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AG München: Für Bemessung des Lizenzschadens beim Fotoklau im Internet ist auf Lizenzierungspraxis auch unter Berücksichtigung des Agenturmarktes abzustellen

AG München
Urteil vom 15.10.2021
142 C 1511/21

Das AG München hat entschieden, dass für die Bemessung des Lizenzschadens im Wege der Lizenzanalogie beim Fotoklau im Internet auf die Lizenzierungspraxis auch unter Berücksichtigung des Agenturmarktes abzustellen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
III. Die Klage ist jedoch unbegründet. Es kann offen bleiben, ob der Kläger Inhaber der behaupteten Rechte ist und ihm dem Grunde nach die geltend gemachten Ansprüche nach §§ 97 Abs. 2 S. 1, 97a Abs. 3 S. 1 UrhG zustehen. Etwaige Ansprüche wären nämlich aufgrund der unstreitig auf die behauptete Rechtsverletzungen geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 231,50 € erloschen.

1. Das Gericht bemisst eine mögliche angemessene Vergütung i.S.d. § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG auf 100,00 € netto bzw. 119,00 € brutto.

a. Der Kläger berechnet die Höhe seines Schadens nach der sogenannten Lizenzanalogie gem. § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG. Bei dieser Berechnung ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Dabei ist unerheblich, ob und inwieweit der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen. Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden. Im Zusammenhang mit der unberechtigten Nutzung einer Fotografie im Internet wird es dabei unter anderem auf die Intensität der Nutzung, insbesondere ihre Dauer, und die Qualität des Lichtbilds ankommen. Soweit damit objektiv eine Erhöhung des wirtschaftlichen Werts der Bildernutzung verbunden ist, wird ferner der für die Erstellung des Lichtbilds erforderliche Aufwand zu berücksichtigen sein (BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 187/17 -, Rn. 18 - 19, „Sportwagenfoto“, juris, m.w.N.). Nichts anderes gilt für die hier gegenständliche Nutzung einer Grafik.

Daneben sind auch weitere Parameter erheblich wie Gewinn und Umsatz für den Verletzer, Gewinn- und Umsatzverlust für den Verletzten, Bekanntheit des Werks bzw. dessen Urhebers, ebenso wie der Umstand, dass der Verletzer sich für die Rechteklärung erheblich Aufwand und damit in Zusammenhang stehende Kosten gespart hat (BeckOK UrhR/Reber, 31. Ed. 1.5.2021, UrhG § 97 Rn. 125 m.w.N.)

Maßgebliche Bedeutung kommt dabei einer zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt durchgesetzten eigenen Lizenzierungspraxis des Rechteinhabers zu (BGH a.a.O.).

b. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Gericht zunächst berücksichtigt, dass die Nutzung durch den Beklagten offensichtlich für eine Tätigkeit im eng umgrenzten Regionalbereich erfolgt und somit weder eine größere Öffentlichkeits- oder Breitenwirkung noch ein wirtschaftlicher Wert der Verwendung für den Beklagten erkennbar ist. Der Beklagte hat zu einer nicht kommerziellen Kinderveranstaltung innerhalb einer kleinen Dorfgemeinschaft eingeladen, so dass unabhängig von konkreten Aufrufzahlen der Domain von einer äußerst geringen Intensität der Verwendung auszugehen ist. Zwar wurde die Grafik mehrere Monate genutzt, der tatsächliche Verwendungszweck war jedoch nach Ablauf der beworbenen Veranstaltung überholt, so dass die Verwendungsdauer nach dem Sankt-M.s-Tag 2019 auch nur noch eingeschränkt zu berücksichtigen ist.

c. Die gegenständliche Grafik weist zwar angesichts der eigentümlichen comicartigen und bunten Darstellung durchaus eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe auf, so dass das Gericht die Einschätzung des Beklagten, es handele sich um eine triviale Darstellung einfachster Art, nicht uneingeschränkt teilt. Schließlich hat sich auch der Beklagte selbst dafür entschieden, seine Einladung mit der für ihn offensichtlich attraktiven Grafik als „Eyecatcher“ auszuschmücken. Andererseits ist auch bei Zugrundelegung des klägerischen Vortrags zum Aufwand der Erstellung nicht ersichtlich, dass diese im Vergleich zu anderen gleichartigen Werken überdurchschnittlich aufwändig gewesen wäre. Es ist auch nicht vorgetragen, dass es sich etwa um ein „Kunstwerk“ handelt, so dass eine Wertsteigerung durch Verwendung in Galerien oder Kunstausstellungen in Betracht zu ziehen wäre. Zum Bekanntheitsgrad des Erstellers hat der Kläger auch nichts weiter vorgetragen, so dass es sich letztlich auch im Hinblick auf die Wertbestimmung eher um eine am unteren Rand der Werkqualität anzusiedelnde, einfache Illustration handelt.

d. Daneben ist die eigene Lizenzierungspraxis des Klägers maßgebend.

aa) Der Kläger hat zuletzt selbst vorgetragen, dass er weder die streitgegenständliche Grafik noch andere, gleichartige Grafiken aus derselben Serie auf dem freien Markt zu Preisen, welche den in seiner Preisliste (Anlage K 2) veröffentlichen Sätzen entsprechen, lizenziert hat. Die als Anlage K 4 vorgelegten Lizenzrechnungen über jeweils 450,00 € netto für vergleichbare Grafiken sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht - jedenfalls nicht uneingeschränkt - maßgeblich, da es sich hierbei zuletzt unstreitig um Nachlizenzierungsvergütungen handelt. Derartige Lizenzierungen nach Verletzung sind nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen; entgolten wird damit regelmäßig mehr als nur die einfache Nutzung. Dabei macht es keinen Unterschied, ob eine förmliche Abmahnung vorausgegangen ist oder die Rechtsinhaberin unter Hinweis auf die Rechtsverletzung lediglich an den Verletzer herangetreten ist. In beiden Fällen stellen die nachfolgend vereinbarten „Lizenzgebühren“ nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten; vielmehr bilden sie darüber hinaus regelmäßig eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über mögliche Ansprüche aus der vorangegangenen Rechtsverletzung. Dieser bei einem Nachlizenzierungsvertrag gegenüber einer freihändigen Lizenz vergütete „Mehrwert“ steht typischerweise der Annahme entgegen, ein solcher Lizenzvertrag habe eine Indizwirkung für den „objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung“ (BGH, Urteil vom 18. Juni 2020 - I ZR 93/19 -, Rn. 23 ff., juris). Dafür spricht im Übrigen im vorliegenden Fall auch die eigene E-Mail des Klägers vom 08.08.2020 (Anlage B 3), in welcher er den Beklagten darauf aufmerksam macht, dass der Preisunterschied zwischen seinen Lizenzen und denjenigen von A. Stock auf einer rückwirkenden Geltung seiner Lizenzen beruhe, was lediglich für den Fall einer Nachlizenzierung Sinn macht. Die Berücksichtigung von Nachlizenzierungen bei der Berechnung des Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie würde daher faktisch zu einem Verletzerzuschlag führen, der mit den Grundlagen des deutschen Schadensersatzrechts unvereinbar ist und dem der Gesetzgeber bei der Umsetzung der RL 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums eine Absage erteilt hat (BGH, a.a.O., Rn. 26, juris).

bb) Die vom Kläger vorgelegten Vergleichsrechnungen Anlagen K 6 und K 7 sind zur Bemessung des Lizenzschadens ebenfalls nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig. Der Beklagte weist zum einen zu Recht darauf hin, dass es sich um Lizenzierungen für Fotografien handelt, die mit den gegenständlichen Grafiken nicht ohne Weiteres vergleichbar sind. Zudem hat der Kläger lediglich zwei einzelne Rechnungen vorgelegt, deren Beträge mit den von ihm begehrten Zahlungen vergleichbar sind, obwohl er eigenen Angaben zufolge „seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf seines Bildmaterials verdient“. Ob der Kläger derartige Preise daher am Markt regelmäßig durchsetzt kann das Gericht aufgrund zweier Einzelrechnungen nicht beurteilen.

cc) Entgegen der Ansicht des Klägers sind auch die auf dem Agenturmarkt für die streitgegenständliche Grafik verlangten Preise nicht außer Acht zu lassen. Letztlich handelt es sich auch hierbei um die „eigene Lizenzierungspraxis“ des Klägers, der den zwischengeschalteten Agenturen die Weiterlizenzierung gestattet hat und an den Einkünften beteiligt wird. Zwar ist es richtig, dass bei der Bemessung des Lizenzschadens darauf abzustellen ist, was die Parteien selbst als Vertragspartner ohne Zwischenschaltung einer Agentur vernünftigerweise vereinbart hätten; die Marktpreise von Drittanbietern würden jedoch nach Auffassung des Gerichts in die Preisgestaltung und -verhandlung von vernünftigen Vertragspartnern sehr wohl einfließen, zumindest dergestalt, dass ein redlicher Anbieter keine Vergütung verlangen würde, die weit oberhalb des teuersten Angebots einer Agentur liegt. Andererseits gibt es jedoch auch keinen Erfahrungssatz, dass ein redlicher Kaufmann, der seine Produkte zu einem bestimmten Preis anbietet, einen interessierten Kunden an einen anderen Anbieter verweist, bei dem das Produkt zu einem günstigeren Preis erhältlich ist. Demnach wäre es dem Kläger grundsätzlich vernünftigerweise auch nicht verwehrt, höhere Preise zu vereinbaren als diejenigen, die Agenturen verlangen. Ein vernünftiger Interessent dürfte sich auch nicht darauf zurückziehen, eine Leistung kostenfrei oder zum günstigsten Tarif zu erhalten. Ohnehin ist es dem Beklagten entgegen dessen Ansicht von Vornherein verwehrt, sich auf das günstigste oder gar ein kostenloses Angebot zu berufen, da wie ausgeführt der objektive Wert der Berechtigung maßgeblich ist. Das Gericht geht daher grundsätzlich davon aus, dass eine Direktlizenzierung bei einem Rechteinhaber durchaus auch höhere Vergütungssätze als bei Drittanbietern rechtfertigen kann, da diese Vorgehensweise auch für den Lizenznehmer weitergehende Vorteile mit sich bringen kann (unmittelbarer Ansprechpartner im Inland, Vermeidung von Registrierungsprozessen, Laufzeitverträgen oder Erwerb von „Credits“ etc.).

e. Wie hoch der Lizenzschaden genau zu bemessen wäre kann jedoch letztlich dahinstehen. Das Gericht ist unter Berücksichtigung der dargelegten Gesamtumstände, insbesondere des vom Beklagten vorgesehenen Verwendungszwecks, jedenfalls der Auffassung, dass die Vereinbarung einer höheren Vergütung als 100,00 € (netto) unter den genannten Umständen ausgeschlossen werden kann. Entgegen der Auffassung des Klägervertreters widerspricht eine solche Bemessung auch nicht der Rechtsprechung des BGH, der in der bereits zitierten Entscheidung (“Sportwagenfoto“) für einen „Schnappschuss“ eines nicht kommerziell tätigen Fotografen einen Lizenzschaden von ebenfalls 100,00 € zugebilligt hat. Wie ausgeführt erfolgt die Bemessung auch nach Auffassung des BGH anhand der gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls. Im Fall des „Sportwagenfotos“ hatte offenbar eine Großhandelskette das Bild gewerblich genutzt und somit einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Wert generiert; hiervon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der Beklagte hat sich im Rahmen einer Dorfgemeinschaft dafür eingesetzt, Kindern durch Organisation eines Sankt-M.s-Umzugs eine Freude zu bereiten. Weshalb der Kläger allen Ernstes meint, dass der objektive Wert der Bebilderung der Einladung hierzu mehr als 1.000,00 € betragen soll ist für das Gericht letztlich nicht nachvollziehbar.

2. Einen Zuschlag in Höhe von 100% auf diesen Betrag kann der Kläger nicht verlangen.

Zwar führt nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung die fehlende Urhebernennung grundsätzlich zu einem pauschalen 100%igen Zuschlag des für die jeweilige Nutzung üblichen Honorars (Dreier/Schulze/Schulze, 6. Aufl. 2018, UrhG § 13 Rn. 35; OLG München, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 6 U 2260/13 - juris, Rn. 37). Der Vortrag des Klägers im Hinblick auf den von ihm verlangten Zuschlag bleibt jedoch bereits nebulös. In seinen eigenen Nutzungsbedingungen (Anlage B 17) verlangt er für alle von ihm bezogenen Bilder eine Nennung seines eigenen Namens als Urheber. Im vorliegenden Fall ist er jedoch unstreitig nicht selbst Urheber der Grafik, so dass er die Nennung seines eigenen Namens jedenfalls vor dem Hintergrund des § 13 UrhG nicht verlangen kann.

Soweit der Kläger meint, der Beklagte habe bei Verwendung der Grafik den Namen des vom Kläger erst mit Schriftsatz vom 21.05.2021 erstmals erwähnten Erstellers B. nennen müssen, geht diese Annahme ebenfalls fehl. Unstreitig tritt diese Person in der Öffentlichkeit nirgends als Urheber weder der gegenständlichen Grafik noch anderer Grafiken der vom Kläger vermarkteten Serie auf. Aus der Anlage B2 ergibt sich, dass stattdessen der Kläger selbst auf seiner Internetseite die Grafiken mit dem Hinweis „Copyright © 2020 K.“ versehen hat. Auch im Angebot etwa der Agentur „A.“ (Anlage B 6) ist die gegenständliche Grafik mit der Angabe „von K.“ versehen, ohne dass auf einen abweichenden Urheber hingewiesen wird.

Aus alldem ergibt sich, dass der Urheber das Werk offensichtlich anonym veröffentlicht hat; damit bringt er jedoch zum Ausdruck, dass er als Person nicht ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden möchte. Den Urheber wider dessen Willen in der Öffentlichkeit zu nennen, könnte sogar das sich aus der Formulierung des § 13 S. 2 Alt. 1 UrhG ergebende Recht des Urhebers auf Anonymität verletzen (Wandtke/Bullinger/Bullinger, 5. Aufl. 2019 Rn. 12, UrhG § 13 Rn. 12). In dieser Konstellation ist es daher widersprüchlich und dem Urheber von Vornherein verwehrt, aufgrund fehlender Benennung Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

3. Ebenso wenig sind die vom Kläger geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig. Zwar können diese als adäquat kausale Folge der Rechtsverletzung grundsätzlich eine auch nach § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG ersatzfähige Schadensposition darstellen. Voraussetzung ist jedoch, dass aus der maßgebenden Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation die Beauftragung des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (BGH, NJW 2011, 2509 [2510] Rn. 9; NJW 2018, 935 Rn. 6). Dies scheidet hier bereits deshalb aus, da der Kläger seinen anwaltlichen Vertreter mit der vorgerichtlichen Geltendmachung von weit überhöhten Schadensersatzansprüchen beauftragt hat. Eine solche Tätigkeit ist insgesamt nicht geeignet, zur Durchsetzung etwaiger Forderungen auch nur in tatsächlich berechtigter Höhe und somit zur außergerichtlicher Streitbeilegung beizutragen und daher nicht zweckmäßig.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG München: Offizielles Stadtportal der Stadt München muenchen.de verstößt gegen Grundsatz der Staatsferne der Presse - kommerzielle Gestaltung unzulässig

OLG München
Urteil vom 30.09.2021
6 U 6754/20


Das OLG München hat entschieden, dass das offizielle Stadtportal der Stadt München muenchen.de gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse verstößt. Das OLG München kommt zu dem Ergebnis, dass das Portal eine zu kommerzielle Gestaltung aufweist. Rubriken wie "Shopping" oder "Restaurants" sowie das Veranstaltungs- und Kinoprogramm seien unzulässig und begründen einen zu kommerziellen Charakter. Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen.


LG München: Offizielles Stadtportal der Stadt München muenchen.de verstößt gegen Grundsatz der Staatsferne der Presse

LG München
Urteil vom 17.11.2020
33 O 16274/19


Das LG München hat entschieden, dass das offizielle Stadtportal der Stadt München muenchen.de gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse. Es enthält zu viele redaktionelle Inhalte.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Online-Stadtportal verstößt gegen das Gebot der Staatsferne der Presse

Heute hat die unter anderem auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb spezialisierte 33. Zivilkammer des Landgerichts München I der Klage einiger Münchner Zeitungsverlage gegen das Stadtportal der Landeshauptstadt München, www.muenchen.de, stattgegeben (33 O 16274/19).

Der Internetauftritt www.muenchen.de ist das im Jahr 2004 in der heute abrufbaren Form aufgeschaltete offizielle Stadtportal für die Landeshauptstadt München. Er ist mit bis zu rund 2,9 Millionen Besuchen und 12 Millionen Seitenaufrufen im Monat nach der Selbstpräsentation das mit Abstand meistbesuchte Münchner Serviceportal und gleichzeitig eines der erfolgreichsten deutschen Stadtportale. Das Portal umfasst mehr als 173.000 Seiten.

Zur Überzeugung der Kammer ist das Angebot von muenchen.de in der konkret beanstandeten Form mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der „Staatsferne der Presse“ gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes unvereinbar und deshalb wettbewerbswidrig.

In ihrem Urteil nahm die 33. Zivilkammer eine umfassende Interessenabwägung zwischen der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, und der Garantie des Instituts der freien Presse, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, andererseits vor. Für ihre Entscheidung zog die Kammer hierbei vor allem jene Beurteilungsmaßstäbe heran, die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Crailsheimer Stadtblatt II (Urteil vom 20.12.2018, I ZR 112/17) aufgestellt hat. Diese Entscheidung ist zwar zu einem zeitungsmäßig aufgemachten Druckwerk ergangen. Die Kammer hielt sie aber für übertragbar auf das in Streit stehende Internetportal.

Da im Internet aber andere Nutzergewohnheiten gelten als bei einem Printmedium, sieht das Gericht die Grenzen des Zulässigen im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung etwas weiter, als dies bei einem klassischen Presseprodukt geboten wäre.

Den zulässigen Bereich der Berichterstattung überschreitet das Portal www.muenchen.de jedoch in einer Gesamtschau aus folgenden Gründen deutlich:

Der Internetauftritt des Portals biete in der zur Entscheidung gestellten Ausgestaltung den Lesern eine Fülle von Informationen, die den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift – jedenfalls subjektiv – entbehrlich mache. Es werden in Quantität und Qualität deutlich Themen besetzt, deretwegen Zeitungen und Zeitschriften gekauft werden. Die Beklagte beschränke sich hier nicht auf Sachinformationen. In zahlreichen Beiträgen werde über das gesellschaftliche Leben in München berichtet, sie beträfen sämtlich keine gemeindlichen Aufgaben oder zumindest Aktivitäten und bewegten sich nicht mehr innerhalb der zulässigen Themenbereiche, so das Gericht. Auch im Layout bediene sich www.muenchen.de einer derart (boulevard-) pressemäßigen Illustration mit Überschriften, Zwischenüberschriften, Bildern, Zitaten und unterhaltsamem Text, dass die verfassungsmäßigen Zulässigkeitsgrenzen überschritten seien.

Es sei vielmehr insgesamt nicht mehr erkennbar, dass das Stadtportal eine staatliche Publikation darstelle, so die Kammer.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Klarstellender Hinweis:

Das Landgericht München I hatte über www.muenchen.de in der ihm zur Entscheidung gestellten konkreten Ausgestaltung zu urteilen, nicht über das Stadtportal per se.



AG München: Klagewelle in Filesharing-Fällen beim AG München - mehr als 1400 Klagen sind anhängig

Das AG München hat in einer Pressemitteilung darüber informiert, dass derzeit beim AG München mehr als 1400 Klagen in Filesharing-Fällen anhängig sind und zahlreiche weitere Klagen angekündigt wurden. Bleibt zu hoffen, dass sich das Gericht mit der notwendigen Sorgfalt mit jedem Einzelfall auseinandersetzt. Die meisten Filesharing-Abmahnungen bieten zahlreiche Ansatzpunkte, um etwaige Schadensersatzansprüche der Abmahner zu Fall zu bringen.

Die Pressemitteilung des AG München finden Sie hier:


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