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SG Frankfurt (Oder): Betroffener hat mangels Anspruchsgrundlage in DSGVO gegen Datenschutzbehörde keinen Anspruch auf Vornahme bestimmter Maßnahme bei Verstoß gegen DSGVO

SG Frankfurt (Oder)
Gerichtsbescheid vom 08.05.2019
S 49 SF 8/19


Das SG Frankfurt (Oder) hat entschieden, dass ein Betroffener mangels Anspruchsgrundlage in der DSGVO gegen die zuständige Datenschutzbehörde keinen Anspruch auf Vornahme bestimmter Maßnahmen bei einem Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO hat. Art. 77 DSGVO sieht lediglich ein Beschwerderecht vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Kammer durfte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu dieser Entscheidungsform zu äußern.

Die Klage ist bereits unzulässig, denn für das Begehren der Kläger fehlt es ungeachtet der Frage, ob hierfür das Sozialgericht funktional zuständig ist, an jedweder Anspruchsgrundlage.

Weder aus den Vorschriften des Sozialrechts (§§ 25, 83 SGB X) noch insbesondere aus der Datenschutz-Grundverordnung ist ein individueller Anspruch eines Bürgers gegen den Beklagten auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme herleitbar.

Zwar besteht aus Art 78 Absatz 2 DSGVO ein Klagerecht dem Grunde nach. Im Falle einer Beschwerde bei dem Beklagten nach § 77 DSGVO ist der Klagegrund indes beschränkt darauf, dass der Beklagte länger als drei Monate untätig geblieben sei mit der Mitteilung über das Ergebnis der Beschwerde. Dies ist hier jedoch weder Klagegegenstand, noch liegt oder lag eine dahingehende Untätigkeit vor.

Nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, wenn diese der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden Daten gegen die DSGVO verstößt. Der Beklagte ist aufgrund dieser Vorschrift alleine verpflichtet, sich mit einer Beschwerde zu befassen, soweit sie nicht offensichtlich unbegründet oder exzessiv ist und den Gegenstand der Beschwerde zu untersuchen und den Beschwerdeführer über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten. Eine weitergehende Verpflichtung besteht grundsätzlich nicht. In der Rechtsprechung wird daher das Beschwerderecht nach Art 77 DSGVO als Petitionsrecht verstanden, vgl. Beschluss des VG Berlin vom 28.01.2019, Az: VG 1 L 1.19.

Diesem Anspruch ist der Beklagte vollumfänglich nachgekommen. Eine Verurteilung zu einer aufsichtsrechtlichen Maßnahme gegen das Jobcenter kann das Gericht den Beklagten nicht verurteilen. Dies ist aus der DSGVO nicht herleitbar.

Auf das weitere Vorbringen der Kläger kommt es daher nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Streitwert für das Verfahren - da es sich nicht um ein privilegiertes Verfahren handelt, § 197a SGG - wird auf 5.000,00 € festgesetzt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BVerwG: Kein Anspruch auf Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten von Jobcenter - Funktionsfähigkeit der Behörden und Datenschutz stehen dem entgegenc

BVerwG
Urteile vom 20.10.2016
7 C 20.15; 7 C 23.15; 7 C 27.15; 7 C 28.15


Das BVerwG hat entschieden, dass kein Anspruch auf Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten von Jobcentern besteht. Die Funktionsfähigkeit der Jobcenter und der Schutz der personenenbezogenen Daten der Mitarbeiter stehen dem entgegen.

Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten von Jobcentern: Revisionen erfolglos

Einem Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern können sowohl die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Behörde als auch der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenstehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die Kläger begehren unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu Diensttelefonlisten der beklagten Jobcenter in Köln, Nürnberg-Stadt, Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick. Die Bediensteten dieser Jobcenter sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden jeweils von eigens eingerichteten Service-Centern mit einheitlichen Telefonnummern entgegengenommen.

Soweit die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche noch im Streit standen, hatten die Klagen in der Berufungsinstanz keinen Erfolg. Die hiergegen gerichteten Revisionen hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

Das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München haben im Einklang mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften entschieden, dass zu Lasten der Kläger der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG eingreift. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehören u.a. Individualrechtsgüter wie Gesundheit und Eigentum sowie die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerledigung staatlicher Einrichtungen. Deren Gefährdung liegt vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus haben das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München jeweils Tatsachen festgestellt, die zu einer solchen Gefährdung führen. Sie besteht namentlich in nachteiligen Auswirkungen auf die effiziente und zügige Aufgabenerfüllung der Jobcenter, die infolge von direkten Anrufen bei den Bediensteten eintreten können.

In den vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fällen waren die Jobcenter Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick bereits vom Verwaltungsgericht Berlin verpflichtet worden, über die Ansprüche der Kläger erneut zu entscheiden; zuvor muss ermittelt werden, ob die betroffenen Mitarbeiter in den Informationszugang einwilligen. Insoweit sind die verwaltungsgerichtlichen Urteile rechtskräftig geworden. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit war in diesen Verfahren seitens der Jobcenter nicht geltend gemacht worden.

Dem weitergehenden Anspruch auf Übermittlung der Telefonlisten ohne vorherige Einwilligung der betroffenen Bediensteten steht, wie das Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat, § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Danach darf ohne eine solche Einwilligung Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Bei den dienstlichen Telefonnummern handelt es sich um personenbezogene Daten, die vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung erfasst werden. § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG liegt daher ein relativer Vorrang des Datenschutzes vor dem Informationsinteresse zugrunde. Vor diesem Hintergrund war in den entschiedenen Fällen ein Überwiegen der von den Klägern geltend gemachten Interessen zu verneinen.

BVerwG 7 C 20.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:
OVG Münster 8 A 2429/14 - Urteil vom 16. Juni 2015
VG Köln 13 K 498/14 - Urteil vom 30. Oktober 2014

BVerwG 7 C 23.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:
VGH München 5 BV 15.160 - Urteil vom 05. August 2015
VG Ansbach AN 14 K 13.02149 - Urteil vom 14. November 2014

BVerwG 7 C 27.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 12 B 22.14 - Urteil vom 20. August 2015
VG Berlin 2 K 252.13 - Urteil vom 05. Juni 2014

BVerwG 7 C 28.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 12 B 21.14 - Urteil vom 20. August 2015
VG Berlin 2 K 54.14 - Urteil vom 05. Juni 2014