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LG Halle: 1.000 EURO Ordnungsgeld bei Verstoß gegen Unterlassungsverfügung wegen fehlender Information über Muster-Widerrufsformular bei eBay

LG Halle
Beschluss vom 28.12.2021
8 O 15/17


Das LG Halle hat entschieden, dass ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 EURO bei Verstoß gegen eine Unterlassungsverfügung wegen fehlender Information über das Muster-Widerrufsformular bei eBay angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Das verhängte Ordnungsgeld ist nach § 890 Abs. 1 ZPO gerechtfertigt.

Durch Anerkenntnisurteil der Kammer vom 08.03.2017 im einstweiligen Verfügungsverfahren wurde dem Schuldner unter Androhung von Ordnungsmitteln in Ziff. I.1.(2) untersagt,

im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz betreffend Kraftfahrzeug- und/oder Motorradzubehör Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, bei denen eine Widerrufsbelehrung ohne Information über das Muster-Widerrufsformular gemäß dem amtlichen Muster zur Verfügung gestellt wird.

Das Anerkenntnisurteil wurde den Parteien von Amts wegen und dem Schuldner darüber hinaus im Parteibetrieb jeweils am 15.03.2017 zugestellt.

Gegen dieses Unterlassungsgebot hat der Schuldner objektiv zuwidergehandelt, indem er am 21.07.2020 bei eBay Angebote aus dem Bereich Kraftfahrzeug-/Motorradzubehör eingestellt hat, ohne das Muster-Widerrufsformular gemäß Anlage 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB beizufügen (Anlagenkonvolut G 2 (Anlagenband)).

Den Verstoß gegen diese Unterlassungsverpflichtung stellt der Schuldner nicht in Abrede.

Die Zuwiderhandlung ist schuldhaft begangen worden. Soweit der Schuldner einwendet, der Textbaustein "Muster-Widerrufsformular" sei im Rahmen der Programmierungsstruktur bei eBay "auf bis heute unbekannten Weg verloren gegangen" ist ihm jedenfalls vorzuwerfen, daß er nach Einstellung seiner Angebote diese nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft hat.

Bei der Bemessung der Höhe eines Ordnungsmittels sind Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verletzungshandlungen für den Verletzten zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners in die Erwägung einzustellen (vgl. BGH GRUR 2017, 318 - bei juris Rdnr. 17). Vorliegend ist zwar zu berücksichtigen, daß es sich bei der Informationspflicht nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1EGBGB um die Umsetzung des Art. 6 Abs. 1 (lit.) h der Richtlinie 2011/83/EU handelt. Diese Richtlinie hat nach Art, 1 den Zweck, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen (vgl. BGH BB 2019, 1873 - bei juris Rdnr. 24). Anderseits kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß inzwischen in Deutschland der durchschnittliche Internetkäufer über die Art und Weise der Ausübung seines Widerrufsrechts informiert ist. Darüber hinaus scheint es sich bei den streitgegenständlichen Angeboten vom 21.07.2020 um einmalige Vorfälle zu handeln. Gleichwohl ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß der Schuldner durch ein empfindliches Übel zur künftigen Einhaltung des gerichtlichen Verbots angehalten wird. Verstöße gegen gerichtliche Verbote dürfen wirtschaftlich nicht lohnend sein. Insgesamt wird daher ein Ordnungsgeld von 1.000,- EUR für angemessen erachtet.

Die Ersatzfreiheitsstrafe hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 Abs. 1 S. 1 ZPO.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 S. 3, 91 Abs. 1 ZPO.

3. Der Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers auf Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit ist nach § 33 Abs. 1 und 2 RVG zulässig, da sich die gerichtlichen Gebühren über die Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO nicht nach einem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten, sondern nach Nr. 2111 GKG-KV lediglich eine Festgebühr anfällt.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG a.F. am Wert einer Hauptsacheklage auf Unterlassung auszurichten. Der Wert des Vollstreckungsverfahrens nach § 890 ZPO richtet sich damit nach dem Interesse, daß der Unterlassungsgläubiger an der Einhaltung des ausgesprochenen Verbots hat.

Der für das einstweilige Verfügungsverfahren festgesetzte Wert von 10.000,- EUR betraf 4 Anträge im Hinblick auf unterlassene Informationspflichten, die ungefähr gleich zu bewerten sind. Da der Wert des einstweiligen Verfügungsverfahrens in der Regel nur mit etwa 2/3 des Hauptsacheverfahrens angesetzt wird und es vorliegend um den Verstoß gegen eines der insgesamt 4 Verbote geht, erscheint ein Gegenstandswert von 3.750,- EUR als angemessen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Halle: Wettbewerbswidrige Irreführung nach 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG durch Werbung für Handwerksleistungen mit einem nicht vorhandenen Standort

LG Halle
Urteil vom 26.08.2021
8 O 51/20


Das LG Halle hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung nach 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG vorliegt, wenn für Handwerksleistungen mit einem nicht vorhandenen Standort geworben wird.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger kann gem. §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG von dem Beklagten verlangen, dass er die Werbung mit einem nicht existierenden Standort unterlässt.

Der Rechtsverkehr erwartet bei der Angabe eines Standortes, d.h. örtliche Adresse und örtliche Telefonnummer, regelmäßig eine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal, mit einem erkennbar dem Betrieb zuzuordnenden Ansprechpartner, über den er mit dem Unternehmen in Kontakt treten kann, um dort seine Belange anbringen zu können (vgl. OLG Celle GRUR-RR 2015, 481 - bei juris Rdnr. 14 m.w.N.). Unstreitig unterhält der Beklagte an den von ihm beworbenen Standort in ... keine Räumlichkeiten mit Ansprechpartner. Von daher ist der Unterlassungsantrag des Klägers entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht zu weit gefaßt.

Die beanstandete Werbung ist objektiv geeignet, die Entscheidung des angesprochenen Verkehrskreises in relevanter Weise zu beeinflussen.

Es wird der Eindruck erweckt, daß vor Ort eine persönliche Ansprechbarkeit besteht. Es genügt, wenn interessierte Kunden mit der Aussicht auf die Möglichkeit einer solchen Kontaktaufnahme - und sei es nur in einem Gewährleistungsfall - angelockt werden (vgl. OLG Celle a.a.O. - bei juris Rdnr. 18). Zudem suggeriert die Angabe verschiedener Standorte eine besondere wirtschaftliche Bedeutung und Unternehmensgröße, die für die Kundenentscheidung ebenfalls von Bedeutung sein kann (vgl. OLG Düsseldorf MMR 2009, 477 - bei juris Rdnr. 24).

Die Androhung von Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO.

Gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG a.F. bzw. § 13 Abs. 3 UWG n.F. kann der Kläger Ersatz seiner Abmahnkosten beanspruchen, die derzeit 294,- EUR betragen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 13 Rdnr. 132).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: