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LG Dortmund: Landesrechtliche Vorschriften zum Ladenschluss sind Marktverhaltensregeln im Sinne von § 3a UWG und ein Verstoß ist wettbewerbswidrig

LG Dortmund
Urteil vom 09.06.2022
16 O 21/21

Das LG Dortmund hat entschieden, dass landesrechtliche Vorschriften zum Ladenschluss Marktverhaltensregeln im Sinne von § 3a UWG sind und ein Verstoß wettbewerbswidrig ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Öffnung ihrer Gärtenmärkte aus § 3a, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit §§ 4, 5 LÖG NRW zu, wenn sie dort neben Blumen und Pflanzen weitere Waren außerhalb des Randsortiments zum Kauf anbietet und kein Ausnahmetatbestand nach § 6 LÖG NRW erfüllt ist.

a) Der Kläger ist unstreitig nach § 8 abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.

b) Die Regelungen der §§ 4, 5 LÖG NRW werden von § 3a UWG erfasst. Verstöße gegen landesrechtliche Vorschriften über den Ladenschluss führen zu einer Anwendung des § 3a UWG, da sie Marktverhaltensregelungen auch im Interesse der Mitbewerber darstellen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 40. Aufl. 2022, § 3a Rdnr. 1.263; Ohly/Sosnitza/Ohly, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, § 3a Rdnr. 74).

c) Der Kläger verfolgt mit seinem Antrag auch einen Verstoß der Beklagten gegen das Ladenöffnungsgesetz und will entgegen der Ansicht der Beklagten nicht lediglich den Verkauf einzelner Waren unterbinden. Schon aus dem Wortlaut des Antrags folgt, dass der Kläger die Öffnung der Gartenmärkte zum Zwecke des Verkaufs nicht zum Sortiment Blumen und Pflanzen und des dazugehörigen begrenzten Randsortiments gehörender Waren rügt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Bestimmung von Ladenöffnungszeiten auch die Befugnis umfasst, die Erlaubnis zur Öffnung von Verkaufsstellen auf bestimmte Sortimente zu beschränken. Wenn dem Landesgesetzgeber die Kompetenz zusteht, durch gesetzliche Regelungen die völlige Schließung von Verkaufsstellen an bestimmten Tagen anzuordnen, ist er erst recht befugt, den Verkauf einzelner Sortimente zu bestimmten Zeiten zuzulassen und den Verkauf anderer Waren zu diesen Zeiten zu untersagen (argumentum a maiore ad minus). Ohne eine so definierte Gesetzgebungskompetenz wäre eine sinnvolle Regelung der Ladenöffnungszeiten nicht möglich, denn es besteht einerseits ein berechtigtes Interesse des Rechtsverkehrs und der Bevölkerung, die Sonn- und Feiertagsruhe sowie die Nachtruhe zu schützen, andererseits aber auch ein unabweisbares Interesse, die Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Waren, z.B. Medikamenten und Kraftstoffen, sicherzustellen und auch die Durchführung von kulturellen und Freizeitveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen zu ermöglichen. Dies lässt sich nur erreichen, indem dem Gesetzgeber auch die Befugnis eingeräumt wird, eine differenzierte Regelung des zulässigen Warenangebots zu treffen, sofern hierbei die Regelung der Ladenöffnungszeiten im Vordergrund steht. Falls ein Marktteilnehmer wie die Beklagte nur zu einem Teil Waren anbietet, die einer Privilegierung, z.B. nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW, unterfallen, hat er dafür Sorge zu tragen, dass er andere Waren an Sonn- und Feiertagen nicht zum Verkauf anbietet. Würde dem Marktteilnehmer eine uneingeschränkte Öffnung gestattet, würde zum einen der Schutzzweck des Ladenöffnungsgesetzes, der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe, umgangen, zum anderen würden andere Marktteilnehmer, die ein ähnliches Warenangebot außerhalb des privilegierten Warensegments anbieten, benachteiligt, da sie an Sonn- und Feiertagen nicht öffnen dürfen. Als Alternative bliebe nur, allein solchen Verkaufsstellen eine Öffnung an Sonn- und Feiertagen zu erlauben, die stets ausschließlich privilegierte, von der Sonn- und Feiertagsschließung ausgenommene Waren anbieten, vorliegend also Blumenläden, die lediglich Blumen und Pflanzen nebst einem begrenzten Randsortiment in ihrem Sortiment führen. Dies wäre sicherlich nicht im Interesse der Beklagten, was zugleich zeigt, dass die Beschränkung des zulässigen Sortiments an Sonn- und Feiertagen auf Blumen und Pflanzen nebst Randsortiment das mildere Mittel darstellt, welches somit zugleich von der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers erfasst ist.

d) Mit der Öffnung ihrer Gartenmärkte an den beiden Sonntagen, dem 00.00. und dem 00.00.2020, um die im Klageantrag genannten Gegenstände zum Verkauf oder zur Beratung bereitzuhalten, hat die Beklagte gegen §§ 4, 5 LÖG verstoßen.

Hinsichtlich der Waren Schuhe Cheyenne, Bücher diverse, Tierfutter, Äpfel, Rotwein, Fruchtsaft, Kartoffeln, Flaschentasche und Bild liegt dies auf der Hand. Es handelt sich weder um Blumen oder Pflanzen, noch können diese Waren einem begrenzten Randsortiment zum Kernsortiment Blumen oder Pflanzen zugeordnet werden. Diese Waren haben keinen Bezug zum privilegierten Sortiment „Blumen und Pflanzen“, auch greift der gesetzgeberische Zweck, den Erwerb bestimmter verderblicher Waren zur sofortigen Benutzung zu ermöglichen, nicht ein.

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Auch die Waren Acryl Stern, Metallstern, Kugel Glas, Baumkerzen, Tannenbaum im Topf (künstlich), LED Kette Weihnachtsbaum, Draht Cluster Star (Lichterkette-Sterne), Kerze Wachs (batteriebetriebene Kunststoffkerze) und Sisalstern können nicht dem Randsortiment zu Blumen und Pflanzen zugeordnet werden. Es handelt sich um nicht verderbliche, haltbare Gegenstände, für welche ein besonderes Kaufbedürfnis an Sonn- und Feiertagen nicht feststellbar ist.

Ob der Verkauf dieser Gegenstände zulässig wäre, wenn sie untergeordneter Bestandteil eines floristischen Gebindes wären, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da die Beklagte diese Gegenstände zum isolierten Verkauf angeboten hat. Allein der Umstand, dass sie theoretisch mit Pflanzen kombiniert werden könnten, genügt nicht, um ein zulässiges Anbieten zu bejahen (vgl. OLG Düsseldorf aaO).

e) Der Wettbewerbsverstoß der Beklagten ist auch geeignet, die Interessen von Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, denn die Beklagte hat sich durch das Anbieten der nicht zum Sortiment Blumen und Pflanzen und einem begrenzten Randsortiment gehörenden Waren an einem Sonntag gegenüber Mitbewerbern, die sich regelkonform verhalten und von dem Verkauf solcher Waren in einer Verkaufsstelle abgesehen haben, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Nürnberg: Wettbewerbsverstoß durch Werbung für exlusiven Sonntagsverkauf für Stammkunden, wenn Einlass tatsächlich nicht beschränkt ist

LG Nürnberg
Urteil vom 25.06.2012
1 HK O 1231/12


Das LG Nürnberg hat entschieden, dass ein Verstoß gegen das Ladenschutzgesetz und somit ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn ein Unternehmen für einen "exklusiven Sonntagsverkauf nur für Stammkunden" wirbt, der Einlass tatsächlich aber nicht beschränkt und kontrolliert wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Gem. § 3 Abs.2 Nr. 1 LadenÖG müssen Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein. Mit der angegriffenen Veranstaltung hat die M.T. GmbH gegen diese Vorschrift verstoßen.

Gem. § 2 Abs.1 Nr.1 LadenÖG sind unter Verkaufsstellen Ladengeschäfte aller Art zu verstehen. Dabei ist, und insoweit folgt die Kammer der Rechtsprechung des VG Stuttgart, maßgeblich, dass in der Verkaufsstelle Waren zum Verkauf an jedermann feilgehalten werden (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 27.10.2009, 4 K 3177/09, Rz. 9, zitiert nach juris). Dies ist vorliegend der Fall.

(1) Ein Verkauf an jedermann liegt schon deshalb vor, weil die M. T. GmbH unstreitig weder Einlasskontrollen durchführte, noch, wie sich aus dem ebenfalls unbestrittenen Vortrag des Klägers, Hr. S. sei nicht gefragt worden, wer er sei und in welcher Eigenschaft er erscheine, ergibt, überhaupt die Identität der Besucher prüfte. Schon deshalb war der Zutritt zu den Verkaufsräumen jeglicher Person möglich und es hat der Umstand, dass die M. T. GmbH nach Vortrag des Beklagten nur bestimmte Personen eingeladen hat, keine Bedeutung.

(2) Ein Verkauf an jedermann liegt jedoch auch deshalb vor, weil der Beklagte nicht hinreichend substantiiert vorgetragen hat, nach welchen sachlichen Gesichtspunkten die Einladung zu der Veranstaltung erfolgte. Denn allein eine wie immer geartete Beschränkung des zugelassenen Personenkreises genügt nicht, um einen "Verkauf an jedermann" auszuschließen. Voraussetzung dafür, dass nicht "an jedermann" verkauft wird, ist vielmehr, dass eine nicht willkürliche, sondern vielmehr aus Gründen einer sachlichen Beziehung zwischen dem Betreiber des Geschäftslokals und seinen Kunden gerechtfertigte Begrenzung auf einen bestimmten und individualisierbaren Personenkreis als Abnehmer stattfindet (vgl. VG Stuttgart a.a.O., m.w.N.). Nur so kann vermieden werden, dass der Gewerbetreibende durch willkürliche Auswahl der eingeladenen Personen die Bestimmungen zu den Ladenschlusszeiten umgeht. Zu einer derartigen sachlich gerechtfertigten Begrenzung hat der Beklagte jedoch nicht vorgetragen.

Den Beklagten trifft insoweit eine Erklärungspflicht. Der Kläger hat mit seinem Vortrag, Hr. S., kein Kunde der M. T. GmbH, sei zu der Veranstaltung eingeladen worden, hinreichend substantiiert dargelegt, dass eine sachliche Begrenzung des eingeladenen Personenkreises nicht stattgefunden hat.

Dem ist der Beklagte mit seinem Vortrag, die an Herrn S. gerichtete Einladung sei eigentlich für die IHK H. bestimmt gewesen, der man das Schreiben zur Information und eventuellen Beanstandung geschickt habe, wobei die Adressierung an "Fam. S" einem EDV-Versehen geschuldet gewesen sei, nicht hinreichend entgegengetreten. Der Vortrag des Beklagten ist nicht nachzuvollziehen. Der von ihm behauptete Geschehensablauf liegt schon deshalb fern, weil unstreitig der Einladung kein Begleitschreiben, das das von dem Beklagten behauptete Begehren der M. T. GmbH (Information und ggf. Prüfung) zum Ausdruck brachte, beilag.
[...]
Dieser Pflicht ist der Beklagte nicht nachgekommen. Seine Darlegung, es seien nur "Stammkunden" eingeladen worden, die vor Ort einen größeren, in der Regel unbar oder auf Rechnung bezahlten, Einkauf von qualitativ hochwertiger Ware getätigt hätten und die auf Anfrage Interesse gezeigt hätten, in den Kreis der Stammkunden aufgenommen zu werden, erlaubt keine Prüfung, dass eine nach sachlichen Merkmalen ausgewählte Gruppe besonderer Kunden eingeladen war. Denn allein der Umstand, dass die M. T. GmbH mit den Eingeladenen einen gewissen Umsatz erzielt hatte, wobei nach dem Vortrag des Beklagten offen bleibt, wie hoch dieser Umsatz war, genügt als gemeinsames, die Eingeladenen zu einer Gruppe verbindendes, Kriterium nicht. Zu weiteren sachlichen Gesichtspunkten hat der Beklagte nichts vorgetragen.

c) Da Verkaufspersonal anwesend war und nach dem eindeutigen Wortlaut des Einladungsschreiben auch Verkäufe getätigt werden sollten, diente die Veranstaltung auch dem geschäftlichen Verkehr im Sinne von § 3 Abs. 2 LadenÖG. Es handelte sich nicht um eine bloße Werbeveranstaltung."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: