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AG München: Kein wirksamer Vertragsschluss wenn "Jetzt Kaufen"-Button mit Einkaufswagen-Symbol verbunden ist

AG München
Urteil vom 26.01.2023
191 C 1446/22


Das AG München hat entschieden, das kein wirksamer Vertragsschluss vorliegt, wenn ein "Jetzt Kaufen"-Button mit einem Einkaufswagen-Symbol verbunden ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts vom 19.05.2025:
Kein Vertragsschluss bei Klick auf „Jetzt Kaufen“ - Kein wirksamer Reisevertrag bei irreführender Gestaltung der Homepage

Die Münchner Klägerin besuchte am 10.11.2021 die Homepage der Beklagten, um nach Reisen im Dezember 2021 zu suchen. Unter den Suchergebnissen befand sich eine Reise nach Dubai für zwei Personen. Die Klägerin gab die Personendaten ein, um den endgültigen Reisepreis zu erfahren.

Anschließend wurde die Klägerin auf eine Homepage weitergeleitet, welche Hinweise zur Unterrichtung von Reisenden bei einer Pauschalreise enthielt. Darunter befand sich ein farblich abgesetzter Kasten mit dem Text „Mit Klick auf „Jetzt kaufen“ akzeptieren Sie die AGB […]. Zudem bestätigen Sie die Richtigkeit der angegebenen Buchungsdaten und dass Sie die Pass-, Visa- Einreise- und Impfbestimmungen, sowie das Formblatt zur Unterrichtung des Reisenden bei einer Pauschalreise erhalten haben.“
Hierunter befand sich der Button „Jetzt kaufen“ mit dem Symbol eines Einkaufswagens daneben. Die Klägerin klickte auf die Schaltfläche „Jetzt kaufen“ und verließ anschließend die Homepage.

Am selben Abend erhielt die Klägerin eine Buchungsbestätigung und Zahlungsaufforderung der Beklagten für eine Reise nach Dubai zu einem Preis von 2.834 €. Da die Klägerin die Zahlung verweigerte, stornierte die Beklagte die Reise und stellte eine Storno-Gebühr in Höhe von 2.692,30 € in Rechnung. Diese bezahlte die Klägerin unter Vorbehalt.

Die Klägerin meint, es sei kein Vertrag zwischen ihr und der Beklagten zustande gekommen, da die Gestaltung der Homepage nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB entspreche. Sie verklagte das Reiseunternehmen daher vor dem Amtsgericht München auf Rückzahlung der 2.692,30 €.

Das Amtsgericht München gab der Klägerin mit Urteil vom 26.01.2023 Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 2.692,30 € nebst Zinsen. In seinem Urteil führte es unter anderem aus:

„[Zwischen] den Parteien wurde schon kein wirksamer Vertrag im Sinne des § 651a I BGB geschlossen. Für den Abschluss eines Vertrages bedarf es zweier übereinstimmender Willenserklärungen, Angebot, § 145 BGB, und Annahme, § 147 BGB. […]

[Es] liegt kein Angebot seitens der Beklagten in dem zur Verfügung stellen der Internetseite mit dem Button „Jetzt kaufen“ […]. Unstreitig hat die Klägerin auf diesen Button geklickt. Allerdings genügt die Gestaltung der Internetseite der Beklagten vor Bestellabschluss nicht den Anforderungen des § 312j III BGB. Denn zwar weist der Text des Buttons „Jetzt kaufen“ auf die Entgeltlichkeit des zu schließenden Vertrages hin. Allerdings kann das Symbol eines Einkaufswagens neben dem Schriftzug dahingehend verstanden werden, dass der Kunde durch das Klicken auf den Button erst seinen Warenkorb befüllt und sich nicht schon am Ende des Buchungsprozesses befindet.

Außerdem ist der Text „Mit Klick auf „Jetzt kaufen“ akzeptieren Sie die AGB […]. Zudem bestätigen Sie die Richtigkeit der angegebenen Buchungsdaten und dass Sie die Pass-, Visa- Einreise- und Impfbestimmungen, sowie das Formblatt zur Unterrichtung des Reisenden bei einer Pauschalreise erhalten haben“ irreführend. Denn durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont […] ergibt sich, dass der Kunde durch das Klicken auf den „Jetzt kaufen“ - Button lediglich AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptiert, sowie die Richtigkeit der eingegebenen Daten [und] den Erhalt des Formblatts bestätigt. Von der Abgabe einer abschließenden Willenserklärung nach § 145 BGB wegen einer Reise ist dem Text nichts zu entnehmen. Vielmehr legt der Text nahe, dass bei Fortsetzung des Buchungsprozesses noch weitere Erklärungen abzugeben sind. Außerdem fehlt eine Übersicht über die zu buchenden Reise, sowie eine Preisangabe.“

Ein bindendes Angebot der Beklagten sah das Gericht jedoch in der übersandten Buchungsbestätigung. Dieses wurde aber von der Klägerin nicht angenommen.

Urteil des Amtsgerichts München vom 26.01.2023
Aktenzeichen: 191 C 1446/22
Das Urteil ist rechtskräftig.


EuGH: Bestellbutton "Buchung abschließen" genügt nicht den Anforderungen der Button-Lösung und ist nicht mit "zahlungspflichtig bestellen" gleichzusetzen

EuGH
Urteil vom 07.04.2022
C‑249/21
Fuhrmann‑2‑GmbH gegen B


Der EuGH hat entschieden, dass ein Bestellbutton mit dem Text "Buchung abschließen" nicht den Anforderungen der Button-Lösung genügt, da er nicht mit "zahlungspflichtig bestellen" gleichzusetzen ist.

Tenor der Entscheidung:

Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass es für die Feststellung, ob im Rahmen eines Bestellvorgangs zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags auf elektronischem Wege eine auf der Schaltfläche für die Bestellung oder auf einer ähnlichen Funktion verwendete Formulierung wie „Buchung abschließen“ den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ im Sinne dieser Bestimmung „entspricht“, allein auf die Worte auf dieser Schaltfläche oder dieser ähnlichen Funktion ankommt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Nürnberg: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen Vorgaben der Button-Lösung wenn mit Bestellbutton "Jetzt Kaufen" neben Kaufvertrag weiterer Vertrag abgeschlossen wird

OLG Nürnberg
Urteil vom 29.05.2020
3 U 3878/19


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen die Vorgaben der Button-Lösung (§ 312j Abs. 3 BGB) vorliegt, wenn durch Betätigen des Bestellbuttons "Jetzt Kaufen" neben dem Kaufvertrag ein weiterer kostenpflichtiger Vertrag abgeschlossen wird

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist auch begründet.

Das Erstgericht hat der Beklagten zu Recht nach §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 312j Abs. 3 BGB untersagt, Verbrauchern im Internet den Kauf von Waren sowie den Abschluss einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft anzubieten und am Ende des Bestellvorgangs lediglich einen einzigen Bestellbutton mit der Bezeichnung „Jetzt kaufen“ vorzuhalten, mit dessen Bestätigung der Verbraucher eine verbindliche Vertragserklärung sowohl in Bezug auf den Kaufvertrag als auch in Bezug auf die Begründung einer Mitgliedschaft abgeben soll, wie geschehen in Anlage K4.

Diese Gestaltung des Bestellvorgangs der Beklagten und das daraus resultierende Vertragsangebot widerspricht der gesetzlichen Vorgabe des § 312 j Abs. 3 Satz 1 BGB.

2.2.1 Die Vorschrift des § 312j Abs. 3 BGB ist nach ihrem Wortlaut auf jeden Verbrauchervertrag im elektronischen Rechtsverkehr anwendbar, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Insbesondere gilt sie bei dem Abschluss von Verträgen über Abonnements auch dann, wenn der Zeitraum einer Testphase gratis ist. In diesem Fall entfällt die Zahlungspflicht nur dann, wenn durch einen aktiven Schritt der Vertrag gekündigt wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 03.02.2016 - 6 U 39/15).

Der Unternehmer hat nach § 312j Abs. 3 S. 1 BGB die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher erstens seinen Rechtsbindungswillen und zweitens seine Kenntnis vom Vorliegen eines entgeltiichen Geschäfts ausdrücklich bestätigen muss (MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB, § 312j Rn. 24). Darüber hinaus muss die Wortwahl auch dem Vertragsgegenstand angepasst sein (MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312 j Rn. 28, 29).

2.2.2 Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass hinsichtlich der gleichzeitig mit dem Kaufvertragsabschluss einzugehenden Mitgliedschaft, die jedenfalls nach einer Testphase mangels Kündigung ebenfalls kostenpflichtig ist, die nach § 312j Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Bestätigung in der aus der Anlage K4 ersichtlichen Gestaltung des Bestellvorgangs fehlt. Dass der Verbraucher nach der vorliegenden Konstruktion mit der einmaligen Betätigung der Schaltfläche zwei typenverschiedene Verträge abschließt, steht außer Streit. Die Bestätigung durch den Klick auf die Schaltfläche „Jetzt kaufen“ bezieht sich jedoch nur auf den Kaufvertrag, was sich bereits aus der Benennung des Buttons „Jetzt kaufen“ ergibt.

Für den Abschluss der ebenfalls kostenpflichtigen Mitgliedschaft sieht die Gestaltung des Bestellvorgangs nach der Anlage K4 durch die Beklagte keine ausdrückliche Bestätigung vor. Durch das Anklicken des Bestellbuttons bestätigt der Verbraucher nicht auch die Begründung einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft. Die Betätigung der Schaltfläche ist allein dahingehend zu verstehen, dass der Verbraucher lediglich diverse Produkte aus dem Sortiment der Beklagten kostenpflichtig, nicht aber gleichzeitig eine Mitgliedschaft „erwirbt“, zumal es sich bei letzterem schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht um einen Kauf, sondern um einen Beitritt zu einer Kundengemeinschaft, die dem Verbraucher bestimmte Vergünstigungen bei Käufen verschafft, handelt.

2.2.3 Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Argumentation der Beklagten, nach der es alleiniger Zweck der Vorschrift des § 312 j Abs. 3 BGB sei, dem Verbraucher vor Augen zu führen, dass sein „Klick“ auf den Bestellbutton ganz allgemein eine Zahlungspflicht für ihn auslöse.

Unionsrechtliche Grundlage des § 312 j Abs. 3 BGB ist Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher. In Erwägungsgrund 39 der Verbraucherrechterichtlinie wird ausgeführt, es sei wichtig, sicherzustellen, dass Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, die über Webseiten abgeschlossen werden, den Zeitpunkt erkennen, zu dem sie gegenüber dem Unternehmer eine Zahlungsverpflichtung eingehen.

Nach der Beschlussempfehlung zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung - BT-Drucksache 17/7745 - zielte der Gesetzesentwurf auf einen „besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Abo- und Kostenfallen im Internet (ab), die sich trotz umfangreicher Schutzmechanismen des geltenden Rechts zu einem großen Problem für den elektronischen Rechtsverkehr entwickelt haben“.

Eine Beschränkung der Zielrichtung der gesetzlichen Regelung, wie von der Beklagten dargestellt, hat der Bundesgesetzgeber unter Berücksichtigung der Einleitung der Beschlussempfehlung nicht beabsichtigt. Nicht ersichtlich ist, dass sich die Zielrichtung des Gesetzesentwurfs darauf habe beschränken sollen, dem Verbraucher überhaupt nur eine Zahlungspflicht kenntlich zu machen. Der zitierte Einleitungssatz der Beschlussempfehlung zu dem Gesetzesentwurf spricht vielmehr dafür, dass der Verbraucher durch die Einführung des § 312j BGB insgesamt vor möglicherweise versteckten Kostenfallen geschützt werden soll und legt eine Auslegung dahingehend, dass sich die erforderliche Kenntlichmachung einer Zahlungspflichtigkeit auf jeden durch die Bestätigungshandlung abzuschließenden Vertrag zu beziehen hat, nahe. Auch die Verbraucherrechterichtlinie unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 39 lässt nicht erkennen, dass die genannte Zielrichtung eng auszulegen sein soll und sich ihr Zweck in einer einmaligen „Warnung“ des Verbrauchers vor einer Zahlungspflicht zu erschöpfen habe, wenn - wie im vorliegenden Fall - mit einer Vertragserklärung mehrere Verträge gleichzeitig abgeschlossen werden sollen.

Auch wenn demnach dem Verbraucher bei dem Anklicken der Schaltfläche aufgrund der Formulierung Jetzt kaufen“ bewusst wird, dass er überhaupt, nämlich durch den Abschluss des Kaufvertrags, eine Zahlungspflicht eingeht, ist dem Schutzzweck des § 312j Abs. 3 Satz 1 BGB mit der vorliegenden Gestaltung nicht Genüge getan. § 312j BGB soll die Verbraucher vor Kostenfallen im Internet schützen. Der geforderte eindeutige Hinweis auf die Zahlungspflicht auf der Schaltfläche soll den Verbraucher davor schützen, eine Zahlungsverbindlichkeit einzugehen, ohne sich dieser Tatsache bewusst zu sein (OLG Köln, a.a.O.). Dies muss aber auch dann gelten, wenn der Verbraucher neben einer ihm schon bekannten Verbindlichkeit eine weitere Zahlungspflicht hinsichtlich eines anderen typerrverschiedenen Vertrags eingeht. Eine restriktive Auslegung der Vorschrift wäre mit der Zielrichtung eines effektiven Schutzes des Verbrauchers vor schwer erkennbaren Kostenfallen nicht vereinbar.

Letztlich führt auch der Vortrag der Beklagten, wonach es in einer Vielzahl von Fallgestaltungen üblich sei, dass ein Verbraucher mit einer Vertragserklärung mehrere, auch typenverschiedene Verträge abschließt, nicht zu einer anderen Beurteilung. Dass eine solche Praxis auch im elektronischen Geschäftsverkehr zulässig und möglich ist, steht hier nicht im Streit. Es lässt sich jedoch hieraus nicht ableiten, dass sich der Schutz des Verbrauchers darauf beschränke, dass er überhaupt eine Zahlungspflicht bei Abgabe der Vertragserklärung erkennt. Die Befürchtung der Beklagten, zahlreiche typische Geschäftsmodelle würden nach dieser Ansicht unzulässig sein, trifft schon deshalb nicht zu, da die Vorschrift des § 312j Abs. 3 Satz 1 BGB allein die Frage der Gestaltung des Bestellvorgangs, nicht aber die generelle Zulässigkeit besonderer Geschäftsmodellen regelt.

Dass die Gestaltung des Bestellvorgangs der Beklagten der gesetzlichen Regelung widerspricht, ist zuletzt auch deshalb zutreffend, da die Bezeichnung der Schaltfläche „Jetzt kaufen“ nicht auf den Abschluss eines Mitgliedschaftsvertrages abgestimmt ist und es dem Verbraucher auch nicht ausreichend kenntlich gemacht wird, dass er zugleich einen zusätzlichen kostenpflichtigen Vertrag in Form eines Dauerschuldverhältnisses abschließt. Der Begriff „kaufen“ bringt nicht zum Ausdruck, dass eine dauerhafte Rechtsbeziehung begründet werden soll (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312j Rn. 29), womit nicht sichergestellt ist, dass der Verbraucher bei Betätigung der Schaltfläche mit dem entsprechenden Rechtsbindungswillen handelt. Die Gestaltung des Bestellvorgangs muss aber sowohl die vertragliche Bindung als auch die Zahlungspflicht vermitteln (MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312 j). Aus diesem Grund ergibt sich auch keine andere Beurteilung aufgrund des Verweises auf die Kommentarstelle in BeckOK BGB/Maume, 52. Edition, 01.11.2019, BGB § 312j Rn. 19b. Maßgeblich ist hier nicht lediglich der Inhalt der Vertragserklärung des Verbrauchers, sondern der konkrete Umfang der vertraglichen Bindung und die sich daraus ergebende Zahlungsverpflichtung.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: