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OLG Frankfurt: Urheberrechtsverletzung durch Lichtbildnutzung - Keine nach § 51a UrhG zulässige Parodie wenn sich Beitrag auf bloße Kritik an abgebildeter Person beschränkt

OLG Frankfurt
Urteil vom 02.02.2023
11 U 101/22

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein nach § 51a UrhG zulässige Parodie vorliegt, wenn sich der Beitrag auf bloße Kritik an abgebildeter Person beschränkt und somit eine Urheberrechtsverletzung durch Verwendung eines Lichtbilds vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 511 I, II, 517, 519, 520 ZPO.

2. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

a) Die Verfügungsklage ist zulässig.

aa) Zunächst ist insbesondere der Streitgegenstand hinreichend bestimmt. Zwar könnte die erstinstanzliche möglicherweise gleichrangige Geltendmachung der Unterlassungsverpflichtungen sowohl aus originär fremdem (Urheber-) Recht, als auch aus originär eigenem (Persönlichkeits-) Recht nicht hinreichend bestimmt gewesen sein. Nachdem das Landgericht sein Verfügungsurteil jedoch ausschließlich auf das Urheberrecht gestützt hat und der Kläger vorrangig das angefochtene Urteil verteidigt, stellt sich die weitere Geltendmachung des Verfügungsanspruchs aus dem Recht am eigenen Bild als nur noch hilfsweise bzw. nachrangig erfolgend dar.

bb) Unterstellt man das Vorbringen des Klägers zum Verfügungsanspruch als schlüssig und wahr, ist auch ein Verfügungsgrund gegeben. Er ergibt sich dann aus der für die Verletzungszeit endgültigen Verletzung der Nutzungsrechte bzw. des Rechts am eigenen Bild.

b) Die Verfügungsklage ist nur teilweise begründet.

aa) Der Kläger kann vom Beklagten nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß § 97 I UrhG Unterlassung verlangen. Hinsichtlich der Verwendung des Fotos im Rahmen des zweiten Bildes der Story besteht kein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch.

(1) Der Kläger hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass die streitgegenständliche Fotografie von Herrn A angefertigt worden ist und dieser ihm die urheberrechtlichen Nutzungsrechte eingeräumt hat. Für die Anfertigung des Fotos und den Bezug zu dem vorgelegten Fotovertrag folgt dies aus der mit der Berufungserwiderung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Klägers Anlage ASt 16, Bl. 453 d.A., für den Umfang der Rechteübertragung aus dem mit den Anlagen ASt 9, Bl. 77 f. d.A. und ASt 17, Bl. 454 f. d.A., vorgelegten Fotovertrag.

Dem steht nicht entgegen, dass der Fotovertrag die vertraglichen Abreden nur unvollständig wiedergibt, weil er sich nicht zur Vergütung Herrn As verhält. Denn der schriftliche Vertrag dient insbesondere der Absicherung des Klägers und der Geltendmachung der Rechte gegenüber Dritten. Wie im Beschluss des Senats vom 15.08.2022, Bl. 457 d.A., ausgeführt, berücksichtigt der Senat dabei, dass sich das Fotostudio unter der in Anlage ASt9 genannten Adresse befindet und sich auch der Beklagte von Herrn A hat fotografieren lassen. Wegen letzterem überzeugt die Rüge des Beklagten nicht, der Vertrag nenne nicht den Namen des Fotografen, sondern nur ein Fotostudio X, die dem Fotografen zugeordnete Unterschrift verdiene diese Bezeichnung nicht und sei nicht ansatzweise als Namensangabe entzifferbar (Bl. 160 d.A.). Denn es wäre zu erwarten, dass der Beklagte konkretere Einwendungen erheben kann, sollten die Urheberschaft an dem Foto und/oder die Rechtsübertragung tatsächlich zweifelhaft sein.

Mangels Vorlage einer Abbildung des Originallichtbilds und Vortrags zur Schöpfungshöhe kann das Foto allerdings nur als Lichtbild nach § 71 UrhG in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften und nicht unmittelbar als Lichtbildwerk geschützt angenommen werden.

(2) Das Landgericht hat hinsichtlich der urheberrechtlichen Ansprüche zutreffend angenommen, dass der Beklagte im Zuge der Instagram-Story und des Videobeitrags das Foto vervielfältigt (§ 19 UrhG) und öffentlich zugänglich gemacht hat (§ 19a UrhG).

Letzterem steht nicht entgegen, dass der Kläger das Lichtbild schon zuvor auf seiner eigenen Seite öffentlich zugänglich gemacht hatte (vgl. BGH GRUR 2010, 616 - „marions-kochbuch.de“, Rn. 21); das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung kennt, anders als das Verbreitungsrechts bei körperlichen Werkexemplaren, keine Erschöpfung (Dreier/Schulze/Dreier, 7. Aufl. 2022, UrhG § 19a Rn. 11). Es genügt, dass der Kläger - anders als in Fällen des Framings - keine Kontrolle über die weitere Zugänglichmachung durch den Beklagten hat.

Hinsichtlich der Story, in der die Lichtbilder wie im Tenor der Beschlussverfügung wiedergegeben mit Text überlagert sind, liegt auch eine Bearbeitung oder Umgestaltung (§ 23 UrhG) vor. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger keine Kopie der Originalfotografie, sondern nur deren möglicherweise bereits veränderte und erkennbar in neuen Kontext gesetzte Wiedergabe auf seiner Homepage vorgelegt hat; die im Klageantrag „wiedergegebene Fotografie“ ist eine Abbildung der Homepage des Klägers nebst eingeblendeter Texte, nicht der von Herrn A gefertigten Fotografie. In dem unstreitig von dem Beklagten zugesetzten Text liegt unabhängig davon eine Bearbeitung (auch) des Originals.

Hinsichtlich des Videobeitrags macht der Kläger eine Verletzung des § 23 UrhG nicht geltend (Berufungserwiderung S. 3 f., Bl. 438 f. d.A.).

(3) Die Übernahme des Fotos ist nicht nach § 51 UrhG (Zitatrecht) rechtmäßig.

Sowohl hinsichtlich der Instagram-Story, als auch des Videobeitrags ist die Übernahme nicht gem. § 51 UrhG zulässig, weil der Beklagte die Quelle und den Urheber/Fotografen, also Herrn A, nicht angegeben hat. Der Zitatbegriff des § 51 UrhG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit Art. 5 III lit. d der „Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“ dahin auszulegen, dass es dieser Angabe bedarf. Denn nach Art. 3 III dieser Richtlinie dürfen die Mitgliedsstaaten Ausnahmen von in den Art. 2, 3 der Richtlinie gewährten Rechten (Vervielfältigungsrecht, Recht der öffentlichen Wiedergabe und der öffentlichen Zugänglichmachung) für Zitate nur unter u.a. dieser Voraussetzung vorsehen. Eine Quellenangabe war auch möglich, die Angabe hätte eingeblendet werden oder mündlich erfolgen können.

Hinsichtlich der Instagram-Story scheidet die Annahme eines Zitats außerdem deshalb aus, weil das Foto vom Beklagten bearbeitet wiedergegeben worden ist (vgl. Dreier in dies./Schulze, UrhG, 7. Auflage, § 51 Rn. 7).

Unabhängig davon ist eine Verwendung der Fotografie im Rahmen des Zitatrechts auch deshalb zu verneinen, weil der Beklagte keine hinreichende innere Verbindung zwischen dem zitierten Foto und seinen eigenen Gedanken hergestellt hat und das Foto des Klägers stattdessen nur zur Illustration verwendet worden ist (vgl dazu BGH, Urt. v. 17.12.2015 - I ZR 69/14, GRUR 2016,368 Rn, 25 - „Exklusivinterview“). Die Äußerungen des Beklagten hinsichtlich des Fotos beschränken sich - überdies nur im Videobeitrag - auf die Bemerkung

„(...)“,

wobei der Kläger auf dem Foto allerdings nicht mit der Verteidigung des ... befasst ist - es handelt sich um keine Aufnahme aus dem Gerichtssaal oder im Zuge von den ... betreffenden Interviews. Darauf, dass der Kläger, worauf der Beklagte im Verfügungsverfahren als „berichtenswerten Umstand“ meint abstellen zu können (Bl. 181 d.A.), in seiner „optischen Erscheinung gewissermaßen dem unauffälligen Normalbild entspricht“, obwohl er mit seinen „moralischen Wertvorstellungen“ und den innerhalb seiner „beruflichen Tätigkeit vertretenen Werten von weiten Teilen der Gesellschaft abweicht“ (Schriftsatz vom 17.06.2021, S. 33, Bl. 181 d.A.), beziehen sich Videobeitrag und Story des Beklagten nicht. Erst recht setzt sich der Beklagte nicht mit der Fotografie selbst auseinander. Vielmehr geht es um das Verhalten des ... und des Klägers, dem der Beklagte über die Fotografie nur zu Illustrationszwecken „ein Gesicht zuordnet“.

(4) Die Übernahme des Fotos ist auch nicht nach § 50 UrhG (Berichterstattung über Tagesereignisse) rechtmäßig.

Das Landgericht hat insoweit angenommen, eine Rechtmäßigkeit nach § 50 UrhG scheide aus, weil das Foto während der den tagesaktuellen Vorgang bildenden Ereignisse nicht wahrnehmbar geworden sei. Dieser Ansatz (vgl. insoweit Dreier in dies./Schulze aaO § 50 Rn. 7) ist vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zweifelhaft. Danach genügt es, dass das fragliche Werk erst durch die Berichterstattung über das Tagesereignis im Zusammenhang mit diesem wahrnehmbar wird (siehe BGH, Urteil vom 30.04.2020 - I ZR 139/15 „Afghanistan Papiere II“, juris Rn. 43 f.; BeckOK-UrheberR/Engels, 36. Ed., Stand: 15.10.2022, § 50 UrhG, Rn. 11a).

Eine Rechtmäßigkeit nach § 50 UrhG scheidet jedoch unabhängig davon aus.

Für den dauerhaft zugänglich gehaltenen Videobeitrag folgt dies schon daraus, dass es sich bei der Ende April 2021 erfolgten Verurteilung des ... bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht über ein Jahr später - und nunmehr vor dem Senat - um kein aktuelles Tagesereignis mehr handelte. Bei einer Einstellung ins Internet muss die Tagesaktualität während der gesamten Dauer des Bereithaltens im Internet fortbestehen (BGH, GRUR 2011, 415 Rn. 13 - „Kunstausstellung im Online-Archiv“).

Für die Instagram-Story scheidet eine Rechtmäßigkeit nach § 50 UrhG deshalb aus, weil der Beklagte das Foto bei der Veröffentlichung durch die Textzusätze entgegen §§ 62 I, 39 UrhG verändert hat, ohne dass der Urheber nach Treu und Glauben gehindert gewesen wäre, seine Einwilligung hierzu zu versagen. Die insoweit vorzunehmende Interessenabwägung muss unter dem Gesichtspunkt der §§ 50, 62 I, 39 UrhG zu Lasten des Beklagten ausfallen. Der Urheber - Herr A - kann nicht nach Treu und Glauben gehalten sein, sein für den Kläger erstelltes Lichtbild entgegen der ursprünglichen Intention nicht zu dessen positiver, sondern zu dessen negativer öffentlichen Darstellung verwenden zu lassen und sich durch die Zustimmung vertraglichen Ersatzansprüchen des Klägers auszusetzen. Der Kläger als urheberrechtlich Nutzungsberechtigter ist nicht nach Treu und Glauben verpflichtet, an seiner eigenen negativen Darstellung in der Öffentlichkeit mitzuwirken.

(5) Dem Unterlassungsanspruch, für den (abgesehen von der Erstbegehung) auf das bei Schluss der mündlichen Verhandlung geltende Recht abzustellen ist, steht jedoch hinsichtlich der Verwendung des Fotos im Rahmen des zweiten Bildes der Story die mit Wirkung vom 07.06.2021 in Kraft getretene Regelung der §§ 51a, 62 IVa UrhG entgegen. Im Übrigen greifen die §§ 51a, 62 IVa UrhG nicht ein.

(a) Bei Prüfung des § 51a UrhG kommt unter den nicht trennscharf abzugrenzenden Varianten der Norm (Karikatur, Parodie, Pastiche) im Streitfall nur eine Einordnung als Parodie in Betracht. Da die zu prüfenden Beiträge durch sprachliche Äußerungen und nicht bildliche Darstellungen geprägt sind, handelt es sich nicht um Karikaturen (vgl. insoweit Dreier/Schulze/Dreier, 7. Aufl. 2022, UrhG § 51a Rn. 9; BeckOK UrhR/Lauber-Rönsberg, 36. Ed. 15.10.2022, UrhG § 51a Rn. 14; Wandtke/Bullinger/Lüft/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG § 51a Rn. 10). Ein Pastiche (vgl. dazu BeckOK UrhR/Lauber-Rönsberg, 36. Ed. 15.10.2022, UrhG § 51a Rn. 17; Wandtke/Bullinger/Lüft/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG § 51a Rn. 14) setzt ein derivates Schaffen voraus, das sich in irgendeiner Weise an ein Werk anlehnt, wofür die bildliche Wiedergabe und sprachliche Begleitung eines Werks allein nicht ausreichen.

(b) Während dem Videobeitrag der Charakter als Parodie fehlt, ist die Fotowiedergabe im Zuge der Story - jedenfalls zum Teil - im Rahmen einer Parodie erfolgt.

(aa) Der Parodie-Begriff des § 51a UrhG entspricht demjenigen des Art. 5 III lit. k der Richtlinie 2001/29/EG; es handelt sich daher um einen autonomen Begriff des Unionsrechts.

Danach bestehen die wesentlichen Merkmale einer Parodie zum einen darin, an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen.

Demgegenüber setzt eine Parodie nicht voraus, dass es sich um eine antithematische Darstellung handelt. Die Absicht, sich einen „Jux“ auf Kosten einer abgebildeten Person zu machen, genügt schon. Die Parodie muss keinen eigenen ursprünglichen Charakter aufweisen, der über wahrnehmbare Unterschiede zum parodierten ursprünglichen Werk hinausgeht. Sie muss weder das ursprüngliche Werk selbst betreffen, noch das parodierte Werk angeben oder so gestaltet sein, dass sie nicht dem Urheber des parodierten Werkes zugeschrieben werden kann (siehe zum Parodiebegriff EuGH, Urteil vom 3. September 2014 - C-201/13, juris, Rn. 33 „Deckmyn und Vrijheidsfonds“; BGH, GRUR 2016, 1157 Rn. 25 ff. - „auf fett getrimmt“; Dreier/Schulze/Dreier, 7. Aufl. 2022, UrhG § 51a Rn. 13 ). Letztlich kann im Rahmen der Parodie jedes Werk zu jedem humoristischen Zweck genutzt werden (Lüft/Bullinger in Wandtke/Bullinger, UrhR, 6. Auflage, § 51a Rn. 12 aE).

(bb) Die Benutzung der Fotografie in dem Videobeitrag ist nicht im Rahmen einer so verstandenen Parodie erfolgt. Die Bemerkung des Beklagten,

„(...)“,

lässt keinen Humor erkennen. Sie stellt auch keine Verspottung dar, sondern ist nur - gemeinsam mit den sonstigen Äußerungen des Beklagten über den Kläger - Ausdruck der Kritik am Kläger. Dabei kann dahinstehen, ob eine Verspottung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einen Unterfall des Humors darstellt. Dagegen spricht die alternative Verknüpfung von „Humor oder Verspottung“ in der Entscheidung „Deckmyn und Vrijheidsfonds“ aaO Rn. 20, die allerdings in der Vorlagefrage angelegt war (EuGH aaO Rn. 13: „Belustigung oder Verspottung“) und vom Gerichtshof nicht erörtert worden ist. Jedenfalls zeichnet sich eine Verspottung dadurch aus, dass es sich um Äußerungen handelt, die mit einer Herabsetzung des Verspotteten einhergehen, Schadenfreude oder Verachtung bekunden oder hervorrufen oder verletzend oder boshaft sind. Das lässt sich weder den einzelnen Elementen der Äußerung des Beklagten über den Kläger (...) noch ihrer Kombination entnehmen. Die Beschreibung des Klägers durch den Beklagten ist auch nicht ironisch. Die Ausführungen gehen nicht dahin, der Kläger stehe gar nicht cool da und sei bei der Verteidigung nicht ganz lässig. Vielmehr beschränkt sich die Äußerung des Beklagten auf die Kritik an diesem Verhalten und darauf, dass das coole und lässige Auftreten des Klägers unangemessen sei, weil er nicht die nach Auffassung des Beklagten gebotenen Skrupel an den Tag legt.

Auch aus dem Zusammenhang des Videos ergibt sich keine andere Bewertung. Die Fotografie wird nicht im Zusammenhang mit einer andere Personen oder Geschehnisse betreffenden Parodie, sondern ausschließlich im Rahmen der Kritik am Kläger verwendet.

(cc) Demgegenüber ist die Verwendung der Fotografie in der Instagram-Story jedenfalls hinsichtlich des unteren Bildes im Rahmen einer Parodie erfolgt. Insoweit ist die als Text hinzugesetzte Wendung „Endlich mal wieder Post vom Anwalt!“ ironisch zu verstehen und damit humorvoll.

Ob dies auch für das erste Bild der Instagram-Story gilt, bei dem der eingeblendete Text

„Vorschläge für einen Anwalt, der einen zu mild verurteilten Kinderporno Besitzer und Versender verteidigt und noch die Zeugin versucht zu verunglimpfen? Diesen Anwalt finde ich...“,

der vom Betrachter im Geiste - möglicherweise humorvoll oder verspottend - zu ergänzen ist, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die beiden Bilder hinsichtlich der Frage der Parodie gemeinsam oder getrennt zu bewerten sind. Denn insoweit scheidet eine Zulässigkeit der Verwendung jedenfalls aufgrund der Abwägung der berechtigten Interessen des urheberrechtlich berechtigten Klägers und des Beklagten aus.

(c) Allein die Einordnung der Instagram-Story als Parodie führt nicht zur Rechtmäßigkeit der Verwendung des Fotos. Vielmehr bedarf es einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte. Insoweit sind auch außerhalb des Urheberrechts liegende Rechte Dritter zu beachten, jedoch nur, soweit der Urheber ein berechtigtes Interesse daran hat, dass sein Werk nicht mit einer solchen Verletzung in Verbindung gebracht werde. Dabei ist wegen der grundlegenden Bedeutung der Meinungsfreiheit, der insbesondere Karikatur und Parodie dienen, nicht jede Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen von Bedeutung. Die Interessenabwägung darf nicht im Sinne einer „Political-Correctness-Kontrolle“ missverstanden werden (BGH, „auf fett getrimmt“, aaO, Rn. 39).

Bei der auf dieser Grundlage vorzunehmenden Interessenabwägung erscheint die Verwendung in dem zweiten Bild der Story („Endlich mal wieder Post vom Anwalt...“) zulässig, in dem ersten Bild der Story („Diesen Anwalt finde ich...“) aber unzulässig.

(aa) Die urheberrechtlichen Interessen Herrn As und des Klägers stehen der Verwendung des Fotos im Rahmen des zweiten Bildes der Story („Endlich mal wieder Post vom Anwalt...“) nicht entgegen.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit der Story am öffentlichen Diskurs über das Verhalten des ..., über die Frage, ob ein Rechtswalt „Leute wie ihn“ vertreten sollte und darüber, wie die Gesellschaft strafrechtlich und allgemein mit Fällen des Besitzes von Kinderpornografie einschließlich dem Vertreten von Täterinteressen durch Dritte, insbesondere Rechtsanwälte, umgehen solle, teilnimmt, mithin die politische Meinungsäußerung und Meinungsbildung betroffen sind. Dass das inhaltliche Niveau der Kritik des Beklagten die Ebene emotionaler Empörung kaum verlässt, lässt die grundsätzliche Schutzwürdigkeit nicht entfallen. Die Privilegierung der Parodien, die sich nicht zwingend durch besondere Tiefsinnigkeit auszeichnen müssen, dient gerade der Gewährleistung der Meinungsfreiheit.

Besondere urheberrechtliche Interessen Herrn As und des Klägers werden demgegenüber im Rahmen des zweiten Bildes nicht verletzt. Die Verwertung und Nutzung der Fotografie für ihren ursprünglichen Zweck - Werbung für den Kläger - wird durch die Verwendung des Bildes durch den Beklagten nicht vereitelt. Der nutzungsberechtigte Kläger hat das Foto durch die Verwendung auf seiner Homepage selbst für jedermann sichtbar gemacht und es dient gerade seiner Identifikation und dem Zweck, mit „dem Namen ein Gesicht zu verbinden“. Damit, dass ein zur (positiven) Werbung dienendes Foto im Wege der Parodie oder Karikatur genutzt wird, um sich über eine beworbene Person (oder ein beworbenes Produkt) lustig zu machen, müssen Urheber, Werbender und Dargestellter immer rechnen. Zugleich ist die Schutzintensität hinsichtlich des streitgegenständlichen Lichtbildes auf Grundlage des Parteivorbringens eher gering einzustufen, weil es für eine Einordnung als Lichtbildwerk und nicht nur als bloß nach § 71 UrhG entsprechend geschütztes Lichtbild am notwendigen Sachvortrag fehlt.

Der Kläger macht als außerhalb des Urheberrechts liegendem rechtlich geschützten Interesse nur sein Recht am eigenen Bild geltend. Er stützt dies darauf, dass er selbst die abgebildete Person (und nicht nur der urheberrechtlich Berechtigte) ist. Daran, nicht mit einer solchen Verletzung in Verbindung gebracht zu werden, hat der Urheber aber kein besonderes Interesse, denn dies ist bei jeder Karikatur und jeder Parodie eines eine bestimmte Person abbildenden Werkes zu befürchten.

(bb) Demgegenüber ist die Verwendung des Fotos im Rahmen des ersten Bildes („Diesen Anwalt finde ich ...“) aufgrund schützenswerter urheberrechtlicher Interessen Herrn As und des Klägers unzulässig.

Zwar gelten die vorgenannten Erwägungen zum zweiten Bild zunächst auch hinsichtlich des ersten Bildes.

Die Unzulässigkeit der Verwendung der Fotografie für das erste Bild der Story folgt jedoch daraus, dass der Lückentext „Diesen Anwalt finde ich ...einen die Auffassung des Beklagten teilenden Betrachter zu einer Schmähkritik geradezu einlädt. Denn sie geht in der Formulierung dahin, den Kläger als Person und nicht nur seine Tätigkeit für den ... zu beurteilen, legt eine Unterstützung von Kinderpornografie durch den Kläger nahe und insinuiert damit eine abfällige Beurteilung seiner Persönlichkeit. Sie lädt dazu ein, dem Kläger seinen sozialen oder ethischen Wert abzusprechen und die Grenzen des - auch nach §§ 185, 196 StGB - bei öffentlichen Äußerungen Vertretbaren bei der (nicht öffentlichen) Vervollständigung im Geiste zu überschreiten.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass Meinungsäußerungen im Lichte des Art. 5 GG im Zweifel so auszulegen sind, dass sie noch zulässig erscheinen. Es geht vorliegend aber nicht um die Zulässigkeit der Meinungsäußerung des Beklagten, sondern darum, ob er dabei das urheberrechtlich geschützte Foto verwenden darf oder die Interessen der urheberrechtlich Berechtigten dem entgegenstehen. Herr A als Urheber und der Kläger als Nutzungsberechtigter haben jedoch ein berechtigtes Interesse, dass das Lichtbild nicht in einer Weise genutzt wird, die Schmähungen des Klägers durch Dritte fördert, weil der typische Betrachter die Äußerung wie soeben dargestellt auffassen wird.

bb) Hinsichtlich des zweiten Bildes der Instagram-Story („...“) ist auch kein - hilfsweise geltend gemachter - quasinegatorischer Unterlassungsanspruch analog § 1004 I 2 BGB aus originär eigenem Recht des Klägers gegeben.

Denn eine Verletzung des Rechts des Klägers an seinem eigenen Bilde gem. § 22 S. 1 des Kunsturhebergesetzes (KUG), dessen einschlägige Regelungen den Rückgriff auf die Rechtsfigur des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Streitfall ausschließen, ist nicht gegeben. Die Verbreitung des Bildes ist nach § 23 I Nr. 1 KUG gerechtfertigt.

(1) Der Prozess gegen den ... ist ein Ereignis der Zeitgeschichte. Zu diesem gehört auch das Auftreten seiner Verteidiger und damit des Klägers, der an dem Strafverfahren in dieser prozessualen Rolle als Medienanwalt des Angeklagten teilgenommen hat. Dabei ist der Kläger öffentlich sichtbar in Erscheinung getreten; er wurde auch im Zuge der allgemeinen Berichterstattung abgebildet.

(2) Es wird kein berechtigtes Interesse des abgebildeten Klägers gem. § 23 II KUG verletzt. Die insoweit vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu seinen Lasten aus.

Zum einen dienen die Beiträge des Beklagten der Meinungsbildung und damit dem Informationsinteresse der Allgemeinheit. Zum anderen hat sich der Kläger mit dem verwendeten Foto auf seiner Homepage selbst der Öffentlichkeit präsentiert; er wird auf ihm also in bildlicher Hinsicht genau so dargestellt, wie er dargestellt sein möchte. Zudem hat er sich im Zuge der Verteidigung des ... selbst in die Öffentlichkeit begeben und ist er unstreitig auch bereits zuvor im Zuge der allgemeinen Berichterstattung über den Prozess abgebildet worden. Der Kläger ist also nicht erst durch die Verwendung des streitgegenständlichen Fotos über seinen Namen hinaus für die breite Öffentlichkeit als anwaltlicher Vertreter des ... erkennbar geworden.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: