/oder visuell hochgradig ähnlicher Form verwendet (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 31). Das ist bzgl. des streitgegenständlichen Zeichens „Glen“ und der geschützten geografischen Angabe „Scotch Whisky“ offenkundig nicht der Fall.

b) Art. 16 lit. b) der Verordnung Nr. 110/2008 setzt eine „widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung“ in Bezug auf die eingetragene geografische Angabe voraus.

Gemäß der Entscheidung des EuGH im vorliegenden Verfahren ist bei der Beurteilung, ob eine „Anspielung“ im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, zu prüfen, ob der Verbraucher durch den Namen des betreffenden Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 46). Dabei ist auf die Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen europäischen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 47). Die Feststellung einer klanglichen und visuellen Ähnlichkeit der streitigen Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe stellt dabei keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer „Anspielung“ dar. Sie ist nämlich nur eines der Kriterien, die das nationale Gericht zu berücksichtigen hat, wenn es beurteilt, ob der Verbraucher durch den Namen des betreffenden Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt. Folglich ist nicht auszuschließen, dass eine Einstufung als „Anspielung“ auch dann möglich ist, wenn keine solche Ähnlichkeit besteht (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 49). Neben den Kriterien, die den teilweisen Einschluss einer geschützten geografischen Angabe in der streitigen Bezeichnung sowie die klangliche und visuelle Ähnlichkeit dieser Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe betreffen, ist auch das Kriterium der inhaltlichen Nähe zwischen Begriffen aus verschiedenen Sprachen (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 50) bzw. die inhaltliche Nähe der Angabe zu der Bezeichnung (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 52) zu berücksichtigen. Kein Kriterium ist demgegenüber, ob eine irgendwie geartete Assoziation mit der geschützten geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorgerufen wird (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 53). Wenn das Wecken jeder irgendwie gearteten Assoziation ausreichend wäre, würde Art. 16 lit. b) der Verordnung Nr. 110/2008 in den Anwendungsbereich der nachfolgenden lit. c) und d) eingreifen, die Fälle betreffen, in denen die Bezugnahme auf eine geschützte geografische Angabe noch schwächer ausgeprägt ist als eine „Anspielung“ auf sie (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 54).

Nach diesem Maßstab liegt hier keine „Anspielung“ vor (in diesem Sinne auch Dütz, GWR 2018, 260). Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt danach nicht jeder gedankliche Bezug. Der gedankliche Bezug muss sich vielmehr aus den vom EuGH genannten Kriterien ergeben. Vorliegend fehlt es jedoch an einem teilweisen Einschluss der geschützten geografischen Angabe in der streitigen Bezeichnung sowie einer klanglichen oder visuellen Ähnlichkeit. Auch eine inhaltliche Nähe der Begriffe liegt nicht vor, denn die Begriffsinhalte der Worte „Scotch Whiskey“ und „Glen“ sind nicht ähnlich. „Glen“ ist insbesondere kein Synonym für „Scotch Whisky“ und umschreibt diesen Begriff auch nicht inhaltlich. Dass das Wort „Glen“ eine Assoziationskette auslösen kann, die den Verkehr zu der Annahme verleiten kann, dass es sich um einen Scotch Whisky handle, reicht nach der Rechtsprechung des EuGH gerade nicht aus.

c) Es liegt jedoch ein Verstoß gegen Art. 16 lit. c) der Verordnung Nr. 110/2008 vor. Voraussetzung hierfür ist, dass eine sonstige falsche oder irreführende Angabe zur Herkunft, zum Ursprung, zur Beschaffenheit oder zu wesentlichen Merkmalen in der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung des Erzeugnisses vorliegt, die geeignet ist, einen falschen Eindruck über den Ursprung zu erwecken.

Gemäß der Entscheidung des EuGH erweitert Art. 16 lit. c) der Verordnung Nr. 110/2008 den geschützten Bereich um „alle sonstigen ... Angaben“ – d. h. um Informationen für die Verbraucher – in der Bezeichnung oder auf der Aufmachung oder Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses, die zwar nicht auf die geschützte geografische Angabe anspielen, aber angesichts der Verbindungen zwischen dem Erzeugnis und der Angabe als falsch oder irreführend eingestuft werden (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 65). Der Ausdruck „alle sonstigen ... Angaben“ erstreckt sich auf Informationen jeder Art in der Bezeichnung oder auf der Aufmachung oder Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses, insbesondere in Form eines Textes, eines Bildes oder eines Behältnisses, die geeignet sind, Auskunft über die Herkunft, den Ursprung, die Beschaffenheit oder die wesentlichen Merkmale des Erzeugnisses zu geben (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 66). Art. 16 lit. c) der Verordnung Nr. 110/2008 sieht einen weitreichenden Schutz eingetragener geografischer Angaben vor. Könnte eine falsche oder irreführende Angabe aufgrund zusätzlicher, insbesondere den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses betreffender Informationen in ihrem Umfeld gleichwohl zulässig sein, verlöre diese Bestimmung aber ihre praktische Wirksamkeit (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 67). Bei der Feststellung, ob eine nach dieser Bestimmung unzulässige „falsche oder irreführende Angabe“ vorliegt, ist das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, daher nicht zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2018, 843 Rn. 71).

Nach diesem Maßstab liegt hier eine irreführende Angabe vor. Die Verwendung des Begriffs „Glen“ erweckt bei dem europäischen Durchschnittsverbraucher den Eindruck, dass der so bezeichnete Whisky ein Scotch Whisky sei. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass es sich bei Whiskys, die „Glen“ im Namen führen, fast ausschließlich um Scotch Whiskys handelt. Dass die sonstigen, insbesondere von dem Beklagten genannten „Glen“-Whiskys überhaupt in relevantem Ausmaß in der Europäischen Union abgesetzt würden, hat der Beklagte weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Darüber hinaus hat die Klägerin nicht zuletzt mit Hilfe der Anlagen K 89 bis K 101 dargelegt, dass die „Glen“-Whiskys, die in Supermärkten in diversen europäischen Ländern vorgehalten werden, ausschließlich Scotch Whiskys sind. Dass umgekehrt wiederum nur ein kleiner Teil der Scotch Whiskys „Glen“ heißt, ist unerheblich. Streitentscheidend ist nämlich allein, ob die Gefahr besteht, das der Verbraucher bei einem Whisky, der „Glen“ im Namen führt, an Scotch Whisky denkt und nicht, ob er bei Scotch Whisky an „Glen“ denkt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Verwendung des Begriffs „Glen“ hier nicht auf Zufall beruht (vgl. dazu EuGH GRUR 2016, 388 Rn. 39 und 48 – Viiniverla [Verlados]; EuGH GRUR Int 1999, 443 Rn. 28 - Consorzio per la tutela del formaggio Gorgonzola). Mit dem Namen „Glen Buchenbach“ soll gemäß den Ausführungen auf der Internetseite gemäß Anlage K 9 ganz bewusst auf den gälischen Begriff „Glen“ für „Tal“ angespielt werden, da sich die Brennerei im Buchenbachtal befindet. Die Irreführung wird gemäß der Entscheidung des EuGH auch nicht dadurch ausgeräumt, dass sich auf dem Etikett noch die Zusätze „Swabian Single Malt Whisky“, „Deutsches Erzeugnis“ und „Hergestellt in den B.“ befinden. Ebenso kann eine Irreführung aus Rechtsgründen nicht durch die Verwendung des weiteren Zeichenbestandteils „Buchenbach“ ausgeräumt werden, selbst wenn die Verkehrskreise dieses Wort als deutsch erkennen würden. Da somit die Verwendung des angegriffenen Zeichens „Glen Buchenbach“ in jedem werblichen Umfeld irreführend ist, steht der Klägerin das beantragte Schlechthin-Verbot zu."


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EuGH: Bezeichnung "Glen" für Whisky kann möglicherweise die geschützte geografische Angabe "Scotch Whisky" verletzen

EuGH
Urteil vom 07.07.2018
C-44/17
Scotch Whisky Association / Michael Klotz


Der EuGH hat entschieden, dass die vorangestellte Bezeichnung "Glen" für Whisky möglicherweise die geschützte geografische Angabe "Scotch Whisky" verletzen kann. Das Ausgangsgericht muss dazu prüfen, ob ein Durchschnittsverbraucher unmittelbar an die eingetragene geografische Angabe "Scotch Whisky" denkt, wenn er ein vergleichbares Erzeugnis mit der Bezeichnung "Glen" vor sich hat

Die Pressemitteilung des EuGH:

Um festzustellen, ob eine nach dem Unionsrecht unzulässige „Anspielung“ vorliegt, muss das vorlegende Gericht prüfen, ob ein Verbraucher unmittelbar an die eingetragene geografische Angabe „Scotch Whisky“ denkt, wenn er ein vergleichbares Erzeugnis mit der Bezeichnung „Glen“ vor sich hat

Es genügt nicht, dass die Bezeichnung beim angesprochenen Verbraucher eine irgendwie geartete Assoziation mit der geschützten Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet wecken kann Herr Michael Klotz vertreibt einen Whisky mit der Bezeichnung „Glen Buchenbach“, der von einer Brennerei in Berglen im schwäbischen Buchenbachtal (Deutschland) hergestellt wird. Das auf den Flaschen angebrachte Etikett enthält u. a. folgende Angaben: „Waldhornbrennerei, Glen Buchenbach, Swabian Single Malt Whisky [Schwäbischer Single Malt Whisky], Deutsches Erzeugnis, Hergestellt in den Berglen“.

Die Scotch Whisky Association, eine Interessenvertretung der schottischen Whiskybranche, ist der Ansicht, dass die Verwendung des Ausdrucks „Glen“ für den fraglichen deutschen Whisky die eingetragene geografische Angabe „Scotch Whisky“ beeinträchtige. Ungeachtet der übrigen Angaben auf dem Etikett könne der Ausdruck „Glen“ bei den Verbrauchern nämlich die
unzutreffende Vorstellung eines Zusammenhangs mit dieser eingetragenen geografischen Angabe hervorrufen und sie somit über die Herkunft des fraglichen Whiskys in die Irre führen. Die Scotch Whisky Association erhob deshalb gegen Herrn Klotz beim Landgericht Hamburg eine Klage auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung „Glen Buchenbach“ für diesen Whisky. In diesem Kontext ersucht das Landgericht Hamburg den Gerichtshof um die Auslegung der für Spirituosen geltenden Unionsregelung über den Schutz eingetragener geografischer Angaben.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof erstens fest, dass sich aus dem Wortlaut, dem Kontext und dem Ziel der Verordnung ergibt, dass eine „indirekte gewerbliche Verwendung“ einer eingetragenen geografischen Angabe nur dann vorliegt, wenn der streitige Bestandteil in einer Form verwendet wird, die mit dieser Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder
visuell ähnlich ist. Somit genügt es nicht, dass der streitige Bestandteil bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet wecken kann.

Zweitens entscheidet der Gerichtshof, dass das für die Feststellung, ob eine „Anspielung“ auf die geschützte geografische Angabe vorliegt, maßgebende Kriterium darin besteht, ob ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger europäischer Durchschnittsverbraucher durch den Namen des betreffenden Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt. Dies hat das nationale Gericht zu prüfen, wobei es gegebenenfalls den teilweisen Einschluss einer geschützten geografischen Angabe in der streitigen Bezeichnung, eine klangliche und/oder visuelle Ähnlichkeit dieser Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe oder eine inhaltliche Nähe der Bezeichnung zu der Angabe zu berücksichtigen hat. Dabei sind das Umfeld des streitigen Bestandteils und insbesondere der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses begleitet wird, nicht zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall wird das nationale Gericht daher zu prüfen haben, ob ein europäischer Durchschnittsverbraucher unmittelbar an die geschützte geografische Angabe „Scotch Whisky“ denkt, wenn er ein vergleichbares Erzeugnis vor sich hat, das die Bezeichnung „Glen“ trägt.

Hingegen wäre es nicht ausreichend, dass der streitige Bestandteil des fraglichen Zeichens bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der geschützten geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorruft. Durch eine solche Auslegung des Begriffs „Anspielung“ würde das Ziel der Verordnung in Frage gestellt, das darin besteht, „eine systematischere Gestaltung der Rechtsvorschriften für Spirituosen sicherzustellen“.
Drittens entscheidet der Gerichtshof, dass bei der Feststellung, ob eine nach der Verordnung unzulässige „falsche oder irreführende Angabe“ vorliegt, das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, nicht zu berücksichtigen ist. Die Erreichung der Ziele der Verordnung, insbesondere des Schutzes eingetragener geografischer Angaben im Interesse der Verbraucher sowie der Wirtschaftsteilnehmer, denen höhere Kosten entstehen, damit die Qualität der Erzeugnisse gewährleistet ist, wäre gefährdet, wenn dieser Schutz dadurch eingeschränkt werden könnte, dass es zusätzliche Informationen im Umfeld einer falschen oder irreführenden Angabe gibt.


Tenor der Entscheidung:

1. Art. 16 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 ist dahin auszulegen, dass eine „indirekte gewerbliche Verwendung“ einer eingetragenen geografischen Angabe nur dann vorliegt, wenn der streitige Bestandteil in einer Form verwendet wird, die mit dieser Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich ist. Somit genügt es nicht, dass der streitige Bestandteil bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet wecken kann.

2. Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 ist dahin auszulegen, dass das vorlegende Gericht bei der Feststellung, ob eine „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe vorliegt, zu beurteilen hat, ob der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige europäische Durchschnittsverbraucher durch die streitige Bezeichnung veranlasst wird, einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu der Ware, die die geschützte geografische Angabe trägt, herzustellen. Im Rahmen dieser Beurteilung hat es, mangels einer klanglichen und/oder visuellen Ähnlichkeit der streitigen Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe oder eines teilweisen Einschlusses dieser Angabe in der Bezeichnung, gegebenenfalls die inhaltliche Nähe der Bezeichnung zu der Angabe zu berücksichtigen.

Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 ist dahin auszulegen, dass bei der Feststellung, ob eine „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe vorliegt, das Umfeld des streitigen Bestandteils und insbesondere der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses begleitet wird, nicht zu berücksichtigen sind.

3. Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 110/2008 ist dahin auszulegen, dass bei der Feststellung, ob eine nach dieser Bestimmung unzulässige „falsche oder irreführende Angabe“ vorliegt, das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, nicht zu berücksichtigen ist.


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OLG München: Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER für Bier wird vom Durchschnittsverbraucher nicht als Kennzeichnung der geographischen Herkunft verstanden

OLG München
Urteil vom 01.02.2018
29 U 885/17


Das OLG München hat entschieden, dass die Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER für Bier vom Durchschnittsverbraucher nicht als Kennzeichnung der geographischen Herkunft verstanden wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"c) Die Klage ist jedoch insoweit unbegründet. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG.

aa) Die Klägerin ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.

bb) Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die geographische Herkunft der Ware oder Dienstleistung enthält.

Im Streitfall wird die Angabe NEUSCHWANSTEINER vom maßgeblichen Durchschnittsverbraucher nicht als Kennzeichnung der geographischen Herkunft des so bezeichneten Bieres verstanden. Es besteht daher nicht die Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft.

(1) Zwar nimmt die Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER in adjektivischer Form auf das Schloss Neuschwanstein Bezug. Zusätzlich ist auf der Flasche ein siegelartiges Emblem angebracht, auf dem sich das Schloss vor Gebirgssilhouette befindet; das gleiche Bild ist auf dem Verschluss und mehrfach auf der Faltschachtel angebracht. Auch ist es üblich, dass Biere von Brauereien nach Orten oder Regionen in adjektivischer Form benannt werden. Zudem wird unstreitig in einigen bayerischen Schlössern - etwa im Schloss Kaltenberg - Bier gebraut.

(2) Wegen der sehr großen deutschlandweiten Bekanntheit des Schlosses Neuschwanstein wird die Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER nach der Verkehrsauffassung, für deren Beurteilung es auf den durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher ankommt, jedoch nicht dahin verstanden, dass das so bezeichnete Bier auf dem Schlossgelände hergestellt wird.

Dem Durchschnittsverbraucher ist bekannt, dass das Schloss Neuschwanstein, eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands, seit der Fertigstellung und dem Tode des Erbauers König Ludwig II. Ende des 19. Jahrhunderts als Museum genutzt wird. Als Herstellungsort von Bier oder anderen Produkten ist das Schloss hingegen nicht bekannt. Zwar hat der angesprochene Durchschnittsverbraucher nicht ohne weiteres Kenntnis von den konkreten örtlichen Gegebenheiten; insbesondere weiß er regelmäßig nicht, wie viele Zimmer oder Gebäudeteile das Schloss im Einzelnen hat. Allerdings ist ihm bekannt, dass das auch als „Märchenschloss“ bezeichnete Schloss Neuschwanstein in malerischer Lage auf einem Hügel vor Gebirgskulisse liegt und insbesondere aufgrund seiner architektonischen Einzigartigkeit eine weltweite Touristenattraktion darstellt.

Schon aufgrund der beengten räumlichen Verhältnisse des auf einem Hügel erbauten Schlosses hat der Verkehr keinen Anlass anzunehmen, dass das unter der Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER beworbene Bier tatsächlich innerhalb der Schlossmauern gebraut wird. Eine industrielle Nutzung des Schlosses als Großbrauerei mit regelmäßigen Brauvorgängen und damit verbundenen Emissionen (Mälzerei) und einhergehendem Zu- und Ablieferverkehr wird der Durchschnittsverbraucher ausschließen. Angesichts der sehr großen Bekanntheit des Schlosses als touristische Sehenswürdigkeit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs annehmen, eine Produktion des hochpreisigen und exklusiven Bieres finde dort zumindest in kleineren Mengen statt. Da das Schloss Neuschwanstein für das Brauen von Bier nicht traditionell bekannt ist, wird der angesprochene Verkehr der Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER keinen geographischen Herkunftsnachweis entnehmen (vgl. EuG, Urteil vom 5. Juni 2016 - T-167/15 - Tz. 27-29 - NEUSCHWANSTEIN, juris; Schlussantrag des Generalanwalts vom 11. Januar 2018 - C-488/16 - Tz. 43, juris).

Der Senat kann das Verständnis des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers selbst feststellen, weil seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören (vgl. BGH GRUR 2016, 83 - Amplidect/ampliteq Tz. 52; GRUR 2004, 244 [245] - Marktführerschaft) und er zudem aufgrund seiner ständigen Befassung mit Kennzeichen- und Wettbewerbsstreitsachen in der Lage ist, das Verkehrsverständnis anhand seiner Erfahrungen selbst zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 2014, 1211 - Runes of Magic II Tz. 20; GRUR 2004, 244 [245] - Marktführerschaft).

Diesem Verkehrsverständnis steht auch die Senatsentscheidung vom 17. März 2016 (vgl. WRP 2016, 758 - Chiemseer) nicht entgegen, in der der Senat festgestellt hat, dass es sich bei der Bezeichnung Chiemseer um eine geographische Herkunftsangabe handele, weil sie in adjektivischer Form auf den Chiemsee Bezug nimmt und wegen der deutschlandweiten Bekanntheit des Chiemsees nach der Verkehrsauffassung dahin verstanden werde, dass das so bezeichnete Bier von einer an diesem See gelegenen Brauerei hergestellt wird. Zwar ist auch das Schloss Neuschwanstein deutschlandweit bekannt. Anders als beim im Voralpenland befindlichen großen Chiemsee hat der Verkehr jedoch keinerlei Anlass anzunehmen, dass sich in dem an exponierter Stelle auf einem Hügel gelegenen Schloss Neuschwanstein eine Brauerei befinden könnte. Im Übrigen handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Edelmärzenbier mit der Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER nicht um ein ohne erheblichen Kostenaufwand erhältliches Alltagsprodukt, wie es beim Chiemseer der Fall war, sondern um ein exklusives „königliches“ Luxusprodukt, das bei Feinkost K. zu einem Einzelpreis von 39,50 € angeboten wird. Der Durchschnittsverbraucher erkennt, dass durch die Bezeichnung und die außergewöhnliche Aufmachung des Bieres ein königliches Luxusimage vermittelt wird, an dem er teilnehmen soll, nicht aber auf die konkrete Lage des Brauhauses Bezug genommen wird.

d) Der Unterlassungsanspruch kann auch nicht mit Erfolg auf Art. 7 LMIV i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG, § 4 Nr. 11 UWG a. F. gestützt werden.

Nach Art. 7 Abs. 1a) LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel insbesondere in Bezug auf den Herkunftsort nicht irreführend sein. Die beanstandete Angabe begründet indes keine Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise hinsichtlich der Herkunft des damit versehenen Bieres (s. o. c) bb)), so dass keine Irreführung vorliegt.

e) Der Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 128 Abs. 1 i. V. m. § 127 Abs. 1 MarkenG, auf die die Klägerin den Anspruch hilfsweise stützt.

Nach § 126 Abs. 1 MarkenG sind geographische Herkunftsangaben die Namen von Orten, Gegenden, Gebieten oder Ländern sowie sonstige Angaben oder Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden.

Die beanstandete Verwendung der Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER stellt indes keine Benutzung einer geographischen Herkunftsangabe i. S. d. § 126 Abs. 1, § 127 Abs. 1 MarkenG dar (s. o. c) bb)). Ein Anspruch gemäß § 128 Abs. 1 MarkenG setzt eine Zuwiderhandlung gegen § 127 Abs. 1 MarkenG voraus und ist deshalb im Streitfall ausgeschlossen.



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuG: Marke Neuschwanstein des Freistaates Bayern wird nicht gelöscht - keine beschreibende Angabe und keine geografische Herkunftsbezeichnung

EuG
Urteil vom 05.07.2016
T‑167/15
Neuschwanstein


Das EuG hat entschieden, dass die Marke "Neuschwanstein" des Freistaates Bayern nicht gelöscht wird. Der Bundesverband Souvenir Geschenke Ehrenpreise (BSGE) hatte einen Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit der Marke gestellt, welcher vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) abgelehnt wurde. Auch die Klage hatte nunmehr keinen Erfolg. Das Gericht führt aus, dass die Marke weder beschreibend ist noch als geografische Herkunftsangabe verstanden wird, so dass keine Eintragungshindernisse bestehen.

Aus den Entscheidungsgründen:

" In dieser Hinsicht macht der Kläger erstens geltend, dass eine Tradition bestehe, im Schloss Neuschwanstein wie auch in dessen Umfeld Souvenirs zu vertreiben, und dass die maßgeblichen Verkehrskreise daher die Bezeichnung „Neuschwanstein“ als Hinweis auf die geografische Herkunft dieser Souvenirs ansähen. Es ist jedoch festzustellen, dass das Schloss Neuschwanstein ebenso wie andere Museen oder kulturellen Bauwerke unter der angegriffenen Marke Souvenirartikel vermarktet, bei denen es sich um Nebenprodukte handelt, die neben dem Eintrittskartenverkauf Einnahmequellen darstellen, die mit seinem Betrieb verbunden sind. Im vorliegenden Fall sind diese Souvenirartikel Waren des täglichen Gebrauchs, die es, mit dem Namen des Museums versehen, erlauben, die angegriffene Marke zu verwerten. Entgegen den Ausführungen des Klägers ist ferner festzustellen, dass aus den Akten nicht hervorgeht, dass die angegriffene Marke dazu benutzt wird, um spezielle Souvenirartikel zu vermarkten und besondere Dienstleistungen anzubieten, für die sie traditionell bekannt wäre und für die das relevante Publikum ihr einen geografischen Herkunftshinweis entnehmen könnte. Die Beschwerdekammer hat damit zu Recht festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise keinen hinreichend direkten und konkreten Bezug zwischen der Marke NEUSCHWANSTEIN und den betreffenden Waren und Dienstleistungen herstellten.

Zweitens macht der Kläger geltend, dass die angegriffene Marke beschreibend sei, da sie über die Vermarktung von Souvenirartikeln bei den maßgeblichen Verkehrskreisen angenehme Empfindungen auslöse. Das Publikum bringe nämlich seinen Besuch des Schlosses positiv mit einem Souvenirartikel in Verbindung, der es an dieses erinnere. Es ist jedoch festzustellen, dass die betreffenden Waren für den täglichen Verbrauch bestimmt sind und keine besonderen Merkmale aufweisen. Der Umstand, dass sie durch die bloße Aufbringung des Namens des Museums Souvenirs sind, stellt für sich genommen kein beschreibendes Merkmal dieser Waren dar. Die Beschwerdekammer hat damit zu Recht festgestellt, dass es die angegriffene Marke den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht erlaube, unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken eine Beschreibung der betreffenden Waren oder eines ihrer Merkmale zu erkennen."


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BPatG: Schwarzwälder Schinken muss nicht nur im Schwarzwald hergestellt, sondern auch im Schwarzwald geschnitten und verpackt werden

BPatG
Urteil vom 13.10.2011
30 W (pat) 33/09
Schwarzwälder Schinken


Das BPatG hat entschieden, dass "Schwarzwälder Schinken" nicht nur im Schwarzwald hergestellt, sondern auch im Schwarzwald geschnitten und verpackt werden muss. Die Bezeichnung "Schwarzwälder Schninken" ist eine geschützte geographische Angabe.

Nach Ansicht des BPatG ist eine Überprüfung der Echtheit nur möglich, wenn alle Produktionsschritte im Herkunftsgebiet stattfinden.