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BGH: Online-Händler haftet für irreführende geografische Herkunftsbezeichnung als Täter auch wenn Produktpräsentation vom Lieferanten stammt - Himalaya Salz

BGH
Urteil vom 31.03.2016
I ZR 86/13
Himalaya Salz
MarkenG §§ 126, 127 Abs. 1; Verordnung (EG) Nr. 510/2006 Erwägungsgrund 8
und Art. 2 Abs. 1 Buchst. b


Der BGH hat entschieden, dass ein Online-Händler für eine irreführende geografische Herkunftsbezeichnung auch dann als Täter haftet, wenn die Produktpräsentation vom Lieferanten stammt. Vorliegend ging es um Werbung für Himalaya-Salz.

Leitsätze des BGH:

a) Die in den §§ 126 ff. MarkenG enthaltenen Regelungen vermitteln nach der Novellierung des Markengesetzes durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1191) für geografische Herkunftsangaben keinen lauterkeitsrechtlich, sondern einen kennzeichenrechtlich begründeten Schutz.

b) Die Bestimmung des § 127 Abs. 1 MarkenG ist unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft des Produkts besteht, bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln mit der geografischen Herkunft etwa verbundene besondere Qualitäts- oder Eigenschaftsvorstellungen unberücksichtigt bleiben.

c) Ein Online-Händler ist für ein im eigenen Namen auf seiner Internetseite eingestelltes Verkaufsangebot als Täter verantwortlich, auch wenn er sich bei der Ausgestaltung der Produktpräsentation eines dritten Unternehmers - hier
seines Lieferanten - bedient.

BGH, Urteil vom 31. März 2016 - I ZR 86/13 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Dortmund: "Kein Schadensersatz bei verspäteter Lieferung" und andere unzulässige AGB-Klauseln zur Lieferung / Ersatzlieferung eines Online-Händlers

LG Dortmund
Urteil vom 24.01.2014
10 O 42/13


Das LG Dortmund hat wenig überraschend entschieden, dass folgende Klauseln in den AGB eines Online-Händlers unzulässig sind:

- Die Einhaltung der Lieferzeiten erfolgt unter dem Vorbehalt, dass unsere Lieferanten rechtzeitig liefern;
- Schadensersatz bei verspäteter Lieferung ist ausgeschlossen;
- Wir behalten uns vor, eine in Qualität und Preis gleichwertige Leistung (Ware oder Dienstleistung) zu erbringen bzw. die versprochene Leistung im Falle ihrer Nichtverfügbarkeit nicht zu erbringen.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Hinsichtlich der im Klageantrag zu I.1. aufgeführten Allgemeinen Geschäftsbedingungen besteht ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, § 3, § 4 Nr. 11 UWG. [...]

a) Bei den §§ 312 c ff. BGB wie auch bei den §§ 307 ff. BGB handelt es sich nach der Rechtsprechung des OLG Hamm, der das Gericht folgt, um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Denn gegen diese Vorschrift verstößt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer, hier der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln. Die Vorschriften über den gesetzlich geforderten Widerruf bei Fernabsatzgeschäften und über die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in diesem Zusammenhang Regelungen des Marktverhaltens im Interesse der Verbraucher als Marktteilnehmer (OLG Hamm, Urteil vom 01.04.2008, AZ: 4 U 10/08 m.w.N.; Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 4, Rn. 11.156f m.w.N.).

b) Hier verstößt die Klausel zu 1.a. ersichtlich gegen § 308 Nr. 1 BGB, denn der Beklagte hat sich mit dieser Klausel eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Erbringung der Leistung vorbehalten. Es ist völlig unklar, was hier unter einer rechtzeitigen Lieferung des Lieferanten zu verstehen sein soll.

Zutreffend beruft sich die Klägerin auch darauf, dass die Klausel zu 1.b. gegen § 309 Nr. 7 b) BGB verstößt, da sie Schadensersatzansprüche bei Verspätung ohne Rücksicht auf ein qualifiziertes Verschulden ausschließt.

Die Klausel zu 1.c. verstößt gegen § 308 Nr. 3 BGB. Da das Wort „bzw.“ als „und/oder“ verstanden werden kann, läuft die Klausel darauf hinaus, dass sie dem Verwender das Recht gibt, auch ohne „Nichtverfügbarkeit“ der Ware eine in Qualität und Preis „gleichwertige Leistung“ zu erbringen. Soweit man auf die Nichtverfügbarkeit der Leistung abstellt, verstößt die Klausel auch gegen § 308 Nr. 8 BGB, denn die dort genannten Verpflichtungen zu a) und b) sind in den AGB des Beklagten nicht enthalten.

Die vorgenannten Verstöße sind auch sämtlich geeignet, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Solches ist anzunehmen, wenn die Klausel den Durchschnittsverbraucher davon abhalten kann, berechtigte Ansprüche sowie Einwendungen und Einreden gegen den Verwender geltend zu machen (Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 11.156g). Der Annahme eines Bagatellfalles steht es ferner entgegen, wenn eine Vielzahl von relevanten Verstößen gegen zwingendes Verbraucherschutzrecht vorliegt (OLG Hamm a.a.O.)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Verbot des Vertriebs von Produkten über das Internet im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems regelmäßig unzulässig

EuGH,
Urteil vom 13.10.2011
C-439/09
Pierre Fabre Dermo-Cosmétique


Die Entscheidung des EuGH:

1. Art. 101 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems eine Vertragsklausel, nach der der Verkauf von Kosmetika und Körperpflegeprodukten in einem physischen Raum und in Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten erfolgen muss und die ein Verbot der Nutzung des Internets für diese Verkäufe zur Folge hat, eine bezweckte Beschränkung im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn eine individuelle und konkrete Prüfung des Inhalts und des Ziels dieser Vertragsklausel sowie des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem sie steht, ergibt, dass diese Klausel in Anbetracht der Eigenschaften der in Rede stehenden Produkte nicht objektiv gerechtfertigt ist.

2. Art. 4 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen ist dahin auszulegen, dass die in Art. 2 der Verordnung vorgesehene Gruppenfreistellung nicht auf eine selektive Vertriebsvereinbarung anwendbar ist, die eine Klausel enthält, die de facto das Internet als Vertriebsform für die Vertragsprodukte verbietet. Dagegen kann auf eine solche Vereinbarung die Legalausnahme in Art. 101 Abs. 3 AEUV individuell anwendbar sein, wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: