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VG Düsseldorf: Kein Anspruch nach dem IFG NRW gegen Justizministerium NRW auf Auskunftserteilung zum "Cum-Ex"-Ermittlungsverfahren

VG Düsseldorf:
Urteil vom 24.08.2023
29 K 329/21


Das VG Düsseldorf hat entschieden, dass kein Anspruch nach dem IFG NRW gegen das Justizministerium NRW auf Auskunftserteilung zum "Cum-Ex"-Ermittlungsverfahren besteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Justizministerium muss keinen Informationszugang zu „Cum-Ex“-Ermittlungsverfahren gewähren

Das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen (Justizministerium NRW) muss keinen Informationszugang zu Berichten der Staatsanwaltschaften in Ermittlungsverfahren zu „Cum-Ex“-Transaktionen der WestLB AG und der Bearbeitung dieser Berichte im Justizministerium gewähren. Das hat die 29. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf durch soeben in öffentlicher Sitzung verkündetem Urteil vom heutigen Tage entschieden und die auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) gestützte Klage von Gesellschaftern der Warburg Bank abgewiesen.

Das Gericht führt zur Begründung seines Urteils aus: Das IFG NRW findet auf die Tätigkeit von Behörden der Staatsanwaltschaft keine Anwendung, wenn diese auf dem Gebiet der Strafrechtspflege tätig werden. Dies ist insbesondere bei der Durchführung von Ermittlungsverfahren der Fall. Auch das Justizministerium NRW stellt eine (übergeordnete) Behörde der Staatsanwaltschaft dar. Denn nach dem Gerichtsverfassungsgesetz können die Justizministerien mit Weisungen inhaltlich auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren Einfluss nehmen. In dieser Funktion hat das Justizministerium NRW gehandelt, als es die Berichte der Staatsanwaltschaft zu den „Cum-Ex“-Ermittlungsverfahren im Hinblick auf die mögliche Ausübung seiner Weisungsrechte bearbeitet hat. Sowohl die Berichte der Staatsanwaltschaften als auch die Aktenvermerke des Justizministeriums NRW weisen einen hinreichenden Bezug zu den Ermittlungsverfahren auf, wodurch sie dem Anwendungsbereich des IFG NRW entzogen sind.

Gegen das Urteil kann beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Zulassung der Berufung beantragt werden.

Aktenzeichen: 29 K 329/21



VG Berlin: Kein Anspruch auf Herausgabe von Software-Quellcode nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz

VG Berlin
Urteil vom 07.06.2023
2 K 148/21


Das VG Berlin hat entschieden, dass kein Anspruch auf Herausgabe von Software-Quellcode nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:
Gemäß § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ist der Berichterstatter als Einzelrichter zuständig, nachdem die Kammer ihm den Rechtsstreit durch Beschluss vom 13. Februar 2023 zur Entscheidung übertragen hat.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 28. Januar 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zum Quellcode zu GABI (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 3 Abs. 1 S. 1 des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes - IFG Bln. Danach hat jeder Mensch nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 genannten öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht gegeben. Der Quellcode zu GABI ist keine „Akte“ in diesem Sinne (vgl. VG Darmstadt, Urteil vom 8. Mai 2019 – 3 K 1708/17.DA – juris Rn. 40; VG Wiesbaden, Urteil vom 17. Januar 2022 – 6 K 784/21.WI – juris Rn. 50 ff. zum IFG Bund und zum HDSIG). Zutreffend geht der Kläger zwar davon aus, dass Quellcodes grundsätzlich Akten sein können. Dies folgt aus § 3 Abs. 2 IFG Bln, wonach der Aktenbegriff u.a. elektronisch festgehaltene Gedankenverkörperungen erfasst, soweit sie amtlichen Zwecken dienen. Diese Vorschrift erschöpft sich indes in einer Darlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Einsichts- und Auskunftsrechts, ohne dessen Gegenstand im Einzelnen zu bezeichnen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2006 – OVG 7 B 9/05 – juris Rn. 13). Akten in diesem Sinne sind allein der materiellen Verwaltungstätigkeit zuzuordnende Vorgänge mit Bezug zu einer konkreten Verwaltungsangelegenheit, wie sie in den Verwaltungsvorgängen dokumentiert sind (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Oktober 2007 – OVG 12 B 11/07 – juris Rn. 20). Einen solchen Bezug zu einer konkreten Verwaltungsangelegenheit weist der Quellcode zu GABI nicht auf.

Nach den Darlegungen der Beklagten verwendet sie GABI bei verschiedenen Verfahren über die Vergabe von Plätzen in Lehrveranstaltungen gemäß den Anforderungen aus §§ 89–91 der Fachübergreifenden Satzung zur Regelung von Zulassung, Studium und Prüfung der Humboldt-Universität zu Berlin - ZSP-HU. Die Aufzeichnung des Quellcodes erfolgt mithin nicht in einer konkreten Verwaltungsangelegenheit, sondern als „Arbeitsmittel“ zu sonstigen amtlichen Zwecken (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2006 – OVG 7 B 9/05 – juris Rn. 15; s. auch BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2022 – 10 C 3/21 – juris Rn. 45 ff. zu Recherchemitteln). Der fehlende Bezug zu einem konkreten Vorgang kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Software im Rahmen der einzelnen Vergabeverfahren den Bedürfnissen und Anforderungen des jeweiligen Verfahrens entsprechend neu konfiguriert wird. Erst mit den neu konfigurierten Anweisungen führt GABI in dem betreffenden Vergabeverfahren die Berechnung zur Vergabe durch und gibt die Vergabestatistik(en) aus. Der Quellcode ist auch nicht – wie der Kläger meint – mit „analogen“ internen Anweisungen vergleichbar, die die Parameter im Vergabeverfahren festlegen. Solche dienstlichen Weisungen entfalten interne Bindungswirkung für die Dienstangehörigen. Für die Vergabe von Plätzen in Lehrveranstaltungen existieren bei der Beklagten, soweit ersichtlich, keine Dienstanweisungen in diesem Sinne. Der Quellcode implementiert lediglich die Vorgaben aus §§ 89–91 ZSP-HU technisch und entfaltet keine Bindungswirkung gegenüber Mitarbeitern der Beklagten.

Das Vorbringen des Klägers, der Quellcode habe einen konkreten Bezug zu der Verwaltungsangelegenheit „(Weiter-)Entwicklung des Quellcodes“, überzeugt das Gericht nicht. Denn der Quellcode bildet den Gegenstand dieses Vorgangs und nicht den – dem Informationszugang ggf. zugänglichen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. Dezember 2021 – OVG 12 B 23/10 – juris Rn. 23) – Vorgang selbst. Die am Quellcode vorgenommenen Änderungen, die nach dem Vortrag der Beklagten in ihrem Versionsverwaltungssystem einsehbar sind und insoweit die (Weiter-)Entwicklung des Quellcodes dokumentieren, sind nicht Gegenstand des klägerischen Informationsbegehrens.

Danach kommt es nicht auf die Fragen an, ob der Informationszugang zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder des Urheberrechts zu versagen ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BVerwG: Anspruch auf Zugang zu Informationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) setzt keine Feststellung der nicht zulässigen Abweichungen per Verwaltungsakt voraus

BVerwG
Urteil vom 29.08.2019
7 C 29.17


Das BVerwG hat entschieden, dass ein Anspruch auf Zugang zu Informationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) keine Feststellung der nicht zulässigen Abweichungen per Verwaltungsakt voraussetzt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Anspruch auf Zugang zu Information nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG)

Der Anspruch auf Zugang zu Informationen über „festgestellte nicht zulässige Abweichungen“ von Vorschriften des Lebensmittel- und Futtermittelrechts nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG setzt nicht voraus, dass die Abweichung durch Verwaltungsakt festgestellt ist. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Einem Antrag des Beigeladenen auf Zugang zu entsprechenden Informationen über das Unternehmen der Klägerin, das Geflügel schlachtet und verarbeitet, gab das Landratsamt statt. Die gegen den Bescheid erhobene Klage und die Berufung der Klägerin blieben ohne Erfolg.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin zurückgewiesen. Der Anspruch auf Zugang zu Verbraucherinformationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ist nicht auf produktbezogene Informationen beschränkt. Eine „nicht zulässige Abweichung“ i.S. d. Vorschrift muss nicht durch Verwaltungsakt festgestellt werden. Ausreichend ist, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat. Hier gegen bestehen keine verfassungs- oder unionsrechtlichen Bedenken.

Urteil vom 29. August 2019 - BVerwG 7 C 29.17 -
Vorinstanzen:
VGH München, 20 BV 15.2208 - Urteil vom 16. Februar 2017 -
VG Regensburg, RN 5 K 14.1110 - Urteil vom 09. Juli 2015 -





BVerwG: Kein Anspruch auf Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten von Jobcenter - Funktionsfähigkeit der Behörden und Datenschutz stehen dem entgegenc

BVerwG
Urteile vom 20.10.2016
7 C 20.15; 7 C 23.15; 7 C 27.15; 7 C 28.15


Das BVerwG hat entschieden, dass kein Anspruch auf Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten von Jobcentern besteht. Die Funktionsfähigkeit der Jobcenter und der Schutz der personenenbezogenen Daten der Mitarbeiter stehen dem entgegen.

Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten von Jobcentern: Revisionen erfolglos

Einem Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern können sowohl die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Behörde als auch der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenstehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die Kläger begehren unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu Diensttelefonlisten der beklagten Jobcenter in Köln, Nürnberg-Stadt, Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick. Die Bediensteten dieser Jobcenter sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden jeweils von eigens eingerichteten Service-Centern mit einheitlichen Telefonnummern entgegengenommen.

Soweit die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche noch im Streit standen, hatten die Klagen in der Berufungsinstanz keinen Erfolg. Die hiergegen gerichteten Revisionen hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

Das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München haben im Einklang mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften entschieden, dass zu Lasten der Kläger der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG eingreift. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehören u.a. Individualrechtsgüter wie Gesundheit und Eigentum sowie die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerledigung staatlicher Einrichtungen. Deren Gefährdung liegt vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus haben das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München jeweils Tatsachen festgestellt, die zu einer solchen Gefährdung führen. Sie besteht namentlich in nachteiligen Auswirkungen auf die effiziente und zügige Aufgabenerfüllung der Jobcenter, die infolge von direkten Anrufen bei den Bediensteten eintreten können.

In den vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fällen waren die Jobcenter Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick bereits vom Verwaltungsgericht Berlin verpflichtet worden, über die Ansprüche der Kläger erneut zu entscheiden; zuvor muss ermittelt werden, ob die betroffenen Mitarbeiter in den Informationszugang einwilligen. Insoweit sind die verwaltungsgerichtlichen Urteile rechtskräftig geworden. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit war in diesen Verfahren seitens der Jobcenter nicht geltend gemacht worden.

Dem weitergehenden Anspruch auf Übermittlung der Telefonlisten ohne vorherige Einwilligung der betroffenen Bediensteten steht, wie das Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat, § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Danach darf ohne eine solche Einwilligung Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Bei den dienstlichen Telefonnummern handelt es sich um personenbezogene Daten, die vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung erfasst werden. § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG liegt daher ein relativer Vorrang des Datenschutzes vor dem Informationsinteresse zugrunde. Vor diesem Hintergrund war in den entschiedenen Fällen ein Überwiegen der von den Klägern geltend gemachten Interessen zu verneinen.

BVerwG 7 C 20.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:
OVG Münster 8 A 2429/14 - Urteil vom 16. Juni 2015
VG Köln 13 K 498/14 - Urteil vom 30. Oktober 2014

BVerwG 7 C 23.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:
VGH München 5 BV 15.160 - Urteil vom 05. August 2015
VG Ansbach AN 14 K 13.02149 - Urteil vom 14. November 2014

BVerwG 7 C 27.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 12 B 22.14 - Urteil vom 20. August 2015
VG Berlin 2 K 252.13 - Urteil vom 05. Juni 2014

BVerwG 7 C 28.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 12 B 21.14 - Urteil vom 20. August 2015
VG Berlin 2 K 54.14 - Urteil vom 05. Juni 2014