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OVG Lüneburg: Vorläufiger Dienstenthebung einer Lehrerin wegen unentschuldigter Begleitung der Tochter zum RTL Dschungelcamp gerechtfertigt

OVG Lüneburg
Beschluss vom 09.02.2018
3 ZD 10/17

Das OVG Lüneburg hat entschieden, dass die vorläufiger Dienstenthebung einer Lehrerin wegen unentschuldigter Begleitung ihrer Tochter zum RTL Dschungelcamp gerechtfertigt ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze folgt der Senat der Beschwerde dahingehend, dass nach derzeitigem Sachstand mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme gegen die Antragstellerin verhängt werden wird.

(1) Der Senat teilt die Einschätzung der Antragsgegnerin (Beschwerdebegründung - BB - vom 17.1.2018, S. 1 (Bl. 157/Gerichtsakte - GA -)), dass das in Rede stehende Dienstvergehen von erheblichem Gewicht ist.

Dies ergibt sich zwar - wie das Verwaltungsgericht zu Recht herausgestellt hat (BA, S. 18) - noch nicht unmittelbar aus der Gesamtlänge des Abwesenheitszeitraums als solcher; der Senat geht jedoch bei derzeitiger Würdigung gleichwohl aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalles vom Vorliegen eines äußerst schweren Dienstvergehens aus

Nach den - den Senat überzeugenden - Feststellungen des Amtsgerichts A-Stadt kam es der Antragstellerin bei ihrer wahrheitswidrigen, übertriebenen Darstellung gegenüber Frau D. darauf an, diese zu veranlassen, ihr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von mehrwöchiger Dauer auszustellen, damit die Antragstellerin ihre Tochter schlussendlich, wie von der Antragstellerin von Anfang an beabsichtigt, nach Australien begleiten konnte. Damit hat sich die Antragstellerin ohne Rücksicht auf den Umstand, dass ihr entsprechendes Sonderurlaubsbegehren zuvor wegen entgegenstehender dienstlicher Gründe abgelehnt worden war, durch Vortäuschung einer schweren - von ihr als im Zusammenhang mit ihrer Diensttätigkeit stehend geschilderten - Erkrankung hinweggesetzt, um ihrem vom Dienstherrn nicht als durchgreifend erachteten Freistellungsgrund doch noch Rechnung tragen zu können. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin am 4. Januar 2016 zeitlich vor der Konsultation von Frau D. bereits einen anderen Arzt - Herrn G. - aufgesucht hatte, der sie aber lediglich für eine Woche krankgeschrieben hatte. Das planvolle, berechnende Verhalten der Antragstellerin in Bezug auf die Erlangung der unrichtigen, dreiwöchigen Krankschreibung ist zu ihren Lasten zu berücksichtigen. Erschwerend tritt hinzu, dass es sich, wie das Amtsgericht A-Stadt bei derzeitiger Würdigung zutreffend festgestellt hat, bei dem Beweggrund der Antragstellerin für ihr Fernbleiben vom Dienst - nämlich den Wunsch, ihre volljährige Tochter, die sich zu Karrierezwecken freiwillig in das „Dschungelcamp" begeben hatte, nach Australien zu begleiten und diese im Rahmen der dort gedrehten Unterhaltungssendung (auch) medienöffentlich zu unterstützen - um ein rein privates Vergnügen gehandelt hatte, für dessen Berücksichtigung keine ernsthaften und zwingenden Gründe sprachen.

Erschwerend zu berücksichtigen ist ferner, dass das Dienstvergehen der Antragstellerin gravierende Folgen für den dienstlichen Bereich hatte, weil die Abwesenheit der vollzeitbeschäftigten Antragstellerin im Zeitraum unmittelbar vor der Vergabe der Halbjahreszeugnisse und den damit einhergehenden Zeugniskonferenzen einen erheblichen Vertretungsaufwand bedeutet hatte; zudem hat das Amtsgericht A-Stadt nachvollziehbar festgestellt, dass nicht alle Unterrichtsstunden vertreten werden konnten und Vertretungsstunden des Abiturjahrganges teilweise auf den Nachmittag gelegt werden mussten. Darüber hinaus ist zu Lasten der Antragstellerin in die Bewertung einzustellen, dass sie während ihres Fernbleibens vom Dienst in Fernsehübertragungen aus Australien mitgewirkt hatte; hierzu hatte sie sich als Begleitung einer „Dschungelcamp"-Teilnehmerin ja gerade gegenüber der Produktionsfirma vertraglich verpflichtet und als Begleitperson neben der Übernahme der Reise- und Hotelkosten durch die Produktionsfirma von dieser auch eine pauschale Entschädigungszahlung erhalten (vgl. Beiakte 009). Da die Tätigkeit der Antragstellerin in Australien also gerade auch darin bestand, an Fernsehinterviews mitzuwirken, liegt es nahe, dass nicht nur Kollegen der Antragstellerin, ihre Schüler und deren Eltern, sondern auch außerhalb der Verwaltung stehende Personen erfahren, dass sich die Antragstellerin zwar außerstande sieht, ihren Dienst zu verrichten, gleichzeitig aber in der Lage ist, von Australien aus öffentlichkeitswirksam Fernsehinterviews zu geben. Dass ein solches Verhalten objektiv geeignet ist, den Dienstfrieden zu stören und dem öffentlichen Ansehen der Schulverwaltung, der Lehrerschaft sowie dem gesamten öffentlichen Dienst erheblichen Schaden zuzufügen, liegt auf der Hand."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


VG Hannover: Unzulässige Werbung durch Produktplatzierung im RTL-Dschungelcamp 2014 - Bahlsen Leibniz Pick up

VG Hannover
Urteil vom 18.02.2016
7 A 13293/15

Das VG Hannover hat entschieden, dass die Werbung für den Keksriegel Leibniz Pick up von Bahlsen durch Produktplatzierungen im RTL Dschungelcamp 2014 - "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" unzulässig war.

Die Pressemitteilung des VG Hannover:

Zu starke Kekspräsentation im „Dschungelcamp“ 2014 - 7. Kammer weist Klage des Senders RTL gegen Beanstandungsverfügung ab

Die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) hatte die Produktplatzierung des Schokoladengebäcks „Leibniz Pick up" in einer im Jahr 2014 von RTL ausgestrahlten Folge der Fernsehreihe „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" (Dschungelcamp) als unzulässig beanstandet. Produktplatzierung ist die „gekennzeichnete Erwähnung oder Darstellung u. a. von Waren in Sendungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung". Der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) erlaubt die Produktplatzierung u. a. in Sendungen der leichten Unterhaltung (§ 44 RStV), wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt werden. Eine diese Voraussetzungen ist, dass das Produkt nicht „zu stark" herausgestellt wird (§ 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 RStV).

In der beanstandeten, ca. eineinhalb Minuten dauernden Sequenz war den Teilnehmern der Sendung als „Preis" für eine erfolgreich absolvierte „Prüfung" eine Metallkiste gefüllt mit einer Großpackung „Pick up" überlassen worden. Nach Öffnen der Truhe wurde die Packung sichtbar in die Höhe gehalten. Die Akteure reagierten mit Jubel. In Einzeleinstellungen wurde gezeigt, wie die Teilnehmer lustvoll das Gebäck verzehrten. In weiteren Äußerungen einzelner Teilnehmer in einer Interviewkabine („Dschungeltelefon") bzw. "aus dem Off" wurde auf das Produkt lobend Bezug genommen.
Nach Inaugenscheinnahme der beanstandeten Sequenz in der mündlichen Verhandlung hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts die Einschätzung der NLM, das Produkt sei in unzulässiger Weise hervorgehoben worden, bestätigt. Zwar erlaube der RStV im vorliegenden Zusammenhang die Produktplatzierung sogar im Sinne einer starken Hervorhebung. Unzulässig sei jedoch eine „zu starke" Hervorhebung, damit eine Abgrenzung zur Werbung erkennbar bleibe. Eine Herausstellung sei „zu stark", wenn der Werbezweck das Sendungsgeschehen dominiere und der natürliche Handlungsablauf ihm gegenüber in den Hintergrund gerückt sei.
Die ersten Szenen der Produktplatzierung hätten den programmatisch-dramaturgischen Zusammenhang noch gewahrt. Dies gelte für die Verwendung des Produkts als Belohnung für die hungrigen Kandidaten ebenso wie für den Jubel der Akteure bei Öffnung der Truhe. Auch die Einzelaufnahmen der Kandidaten beim "genüsslichen" Verzehr der Kekse hätten noch nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen. Die Grenze zur unzulässigen Produktplatzierung sei jedoch mit den nachfolgenden Äußerungen einzelner Kandidaten zum Produkt in der Interviewkabine („Dschungeltelefon") und „aus dem Off" überschritten worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der eigentliche Handlungsstrang abgeschlossen gewesen. Mit den Sätzen: „Man weiß gar nicht, wie man wirklich diese kleinen Dinge im Leben jetzt auf einmal zu schätzen weiß. Das ist eine Geschmacksbombe", „Die süße Schokolade war absolut ein Traum. Ich hätte gern alle fünf Riegel auf einmal gegessen, muss ich gestehen", „Hammer, krass, lecker, yummi", „Geil", „War echt traumhaft. Ich möchte einfach mehr", „Das hat wirklich alles: Karamell, Schokolade und Keks. Was will man mehr?", „Kannst Du Dich auch vermehren?" sei nach Abschluss des Handlungsstrangs ausschließlich auf das Produkt Bezug genommen worden. Liege ohne weitere Handlung eine übertriebene verbale Lobpreisung des Produkts durch Akteure in der Sendung vor, sei das Produkt „zu stark" hervorgehoben und die Produktplatzierung unzulässig. Bei den zitierten Einzeläußerungen der Akteure habe der Werbezweck dominiert.
Gegen das Urteil steht RTL der Antrag auf Zulassung der Berufung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu. Az. 7 A 13293/15


LG Köln: Äußerung "Der Wendler ist ein Betrüger" ist von der Meinungsfreiheit gedeckt

LG Köln
28 O 418/13


Wie einem Pressebericht zu entnehmen ist, hat das LG Köln entschieden, dass die Aussage "Der Wendler ist ein Betrüger" von der Meinungsäußerungsfreiheit ( Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ) gedeckt sein kann. Der Schlagersänger hatte einen Veranstalter verklagt. Dieser hatte sich entsprechend geäußert, da der Schlagersänger einen Auftritt abgebrochen hatte.

Dass die Bezeichnung eines Dritten als "Betrüger" bei entsprechendem Anlass zulässig sein kann, hatte auch das OLG Koblenz schon einmal entschieden (siehe "OLG Koblenz: Die Bezeichnung eines Dritten als Betrüger in einem Internetforum kann eine zulässige Meinungsäußerung sein").

Grundsätzlich ist jedoch große Vorsicht geboten.