LAG Thüringen: Kein Anspruch auf Löschung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Art. 17 DSGVO wenn die Abmahnung Gegenstand einer Schadensersatzklage ist
LAG Thüringen
Urteil vom 24.10.2023
5 Sa 424/22, 1 Ca 212/22
Das LAG Thüringen hat entschieden, dass kein Anspruch auf Löschung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Art. 17 DSGVO besteht, wenn die Abmahnung Gegenstand einer Schadensersatzklage ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung aus der Personalakte, selbst einer zu Unrecht erteilten Abmahnung. Ein solcher Anspruch kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, eine Abmahnung könne dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 233/11 - Rn. 51). Der Kläger hat vorliegend keine entsprechenden Gründe dargelegt.
Vielmehr verfolgt der Kläger mit demselben Verfahren Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Dabei spielt die streitgegenständliche Abmahnung die zentrale Rolle. Hieraus ergibt sich ein Dokumentationserfordernis der Beklagten, hier die Aufbewahrung der Abmahnung, zumindest bis zur endgültigen Klärung der Schadensersatzklage (vgl. auch Sächsisches LAG 31.03.2023 - 4 Sa 117/21 - Rn. 45).
Auch der Hinweis des Klägers auf die Vorschrift des § 17 DSGVO führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach Art. 17 Abs. 1 a DSGVO besteht ein Anspruch auf Löschung der betreffenden personenbezogenen Daten, sofern die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Da die vorliegende streitige Abmahnung Gegenstand der Schadensersatzklage ist, besteht zumindest bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nach Art. 17 Abs. 3 a DSGVO kein Löschungsanspruch, da dieser zur Ausübung und Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist.
2. Mit dem Berufungsvorbringen vermochte der Kläger auch das Bestehen eines Anspruchs auf Widerruf mittels öffentlichen Aushangs nicht begründen. Ein Widerrufsanspruch als quasinegatorischer Beseitigungsanspruch mittels öffentlichen Aushangs setzt voraus, dass der zu widerrufende Vorwurf auf gleiche Weise bekannt gegeben wurde. Nur in einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer den Widerruf etwa durch öffentlichen Aushang verlangen (vgl. BAG 21. Februar 1979 - 5 AZR 568/77 - Leitsatz 1 und Rn. 16 – 20). Eine Bekanntgabe oder Veröffentlichung der gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe ist nicht vorgetragen worden. Vielmehr ist unstreitig, dass die Beklagte dem Kläger die Abmahnung im verschlossenen Umschlag übergeben hat. Die erste Instanz hat insoweit zu Recht sogar darauf hingewiesen, dass die Abmahnung weder betriebsintern bekannt geworden noch der Arbeitgeber ein etwaiges betriebsinternes Bekanntwerden zu verantworten habe.
3. Auch das Bestehen eines Schmerzensgeldanspruchs konnte der Kläger mit seinem Berufungsvorbringen nicht dartun. Zwar verweist er auf die maßgebliche höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach bei schweren Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein Schmerzensgeldanspruch in Betracht kommt. Der Vorwurf des Verbreitens von Unwahrheiten stellt jedoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine Straftat dar. Wie bereits unter Ziffer 1 erläutert, ist der eigentliche Vorwurf in der Abmahnung, der Kläger habe nicht vor Dienstbeginn am 18.10.2021 seine Arbeitsverhinderung unverzüglich mitgeteilt, unbestritten. Mit dem Erstgericht ist die Kammer auch der Auffassung, dass eine fortwirkende Herabsetzung des Rufs des Klägers ohne die Beeinträchtigung in seinem beruflichen Fortkommen nicht erkennbar ist.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil vom 24.10.2023
5 Sa 424/22, 1 Ca 212/22
Das LAG Thüringen hat entschieden, dass kein Anspruch auf Löschung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Art. 17 DSGVO besteht, wenn die Abmahnung Gegenstand einer Schadensersatzklage ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung aus der Personalakte, selbst einer zu Unrecht erteilten Abmahnung. Ein solcher Anspruch kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, eine Abmahnung könne dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 233/11 - Rn. 51). Der Kläger hat vorliegend keine entsprechenden Gründe dargelegt.
Vielmehr verfolgt der Kläger mit demselben Verfahren Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Dabei spielt die streitgegenständliche Abmahnung die zentrale Rolle. Hieraus ergibt sich ein Dokumentationserfordernis der Beklagten, hier die Aufbewahrung der Abmahnung, zumindest bis zur endgültigen Klärung der Schadensersatzklage (vgl. auch Sächsisches LAG 31.03.2023 - 4 Sa 117/21 - Rn. 45).
Auch der Hinweis des Klägers auf die Vorschrift des § 17 DSGVO führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach Art. 17 Abs. 1 a DSGVO besteht ein Anspruch auf Löschung der betreffenden personenbezogenen Daten, sofern die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Da die vorliegende streitige Abmahnung Gegenstand der Schadensersatzklage ist, besteht zumindest bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nach Art. 17 Abs. 3 a DSGVO kein Löschungsanspruch, da dieser zur Ausübung und Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist.
2. Mit dem Berufungsvorbringen vermochte der Kläger auch das Bestehen eines Anspruchs auf Widerruf mittels öffentlichen Aushangs nicht begründen. Ein Widerrufsanspruch als quasinegatorischer Beseitigungsanspruch mittels öffentlichen Aushangs setzt voraus, dass der zu widerrufende Vorwurf auf gleiche Weise bekannt gegeben wurde. Nur in einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer den Widerruf etwa durch öffentlichen Aushang verlangen (vgl. BAG 21. Februar 1979 - 5 AZR 568/77 - Leitsatz 1 und Rn. 16 – 20). Eine Bekanntgabe oder Veröffentlichung der gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe ist nicht vorgetragen worden. Vielmehr ist unstreitig, dass die Beklagte dem Kläger die Abmahnung im verschlossenen Umschlag übergeben hat. Die erste Instanz hat insoweit zu Recht sogar darauf hingewiesen, dass die Abmahnung weder betriebsintern bekannt geworden noch der Arbeitgeber ein etwaiges betriebsinternes Bekanntwerden zu verantworten habe.
3. Auch das Bestehen eines Schmerzensgeldanspruchs konnte der Kläger mit seinem Berufungsvorbringen nicht dartun. Zwar verweist er auf die maßgebliche höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach bei schweren Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein Schmerzensgeldanspruch in Betracht kommt. Der Vorwurf des Verbreitens von Unwahrheiten stellt jedoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine Straftat dar. Wie bereits unter Ziffer 1 erläutert, ist der eigentliche Vorwurf in der Abmahnung, der Kläger habe nicht vor Dienstbeginn am 18.10.2021 seine Arbeitsverhinderung unverzüglich mitgeteilt, unbestritten. Mit dem Erstgericht ist die Kammer auch der Auffassung, dass eine fortwirkende Herabsetzung des Rufs des Klägers ohne die Beeinträchtigung in seinem beruflichen Fortkommen nicht erkennbar ist.
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