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LG Heidelberg: 25 EURO Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO wegen unzulässiger Zusendung einer Werbemail

LG Heidelberg
Urteil vom 16.03.2022
4 S 1/21


Das LG Heidelberg hat entscheiden, dass ein Anspruch auf Zahlung von 25 EURO Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO wegen unzulässiger Zusendung einer Werbemail besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Berufung ist zulässig.
Die Kammer hat die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil durch Beschluss vom 16.03.2022 gemäß § 511 Abs. 4 S. 1 ZPO zugelassen.

Zwar übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes vorliegend entgegen § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Wertgrenze von 600 € nicht, nachdem der Streitwert für den Klageantrag Ziff. 1c auf die Streitwertbeschwerde des Klägers hin mit Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 18.02.2021 (vgl. AS 365 ff. der Akte des Amtsgerichts) antragsgemäß auf 500 € festgesetzt wurde. Auch hat das Amtsgericht die Berufung im Urteil nicht gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, da es den Streitwert für den Antrag Ziff. 1c im Urteil zunächst auf 1.000 € festgesetzt hatte und eine Berufungszulassungsentscheidung danach nicht veranlasst war. Hat indes das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, weil es den Streitwert auf über 600 € festgesetzt hat und deswegen von einem entsprechenden Wert der Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, hält aber das Berufungsgericht diesen Wert nicht für erreicht, so muss das Berufungsgericht, das insoweit nicht an die Streitwertfestsetzung des Erstgerichts gebunden ist, die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO erfüllt sind, da die unterschiedliche Bewertung nicht zu Lasten der Parteien gehen darf (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2007, Az.: VIII ZR 340/06 = NJW 2008, 218).

Hier war die Berufung nach § 511 Abs. 4 S. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ZPO) und der Kläger nach Abänderung des Streitwerts für Antrag Ziff. 1c nicht mit mehr als 600 € beschwert war (§ 511 Abs. 4 S. 1 Ziff. 2 ZPO). Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch nach Art. 82 DSGVO besteht, wird in der Rechtsprechung und auch der Literatur kontrovers diskutiert und unterschiedlich behandelt.

2. Die Berufung ist in geringem Umfang auch begründet. Soweit der Berufungsantrag nach dem Vortrag des Klägers gerechtfertigt war und dem Kläger 25,00 € zugesprochen wurden, ist aufgrund des Teil-Versäumnisurteils eine Begründung gemäß § 313b Abs. 1 ZPO nicht erforderlich.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen und die weitergehende Berufung zurückzuweisen, denn ein weitergehender Anspruch des Klägers besteht nicht. Der Vortrag des Klägers rechtfertigt keinen höheren Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen Art. 6 DSGVO durch die unzulässige Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten lediglich einen ersatzfähigen Schaden in Höhe von 25,00 € erlitten hat.

a) Die Kammer legt den Antrag des Klägers dahingehend aus, dass dieser Schadensersatz für die aufgrund des DSGVO-Verstoßes der Beklagten erlittenen Beeinträchtigungen begehrt, unabhängig von dem vom Kläger verwendeten Begriff des „Schmerzensgeldes“ aus dem deutschen Zivilrecht.

(1) Dem steht die grundsätzliche Bindung an den Antrag des Klägers gemäß § 308 Abs. 1 ZPO, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist, nicht entgegen. Denn entscheidend kann nicht der bloße Wortlaut eines Antrages sein, sondern der durch ihn verkörperte Wille. Dementsprechend ist nicht nur darauf zu sehen, ob der Antrag für sich allein betrachtet einen eindeutigen Sinn ergibt, sondern es ist auch die dem Antrag beigegebene Begründung zu berücksichtigen (MüKo-ZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 308 Rn. 6 m.w.N.). Bei einer vom Gericht vorgenommenen Auslegung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (MüKo-ZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 308 Rn. 6).

Danach legt die Kammer den Antrag des Klägers vor dem Hintergrund seiner Berufungsbegründung und seines Interesses an einer Entschädigung nach Art. 82 DSGVO dahingehend aus, dass dieser die Zahlung von Schadensersatz von der Beklagten begehrt. Zwar ist der unbezifferte Antrag des Klägers auf die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gerichtet, jedoch stützt der Kläger seinen Anspruch auf Art. 82 DSGVO, eine Norm des europäischen Rechts. Maßgeblich sind damit nicht die deutschen Begrifflichkeiten, sondern die des europäischen Rechts bzw. die der DSGVO. Der Begriff „Schmerzensgeld“ findet jedoch in Art. 82 DSGVO und auch den übrigen Normen der DSGVO keine Verwendung. Art. 82 Abs. 1 DSGVO normiert lediglich einen „Anspruch auf Schadenersatz“ für jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO „ein materieller oder immaterieller Schaden“ entstanden ist. Der Antrag Ziff. 1c) des Klägers ist daher nach Überzeugung der Kammer im Lichte dieses auf die DSGVO gestützten Anspruchsbegehrens des Klägers auszulegen und dahin zu verstehen, dass er die Zahlung von Schadensersatz begehrt.

(2) Ob der Kläger den begehrten Schadensersatz dabei nach seinem Vortrag allein auf einen „materiellen“ oder „immateriellen“ Schaden stützt, ist unerheblich. Soweit der Kläger seine Schäden als „immaterielle“ Schäden bezeichnet, bindet dies die Kammer auch nicht an die Prüfung ausschließlich immaterieller Schäden. Zugunsten des Klägers sind vielmehr auch mögliche materielle Schäden, die sich aus dem Vorbringen des Klägers ergeben können, zu prüfen, da Art. 82 Abs. 1 DSGVO nach Überzeugung der Kammer ein einheitlicher, weit auszulegender Schadensbegriff zugrunde liegt. Dies hat die Kammer durch Auslegung ermittelt.
Nach dem Wortlaut von Art. 82 DSGVO hat einen „Anspruch auf Schadenersatz“ jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung „ein materieller oder immaterieller Schaden“ entstanden ist. Die DSGVO kennt − anders als das deutsche Recht etwa mit § 253 BGB − insoweit keine unterschiedlichen Normen bzw. Anspruchsgrundlagen, sondern enthält in Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine einheitliche Anspruchsgrundlage für einen einheitlichen Schadensersatzanspruch.

Ein weites Verständnis des Schadensbegriffs legen auch die Erwägungsgründe zur DSGVO nahe. Maßgeblich ist insoweit zunächst der Erwägungsgrund 146, der sich auf den Schadensersatzanspruch in Art. 82 DSGVO bezieht. Begrifflich differenziert dieser Erwägungsgrund nicht zwischen materiellen und immateriellen Schäden. Vielmehr wird hier ausschließlich der Begriff „Schaden“ verwendet, ohne dass dieser so zu verstehen sein dürfte, dass nur materielle oder nur immaterielle Schäden gemeint sind. Eine weite Auslegung des Schadensbegriffs wird auch nach S. 3 des Erwägungsgrundes gefordert, wonach der Begriff des Schadens im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs „weit“ ausgelegt werden soll.

Für einen einheitlich zu verstehenden Schadensbegriff spricht auch Erwägungsgrund 75 zur DSGVO, in dem Beispiele genannt sind für mögliche „physische, materielle oder immaterielle Schäden“, die aus einer Verarbeitung personenbezogener Daten hervorgehen können, wie zum Beispiel Diskriminierung, Identitätsdiebstahl oder -betrug, finanzieller Verlust, Rufschädigung oder andere erhebliche wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachteile. Die Aufzählung differenziert ebenfalls nicht zwischen verschiedenen Schadensarten, sondern enthält vielmehr sowohl mögliche materielle, als auch immaterielle Beeinträchtigungen.
b) Nach Auslegung des Begehrens des Klägers im Lichte eines einheitlichen, weit zu verstehenden Schadensersatzanspruchs nach der DSGVO, steht dem Kläger nach Überzeugung der Kammer ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO in Höhe von 25,00 € zu.

Dem Kläger ist dadurch ein Schaden entstanden, dass er sich mit den unerwünschten Werbemails der Beklagten auseinandersetzen, deren Herkunft ermitteln, sich um eine Auskunft von der Beklagten mittels eines Schreibens bemühen und die unerwünschten E-Mails löschen musste. Eine den Kläger beeinträchtigende Außenwirkung des Verstoßes im Sinne einer Gefahr einer Schädigung des Ansehens oder Berufs oder einer diskriminierenden Wirkung gegenüber Dritten ist nicht ersichtlich.
Zur Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigungen erachtet die Kammer die Zahlung von 25 €, ähnlich der in Verkehrsunfällen für die Umstände und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Schadensabwicklung üblichen Auslagenpauschale, für angemessen.

Ein weiterer Schaden - unabhängig davon, ob materiell oder immateriell - ist dem Kläger nach Überzeugung der Kammer nicht entstanden, sodass ein weitergehender Anspruch nicht besteht.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Heidelberg: Kein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO gegen verarbeitende Stelle wenn der Aufwand unverhältnismäßig ist - Sichtung und Anonymisierung von über 10.000 E-Mails

LG Heidelberg
Urteil vom 06.02.2020
4 O 6/19


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass kein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO gegen die verarbeitende Stelle besteht, wenn der Aufwand unverhältnismäßig ist. Vorliegend hat das Gericht eine Unverhältnismäßigkeit bejaht, da die Sichtung und Anonymisierung von über 10.000 E-Mails erforderlich gewesen wäre.

LG Heidelberg: Kosmetik darf nicht mit "natürlich" beworben werden wenn Butylphenyl Methylpropional enthalten ist

LG Heidelberg
Urteil vom 12.03.2018
12 O 4/18 KfH


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass Kosmetik nicht mit dem Zusatz "natürlich" beworben werden darf, wenn Butylphenyl Methylpropional enthalten ist. Es dürfen in einem solchen Fall nur ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe verwendet werden.


LG Heidelberg: Unzulässige Netto-Preis-Klausel gegenüber Verbrauchern in AGB einer Spedition

LG Heidelberg
Urteil vom 12.08.2016
3 O 149/16


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass die Klausel "Die angegebenen Preise verstehen sich als Netto-Preise, zuzüglich der derzeit gültigen gesetzlichen Mehrwertsteuer." in den AGB einer Spedition bzw. eines Umzugsunternehmens gegenüber Verbrauchern unzulässig ist und einen abmahnfähigen Rechtsverstoß darstellt. Insbesondere stellt die Klausel einen Verstoß gegen die Wertungen der Preisangabenverordnung dar.

Leider finden sich derartige Netto-Preis immer noch in zahlreichen AGB. Diese sollten schnellstens entfernt werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers ergibt sich des Weiteren daraus, dass die beanstandete Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar ist, indem sie gegen die Bestimmung des § 1 Abs. 3 der Preisangabenverordnung (PAngV) verstößt, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Allerdings liegt der von der Klägerin beanstandete Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PAngV (Angabe eines Gesamtpreises) wohl nicht vor. Im Ansatz zutreffend verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die auf EU-Recht beruhende Regelung des Art. 246 Abs. 1 Ziff. 3 EGBGB zu den Informationspflichten des Unternehmers beim Verbrauchervertrag. Danach ist der Unternehmer, sofern sich diese Informationen nicht aus den Umständen ergeben, nach § 312a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, dem Verbraucher vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung mitzuteilen sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können. Bei einem Umzugsvertrag wie im vorliegenden Fall kann - wie etwa nicht selten auch bei Bauverträgen - der Gesamtpreis typischerweise „nicht im Voraus berechnet werden“, weshalb der Unternehmer im Angebot lediglich bestimmte Einheitspreise bzw. Verrechnungssätze für anfallende Stunden, Gewichte oder sonstige Massen angeben kann.

Kann damit vernünftigerweise die Angabe eines Gesamtpreises gemäß § 1 Abs. 1 PAngV nicht verlangt werden, greift jedoch die Regelung des § 1 Abs. 3 PAngV, wonach bei der dann üblichen Angabe von Verrechnungssätzen alle Leistungselemente einschließlich der anteiligen Umsatzsteuer enthalten sein müssen, mithin jeweils Bruttopreise ausgewiesen werden müssen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage 2016, § 1 PAngV Rn. 27; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Auflage 2016, § 1 PAngV Rn. 66, jeweils m.w.N.). Diese Anforderung erfüllt eine Formulargestaltung unter Verwendung der angegriffenen Klausel Ziff. I. 1. mit dem bloßen Verweis auf die „derzeit gültige gesetzliche Mehrwertsteuer“ gerade nicht. Sie widerspricht damit dem wesentlichen Grundgedanken der Regelung der - jedenfalls auch - verbraucherschützenden Preisangabenverordnung, die durch § 1 Abs. 1 und 3 PAngV im Interesse der Preisklarheit und Preiswahrheit vermeiden will, dass der Letztverbraucher den richtigen Preis erst - mehr als den Umständen nach als unumgänglich - im Einzelfall selbst ermitteln muss (vgl. Köhler aaO Rn. 1a; Gelberg in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung 72. EL März 2016, § 1 Abs. 3 PAngV Rn. 1 - 3, jeweils m.w.N.).

Darüber hinaus wird der Verbraucher bei der vorliegenden Formulargestaltung über die Höhe der jeweils derzeit gültigen Mehrwertsteuersätze von dem Verwender völlig im Unklaren gelassen. Dies geht schon deshalb nicht an, weil nicht unterstellt und verlangt werden kann, dass der Durchschnittskunde diese Sätze kennt oder gar bezüglich der einzelnen abzurechnenden Positionen differenzieren kann, ob hierfür überhaupt Mehrwertsteuer beaufschlagt werden kann oder nicht und gegebenenfalls, welcher Mehrwertsteuersatz einschlägig ist. Auch insoweit kann hier von einer hinreichenden Preisklarheit keine Rede sein."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Heidelberg: Wer einen beschädigten PKW im Internet als unfallfrei bewirbt handelt arglistig auch wenn dies ins Blaue hinein geschieht

LG Heidelberg
Urteil vom 28.01.2015
1 S 22/13


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass derjenige der einen beschädigten PKW im Internet als "unfallfrei" bewirbt, arglistig handelt auch wenn dies ins Blaue hinein geschieht. Der Verkäufer konnte sich in dem entschiedenen Fall daher nicht auf die vertraglich vereinbarte verkürzte Gewährleistungspflicht von 1 Jahr berufen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Aufgrund dieses Sachmangels kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Dem kann der Beklagte nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Er hat seine Gewährleistungspflicht im Kaufvertrag zwar grundsätzlich wirksam auf ein Jahr beschränkt (§ 475 Abs. 2 BGB). Gemäß § 438 Abs. 3 BGB geltend jedoch die regelmäßigen Verjährungsfristen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies war hier der Fall. Der Beklagte hat dem Kläger den Schaden an dem Fahrzeug arglistig verschwiegen. Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Es genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Der Beklagte hat hier das streitgegenständliche Fahrzeug in der Internetanzeige vom 13.05.2010 als unfallfrei beworben. Dies mag, wenn man den Ausführungen des Beklagten zur Häufigkeit und Fehleranfälligkeit von Internetanzeigen folgt, eine versehentliche Falschangabe gewesen sein. Wenn der Beklagte jedoch auf dieses ihm als fehleranfällig bekannte Medium zur Platzierung von Anzeigen zurückgreift, gibt er seine Angaben ins Blaue hinein, nämlich ohne genaue Prüfung, ab. Dies genügt für die Annahme von Arglist. Aufgrund der Anzeige war also bei Vertragsschluss klar, dass der Kläger mit der von dem Beklagten hervorgerufenen Vorstellung in die Kaufvertragsverhandlungen ging, dass es sich um ein Fahrzeug handelte, das noch keine größeren Schäden erlitten hatte. Der Beklagte wäre nunmehr verpflichtet gewesen, seine fehlerhaften Angaben in der Verkaufsanzeige in den Kauvertragsverhandlungen zu korrigieren. Dies hat er nicht getan. Die Angabe „Seitenwand hinten nachlackiert“ ist keine ordnungsgemäße Korrektur. Diese Angabe ist zwar bezüglich des unter der Lackierung befindlichen Zustands offen und beinhaltet rein sprachlich auch die Möglichkeit, dass ein größerer Schaden nachlackiert worden ist. Eine ordnungsgemäße Korrektur einer ins Blaue hinein gemachten falschen Angabe über ein Gebrauchtfahrzeug muss sich aber an der Fehlvorstellung orientieren, die bei dem Käufer hervorgerufen worden ist. Nachdem dieser aufgrund der Angabe „unfallfrei“ davon ausgehen durfte, dass das Fahrzeug noch keine größeren Schäden erlitten hatte, musste der Beklagte deutlich auf das mögliche Vorhandensein auch größerer Schäden hinweisen. Der Käufer, der mit der Vorstellung eines unfallfreien Fahrzeugs in die Kaufvertragsverhandlungen geht, wird bei einer solchen Angabe aber davon ausgehen, dass es sich bei den nachlackierten Stellen um die Überlackierung von Bagatellschäden handelt. Damit handelte der Beklagte arglistig, so dass nicht die im Kaufvertrag vereinbarte einjährige Verjährungsfrist gilt, sondern die Regelverjährungsfrist, die drei Jahre beträgt und zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.09.2012 noch nicht abgelaufen war."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Heidelberg: Verkäufer kann ebay-Auktion abbrechen, wenn dieser nach Einstellung des Angebots einen Mangel der angebotenen Sache feststellt

LG Heidleberg
Urteil vom 12.12.2014
3 S 27/14


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass eine eBay-Auktion vom Veräußerer abgebrochen werden kann, wenn dieser nach Einstellung des Angebots feststellt, dass die angebotene Sache (hier ein Sportwagen) mangelhaft ist. Das LG Heidelberg verweist dabei zutreffend auf die eBay-Nutzungsbedingungen, die in einem solchen Fall einen Abbruch zulassen, und die einschlägige Rechtsprechung des BGH (siehe dazu BGH: Vorzeitiger Abbruch einer eBay-Auktion nur in den in den eBay-AGB vorgesehenen Fällen folgenlos möglich - Verkäufer muss 8500 Euro Schadensersatz zahlen ).

Die Pressemitteilung des LG Heidelberg:

"Abbruch einer ebay-Internetauktion bei Irrtum über die Mangelhaftigkeit der Sache bei Angebotsabgabe – der Anbieter, der erst während der Bietzeit erkennt, dass die angebotene Sache einen Mangel hat, kann sein Angebot zurücknehmen
– Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 12.12.2014; Az. 3 S 27/14

Der Beklagte hatte im September 2013 einen Sportwagen Hyundai Genesis Coupé mit 303 PS für 10 Tage auf der Internetplattform ebay zum Verkauf eingestellt, dann aber schon nach zwei Tagen die Auktion abgebrochen. Denn er habe nunmehr bemerkt, dass der PKW ruckelte und Zündaussetzer habe, mithin mangelhaft sei. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit einem Betrag von 6.900 € Höchstbietender. Nachdem der Bekl. nicht bereit war, den angebotenen Sportwagen für diesen Betrag an den Kl. zu übergeben, erklärte der Kl. den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte 15.000 € Schadensersatz, weil der angebotene Wagen mindestens 22.000 € wert sei. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb erfolglos.

Ausgehend davon, dass der Beklagte den Mangel des Sportwagens erst erkannt habe, nachdem dieser zum Verkauf eingestellt worden war, sei der Bekl. zur Angebotsrücknahme berechtigt gewesen. Das Einstellen des Wagens auf der Internetplattform stelle ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags dar. Dieses habe der Beklagte, obwohl die Bietzeit 10 Tage betragen hat, nach zwei Tagen zurücknehmen können. Denn im Zusammenhang mit den Versteigerungsbedingungen weist ebay darauf hin, dass ein Angebot vorzeitig zurückgenommen werden könne, wenn „Sie feststellen, dass Sie sich beim Einstellen des Artikels geirrt haben oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer beschädigt wird oder verloren geht“. Diese Hinweise seien bei der Auslegung des Angebots des Bekl. zu berücksichtigen und ließen dieses dahin verstehen, dass der Anbietende sein Angebot jedenfalls bei einem Irrtum über eine solche Eigenschaft bzw. ein solches Merkmal der Kaufsache zurückziehen könne, welches ihre Gebrauchstauglichkeit nicht nur unerheblich beeinflusst und sich daher auf den Verkehrswert der Sache auswirkt. Denn dem Anbieter, der einen solchen Irrtum nachträglich erkennt, sei klar, dass er - wie im Falle der Beschädigung oder des Verlustes - einem potentiellen Käufer die Kaufsache nicht in dem Zustand wird verschaffen können, den er seinem Angebot bei Abgabe zugrunde gelegt hat. Einem entsprechenden Irrtum sei der Bekl., der die Fehlfunktion des Motors zunächst nicht kannte, unterlegen gewesen, als er den Sportwagen zum Verkauf einstellte.

Damit liegt das Urteil des Landgerichts Heidelberg auf Linie des BGH (Urteil vom 08.01.2014 – VIII ZR 63/13 Rn. 13), der entschied, dass ein Kaufvertrag nicht bindend ist, wenn dem Verkäufer ein Anfechtungsrecht nach § 119 BGB wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des angebotenen Motors zusteht. Im Übrigen bleibt es aber dabei, dass die bei ebay eingestellten "Weiteren Informationen" lediglich als Ergänzung der einbezogenen AGB hinsichtlich der praktischen Durchführung der Angebotsrücknahme zu verstehen sind und nach ihrem gesamten Inhalt nicht die – dem Geschäftsmodell einer eBay-Auktion zugrunde liegende – Bindung an das Angebot für die Dauer der Auktion weiter einschränken sollen als dies bereits in den eBay-AGB geschieht (BGH Urteil vom 10.12.2014 - VIII ZR 90/14)."



LG Heidelberg: Wettbewerbswidriges Abwerben von Mitarbeitern bei XING, Facebook & Co. - Volltext der Entscheidung liegt vor

LG Heidelberg
Urteil vom 23.05.2012
1 S 58/11


Die Entscheidung des LG Heidelberg zum wettbewerbswidrigen Abwerben von Mitarbeitern bei XING, Facebook & Co. liegt nunmehr im Volltext vor. Wir hatten bereits darüber berichtet.

Den Volltext finden Sie hier:

"LG Heidelberg: Wettbewerbswidriges Abwerben von Mitarbeitern bei XING, Facebook & Co. - Volltext der Entscheidung liegt vor" vollständig lesen

LG Heidelberg: Wettbewerbswidriges Abwerben von Mitarbeitern auf Social Media Plattformen - Facebook, XING & Co.

LG Heidelberg
Urteil vom 23.05.2012
1 S 58/11


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegen kann, wenn versucht wird, Mitarbeiter von Mitbewerbern auf Social Media Plattformen durch gezielte Zusendung von Nachrichten abzuwerben. Im vorliegenden Fall stritten zwei Personaldienstleistungsunternehmen. Der Beklagte hatte zwei Mitarbeiter des Klägers mit der Nachricht "Sie wissen ja hoffentlich, in was für einem Unternehmen Sie gelandet sind. Ich wünsche Ihnen einfach mal viel Glück. Bei Fragen gebe ich gerne Auskunft." bei XING kontaktiert. Die streitgegenständlichen Profile waren dabei keine reinen Privatprofile, sondern wiesen einen deutlichen Bezug zum Arbeitgeber auf.