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OLG Hamburg: Instagram-Influencer muss Posts die offensichtlich Werbung sind nicht nach § 5a Abs. 6 UWG gesondert als Werbung kennzeichnen

OLG Hamburg
Urteil vom 02.07.2020
15 U 142/19


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer Posts, die offensichtlich Werbung sind, nicht nach § 5a Abs. 6 UWG gesondert als Werbung kennzeichnen muss.

Das OLG Hamburg hat die Revision zum BGH zugelassen.

Eine auf der Pressemitteilung des OLG Hamburg basierende Meldung finden Sie hier:

OLG Braunschweig: Regelmäßig Pflicht zur Kennzeichnung als Werbung durch Instagram-Influencer wenn eingestellte Inhalte mit Namen und Accounts der Hersteller verknüpft werden

OLG Braunschweig
Urteil vom 13.05.2020
2 U 78/19


Das OLG Braunschweig hat entschieden, dass regelmäßig eine Pflicht zur Kennzeichnung als Werbung durch Instagram-Influencer besteht, wenn eingestellte Inhalte mit Namen und Accounts der Hersteller verknüpft werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Unzulässige Werbung einer Influencerin

Eine Influencerin darf im geschäftlichen Verkehr auf ihrem Instagram-Auftritt keine Bilder von sich einstellen, auf denen sie Waren präsentiert und auf die Accounts der Hersteller verlinkt, ohne dies als Werbung kenntlich zu machen.

Das hat am 13. Mai 2020 der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig entschieden (2 U 78/19).

Die Influencerin war auf der Social-Media-Plattform Instagram aktiv und veröffentlichte dort regelmäßig Bilder und kurze Videosequenzen zu Sportübungen sowie Fitness- und Ernährungstipps. Klickten die Nutzer die Bilder an, erschienen Namen und Marken der Hersteller der von der Beklagten getragenen Kleidung. Mit einem weiteren Klick wurden die Nutzer dann zu den Instagram-Auftritten der Hersteller geleitet.

Dies, so der 2. Zivilsenat, sei unzulässige Werbung. Durch das Einstellen der Bilder und die Verknüpfung mit den Namen und Accounts der Hersteller handele die Influencerin zu kommerziellen Zwecken. Sie betreibe den Instagram-Account nicht privat, sondern auch zugunsten der Imagepflege und zum Aufbau ihrer eigenen Marke und ihres Unternehmens. Nicht allein entscheidend sei hierbei, dass sie für bestimmte Werbung keine materielle Gegenleistung erhalten habe. Die Erwartung, das Interesse von Drittunternehmen an einem Influencer-Marketing zu wecken und auf diese Weise Umsätze zu generieren, reiche aus. Immerhin bezeichne sich die Beklagte selbst als Influencerin. Hierbei handele es sich in der Regel um bekannte und beliebte Person, die sich dafür bezahlen ließen, dass sie mit einem bestimmten Produkt abgebildet würden. Auch dass ihre Beiträge auf Instagram keinen redaktionellen Anlass für die Bilder und die Herstellernennung böten, spreche für ein kommerzielles Handeln.

Weil die Influencerin den kommerziellen Zweck ihrer Handlungen nicht kenntlich gemacht habe, sei die Werbung unzulässig. Die Verbraucher hätten auch nicht unmittelbar aus den Umständen erkennen können, dass es sich um Werbung handele. Es liege, so der 2. Zivilsenat, gerade in der Natur eines Influencer-Posts, dass eine scheinbar private und objektive Empfehlung abgegeben werde, der die Follower eine höhere Bedeutung beimessen würden als einer gekennzeichneten Werbung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


OLG Stuttgart: Influencerin hat nach Ausscheiden Anspruch auf Auskunft und Umsatzbeteiligung aus gemeinsamen Unternehmen

OLG Stuttgart
Urteil vom 12.03.2020
14 U 155/19


Das OLG Stuttgart hat einer Influencerin nach ihrem Ausscheiden als ehemalige Geschäftsführerin einer GmbH für Online-Modevertrieb einen Anspruch auf Auskunft und Umsatzbeteiligung zugesprochen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

OLG Stuttgart zu den Ansprüchen einer Influencerin als ehemalige Geschäftsführerin einer GmbH für Online-Modevertrieb

Kurzbeschreibung:

Der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz der Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts Agnes Aderhold hat mit seiner heutigen Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Stuttgart bestätigt, mit der die GmbH zur Auskunft über die von ihr verkauften Kleidungsstücke und festgestellt wurde, dass der Influencerin auch über ihr Ausscheiden als GmbH-Geschäftsführerin hinaus eine Umsatzbeteiligung zusteht.

Dem liegt zugrunde, dass die seinerzeit 20-jährige Klägerin sich seit 2013 als „Fashion-Bloggerin“ betätigt hatte und auf ihrem Instagram-Account Bilder von sich und mit von ihr gestalteten Bekleidungsstücken unter einem eigenen Modelabel postete. Sie erlangte aufgrund damals bereits ca. 50.000, heute rund 900.000 Followern auf Instagram einen gewissen Bekanntheitsgrad. Ende 2014 vereinbarte der jetzige Geschäftsführer der beklagten GmbH –ohne schriftliche Niederlegung- mit ihr eine Zusammenarbeit dergestalt, dass sie gemeinsam mit Logos veredelte Kleidungsstücke in einem Online-Shop verkaufen wollten. Die Klägerin sollte dabei eine zehnprozentige Umsatzbeteiligung erhalten.

Der Zahlungsverkehr lief in der Folge u.a. über ein Paypal-Konto, wovon Geld auf ein der Klägerin zugängliches Konto floss. Diese war ab November 2015 Geschäftsführerin der zunächst als Unternehmergesellschaft (UG) gegründeten Beklagten und bezog dafür kein Gehalt. Vielmehr sollten ihr weiterhin ein 10 % Anteil an den Umsätzen der unter der angemeldeten Marke „Blackdope“ vertriebenen Produkte zustehen. Alleingesellschafter der UG und späteren GmbH war deren heutiger Geschäftsführer. Nach einem Streit mit diesem schied die Klägerin zum 01.06.2016 aus der GmbH aus. Sie behauptet, während ihrer Zeit als Geschäftsführerin nicht über finanzielle Dinge unterrichtet worden zu sein, weshalb sie einen Auskunftsanspruch sowie die Feststellung geltend macht, dass die beklagte GmbH abzüglich bereits bezahlter rund 21.000,-- € ihr 10 % des Nettoumsatzes bezahlen müsse. Dem hat das Landgericht erstinstanzlich nur teilweise stattgegeben: Bis zu ihrem Ausscheiden stehe der Influencerin eine 10%ige Beteiligung an den mit „Blackdope-Produkten“ erzielten Nettoumsatz zu; nach ihrem Ausscheiden habe sie noch für einen 2-Jahres-Zeitraum einen auf 5% reduzierten Anspruch.

Dies wird vom Oberlandesgericht bestätigt, das die Berufung der Beklagten zurückweist. Zwar hätten die Parteien keine vertraglichen Regelungen für die Honorierung der Geschäftsführertätigkeit der Klägerin bei der UG bzw. GmbH getroffen, doch sei diese Regelungslücke durch eine ergänzende Vertragsauslegung auf der Grundlage des hypothetischen Parteiwillens zu füllen. Die vereinbarte Umsatzbeteiligung sei zum einen für die konkrete verkaufsfördernde Aktivität der Klägerin, ihre Mithilfe bei den Entwürfen und die von ihr geposteten Fotos mit den Bekleidungsstücken, zum anderen aber auch im Hinblick auf die Übernahme der von der Klägerin verwendeten Bezeichnung „Blackdope“ sowie im Hinblick auf das verkaufsfördernde positive Image und die Bekanntheit der Klägerin gewährt worden.

Das Ausscheiden der Klägerin aus der Beklagten und der damit verbundene Wegfall ihrer Unterstützung beim Vertrieb der Ware wäre deshalb von den Parteien, hätten sie diese Frage bedacht, so berücksichtigt worden, dass sich die ihr zustehende Umsatzbeteiligung reduziert und im Hinblick auf das zunehmende „Verblassen“ der Verbindung der „Blackdope“-Produkte mit der Klägerin befristet worden wäre. Der Senat hält daher wie das Landgericht eine Reduzierung der Umsatzbeteiligung um die Hälfte sowie eine zeitliche Beschränkung auf zwei Jahre nach dem Ausscheiden der Influencerin für sachgerecht.

Der Umstand, dass die Klägerin nach ihrem Ausscheiden sogar zum Boykott der Produkte aufgerufen hat, führt nach Auffassung des Senates nicht zu einem Wegfall des Anspruchs auf Umsatzbeteiligung.

Daneben besteht entsprechend § 242 BGB auch ein Anspruch der geschäftlich unerfahrenen Influencerin auf Auskunftserteilung, da sie über ihren Anspruch auf Umsatzbeteiligung in Unkenntnis war und ist. Dieser Anspruch sei mit der pauschalen Mitteilung der Beklagten, im 2-Jahres-Zeitraum nach dem Ausscheiden der Klägerin habe der Bruttoumsatz mit den Produkten rund 490.000 € betragen, bis heute nicht erfüllt.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts ist die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig.

Aktenzeichen:
LG Stuttgart - 17 O 1171/17 - Urteil vom 23.04.2019
OLG Stuttgart: - 14 U 155/19 - Urteil vom 12.03.2020

Relevante Vorschriften:

Bürgerliches Gesetzbuch

§ 242 Leistung nach Treu und Glauben

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.




BMJV: Kennzeichnungspflicht von Werbung durch Influencer - Regelungsvorschlag zur Abgrenzung nichtkommerzieller Kommunikation zur Information und Meinungsbildung von geschäftlichen Handlungen

Das BMJV hat einen Regelungsvorschlag zur Abgrenzung nichtkommerzieller Kommunikation zur Information und Meinungsbildung von geschäftlichen Handlungen vorgelegt.

Danach könnte § 5a Absatz 6 UWG durch folgenden Zusatz ergänzt werden:

„Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde.“

Die Pressemitteilung des BMJV:

Mehr Rechtssicherheit für Influencerinnen und Influencer

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz will einen sicheren Rechtsrahmen für unentgeltliche Empfehlungen von Influencern und Bloggern schaffen und hat dazu heute einen Regelungsvorschlag veröffentlicht. Danach sollen Äußerungen auf sozialen Medien zu Produkten nicht als Werbung gekennzeichnet werden müssen, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgen und vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen.

Dazu erklärte Staatssekretär Gerd Billen:

„Die Meinungsfreiheit gilt selbstverständlich auch für Influencer. Deswegen wollen wir klarstellen, dass Äußerungen auf sozialen Medien nicht als Werbung gekennzeichnet werden müssen, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgen und vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen. Von einer solchen Klarstellung profitieren Influencer und Verbraucher.Wir haben dazu nun einen Regelungsvorschlag veröffentlicht und möchten diesen mit allen Beteiligten diskutieren.“

Stellungnahmen zu dem Regelungsvorschlag können bis 13. März 2020 abgegeben werden. Der Regelungsvorschlag wird an Ressorts und Verbände versendet und kann auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz hier abgerufen werden.

Die Empfehlungen von Influencern genießen bei ihren Followern hohes Vertrauen. Die Frage, wann Influencer ihre Beiträge als Werbung kennzeichnen müssen, hat deshalb in der jüngeren Zeit große Aufmerksamkeit gefunden. Dazu beigetragen haben nicht zuletzt mehrere voneinander abweichende Gerichtsentscheidungen, die in Presse und Fachöffentlichkeit kontrovers diskutiert wurden.

In einem ersten Schritt hatte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die rechtlichen Probleme des Influencer-Marketings bereits bei einer Dialogveranstaltung im vergangenen Sommer erörtert. An der Veranstaltung haben Vertreter der Influencer, ausgewählte Wirtschaftsverbände, Verbraucherzentralen, Landesmedienanstalten sowie die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz teilgenommen.



LG Frankfurt: Unzulässige Werbung auf Instagram für Brustvergrößerungen und Lippenmodellierungen gegenüber Jugendlichen durch Praxis für ästhetisch-plastische Chirurgie

LG Frankfurt
Anerkenntnisurteil vom 15.01.2020,
2 06 O 360/19


Das LG Frankfurt hat auf eine Klage der Wettbewerbszentrale hin entschieden, dass die Werbung einer Praxis für ästhetisch-plastische Chirurgie für Brustvergrößerungen und Lippenmodellierungen gegenüber Jugendlichen auf Instagram unzulässig ist.


LG Hamburg: Warnhinweis gem. §12 Abs. 2 VermAnlG muss in Werbevideo bzw YouTube-Video während der gesamten Dauer des Videos für Zuschauer deutlich erkennbar sein

LG Hamburg
Urteil vom 28.11.2019
312 O 279/18


Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Warnhinweis gem. §12 Abs. 2 VermAnlG in einem Werbevideo bzw YouTube-Video während der gesamten Dauer des Videos für Zuschauer deutlich erkennbar sein muss.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Dem Kläger steht hingegen ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte bezüglich der Werbevideos ohne den deutlich hervorgehobenen Warnhinweis: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen“ aus § 2 Abs. 1 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 2 VermAnlG zu.

1. Bei § 12 Abs. 2 VermAnlG handelt es sich um ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 Abs. 1 UKlaG. Zu den nicht ausdrücklich in § 2 UKlaG genannten Verbraucherschutzgesetzen gehören alle sonstigen Vorschriften, die Verhaltenspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher begründen und deren Verletzung Kollektivinteressen der Verbraucher beeinträchtigt. Dazu gehören auch alle spezialgesetzlichen Vorschriften über die Informations- und Verhaltenspflichten gegenüber Verbrauchern (Köhler/Bornkamm, 37. Aufl. 2019, UKlaG § 2 Rn. 30). Das VermAnlG statuiert in § 12 Abs. 2 derartige Informations- und Verhaltenspflichten und ist deshalb ein Verbraucherschutzgesetz.

2. Die Beklagte ist Anbieterin im Sinne des § 12 Abs. 2 VermAnlG. Anbieter ist derjenige, der für das öffentliche Angebot der Vermögensanlage verantwortlich ist und den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar als Anbieter auftritt (RegE VermAnlG, BT-Drucks. 17/6051, S. 32; Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb (Hrsg.), WpPG/VermAnlG 3. Aufl. 2017, § 12 Rz. 3). Dass die Beklagte tatsächlich nur eine Vermittlungsplattform für Vermögensanlagen betreibt, ist unerheblich, weil sie in den streitgegenständlichen Werbespots für den Verkehr erkennbar als Anbieterin auftritt. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte lediglich Vermittlerin der Vermögensanlagen ist, enthalten die Videos nicht. Selbst wenn man eine Stellung der Beklagten als Anbieterin verneinen würde, dann würde sie jedenfalls eine Haftung als Gehilfin treffen.

3. Es handelt sich bei den beiden Videos auch um Werbung für öffentlich angebotene Vermögensanlagen im Sinne von § 12 Abs. 2 VermAnlG. Die Regelungen in § 12 VermAnlG sollen einen wirksamen Anlegerschutz gewährleisten. Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der Werbung weit zu verstehen und umfasst jede Äußerung, die mit dem Ziel erfolgt, den Absatz der Vermögensanlagen zu fördern (RegE Kleinanlegerschutzgesetz, BT-Drucks. 18/3994, S 45; Assmann a.a.O. § 12, Rz. 5). Die Werbung muss daher nicht selbst ein konkretes öffentliches Angebot für Vermögensanlagen enthalten, um die Pflichten nach § 12 Abs. 2 VermAnlG auszulösen. Sie muss sich lediglich auf ein solches Angebot beziehen. Wie der Vergleich mit § 12 Abs. 1 VermAnlG zeigt, ist dabei gerade nicht erforderlich, dass die Werbung die wesentlichen Merkmale der Vermögensanlage enthält (vgl. LG Hamburg, Urteil v. 4.12.2018 – 406 HKO 74/18, Anlage K 4; Assmann a.a.O. § 12 Rz. 17).

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei den Werbevideos auch nicht um allgemeine Imagewerbung für die Tätigkeit der Beklagten. Denn bei den Videos ist ein hinreichender Bezug zu den von ihr vermittelten Vermögensanlagen gegeben. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass sie nur Nachrangdarlehen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG und Kreditforderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG vermittelt. Darüber hinaus werden weitere Eckdaten (Online-Investition in Immobilien, Volumen ab EUR 500,00, jährliche Rendite bis 6%) in den Videos genannt. Weitere Einzelheiten sind für die Auslösung der Hinweispflicht nach § 12 Abs. 2 VermAnlG nicht erforderlich.

4. Der nach § 12 Abs. 2 VermAnlG erforderliche Warnhinweis wurde in den angegriffenen Werbevideos nicht deutlich hervorgehoben. Hierfür muss er während der gesamten Dauer des Videos für den Zuschauer deutlich erkennbar sein (Bußalb/Schermuly, WM 2016, 2005, 2008). Der Hinweis ist in den Videos jedoch nur für rund zwei Sekunden sichtbar und überdies in einer zu kleinen Schrift verfasst.

5. Die durch den Verstoß geschaffene Wiederholungsgefahr ist durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung (Anlage K 3b) nicht entfallen. Denn angesichts des vorliegenden Verstoßes genügte eine Strafbewehrung von EUR 2.000,00 nicht. Zudem ist die Erklärung insoweit ungenügend, als sie sich lediglich auf die Dauer des Hinweises, nicht jedoch auf die Größe bezieht."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Instagram-Influencerin muss Posts über Produkte oder Dienstleistungen mit Verlinkung auf Accounts der jeweiligen Anbieter als Werbung kennzeichnen

OLG Frankfurt
Beschluss vom 24.10.2019
6 W 68/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer Posts, die Dienstleistungen oder Produkte vorstellen und auf Accounts der jeweiligen Anbieter verlinken, als Werbung kennzeichnen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Influencerin muss Verlinkungen auf Instagram als Werbung kenntlich machen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) untersagt mit heutigem Beschluss einer Influencerin und Youtuberin, im geschäftlichen Verkehr auf ihrem Instagram-Account Bilder von sich im Internet zu präsentieren und dabei Waren und/oder Dienstleistungen vorzustellen nebst Verlinkung zu den Accounts der jeweiligen Hersteller, ohne diese Veröffentlichungen als Werbung kenntlich zu machen.

Die Antragstellerin betreibt einen Verlag. Die Antragsgegnerin ist Influencerin und Youtuberin. Sie unterhält eine personalisierte Webseite auf Instagram und hat über eine halbe Million Follower. Dort postet sie zahlreiche Bilder, überwiegend von sich selbst. Sie verlinkt diese Bilder mit den Instagram-Accounts der Anbieter der jeweils in ihren Posts dargestellten Produkte sowie Dienstleistungen. Die Posts werden nicht als Werbung kenntlich gemacht. In jedenfalls zwei Begleittexten bedankt sich die Antragsgegnerin ausdrücklich bei zwei Produktherstellern, auf deren Instagram-Accounts sie verlinkt hatte, für die Einladung zu zwei Reisen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Antragsgegnerin betreibe mit der gewählten Präsentation von Produkten und Dienstleistungen auf ihrem Instagram-Account verbotene redaktionelle Werbung. Das Landgericht hat einen auf Unterlassen gerichteten Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Die Beschwerde hat vor dem OLG Erfolg. Die Antragsgegnerin handele unlauter, stellt das OLG fest. Sie habe den tatsächlich vorhandenen kommerziellen Zweck ihrer geschäftlichen Handlungen nicht kenntlich gemacht; der kommerzielle Zweck ergebe sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen.

Der Instagram-Account der Antragsgegnerin stelle, so das OLG, eine geschäftliche Handlung dar; die „Instagram-Posts...dienten zunächst der Förderung fremder Unternehmen“. Es handele sich um Werbung, die den Absatz der präsentierten Produkte steigern und das Image des beworbenen Herstellers und dessen Markennamen oder Unternehmenskennzeichen fördern soll. Die Antragsgegnerin sei unstreitig eine Influencerin. Sie präsentiere sich in ihren Posts nicht als Werbefigur, sondern als Privatperson, die andere an ihrem Leben teilhaben lassen und dabei sehr authentisch wirke. In dem sie auf ihren Posts etwa einen „Tag“ auf ein Hotel setze, mache sie Werbung für dieses Hotel. Der redaktionelle Beitrag habe auch nicht in Verbindung zu diesem Hotel gestanden. Sie erhalte auch eine Gegenleistung für ihre Werbung. Dies folge etwa daraus, dass sie sich ausdrücklich bei zwei Unternehmen, für das sie auf ihren Posts „Tags“ gesetzt hatte, für die Reiseeinladungen bedankte.

Der Instagram-Account der Antragsgegnerin sei auch insgesamt als kommerziell einzuordnen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Antragsgegnerin für jeden „Tag“ eine Gegenleistung erhalten oder erwartet habe. Als Autorin eines Buches, das zu den Spiegel-Online-Bestsellern zähle, nutze sie ihre Bekanntheit als Influencerin, um ihre eigenen Produkte zu vermarkten. Sie erziele als Influencerin Einkünfte damit, dass sie „Produkte und auch sich selbst vermarktet“, betont das OLG.

Die Handlungen der Antragsgegnerin seien zudem geeignet, „den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“, stellt das OLG schließlich fest. Es genüge, dass die Verbraucher aufgrund der Posts Internetseiten öffneten, die es ermöglichten, sich näher mit einem bestimmten Produkt zu befassen. Die Verbraucher würden hier auf den jeweiligen Instagram-Account der Hersteller der präsentierten Produkte geleitet. „Entscheidend ist, dass die Antragsgegnerin als Influencerin und damit als Werbefigur ihre Follower zum Anklicken der „Tags“ motiviert“, fasst das OLG abschließend zusammen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.10.2019, Az. 6 W 68/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.6.2019, Az. 2-6 O 235/19)

Die Entscheidung kann in Kürze im Volltext unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abgerufen werden.

Erläuterungen:
§ 5a UWG Irreführung durch Unterlassen
(1) ...

(6) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

LG Hamburg: Instagram-Posts über selbst gekaufte Produkte nicht immer eine geschäftliche Handlung - Nur 5000 Follower Indiz gegen Schleichwerbung

LG Hamburg
Urteil vom 31.01.2019
312 O 341/18


Das LG Hamburg hat entschieden, dass Instagram-Posts über selbst gekauften Produkte nicht immer eine geschäftliche Handlung darstellen und als Werbung zu kennzeichnen sind. Das Gericht führt aus, dass die im vorliegenden Fall geringe Followerzahl von ca. 5000 gegen eine unzulässige Schleichwerbung sprechen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Jedoch steht der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 5a Abs. 6 UWG ebenso wenig wie aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3a UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG zu.

Die Antragsgegnerin verstößt mit den streitgegenständlichen Postings nicht gegen eine Kennzeichnungspflicht nach § 5a Abs. 6 UWG. Es mangelt schon an einer hierfür erforderlichen geschäftlichen Handlung.

Unlauter handelt nach § 5a Abs. 6 UWG, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Der geltend gemachte Verfügungsanspruch setzt danach zunächst das Vorliegen einer „geschäftlichen Handlung“ im Sinne des UWG voraus. Dies erfordert, dass die streitgegenständlichen Postings der Antragsgegnerin nicht privater Natur, sondern Werbung im geschäftlichen Sinne sind. Erforderlich dafür ist im Grundsatz ein Tätigwerden aufgrund eines entgeltlichen Vertrages oder jedenfalls in der Erwartung eines Entgelts oder einer Gegenleistung. Diese Voraussetzung hat die Antragstellerin im Ergebnis nicht glaubhaft gemacht.

Die Schwierigkeit des Nachweises einer geschäftlichen Handlung im Bereich des „Influencings“ liegt gerade darin, dass der entgeltlich-werbende und damit geschäftliche Charakter von Werbung auf Instagram oft wesensmäßig verschleiert wird, um durch eine privat erscheinende Präsentation der Postings glaubhafter zu erscheinen und größeres Interesse zu erwecken, als erkennbare „echte“ Werbung der Unternehmen selbst. Andererseits ist jedoch auch der Grundsatz der Meinungsfreiheit zu beachten, der es Privaten auch erlaubt, sich zu wirtschaftlichen Fragen und auch zu Unternehmen und Produkten zu äußern und in dem Zusammenhang ebenso negative wie positive Empfehlungen auszusprechen (BGH Urt. vom 20.03.1986 – I ZR 13/8 – Gastrokritiker, WRP 1986, 547).

Demgemäß kommt es vor allem auf die Begleitumstände an, die indiziellen Charakter für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung haben können. Maßgeblich kommt es darauf an, ob entweder ein Entgelt bezahlt wurde (OLG Celle Urteil vom 08.06.2017 – 13 U 53/17, GRUR 2017, 1158) oder sonstige Vorteile, wie z.B. Rabatte oder Zugaben gewährt oder wenigstens in Aussicht gestellt wurden (KG Berlin, Beschluss vom 11. Oktober 2017 – 5 W 221/17, Rz. 10 – zitiert nach juris; Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 5 W 233/17, Rz. 9 – zitiert nach juris). Daneben ist aber auch zu berücksichtigen, dass auch private Posts mit selbst gekauften Produkten dazu dienen können, Aufmerksamkeit bei potentiellen Werbekunden zu erzeugen und den Marktwert für zukünftige Werbeaktionen zu steigern. Damit kann zumindest auch das eigene gewerbliche Handeln gefördert werden. (vgl. LG Heilbronn, Urteil vom 08.05.2018 – 21 O 14/18, Rz. 48ff – zitiert nach juris). Ein Indiz kann ferner sein, dass die betroffene Person eine „Influencerin“ mit einer hohen Followerzahl ist. Hieraus kann sich ein grundsätzliches Bestreben ergeben, andere Nutzer zum Kauf von Produkten zu animieren und damit selbst Geld zu verdienen oder geldliche Vorteile zu ziehen (vgl. LG Osnabrück Urteil v. 12.06.2018 – 14 O 135/18, Rz. 42 ff.). Auch die Verlinkung bei einer Vielzahl von Produkten auf die jeweilige Unternehmerseite kann ein Indiz für eine geschäftliche Handlung sein (LG Berlin, Urteil v. 24. Mai 2018, Az. 52 O 101/18, zitiert nach Anl. Ast. 8, Abs. 19; KG, Beschluss v. 11.10.2017, Az. 5 W 221/17, zitiert nach juris, Abs.11).

Unter Berücksichtigung des Vorgesagten ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin mit ihren Produktpräsentationen mehr als nur eine private Meinung kundtun wollte. Für eine geschäftliche Handlung spricht vor allem, dass bei zahlreichen Produkten eine Verlinkung auf die Seite des jeweiligen Unternehmens angebracht ist. Ebenfalls spricht für eine solche geschäftliche Handlung, dass einige wenige Produkte auch bei der Influencerin Frau D. identisch präsentiert und dort als Werbung gekennzeichnet sind. Insoweit hat die Antragstellern allerdings keinen Vortrag dazu gehalten, in welchem Verhältnis Frau D. zu den Unternehmen der vorgestellten Produkte steht und ob sie etwa ein Entgelt für die Präsentation der Produkte erzielt.

Demgegenüber hat die Antragsgegnerin an Eides statt u.a. versichert, dass sie weder auf ihrem Instagram-Account, noch in sonstigen Medien gegen Entgelt als Werbende für irgendwelche Unternehmen oder Produkte auftritt, dass sie nicht geschäftlich oder mit Gewinnerzielungsabsicht tätig ist und noch nie Geld, Rabatte oder sonstige Gegenleistungen von einem Unternehmen erhalten hat. Weiter hat die an Eides statt versichert, alle Kleidungsstücke, Accessoires, Reisen, Hotelaufenthalte, Restaurant- und Barbesuche selbst finanziert oder von ihren Eltern bezahlt bekommen zu haben. Glaubhaft gemacht ist Letzteres durch eine große Anzahl von Rechnungen (Anl. AG 5), die belegen, dass die Antragsgegnerin nachweislich einen großen Teil der präsentierten Produkte entgeltlich erworben hat. Dies gilt auch in Ansehung des Vortrags zu dem Veranstalter „T. B. C.“ und den hierzu vorgelegten Anl. Ast 10 bis 13. Die Kammer sieht den Vortrag der Antragstellerin als richtig unterstellt, selbst dann keinen Widerspruch zu Ziff. 4 der eidesstattlichen Versicherung, wenn der Antragsgegnerin die vorgestellte Jacke für die Dauer der Aufnahmen unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. In der eidesstattlichen Versicherung vom 3. November 2018 hat die Antragsgegnerin insoweit angegeben, alle ihre Kleidungsstücke und Accessoires, die sie auf den Bildern auf Instagram trage, selbst bezahlt oder als Geschenk von ihren Eltern erhalten zu haben. Nichts davon sei ihr von einem Unternehmen unentgeltlich oder vergünstigt als Gegenleistung für einen Post überlassen worden. Richtig ist zwar im Ausgangspunkt, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin die Jacke der Antragsgegnerin für die Dauer der Aufnahmen unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde und damit der erste Teil von Ziff. 4 der eidesstattlichen Versicherung bei rein grammatikalischer Betrachtungsweise falsch ist. Die Kammer versteht allerdings die Angaben im Zusammenhang mit dem zweiten Teil der Ziff. 4 so, dass die Antragsgegnerin keinerlei Vorteile durch die Unternehmen für die Veröffentlichung der Aufnahmen auf Instagram erhalten hat. Von einem solchen Vorteil kann nach Auffassung der Kammer nur dann die Rede sein, wenn ihr die Jacke über die Dauer der Aufnahmen hinaus unentgeltlich oder vergünstigt überlassen worden wäre. Für eine solche Annahme bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.

Schließlich streitet auch der Umstand für die Antragsgegnerin, dass sie verglichen mit anderen Profilen mit ca. 5.000 relativ wenige „Follower“ hat. In den bereits zitierten Fällen des Landgerichts Heilbronn und des Landgerichts Osnabrück waren es 100.000 bzw. 60.000.

Auch in der zitierten Entscheidung des Landgerichts Berlin (Urteil vom 24.05.2018 – 52 O 101/18) lag der Fall deutlich anders. Die dortige Antragsgegnerin hatte mehr als 50.000 Follower und hat sich zudem dahingehend geäußert, dass das Einzige, was man auf ihrem Blog nicht sehe, private Bereiche seien, die sie nicht ins Internet tragen möchte. Außerdem beschäftigte die Antragsgegnerin eine Projektmanagerin und verfügte über eine Geschäftsanschrift in den Räumen einer Werbeagentur. Über dies alles verfügt die Antragsgegnerin nicht, so dass letztlich lediglich die Verlinkung als Anhaltspunkt für eine geschäftliche Handlung verbleibt, was nach dem soeben Gesagten nicht ausreicht.

Ein geschäftliches Handeln der Antragsgegnerin ist nach allem nicht glaubhaft gemacht. Aus diesem Grunde scheitern auch etwaige Ansprüche aus § 5a Abs. 6 UWG oder §§ 8, 3, 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




OLG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Schleichwerbung durch Produktempfehlung bei Instagram ohne Kennzeichnung als Werbung wenn Influencer sich hauptberuflich mit Geschäftsbereich des Produkts beschäft

OLG Frankfurt
Beschluss vom 28.06.2019
6 W 35/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Schleichwerbung durch Produktempfehlungen bei Instagram ohne Kennzeichnung als Werbung vorliegt, wenn der Influencer sich hauptberuflich mit dem Geschäftsbereich des Produkts beschäftigt und mit dem Hersteller geschäftliche Beziehungen unterhält.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Keine getarnte Werbung eines sog. Influencers auf Instagram

Empfiehlt ein „Influencer“ ein Produkt, ohne den kommerziellen Zweck kenntlich zu machen, stellt dies verbotene getarnte Werbung dar, wenn er sich hauptberuflich mit dem Geschäftsbereich des Produkts beschäftigt und geschäftliche Beziehungen zu den Unternehmen unterhält, deren Produkte er empfiehlt. Mit dieser Begründung untersagte das OLG Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss getarnte Werbung auf Instagram.
Nr. 37/2019

Der Antragsteller ist ein Verein, der sich zugunsten seiner Mitglieder für die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs einsetzt. Der Antragsgegner arbeitet als sog. Aquascaper und gestaltet Aquarienlandschaften. Über seinen Instagram-Account präsentiert er Aquarien, Aquarienzubehör und Wasserpflanzen. Er zeigt dort u.a. Wasserpflanzen einer Firma, für die er seinen eigenen Angaben nach den Bereich „social media“ verantwortet.

Klickt der Nutzer auf ein vom Antragsgegner eingestelltes Bild, erscheinen die Namen von Firmen oder Marken der gezeigten Produkte. Ein weiterer Klick leitet den Nutzer auf den Instagram-Account dieser Firma.

Der Antragsteller meint, die Produktpräsentationen des Antragsgegners stellten verbotene redaktionelle Werbung – sog. Schleichwerbung dar. Er beantragte deshalb beim Landgericht, dem Antragsgegner zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in sozialen Medien, beispielsweise Instagram, kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung zu verdeutlichen. Das Landgericht hatte diesen Antrag zurückgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg. Der Antragsgegner handele unlauter i.S.d. §§ 3, 5 a Abs. 6 UWG, stellte das OLG fest. Er habe den kommerziellen Zweck seiner Handlung nicht kenntlich gemacht, der sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen ergebe. Der Instagram-Account des Antragsgegners stelle eine geschäftliche Handlung dar. Erfasst werde insoweit jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes von Waren objektiv zusammenhänge. Bei dem streitgegenständlichen Internetauftritt handele es sich um Werbung, die den Absatz der dort präsentierten Aquarien und Aquarienzubehörartikel fördern solle. „Dass es sich hierbei um eine Präsentation des auf Instagram als (...) auftretenden Antragsgegners handelt, steht der Annahme einer geschäftlichen Handlung nicht entgegen, weil dieser nach der Einschätzung des Senats hierfür Entgelte oder sonstige Vorteile, wie z.B. Rabatte oder Zugaben erhält“, ergänzt das OLG. Dafür spreche zum einen, dass der Antragsgegner sich beruflich mit der Gestaltung von Aquarienlandschaften beschäftige. Zum anderen liege es nicht nur nahe, sondern sei hinsichtlich einer Firma auch belegt, dass er geschäftliche Beziehungen zu den Unternehmen unterhalte, deren Produkte er präsentiere. „Im Übrigen ist die Verlinkung der präsentierten Produkte mit dem Instagram-Account des jeweiligen Herstellers ein starkes Indiz dafür, dass es dem Antragsgegner nicht nur um eine private Meinungsäußerung geht, er vielmehr mit der Präsentation einem kommerziellen Zweck verfolgt“, stellt das OLG fest.

Die geschäftliche Handlung sei hier auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Insoweit genüge das Öffnen einer Internetseite, die es ermögliche, sich näher mit einem bestimmten Produkt zu befassen. Dies sei hier der Fall.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.06.2019, Az. 6 W 35/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.04.2019, Az. 2/6 O 105/19)

Die Entscheidung kann in Kürze unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de im Volltext abgerufen werden.

Erläuterungen:
§ 5a UWG Irreführung durch Unterlassen

(1)Bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, sind insbesondere deren Bedeutung für die geschäftliche Entscheidung nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen.

(2) – (5)...

(6)Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.



LG Hamburg: Hinweis "Sponsored Content" genügt nicht um Influencer-Werbung in Online-Magazin als Werbung zu kennzeichnen

LG Hamburg
Urteil vom 21.12.2018
315 O 257/17


Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Hinweis "Sponsored Conten" nicht genügt, um Influencer-Werbung in einem Online-Magazin als Werbung zu kennzeichnen.

Aus den Entscheidungsgründen:

2. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus den §§ 8, 3, 5 a Abs. 6 UWG zu. Nach dieser gesetzlichen Regelung handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

a) Ein Nichtkenntlichmachen im Sinne der Regelung liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass der Verbraucher ihren kommerziellen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann. Maßgeblich ist insoweit die Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. § 5 a UWG, Rdnr. 7.24).

Im Streitfall geht es um die Fallgruppe des sog. Influencer-Marketing im Internet. Dabei handelt es sich in der Regel um bekannte und beliebte Personen, die sich dafür bezahlen lassen, dass sie im Zusammenhang mit einem bestimmten Produkt abgebildet werden. Grundsätzlich handelt es sich insoweit um eine Erscheinungsform der Schleichwerbung durch Produktplatzierung. Sie verstößt dann gegen die gesetzliche Norm, wenn kein unmissverständlicher, sofort erkennbarer Hinweis auf den werblichen Charakter der Darstellung erfolgt. Ein lediglich versteckter Hinweis, etwa mit dem Hashtag #ad innerhalb oder am Ende eines Beitrags, genügt dafür nicht (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. § 5 a UWG, Rdnr. 7.80a mit weiteren Nachweisen).

b) Im Streitfall enthält die streitgegenständliche Werbung nicht den geforderten unmissverständlichen Hinweis auf den werblichen Charakter der Darstellung.

aa) Dass es sich im Streitfall um werbliche Anzeigen handelt, ist zwischen den Parteien unstreitig.

bb) Der werbliche Charakter der streitgegenständlichen Darstellungen in der Zeitschrift „x.“, und zwar der Darstellungen Anlage K 1, Seiten 8 und 9, wird aus dem Kontext des Beitrages nicht hinreichend deutlich. Es werden unter der Überschrift „Die cleversten #CAR-TRICKS“ für Mädels“ Produkte bzw. Dienstleistungen vorgestellt, unter anderem die kommerzielle App Find my car sowie das intelligente Multimediasystem „perfectmusic“. Der Artikel liest sich wie ein redaktioneller Beitrag; er ist eine Mischung aus kostenlosen Tipps und kommerziellen Angeboten, die von einer guten Freundin stammen könnten. Von dieser erwartet man gerade aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise allerdings nicht, dass sie von Dritten für ihre guten Ratschläge bezahlt wird.

cc) Auch der Hinweis „Sponsored Content“ verdeutlicht den kommerziellen Werbecharakter des Beitrages nicht hinreichend. Der Begriff bedeutet übersetzt „unterstützter Inhalt“ und macht nicht hinreichend deutlich, dass es sich bei diesem redaktionellen Beitrag um eine kommerzielle Werbeanzeige handelt. Der Begriff des Sponsors wird in der Alltagssprache eher mit einer auch uneigennützigen Unterstützung eines Projekts verbunden. Bekannt ist der Begriff aus dem Sport; so ist der Trikotsponsor jemand, der ein Sportprojekt oder eine Mannschaft unterstützt und dafür als Gegenwert eine Werbemöglichkeit erhält, beispielsweise auf dem Trikot einer Mannschaft. Dabei überwiegt in der Regel der unterstützende Anteil; der Sponsor erhofft sich durch seine Zahlung eine Beteiligung am guten Image der unterstützten Mannschaft. Ein gekaufter redaktioneller Werbebeitrag unterfällt nicht dem Begriff des „Sponsoring“. Dies kann die Kammer auch aus eigener Kompetenz beurteilen. Sie gehört zwar nicht zur Zielgruppe der jungen Frauen im Alter von 18 bis 24 Jahren; allerdings handelt es sich hier um das Verständnis eines sprachlichen Begriffs, den die Mitglieder der Kammer aus ihrem Sprachverständnis beurteilen und bewerten können.

Soweit die Beklagte vorträgt, sie habe mit zwei Befragerinnen 111 Frauen zur Bedeutung des Begriffs „Sponsored Content“ interviewt, ist dies ohne hinreichende Aussagekraft und kann die obige Bewertung nicht erschüttern. Dies liegt schon an der Art der Befragung, denn die befragten Personen sind von vornherein mit einer geschlossenen Frage konfrontiert worden. Bei den möglichen vorgegebenen Antworten

A) Es ist ein ganz normaler Artikel
B) Es handelt sich um einen mit Werbung finanzierten Beitrag
C) Ich weiß es nicht

verwundert es den Leser, dass sich nicht 100 % der befragten Personen für die Antwort B) entscheiden, denn Antwort A) scheidet von vornherein aus, da normale Artikel bekanntermaßen nicht mit „Sponsored Content“ überschrieben werden. Jedenfalls veranlasst die von der Beklagten vorgenommene Befragung die Kammer nicht zur Durchführung einer sachverständigen Verkehrsbefragung.

Nach Auffassung der Kammer ist die Aussage „Sponsored Content“ nicht hinreichend deutlich und aussagekräftig; die Aussage soll vielmehr dazu dienen, den Werbecharakter des redaktionellen Beitrags zu verschleiern. Erforderlich ist die Kennzeichnung mit einem deutlich herausgestellten Begriff wie „Anzeige“.

3. Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten folgt aus § 12 Abs. 1 UWG.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




Volltext Urteil LG München im Rechtsstreit VSW gegen Cathy Hummels zur Kennzeichnung von Werbung als Influencer auf Instagram liegt vor

LG München
Urteil vom 29.04.2019
4 HK O 14312/18


Wir hatten bereits in dem Beitrag LG München: VSW gegen Cathy Hummels - Keine Kennzeichnungspflicht der Beiträge als Werbung wenn Instagram-Account offensichtlich gewerblichen Zwecken dient über die Entscheidung berichtet.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Nicht jede Produktempfehlung auf Instagram ist automatisch kennzeichnungspflichtige Werbung nach § 5a Abs. 6 und geschäftliches Handeln nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG

LG Frankfurt
Beschluss vom 02.04.2019
2-06 O 105/19


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass nicht jede Produktempfehlung auf Instagram automatisch als kennzeichnungspflichtige Werbung und geschäftliches Handeln nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG einzuordnen ist. Vielmehr müssen weitere objektive Umstände hinzutreten, die mit rein privatem Handeln nicht zu erklären sind.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen. Der Antragsteller hat einen Verfügungsanspruch gemäß §§ 3, 5a Abs. 6, 8, 12 ff UWG nicht dargetan.

Eine geschäftliche Handlung, die die Pflicht zur Kennzeichnung als Werbung bzw. Anzeige auslösen würde, ist nicht erkennbar. Geschäftliche Handlung bedeutet nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Dies Voraussetzung der Absatzförderung fremder Produkte erfüllt jede Empfehlung eines Produktes, etwa auch durch Setzen von Links. Ferner kann das Interesse an fremden Produkten durch den Antragsgegner geweckt werden, wenn diese im Zusammenhang mit seiner Person auf seinem Instagram-Account
präsentiert werden.

Zusätzlich hat aber eine Abgrenzung zwischen reinem privatem Handeln und einer privaten grundrechtlich geschützten Meinungsäußerung von einem auf Erwerbszwecke gerichteten geschäftlichen bzw. kommerziellen Handeln zu erfolgen. Eine geschäftliche Handlung ist daher entgegen der Auffassung des LG Hagen (GRUR-RR 2017, 510) nicht allein in der bloßen Verlinkung zu Webseiten dritter Markeninhaber bzw. Unternehmen zu sehen; hier in dem Setzen einzelner "tags" auf Instagram.

Hinzutreten müssen vielmehr weitere objektive Umstände, die mit einem rein privaten Handeln nicht mehr erklärbar sind und deshalb auf ein geschäftliches Handeln des Antragsgegners selbst schließen lassen.

Dazu trägt der Antragsteller nur vor, dass der Antragsgegner mehr als 5.000 Follower habe. Das mag ihn zwar für die Unternehmenswerbung interessant machen, belegt aber in keiner Weise, dass eine Zusammenarbeit bereits etabliert ist und der Antragsgegner keine rein privaten Empfehlungen ausspricht Die Impressumsangabe in Anlage A16 steht in keinerlei erkennbarem Zusammenhang mit dem angegriffenen Instagram-Auftritt. Dass der Instagram-Auftritt selbst in einer Weise gestaltet wäre, die mit einem rein privaten Handeln nicht mehr erklärbar sei. trägt der Antragsteller weder vor noch ist dies den Ausdrucken in Anlage A3 zu entnehmen

Auf Vorstehendes hatte die Kammer den Antragsteller ausweislich der Verfügung vom 22 03.2019 hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben Mit Schriftsatz vom 28 03.2019 hat der Antragsteller zwar auf diesen Hinweis erwidert, in diesem Schriftsatz aber ebenfalls keine weiteren objektiven Umstande dargetan, die mit einem rein privaten Handeln des Antragsgegners nicht mehr erklärbar wären Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist nicht jedes Setzen eines .tags" ein .planmäßiges Hinführen’ Dritter in Form einer geschäftlichen Handlung Vor dem Hintergrund, dass auch von Berufswegen tätig werdenden Personen (Anlage A 17) das grundgesetzlich geschützte Recht auf Meinungsfreiheit zusteht, kann von diesen nicht verlangt werden, jeden Post als .Werbung" oder Anzeige“ zu markieren, auch wenn der Post einer rein privaten Empfehlung entspringt.


LG München: VSW gegen Cathy Hummels - Keine Kennzeichnungspflicht der Beiträge als Werbung wenn Instagram-Account offensichtlich gewerblichen Zwecken dient

LG München
Urteil vom 29.04.2019
4 HK O 14312/18


Das LG München hat im Rechtsstreit Verband Sozialer Medien e.V. (VSW) gegen Cathy Hummels entschieden, dass keine Kennzeichnungspflicht der Beiträge als Werbung erforderlich ist, wenn ein Instagram-Account offensichtlich gewerblichen Zwecken dient.

Die Entscheidung ist keine allgemeine Entwarnung für Influnecer, da andere Gerichte strengere Anforderungen an die Kennzeichnung von Werbung stellen. Nach dem Grundsatz des fliegenden Gerichtsstands können Mitbewerber und Abmahnvereine gezielt ein Gericht mit strengerer Rechtsprechung auswählen und dort gerichtliche Schritte einleiten.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Kennzeichnungspflicht für Influencer-Werbung auf Instagram?

Die 4. Handelskammer des Landgerichts München I hat heute die Klage des Verbands Sozialer Medien e.V. (VSW) gegen eine Influencerin abgewiesen (Az. 4 HK O 14312/18).

Der VSW verlangte von der Beklagten, die unter anderem als Influencerin einen Instagram-Account betreibt, Werbung für diverse Produkte bzw. Marken auf ihrem Account zu unterlassen, sofern diese dort nicht ausdrücklich als Werbung gekennzeichnet sind.

Die Beklagte hat aktuell 485.000 Follower (Abonnenten) auf Instagram und veröffentlicht regelmäßig Bilder von sich selbst, oft mit kurzen Begleittexten. Darin beschäftigt sie sich mit Mode, ihrem Leben als Mutter eines Kleinkinds, Yoga, Reisen und anderen Themen. Ihre Posts sind teilweise mit Hinweisen auf die Hersteller der von ihr getragenen Kleidung oder sonstiger in Bild zu sehender Gegenstände versehen. Diese Gegenstände sind teilweise „getagt“: Klickt man auf die entsprechende Stelle im Bild, so erscheint der Name der Unternehmen, deren Produkte abgebildet sind. Klickt man nunmehr auf den Namen des Unternehmens, so wird man auf den Account des Unternehmens weitergeleitet. Gegenstand des Verfahrens waren vier konkrete Posts, die verschiedene Unternehmen tagten oder – in einem Fall – erkennen ließen.
Die Kammer hatte bei ihrer Entscheidung davon auszugehen, dass die Beklagte keine Gegenleistung für die Posts erhalten hat. Eine Gegenleistung hat der Kläger nicht bewiesen. Kennzeichnungspflichten, die sich im Falle einer Zahlung durch die Unternehmen ergeben können, bestanden daher nicht.

Das Gericht entschied, dass die Posts der Beklagten keine getarnte Werbung sind. Zwar handelte die Beklagte gewerblich, weil sie durch die Posts die verlinkten Unternehmen und ihr eigenes Unternehmen förderte. Das aber lässt der Instagram-Account der Beklagten nach Auffassung der Kammer für die angesprochenen Verkehrskreise erkennen.

Die Kammer unterstrich, dass die Erkennbarkeit des gewerblichen Handelns in jedem Einzelfall geprüft werden muss, die Entscheidung daher nicht generell mit Blick auf andere Blogger oder Influencer verallgemeinert werden darf. Ausschlaggebend in diesem konkreten Fall waren u.a. die Anzahl der Follower der Beklagten und der Umstand, dass es sich um ein öffentliches, verifiziertes und mit einem blauen Haken versehenes Profil handelt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.



OLG Braunschweig: Schleichwerbung bei Instagram - Influencer muss darlegen und beweisen dass Instagram-Posts keine Werbung darstellen

OLG Braunschweig
Beschluss vom 08.01.2019
2 U 89/18


Das OLG Braunschweig hat im Rahmen eines Streits um Schleichwerbung bei Instagram entschieden, dass ein Influencer darlegen und beweisen muss, dass Instagram-Posts keine Werbung darstellen. Verlinken die Beiträge auf Shops der Hersteller, so liegt regelmäßig Werbung vor und ist als solche zu kennzeichnen.


Volltext LG Karlsruhe liegt vor - Unzulässige Schleichwerbung auf Instagram wenn Influencer Fotos mit Marken tagged ohne die Posts als Werbung zu kennzeichnen

LG Karlsruhe
Urteil vom 21.3.2019
13 O 38/18 KfH


Wir hatten bereits in dem Beitrag "LG Karlsruhe: Unzulässige Schleichwerbung auf Instagram wenn Influencer Fotos mit Marken tagged ohne die Posts als Werbung zu kennzeichnen" über die Entscheidung berichtet.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klage ist begründet. Der Kläger besitzt einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 6, § 3, § 5a Abs. 6 UWG.

1. Die streitgegenständlichen Posts sind zu messen an der Regelung des § 5a Abs. 6 UWG analog (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 5a Rn. 7.4, 7.9; Götting/Nordemann/Hasselblatt, UWG, 3. Auflage 2016, § 5a Rn. 207). Die an sich vorrangige Regelung in Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist hier nicht anwendbar, weil es nicht um redaktionelle Inhalte geht (Ahrens, GRUR 2018, 1211, 1213; Gerecke, GRUR 2018, 153, 154). Eines Rückgriffs auf die Vorschrift des § 5 UWG bedarf es nicht (a.A. Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, UWG § 5a Rn. 89).

Nach § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

§ 5a Abs. 6 UWG bezweckt den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung über den wahren, nämlich kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung. Wer Wirtschaftswerbung in einer Weise betreibt, dass geschäftliches Handeln nicht mehr als solches erkennbar ist, nutzt den Umstand aus, dass der Verkehr den Angaben eines am Wettbewerb selbst nicht Beteiligten (z.B. einer Zeitschriftenredaktion oder einer Privatperson) eher Glauben schenkt und sie weniger kritisch beurteilt, mithin ihr größere Bedeutung und Beachtung beimisst als entsprechenden, ohne weiteres als Werbung erkennbaren Angaben (BGH, GRUR 2013, 644 Rn. 15 – Preisrätselgewinnauslobung V; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 5a Rn. 7.4). Daher wird von manchen Werbetreibenden der Versuch unternommen, die Werbebotschaft in ein scheinbar objektives und neutrales Gewand zu hüllen (Schleichwerbung). Darin liegt eine Täuschung über den Umstand des werblichen Charakters der Aussage (Götting/Nordemann/Hasselblatt, a.a.O., § 5a Rn. 201).

Die sich aus § 5a Abs. 6 UWG ergebende Rechtspflicht entfällt nicht deswegen, weil bei ausländischen Instagram-Accounts ggf. keine entsprechende Werbekennzeichnung erfolgt, wie dies die Beklagte im Hinblick auf die Posts einer italienischen Influencerin vorgetragen hat. Eine möglicherweise unzureichende Umsetzung des Unionsrechts oder fehlender Gesetzesvollzug in Italien vermag einen Gesetzesverstoß in Deutschland nicht zu rechtfertigen.

2. Ob ein Fall des § 5a Abs. 6 UWG vorliegt, kann das Gericht selbst aus eigener Anschauung beurteilen (vgl. BGH, GRUR 2013, 644 Rn. 23 – Preisrätselgewinnauslobung V). Die Instagram-Posts der Beklagten richten sich an das allgemeine Publikum. Die Frage der Erkennbarkeit werblichen Inhalts ist auf der Grundlage allgemeiner Lebenserfahrung zu beantworten.

3. Danach handelt es sich bei den genannten Posts um verbotene Schleichwerbung. Diese ist von der Beklagten zu unterlassen. Antragsgemäß erfolgt im Urteilstenor keine Beschränkung auf Instagram, sondern allgemeiner auf soziale Medien.

a. Der Instagram-Auftritt der Beklagten mit der dargestellten Abfolge der Seitenaufrufe stellt eine geschäftliche Handlung dar.

Geschäftliche Handlung ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

i. Die streitgegenständlichen Instagram-Posts der Beklagten dienen zunächst der Förderung fremder Unternehmen. Es handelt sich um Werbung, die den Absatz der präsentierten Produkte steigern und das Image des beworbenen Herstellers und dessen Markennamen fördern soll. Das Interesse an der Marke und den Produkten wird durch die Beklagte geweckt, indem sie die Produkte am eigenen Körper bzw. im Zusammenhang mit ihrer Person präsentiert. Das nähere Kennenlernen des Herstellerunternehmens und der Produktabsatz werden dadurch erleichtert, dass der Interessent bei Betätigung der verlinkten Tags auf den jeweiligen Instagram-Account des Herstellers geleitet wird. Dass die Beklagte dadurch Nachfragen der Follower (woher hast du dein Kleid?) vermeiden möchte, steht dem zugleich verfolgten geschäftlichen Zweck nicht entgegen.

Die Beklagte präsentiert sich in ihren Posts als Mensch und „Freundin“, nicht als „bloßes“ Model. Der betont private Charakter der geposteten Fotos und ggf. der begleitenden Story (Verweis auf die Mama, Urlaubskontext etc.) ändert nichts am Vorliegen einer geschäftlichen Handlung. Im Gegenteil: Es ist gerade das Wesen der Influencer-Werbung, dass der Influencer immer zugleich an seinem Image und seiner Authentizität arbeitet, wozu er die passenden Marken und Artikel bewirbt, und den Kreis seiner Follower „pflegt“, die seine Glaubwürdigkeit schätzen und Teil der Community „ihres“ Influencers sein möchten (vgl. Lehmann, WRP 2017, 772 f.; Mallick/Weller, WRP 2018, 155 ff.; Lettmann, GRUR 2018, 1206, 1209). Die Beklagte wird wegen ihrer Fitness und Attraktivität, ihres Zugangs zu Luxusprodukten und Fernreisen etc. bewundert. Dadurch wird ihre Zielgruppe für die beworbenen Marken und Produkte besonders empfänglich.

ii. Aufgrund dieser Umstände ist auch der Post vom 04.03.2018 (Anlage K6a) als geschäftliche Handlung anzusehen. Dieser Post unterscheidet sich von den beiden anderen (Anlagen K4a und K5a) insofern, als hier ein durchaus gehaltvoller Textbeitrag vorhanden ist, in dem sich die Beklagte mit der Bedeutung und dem Wert des Scheiterns auseinandersetzt. Das Foto zeigt sie als nachdenkliche junge Frau in einer Gewerbehalle. Anders als in Anlage K5a dient der Text nicht der Werbung.

Trotzdem kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, mit diesem Post lediglich einen redaktionellen Beitrag veröffentlicht zu haben. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Beitrag allein, zumindest aber vorrangig der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dienen würde (BGH, GRUR 2012, 74 – Coaching-Newsletter, Rn 15; BGH, GRUR 2016, 700 – Im Immobiliensumpf, Rn 16). Der Tag “...” und die Inhalte des Instagram-Accounts, zu dem der gesetzte Link führt, haben jedoch keinen erkennbaren Bezug zu dem Text- und dem Bildbeitrag der Beklagten. Das Setzen des Tags bewirkt, dass die Neugier des Besuchers und die Erwartung geweckt werden, durch einen Klick Weiteres erfahren zu können. Mit anderen Worten dient der Tag der Förderung eines anderen Unternehmens (vgl. KG, Urteil vom 08.01.2019 – 5 U 83/18 –, juris Rn. 57 ff.; vgl. zur Abgrenzung ebd., Rn. 102 ff.). Das Unterlassungsgebot bezieht sich nur auf diese Art des Taggens, nicht auf den Post im Übrigen.

iii. Die Beklagte fördert durch ihre Posts außerdem ihr eigenes Unternehmen (vgl. auch KG, Urteil vom 08.01.2019 – 5 U 83/18 –, juris Rn. 54; LG Berlin, Urteil vom 24.05.2018 – 52 O 101/18 –, juris Rn. 31; Mallick/Weller, WRP 2018, 155, 157 f.). Für dieses unterhält sie bei Instagram folgerichtig einen Business Account, wie sie im Verhandlungstermin bestätigte.

Als Influencerin erzielt sie Einkünfte damit, dass sie Produkte vermarktet und dabei trotzdem authentisch erscheint. Sie inszeniert ihr Leben mit den dazu passenden Marken. Unternehmen sind für ihre Werbung an möglichst glaubwürdigen Werbeträgern interessiert. Die Beklagte verdient umso mehr daran, je größer die Zahl ihrer Follower ist. Die ansprechende Gestaltung ihres Instagram-Auftritts ist gleichbedeutend mit einer Steigerung des Wertes der von ihr angebotenen Dienstleistungen. Dieser Wert drückt sich aus in über 4 Millionen Followern sowie ständiger Zusammenarbeit mit einer Managerin (deren Account man über einen Tag ebenfalls erreicht) und einer Werbeagentur (P. A. GmbH, siehe K3 Seite 1).

Die Beklagte gesteht den vorwiegend kommerziellen Zweck ihres Auftretens ausdrücklich zu. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie konkretisiert, für – im Jahresdurchschnitt – ca. 50% ihrer Posts bezahlt zu werden. Das bedeutet nicht, dass die übrigen Posts als rein privat anzusehen wären. Durch häufiges Veröffentlichen gerade auch privater oder privat anmutender Bilder und Texte erhält sich ein Influencer die Gunst seiner Zielgruppe. Treibt er „nur noch“ Werbung, setzt er seine Nähe zur Community und seine Glaubwürdigkeit – also wesentliche Assets seines Unternehmens – aufs Spiel.

iv. Der erforderliche objektive Zusammenhang mit einer Förderung des Absatzes von Waren i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist ebenfalls gegeben.

Die Handlung muss bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet sein, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug zu fördern (BGH, WRP 2013, 1183 Rn. 17, 18 – Standardisierte Mandatsbearbeitung; BGH, WRP 2015, 856 Rn. 22 – Bezugsquellen für Bachblüten; BGH, WRP 2016, 843 Rn. 12 – Im Immobiliensumpf). Auf die subjektiven Vorstellungen des Handelnden kommt es grundsätzlich nicht an (OLG Hamm, WRP 2017, 609 Rn. 22).

Dieser Zusammenhang ist hier unter zwei Aspekten gegeben.

(1) Bei der gebotenen objektiven Betrachtung soll ein Setzen von Tap Tags, die mit Hersteller-Accounts verlinkt sind, zumindest mittelbar den Warenabsatz der Hersteller fördern (vgl. LG Itzehoe, Urteil vom 23. November 2018 – 3 O 151/18 –, juris Rn. 39). Ob das konkrete, von der Beklagten zur Schau getragene Produkt dort (noch) erhältlich ist, ist ohne Bedeutung. Ein „objektiver Zusammenhang“ besteht auch bei der Aufmerksamkeitswerbung (Imagewerbung), die dazu dient, den Namen des werbenden Unternehmens im Verkehr bekannt zu machen oder dessen Verkehrsbekanntheit zu steigern und damit mittelbar dessen Absatz zu fördern (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 2 Rn. 50).

(2) Ferner kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, nur für einen Teil ihrer Posts bezahlt zu werden. Bei i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG unternehmerisch tätigen Influencern stellt sich die Frage der Unentgeltlichkeit von vornherein nicht (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 5a Rn. 7.71). Die Bezahlung des einzelnen Posts (oder der ihm zugrundeliegenden Reisen bzw. der beworbenen Produkte) stellt insbesondere dann kein taugliches Abgrenzungsmerkmal zwischen geschäftlicher und privater Handlung dar, wenn – wie hier – der unentgeltliche Post zumindest auch den Zweck der Förderung des eigenen Unternehmens verfolgt. Denn damit steht er in einem unauflösbaren Kontext mit den bezahlten Werbebeiträgen (vgl. LG Heilbronn, Urteil vom 08. Mai 2018 – 21 O 14/18 KfH –, juris Rn. 48 ff.; a.A. wohl KG, Urteil vom 08.01.2019 – 5 U 83/18 –, juris Rn. 112 ff.). Wären die nicht auf bezahlten Partnerschaften beruhenden Posts rein privat gedacht, stünde der Beklagten die Eröffnung eines weiteren, privaten Instagram-Accounts offen. Auf Frage des Vorsitzenden hat sie angegeben, einen solchen nicht zu besitzen. Dann aber muss sie sich daran festhalten lassen, insgesamt und stets auch geschäftlich aufzutreten.

Zudem liegt der Verstoß gegen den lauteren Wettbewerb in der Verschleierung des werblichen Charakters. Dann kommt es bei der Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung vorliegt, nicht darauf an, ob die Beklagte für die fraglichen Posts ein Entgelt erhalten hat (vgl. BGH, GRUR 1994, 821, 822 – Preisrätselgewinnauslobung I).

v. Ohne Erfolg hält die Beklagte der rechtlichen Qualifikation ihrer Posts als geschäftliche Handlungen entgegen, dass man die Tags nur sieht, wenn man auf das Foto klickt, der Betrachter also selbst tätig werden muss, um überhaupt in den geschilderten Ablauf der Verlinkungen zu gelangen. Dieses Argument überzeugt schon deswegen nicht, weil nicht jeder Nutzer, der auf das Foto klickt, auf der Suche nach näheren Informationen über die von der Beklagten getragenen Kleidungsstücke etc. ist. Gegebenenfalls möchte er auch wissen, ob ein Fotograf oder sonstige Personen oder Informationen hinterlegt sind, wie dies bei Instagram häufig der Fall ist. Das Verhalten, welches die Beklagte zu unterlassen hat, ist die von ihr vorgenommene Einbettung von Links zu Produktanbieterseiten in werblichem Kontext, ohne diesen Zusammenhang offenzulegen. Dass der Nutzer seinerseits aktiv werden muss, um letztlich auf die Produktanbieterseite zu gelangen, ändert daran nichts.

vi. Ob die Meinung der Beklagten, dass in dem streitgegenständlichen Taggen von Fotos mit Verlinkung auf Produktanbieterseiten schon keine kommerzielle Kommunikation liegen soll, von Art. 2 lit. f RL 2000/31/EG (Richtlinie über elektronischen Geschäftsverkehr) gestützt wird (vgl. dazu Grabitz/Hilf/Marly, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl. 2009, Art. 2 Rn. 29), bedarf hier keiner Entscheidung. § 5a Abs. 6 UWG dient der Umsetzung einer speziellen Regelung in Art. 7 Abs. 2 UGP-RL (Unlautere Geschäftspraktiken-Richtlinie). Auf die Pflichten gemäß Art. 6 bis 8 der RL 2000/31/EG kommt es daher nicht an, ihre Verletzung ist nicht streitgegenständlich.

b. Die Beklagte hat den kommerziellen Zweck ihrer geschäftlichen Handlung bei ihren drei Posts nicht kenntlich gemacht. Weder in noch über noch unter dem jeweiligen Foto noch im Begleittext findet sich dazu ein Hinweis.

c. Die besondere Kenntlichmachung war auch nicht entbehrlich. Denn der kommerzielle Zweck ergibt sich nicht unmittelbar aus den Umständen. Dafür müsste er auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar sein. Hingegen genügt es nicht, wenn der durchschnittliche Leser erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags dessen werbliche Wirkung erkennt (BGH, GRUR 2013, 644 Rn. 21 – Preisrätselgewinnauslobung V; KG, WRP 2018, 224 Rn. 13; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 5a Rn. 7.80a). Auf Bild-Posts in Instagram übertragen bedeutet dies, dass beim bloßen Betrachten des Bildes „ins Auge fallen“ muss, dass es sich um Werbung handelt.

i. Bei den Bildern, die von der Beklagten gepostet werden, ist das nicht der Fall. Deren kommerzieller Zweck ist den Nutzern nicht schon deswegen offenbar, weil jeder, der auf einen Beitrag geht, dessen Urheber über 4 Millionen Abonnenten hat, weiß, dass er es mit einem Influencer zu tun hat, oder weil kostenlose Internetdienste meist durch Werbung finanziert werden. Erst recht ist ein Beitrag nicht schon dann als Werbung erkennbar, wenn er professionell gestaltet ist (OLG Celle, MMR 2017, 769 Rn. 17). Auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Instagram können unter keinem Gesichtspunkt eine Werbekennzeichnung beim konkreten Post ersetzen.

Die hierzu jeweils anderslautende Meinung der Beklagten verkennt, dass sicherlich eine große Zahl, aber keinesfalls sämtliche Nutzer den werblichen Charakter des Auftretens von Influencern einzuschätzen wissen (Lettmann, GRUR 2018, 1206, 1210). Dabei ist in Erinnerung zu rufen, dass die Beklagte private mit werblichen Inhalten mischt, die Erkennbarkeit von Werbung also gezielt reduziert.

ii. Das Gericht vermag sich ferner nicht der Auffassung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (4 OB 60/16 A) anzuschließen, die von der Beklagten im Schriftsatz vom 15.08.2018, S. 6 f., zitiert wird. Aus dem Umstand, dass der durchschnittlich aufmerksame Leser heute davon ausgeht, dass auch redaktionelle Beiträge nicht „neutral“ sind, weil sie von Journalisten stammen, die ihre persönliche Meinung zum Ausdruck bringen, lässt sich keinesfalls folgern, dass kommerzielle Äußerungen mit – wie es im Urteil des OGH heißt – „werblichem Überschuss“ nicht als Werbung gekennzeichnet werden müssten. Ungeachtet dessen schränkt der OGH sein Judikat auf den Fall unentgeltlicher – also nicht von einem Dritten bezahlter – Beiträge ein und hält sich damit im Rahmen von § 26 des österreichischen Mediengesetzes. Für den hier gegebenen Streitfall lässt sich daraus nichts gewinnen.

iii. Eine eindeutige Kenntlichmachung als Werbung ist auch deswegen bedeutsam, weil die Follower der Beklagten oft sehr jung sind. Als Hauptnutzergruppe gab sie in der mündlichen Verhandlung die 16-24jährigen an, räumte aber ein, dass auch jüngere Nutzer vertreten sind. Instagram verlangt ein Mindestalter von 12 Jahren, woran sich allerdings nicht stets gehalten wird.

Geht es um den Schutz besonders schutzbedürftiger Verbraucher, insbesondere von Kindern, gilt § 3 Abs. 4 Satz 2 UWG, so dass auf deren Erkenntnisfähigkeit abzustellen ist. Da Kinder im Vergleich zu Erwachsenen weniger aufmerksam und lesegeübt sind, sind an die Kennzeichnung als Werbung deutlich höhere und kindgerechte Anforderungen zu stellen. Zwar sind netzaffine jugendliche Nutzer von Instagram im Umgang mit diesem und anderen sozialen Medien geübt. Sie lesen aber weitaus weniger, widmen einem Post nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne (oft nur wenige Sekunden bis zum nächsten Klick) und sind generell leichter verführbar (KG, WRP 2013, 638; LG Berlin, Urteil vom 24.05.2018 – 52 O 101/18 –, juris Rn. 33; Schonhofen/Detmering, WRP 2018, 1171, 1172).

d. Wie der Handelnde den kommerziellen Zweck seiner geschäftlichen Handlung kenntlich macht, wenn dieser nicht offenkundig ist, bleibt ihm überlassen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls und das verwendete Kommunikationsmittel (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 5a Rn. 7.27). Das Gericht ist nicht dazu berufen, über diese Frage zu entscheiden, da Gegenstand des Rechtsstreits nur das Fehlen jeglicher Art von Werbungskennzeichnung in drei konkreten Beiträgen der Beklagten ist. Wege aus dem Verbot zu finden, ist Aufgabe des Verletzers.

e. § 5a Abs. 6 UWG setzt weiter voraus, dass „das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“. Diese Voraussetzung ist ohne weiteres erfüllt (vgl. KG, Urteil vom 08.01.2019 – 5 U 83/18 –, juris Rn. 73; OLG Celle, MMR 2017, 769 Rn. 19; KG, MMR 2018, 245 Rn. 14; OLG Braunschweig, Beschluss vom 08.01.2019 – 2 U 89/18, vorgelegt als Anlage K43, S. 6).

Aufgrund der mangelnden Kennzeichnung als Werbung erhöht sich zunächst die Wahrscheinlichkeit, dass Nutzer dem Post überhaupt Beachtung schenken, weil erkennbare Werbung eher abschreckend wirkt. Führt diese Beachtung zu einem Klick auf das Foto der Beklagten, wird die Neugier weiter geweckt und es entsteht ein Anreiz, die verlinkte Seite zu besuchen, um dort Näheres zu erfahren. Dort sieht sich der Nutzer der Werbung eines Drittunternehmens ausgesetzt, die ihn veranlassen soll, dessen Produkte zu erwerben. Ob das konkret beworbene Produkt dort (noch) erhältlich ist, ist entgegen der Meinung der Beklagten ohne Bedeutung. Typisch für moderne Werbung, insbesondere auch Influencer-Werbung ist gerade, dass Marke und Image des Herstellers beworben werden, was sich mittelbar in Absatzsteigerung auswirkt (vgl. KG, MMR 2019, 114; Ladeur, ZUM 1999, 672, 673; Schröder, Anm. zu KG, MMR 2018, 245).

Dem steht die Geo-Targeting-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2016, 1073 Rn. 34) nicht entgegen. Nach ihr soll das Aufsuchen einer Internetseite, auf der Produkte oder Dienstleistungen unmittelbar bestellt werden können, ebenso wie das Betreten eines stationären Geschäfts eine geschäftliche Entscheidung darstellen. Diese Formulierung erlaubt nicht den Umkehrschluss, dass eine geschäftliche Entscheidung dann nicht gegeben ist, wenn Produkte oder Dienstleistungen nicht unmittelbar, sondern nur nach einem weiteren Klick bestellt werden können, noch erlaubt sie den Schluss, dass Image- und Markenwerbung von den Anforderungen des § 5a Abs. 6 UWG freigestellt wäre, weil sie nicht unmittelbar in den Erwerb eines Produktes oder einer Dienstleistung mündet.

4. Das ausgesprochene Verbot beeinträchtigt die Beklagte nicht in ihren Grundrechten.

Bei der Auslegung des – wie hier – der Umsetzung von Richtlinien des Unionsrechts dienenden nationalen Rechts sind nach Art. 51 Abs. 1 Satz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtecharta) die dort niedergelegten Grundrechte zu beachten und daher, soweit die Freiheit der Meinungsäußerung und Berichterstattung in Rede steht, vorrangig die Regelungen in Art. 11 Abs. 1 und 2 EU-Grundrechtecharta anzuwenden (BGH, GRUR 2012, 74 – Coaching-Newsletter, Rn 19; BGH, GRUR 2016, 710 – Im Immobiliensumpf, Rn 45).

Die Einschränkung der Meinungsäußerungs- und Medienfreiheit der Beklagten auf der Grundlage des in das UWG umgesetzten Unionsrechts wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. KG, Urteil vom 08.01.2019 – 5 U 83/18 –, juris Rn. 82 ff.). Von der Beklagten wird nicht das Unterlassen von Werbung, also eines Inhalts ihres Instagram-Auftritts, sondern nur deren Kennzeichnung verlangt. Ebenso richtet sich die Untersagung nicht auf Textbeiträge wie den im Post gemäß Anlage K6a enthaltenen, für welchen die Beklagte den Schutz der Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen kann. Sie kann solche Texte auch künftig mit Fotos ihrer selbst kombinieren, solange sie nicht – inhaltlich zusammenhanglos (dazu oben, 3. d) a. ii.) – eine Verlinkung auf Herstellerseiten einbettet.

Nichts Anderes ergibt sich aus der von der Beklagten herangezogenen AnyDVD-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2011, 513; dazu BVerfG, NJW 2012, 1205). Auch wenn Art. 11 EU-Grundrechtecharta (ebenso wie Art. 5 Abs. 1 GG) die Verwendung elektronischer Verweise (Links) in einem Online-Artikel im Falle ihrer Einbettung in eine pressetypische Stellungnahme mit Informationscharakter als Meinungsäußerung schützt, kann die Beklagte hieraus für den Streitfall nichts herleiten. Eine solche Stellungnahme mit Informationscharakter ist nicht streitgegenständlich. Der Tap Tag in dem Post vom 04.03.2018 (Anlage K6a-c) führt auch nicht zu einer Seite, deren Inhalt mit dem Begleittext des Fotos in Zusammenhang steht. Eine Kennzeichnungspflicht von Werbung war zudem nicht Gegenstand der Entscheidung des BGH.

5. Die Wiederholungsgefahr ist gemäß § 12 Abs. 2 UWG anzunehmen und nicht durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt. Zwar hat die Beklagte mittlerweile die werblichen Tags aus den streitgegenständlichen (nach wie vor auf Instagram aufrufbaren) Posts entfernt und nutzt sie für ihre bezahlten Posts die Worte „bezahlte Partnerschaft mit ...“ (anstelle der Angabe des Ortes oberhalb des Fotos). Ob diese Angabe aus Rechtsgründen genügt, kann hier offenbleiben. Denn die Wiederholungsgefahr entfällt durch eine bloße, reversible Änderung der Praxis jedenfalls nicht."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: