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LG Hamburg: Online-Shop muss beim Anbieten von Lebensmitteln alle Pflichtinformationen nach der LMIV vorhalten

LG Hamburg
Urteil vom 19.04.2024
416 HKO 26/23


Das LG Hamburg hat entschieden, dass Online-Shops beim Anbieten von Lebensmitteln alle Pflichtinformationen nach der LMIV vorhalten müssen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG und §§ 3, 5a Abs. 1, 5b Abs. 1 und 4 UWG in Verbindung mit den geltend gemachten Informationspflichten zu.

1. Der Kläger ist als qualifizierter Wirtschaftsverband im Sinne der §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 8b Abs. 1 und Abs. 2 UWG sowohl aktivlegitimiert als auch klagebefugt.

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, der ausweislich des als Anlage K 1 beigefügten Ausdrucks in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG eingetragen ist.

Der Kläger hat zudem durch die Vorlage der als Anlage K 2 eingereichten detaillierten Mitgliederliste belegt, dass ihm eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehört, die als Wettbewerber des Beklagten anzusehen sind und deren Interessen von dem beanstandeten Wettbewerbsverhalten des Beklagten berührt werden.Dies ist dann der Fall, wenn die Mitglieder als Unternehmen bezogen auf den maßgeblichen Markt in einer Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann. Ziel ist die Verhinderung der Instrumentalisierung von Verbänden zur Durchsetzung von Individualinteressen. (BGH, Urteil vom 16.11.2006, Az. I ZR 218/03). Der Kläger hat hier anhand der vorgelegten Mitgliederliste schlüssig dargelegt, dass zu seinen Mitgliedern unter anderem 202 Unternehmen der Lebensmittelbranche, 149 Hersteller und Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln und Diätetika sowie 42 Hersteller und Großhändler von Lebensmitteln sowie der … Verband kaufmännischer Genossenschaften e.V. zählen. Dieser Darstellung ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten, so dass der Vortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Die beanstande Wettbewerbshandlung betrifft den Vertrieb eines Lebensmittels, so dass hinsichtlich der Unternehmen und Verbände der Lebensmittelbranche Identität besteht; der Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und diätetischen Mitteln betrifft zumindest Waren verwandter Art, so dass auch diese Unternehmen im jedenfalls abstrakten Wettbewerb zu dem Beklagten bestehen.

2. Das Vorgehen des Klägers erweist sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich (§ 8c Abs. 1 UWG). Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs sind weder von dem Beklagten dargetan noch ersichtlich; zumal beim Vorgehen eines Verbandes – wie im vorliegenden Fall – für ihn die Vermutung spricht, dass er seinen satzungsmäßigen Zwecken nachgeht (BGH, Urteil vom 17.11.2005, Az. I ZR 300/02).

3. Das hier in Rede stehende an Verbraucher gerichtete Verkaufsangebot von Lebensmitteln in einem Onlineshop durch die Beklagte ist eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Eine solche liegt vor, wenn das Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens erfolgt und auf die Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren und Dienstleistungen gerichtet ist und zwar unabhängig davon, ob es vor, während oder nach einem Geschäftsabschluss erfolgt. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Der Beklagte bietet unter der Subdomain „https:// a.- a..de/shop-2/suessigkeiten/mochi-taro-210g“ japanische Reiskuchen mit der Bezeichnung „M. T.- M. v. K. m. 210g“ zum Kauf an. Die Verantwortlichkeit des Beklagten für das hier im Streit stehende Kaufangebot ergibt sich bereits aus dem von dem Kläger als Anlage K 5 vorgelegten Screenshot des Impressums des fraglichen Internetauftritts, wo der Beklagte als der nach § 5 Telemediengesetz Verantwortliche angegeben ist. Vor dem Hintergrund dieser klaren Angabe kann der Beklagte sich nicht auf ein einfaches Bestreiten seiner Verantwortlichkeit für das fragliche Verkaufsangebot beschränken; für ein substantiiertes Bestreiten wäre es vielmehr erforderlich gewesen, dass der Beklagte eine schlüssige Erklärung dafür liefert, warum unter Verstoß gegen die Impressumspflicht nach § 5 TMG an der entsprechenden Stelle seine Daten angegeben werden. Weiter wäre vorzutragen gewesen, wer an seiner Stelle der tatsächliche Anbieter des betreffenden Lebensmittels ist.

Der Beklagte handelt offensichtlich mit Gewinnerzielungsabsicht und tritt nach außen am Markt auf.

4. Sämtliche Verletzungen betreffen Informationspflichten in Bezug auf die kommerzielle Kommunikation. Daraus folgt, dass es sich um wesentliche Informationen handelt, die dem Verbraucher gemäß § 5a Abs. 2 UWG nicht vorenthalten werden dürfen (BGH, Urteil vom 07.04.2022, Az. I ZR 143/19). Gemäß § 5b Abs. 4 UWG gelten als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

5. Der Beklagte hat die von dem Kläger geltend gemachten Informationspflichten nach Art. 14 und Art. 9 VO (EU) Nr. 1169/11 (Lebensmittelinformationsverordnung – im Folgenden LMIV), nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 4 PAngV, nach § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 2 und 3 EGBGB sowie gemäß Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 (ODR-VO) verletzt.

a) Die im Streit stehende Verkaufsanzeige gemäß Anlage K 4 verstößt zunächst – wie der Kläger zutreffend geltend macht – gegen die Art. 9 und 14 LMIV.

Gemäß Art. 14 Abs. 1 lit. a LMIV muss der für vorverpackte Lebensmittel im Internet Werbende die verpflichtenden Informationen über Lebensmittel gemäß Art. 9 LMIV mit Ausnahme der Angaben des Mindesthaltbarkeitsdatums oder des Verbrauchsdatums vor dem Abschluss des Kaufvertrages angeben.

Nach diesen Grundsätzen bietet der Beklagte vorverpackte Lebensmittel – nämlich den japanischen Reiskuchen mit der Bezeichnung „M. T. –M. v. k. m. 210g“ – im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. a LMIV im Internet zum Verkauf an.

Verpflichtende Angaben sind gemäß Art. 9 Abs. 1 LMIV die Bezeichnung des Lebensmittels, das Verzeichnis der Zutaten, Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten, die Nettofüllmenge des Lebensmittels und gegebenenfalls besondere Anweisungen für die Aufbewahrung und/oder Verwendung, der Name oder die Firma oder die Anschrift des Lebensmittelunternehmers, eine Gebrauchsanleitung, falls es schwierig wäre, das Lebensmittel ohne eine solche angemessen zu verwenden und eine Nährwertdeklaration. Diese verpflichtenden Angaben müssen gemäß Art. 9 LMIV vor Abschluss des Kaufvertrages verfügbar sein.

Diesen Anforderungen genügt das Angebot des Beklagten nur zum Teil: In der Werbeanzeige fehlt eine Zutatenliste und die Nährwertdeklaration. Weiterhin fehlen Angaben des Beklagten zur Firma und Anschrift des Lebensmittelunternehmers.

b) Das Onlineangebot gemäß Anlage K 4 verstößt weiter gegen die Bestimmungen der Preisangabenverordnung (PAngV).

Gemäß § 4 Abs. 1 PAngV hat, wer als Unternehmer Verbrauchern Waren in Fertigverpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet oder als Anbieter dieser Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, neben dem Gesamtpreis auch den Grundpreis anzugeben, es sei denn, der Grundpreis ist mit dem Gesamtpreis identisch. Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist gem. § 5 Abs. 1 PAngV jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 m oder 1 Quadratmeter der Ware.

An einer solchen Grundpreisangabe je Mengeneinheit fehlt es hingegen hier bei dem Online-Angebot des Beklagten.

c) Der Beklagte hat überdies in der Verkaufsanzeige gemäß Anlage K 5 nicht über das nach § 312 g Abs. 1 in Verbindung mit §§ 355ff. BGB dem Käufer zustehende Widerrufsrecht belehrt.

Gemäß § 312d Abs. 1 BGB ist der Unternehmer bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB zu informieren. Neben den allgemeinen in Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB normierten Informationspflichten sieht Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB für den Fall, dass dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 BGB zusteht, besondere Informationspflichten vor. Gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB ist der Verbraucher bei Bestehen eines Widerrufsrechts über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 zu informieren. In Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 lit. h Richtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechte-RL) wird in Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB der Mindestinhalt einer Widerrufsbelehrung festgelegt. Für den Fall, dass ein Widerrufsrecht nach §§ 312g, 355 BGB besteht, ist der Verbraucher über die Bedingungen des Widerrufsrechts zu informieren. „Bedingungen“ meint die notwendigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Rechts. Zu den Informationspflichten gehört damit der Hinweis auf die Tatsache, dass das Recht des Verbrauchers bei dem Vertragsschluss im Fernabsatz besteht, seine Vertragserklärung ohne Angabe von Gründen innerhalb der Widerrufsfrist durch einfache, aber eindeutige Erklärung widerrufen zu können. Anzugeben ist auch, dass es einer Begründung des Widerrufs nicht bedarf.

Diesen Anforderungen wird das von dem Beklagten verantwortete Onlinekaufangebot – das sich auf Warenlieferungen bezieht und an Verbraucher richtet – offenkundig nicht gerecht; vielmehr finden sich dort überhaupt keine Angaben zu dem den Käufern nach § 312g BGB zustehenden Widerrufsrecht. Auch Informationen zu dem Muster-Widerrufsformular gemäß der Anlage 2 zu Artikel 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB sind der Werbung nicht zu entnehmen.

d) Schließlich hat der Beklagte es versäumt, einen Link zur Streitschlichtungsplattform für Onlinegeschäfte vorzuhalten. Der Link zur OS-Plattform nach Art. 14 Verordnung (EU) Nr. 524/2013 (ODR-VO) war aber erforderlich, weil es sich bei der vorliegenden Gestaltung gemäß Anlage K 5 um ein Angebot zum Onlinekauf im Sinne dieser Vorschrift handelt. Nach der Definition dieses Begriffs in Art. 4 Abs. 1 lit. e) ODR-VO liegt ein solcher Vertrag vor, wenn die Ware auf elektronischem Wege angeboten und bestellt wird. Hierfür reichen nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung eine Aufforderung zur Abgabe eines Kaufangebots auf einer Internetseite und die auf elektronischem Wege übermittelte verbindliche Bestellung durch den Verbraucher aus.

6. Der Kläger kann ferner gemäß § 13 Abs. 3 UWG die Erstattung von Abmahnkosten in der von ihm geltend gemachten Höhe von € 238,- beanspruchen.Da dem Kläger – wie ausgeführt – die von ihm verfolgten Unterlassungsansprüche zustehen, war auch die vorhergehende Abmahnung vom 20.03.2023 berechtigt.

Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihm das Abmahnschreiben nicht zugegangen sei. Ausweislich des schlüssigen Vortrags des Klägers, dem der Beklagte auch insoweit nicht substantiiert entgegengetreten ist, ist davon auszugehen, dass die Abmahnung vom 20.03.2023 noch am selben Tag per E-Mail zugegangen ist. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass er das Abmahnschreiben vom 20.03.2023 (Anlage K 6) am selben Tag um 10.41 Uhr – und damit zu einer üblichen Geschäftszeit – per E-Mail an die im Impressum des fraglichen Internetauftritts genannte E-Mailadresse „i.@ a.- a..de“ – bei der es sich offenkundig um eine im unternehmerischen Geschäftsverkehr zur Verfügung gestellte Adresse handelt – übersandt hat und der Eingang auf dem Empfangssystem ausweislich des als Anlage K 7 eingereichten Screenshots aus seinem E-Mailprogramm mit der Angabe „250 OK“ bestätigt worden ist.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist davon auszugehen, dass eine E-Mail dem Empfänger grundsätzlich in dem Zeitpunkt zugeht, in dem sie ihm im unternehmerischen Geschäftsverkehr innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf seinem Mail-Server abrufbereit zur Verfügung gestellt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die E-Mail tatsächlich abgerufen und/oder zur Kenntnis genommen wurde (BGH, Urteil vom 06.10.2022, Az. VII ZR 895/21). Zwar kann ein Zugang im Sinne von § 130 Abs. 1 BGB trotzdem ausscheiden, wenn der Empfänger der E-Mail nachweisen kann, dass die E-Mail mit der Abmahnung nicht in seiner Mailbox eingegangen, sondern von der Firewall oder einem Spam-Filter abgefangen wurde (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl. 2024, § 13 UWG Rn. 47). Hierzu hat der Beklagte hingegen keinen ausreichenden Vortrag geliefert. Er hat den Zugang des Abmahnschreibens lediglich pauschal bestritten. Ein derart pauschales Bestreiten genügt jedoch nicht, um damit gegen den qualifizierten und mittels Vorlage eines Belegs substantiierten Vortrag des Klägers durchzudringen.

Die Höhe der Abmahnkosten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Kläger hat in der Klage die Berechnung der Kostenpauschale offengelegt. Gegen diese Berechnung bestehen keine Bedenken.

Die auf die Abmahnkosten verlangten Zinsen kann der Kläger nach §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB beanspruchen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Bezeichnung "I Pesti con Basilico e Rucola" bei 1,5 Prozenz Rucola-Anteil zulässig wenn Produkt u.a. nach Rucola schmeckt

OLG Frankfurt
Urteil vom 22.08.2019
6 U 133/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Bezeichnung "I Pesti con Basilico e Rucola" bei 1,5 Prozenz Rucola-Anteil zulässig ist, wenn das Produkt u.a. nach Rucola schmeckt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN: 1,5% Rucola reicht

Die Bezeichnung „I Pesti con Basilico e Rucola“ ist – sofern das Pesto u.a. nach Rucola schmeckt - auch dann nicht irreführend, wenn der Rucola-Anteil mit 1,5% deutlich unter den Anteilen der daneben verwendeten Kräuter liegt, stellte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichter Entscheidung fest.
Nr. 53/2019

Die Beklagte vertreibt u.a. das Produkt „Pesti con Basilico e Rucola“. Das Pesto wird in Gläsern abgefüllt und ist auf der Außenseite mit Grafiken und Texten versehen. Das Glas trägt den Text „Pesto mit Basilikum und Rucola“. Auf der gegenüberliegenden Schauseite sind Basilikum, Petersilie und Rucola abgebildet. Grafisch nimmt der Rucola etwas mehr Raum ein als die anderen beiden Kräuter. Laut Zutatenverzeichnis weist das Produkt u.a. folgende Anteile aus: 20,7% Basilikum, 11,8% Petersilie und 1,5% Rucola. Das Pesto schmeckt u.a. nach Rucola.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er hält die Aufmachung des Produkts für irreführend. Sie erwecke die Erwartung eines höheren Rucola-Anteils als 1,5%. Das Landgericht hat den Antrag, die geschilderte Etikettierung des Produkts zu unterlassen, zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Ob eine Werbeaussage irreführend sei, beurteile sich nach dem Erwartungshorizont des so genannten Durchschnittsverbrauchers, stellt das OLG klar. „Dabei sind die verschiedenen Bestandteile der Verpackung in ihrer Gesamtheit zu prüfen, um festzustellen, ob ein normal informierter und vernünftig aufmerksamer und kritischer Verbraucher über das Vorhandensein bestimmter Zutaten... irregeführt wird“, konkretisiert das OLG. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei dabei davon auszugehen, dass ein Verbraucher, der sich in seiner Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des Erzeugnisses richte, zunächst das Zutatenverzeichnis lese. Hier ließen sich dem Zutatenverzeichnis die korrekten prozentualen Zutatenangaben entnehmen.

Zwar könne bei einem zutreffenden Zutatenverzeichnis im Einzelfall die Etikettierung eines Erzeugnisses dennoch irreführend sein. Zu prüfen sei insoweit „die Gesamtwirkung der Verpackung“. Davon sei hier indes nicht auszugehen. Die „auch nur geringfügige Konzentration eines Lebensmittelbestandteils (ist) wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden..., wenn die beworbene Zutat jedenfalls enthalten ist und die berechtigten Geschmackserwartungen durchschnittlicher Verbraucher nicht enttäuscht werden“, begründet das OLG. Die Produktbezeichnung sowie Etikettierung rufe beim verständigen Durchschnittsverbraucher die Vorstellung hervor, dass das angebotene Pesto dem Geschmacksbild des Rucola zumindest auch entspreche. Das sei hier unstreitig der Fall. Die Verbrauchererwartung werde nicht dadurch enttäuscht, dass das Pesto daneben erhebliche Anteile der Kräuter Petersilie und Basilikum enthalte.

Darüber hinaus habe der Verbraucher keine Veranlassung, bestimmte Vorstellungen von den Mengenverhältnissen der beworbenen Zutaten zu haben, da diese von Überlegungen zur Rezeptur abhängig seien. Allein „das Mengenverhältnis von Zutaten (lässt) keine Rückschlüsse auf deren Abbildung im Geschmack zu“, konstatiert das OLG. Überzeugend verweise deshalb die Beklagte darauf, die Zutat „Rucola“ aufgrund seiner gerichtsbekannt bitteren Note eher im niedrigeren Umfang eingesetzt zu haben, um den Geschmack nicht zu sehr zu dominieren.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.8.2019, Az. 6 U 133/18
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.8.2018, Az. 2/6 O 332/17)




LG Trier: Unzulässige Bezeichnung "Veierlikör" für veganes Produkt ohne Ei - Anspielung auf nach Spirituosenverordnung geschützte Bezeichnung Eierlikör

LG Trier
Urteil vom 20.12.2018
7 HK O 13/18


Das LG Trier hat entschieden, dass die Bezeichnung "Veierlikör" für ein veganes Produkt ohne Ei unzulässige ist - Es handelt sich dabei um eine rechtswidrige Anspielung auf die nach der Spirituosenverordnung geschützte Bezeichnung "Eierlikör". Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

OLG Karlsruhe: Bei Verkauf von Naturkosmetik müssen im Online-Shop die Inhaltsstoffe angegeben werden

OLG Karlsruhe
Urteil vom 26.09.2018
6 U 84/17


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass beim Verkauf Naturkosmetik im Online-Shop die Inhaltsstoffe angegeben werden müssen. Insofern handelt es sich um wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG.

EuGH: Keine Milch im Eierlikör - Nur die in Nr. 41 des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 genannten Bestandteile dürfen enthalten sein

EuGH
Urteil vom 25.10.2018
C‑462/17
Tänzer & Trasper GmbH gegen Altenweddinger Geflügelhof KG


Der EuGH hat entschieden, dass eine Spirituose nicht als Eierlikör bezeichnet werden darf, wenn diese Milch enthält. Es dürfen nur die in Nr. 41 des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 genannten Bestandteile enthalten sein.


Tenor der Entscheidung:

Nr. 41 des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Spirituose nur dann die Verkehrsbezeichnung „Eierlikör“ führen darf, wenn sie keine anderen als die in dieser Bestimmung genannten Bestandteile enthält.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Heidelberg: Kosmetik darf nicht mit "natürlich" beworben werden wenn Butylphenyl Methylpropional enthalten ist

LG Heidelberg
Urteil vom 12.03.2018
12 O 4/18 KfH


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass Kosmetik nicht mit dem Zusatz "natürlich" beworben werden darf, wenn Butylphenyl Methylpropional enthalten ist. Es dürfen in einem solchen Fall nur ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe verwendet werden.


LG München: Teilweise Überdeckung der Inhaltsstoffe auf Umverpackung für Kosmetikprodukte ist wettbewerbswidriger Verstoß gegen KosmetikVO

LG München
Urteil vom 09.01.2018
1 HK O 11164/17


Das LG München hat entschieden, dass die teilweise Überdeckung der Inhaltsstoffe auf der Umverpackung für Kosmetikprodukte ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen die KosmetikVO ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Der Kläger hat hinsichtlich der Cremes einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 a UWG in Verbindung mit Artikel 19 Abs. 1 g VO (EG) Nr. 1223/2009. Der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Badetörtchen beruht auf § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 a UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 2 LFGB. Der Kostenerstattungsanspruch beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

1. Produkt „ByeBye Cellulite“

Die teilweise Überlappung der Inhaltsstoffe auf der Kartonumverpackung entspricht nicht Artikel 19 Abs. 1 g der KosmetikVO. Danach müssen die Behältnisse und Verpackungen kosmetischer Mittel „leicht lesbar und deutlich sichtbar“ u.a. eine Liste der Bestandteile enthalten. Diese Angabe braucht nur auf der Verpackung zu erscheinen und trägt die Überschrift „Ingredients“. Der Cremetiegel selbst enthält keine Liste der Bestandteile. Diese ist nur auf der Kartonverpackung auf der Unterseite wie abgebildet enthalten.

Ob in dem Online-Shop des Beklagten die Liste der Bestandteile aufgeführt ist, spielt für das hier streitgegenständliche Verfahren keine Rolle: Hier ist nur die Verpackung des Tiegels streitgegenständlich, nicht die Online-Werbung. Die KosmetikVO selbst unterscheidet nicht zwischen einem Online-Angebot und einem stationären Angebot oder einem Direktvertrieb. Sie schreibt nur vor, wie das kosmetische Mittel gekennzeichnet sein muss und welche Informationen es auf der Verpackung enthalten muss. Ein „Bereitstellen auf dem Markt“ (Artikel 19 Abs. 1) wird in Artikel 2 g der KosmetikVO definiert, nämlich als „jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines kosmetischen Mittels zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Gemeinschaftsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit.“ Es kommt daher nicht darauf an, ob die Creme in der Verpackung direkt an den Verbraucher abgegeben wird, oder über eine Online-Bestellung an den Verbraucher versandt wird.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Keine Irreführung durch Bezeichnung Holunderblütensirup wenn Produkt 0,3 Prozent Holunderblütenextrakt enthält

OLG Frankfurt
Beschluss vom 11.09.2017
6 U 109/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass keine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Produkt als Holunderblütensirup bezeichnet wird und dabei nur 0,3 Prozent Holunderblütenextrakt enthält, sofern der Holunderblütenextrakt das Geschmacksbild prägt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Berufung war durch Beschluss zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 II ZPO erfüllt sind. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 31.7.2017 Bezug genommen (§ 522 II 3 ZPO), dessen wesentlicher Inhalt nachfolgend wiedergegeben wird:

"Wie das Landgericht mit zutreffenden Gründen angenommen hat, stehen dem Kläger die geltend gemachten Unterlassungs- und Abmahnkostenerstattungsansprüche nicht zu, da die mit dem Klageantrag angegriffene Produktausstattung unter keinem Gesichtspunkt irreführend, unzutreffend, unklar oder nicht leicht verständlich (Art. 7 I LMIV) ist.

Die Produktbezeichnung "Holunderblüte" sowie die Abbildung von Holunderblüten auf der Schauseite der Flasche ruft beim verständigen Durchschnittsverbraucher zunächst die Vorstellung hervor, dass der so angebotene Sirup aus natürlichen Holunderblüten gewonnene Zutaten enthält; dies ist der Fall, da dem Erzeugnis 0,3 % Holunderblütenextrakt zugesetzt ist. Weiter entnimmt der Verbraucher der Ausstattung, dass der Sirup dem Geschmacksbild der Holunderblüte entspricht; auch dies hat der Kläger jedenfalls nicht bestritten.

Die dargestellte Verbrauchererwartung wird nicht dadurch enttäuscht, dass der Sirup daneben erhebliche Anteile von Birnen- und Apfelsaftkonzentrat enthält. Dies gilt jedenfalls, solange das Holundergeschmacksbild des Sirups dadurch nicht überlagert oder beeinträchtigt wird. Letzteres macht der Kläger ebenfalls nicht geltend.

Dagegen macht sich der Durchschnittsverbraucher keine näheren Vorstellungen über den genauen Anteil, mit dem der Holunderblütenextrakt in dem Erzeugnis enthalten ist. Diesem Anteil kommt auch für die Intensität des Holundergeschmacks keine allein maßgebliche Bedeutung zu, weil - wie die Beklagte und die Streithelferin in erster Instanz unbestritten vorgetragen haben - bereits der Holunderblütenextrakt in unterschiedlicher Konzentration hergestellt werden kann. Dies kann auch erklären, warum andere Hersteller Holunderblütensirup mit einem höheren Anteil an Holunderblütenextrakt anbieten."

Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 21.8.2017, mit dem geltend gemacht wird, die Voraussetzungen des § 522 II Nr. 2 und 3 ZPO lägen nicht vor, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die Entscheidung beruht auf der Anwendung allgemein anerkannter Grundsätze zur Ermittlung der Verkehrsauffassung auf den konkreten Lebenssachverhalt, der auch mit der Fallgestaltung, die der Entscheidung des OLG Nürnberg vom 24.1.2017 - 3 U 1830/16 - zugrunde liegt, nicht vergleichbar ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Nürnberg: Irreführung durch Pilzmischung "Bayer. Pilze & Waldfrüchte", wenn die Pilze aus China und Chile stammen

LG Nürnberg
Urteil vom 21.01.2015
3 O 1430/14


Das LG Nürnberg hat auf eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hin entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn eine unter der Bezeichnung "Bayer. Pilze & Waldfrüchte“ vertriebene Pilzmischung tatsächlich nur Pilze aus China und Chile enthält.