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BGH: Gebrauchtwagen mit Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem weist Rechtsmangel auf und rechtfertigt Rücktritt vom Kaufvertrag

BGH
Urteil vom 18. Januar 2017
VIII ZR 234/15


Der BGH hat entschieden, dass Gebrauchtwagen mit Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem einen Rechtsmangel hat und dies den Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigt.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof bejaht Mangelhaftigkeit eines Gebrauchtwagens bei internationaler
Fahndungsausschreibung (Schengener Informationssystem - SIS)

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob die Ausschreibung eines Gebrauchtwagens im Schengener Informationssystem (SIS) einen den Käufer zum Rücktritt berechtigenden Rechtsmangel (§ 433 Abs. 1 Satz 2*, § 435 Satz 1 BGB**) darstellen kann.

Beim Schengener Informationssystem handelt es sich um eine umfangreiche Datenbank, die unter anderem Informationen über gestohlene oder vermisste Fahrzeuge enthält. Der Hauptzweck der Datenbank ist - vor dem Hintergrund grundsätzlich weggefallener Grenzkontrollen an den Binnengrenzen - die Sicherstellung eines hohen Maßes an Sicherheit innerhalb der Schengen-Staaten, indem den zuständigen nationalen Behörden, wie Polizei und Grenzschutz, gestattet wird, Ausschreibungen zu Personen und Gegenständen einzugeben und abzufragen.

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Der Kläger kaufte vom Beklagten im Jahr 2012 einen gebrauchten Oldtimer Rolls Royce Corniche Cabrio zum Preis von 29.000 €. Beim Versuch des Klägers, das Fahrzeug im Juli 2013 anzumelden, wurde es jedoch polizeilich sichergestellt, weil es im Schengener Informationssystem (SIS) von den französischen Behörden als gestohlen gemeldet und zur Fahndung ausgeschrieben worden war. Nachdem im Zuge der Ermittlungen - die auch gegen den Kläger und den Beklagten wegen des Verdachts der Hehlerei geführt wurden - die Vermutung aufkam, der ehemalige französische Eigentümer könnte den Diebstahl des Fahrzeugs zum Zwecke des Versicherungsbetrugs nur vorgetäuscht haben, wurde das Fahrzeug Ende 2013 von der Polizei freigegeben und vom Kläger zugelassen. Bereits kurz darauf wurden die Ermittlungen allerdings auch gegen die Parteien wiederaufgenommen.

Aufgrund der unverändert fortdauernden SIS-Ausschreibung erklärte der Kläger im Mai 2014 schließlich den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises. Seine entsprechende Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei einem Gebrauchtwagen ein Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem (SIS) einen zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigenden Rechtsmangel darstellen kann.

Um seine Leistungspflicht zu erfüllen, hat ein Verkäufer dem Käufer nicht nur Eigentum an der Kaufsache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB). Er muss weiterhin dafür sorgen, dass sie frei von Rechtsmängeln ist, der Käufer sie also unangefochten und frei von Rechten Dritter wie ein Eigentümer nutzen kann (§ 433 Abs. 1 Satz 2, § 435 Satz 1, § 903 Satz 1 BGB). Insofern ist nicht erst die behördliche Sicherstellung oder Beschlagnahme eines Kraftfahrzeugs, sondern bereits dessen Eintragung in die Fahndungsliste aufgrund einer SIS-Ausschreibung als Rechtsmangel anzusehen. Denn eine solche Eintragung ist für den Käufer mit der konkreten, im gesamten Schengen-Raum bestehenden Gefahr verbunden, dass bei der Zulassung des Fahrzeugs oder einer Halteränderung oder einer polizeilichen Kontrolle die Eintragung festgestellt und ihm das Fahrzeug daraufhin auf unbestimmte Zeit entzogen wird.

Im vorliegenden Fall war dies im Jahr 2013 bereits für die Dauer von einigen Monaten geschehen. Nachdem die SIS-Eintragung weiterhin nicht beseitigt ist, muss der Kläger auch zukünftig im gesamten Schengen-Raum jederzeit mit einer erneuten Beschlagnahme rechnen. Gerade bei einem Entzug im Ausland wäre dies für ihn nicht nur mit einem erneuten zeitweisen Entzug der Nutzungsmöglichkeit, sondern insbesondere auch mit erheblichen Anstrengungen zur Wiedererlangung des Fahrzeugbesitzes verbunden. Weiterhin ist auch die (Weiter-)Verkäuflichkeit eines Pkw durch die Fahndungseintragung stark beeinträchtigt; denn der Kläger wäre redlicherweise gehalten, einen potentiellen Käufer über die SIS-Eintragung aufzuklären.

433 BGB Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag

(1) 1Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. 2Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) […]

§ 435 BGB Rechtsmangel

Die Sache ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Einem Rechtsmangel steht es gleich, wenn im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das nicht besteht.

903 BGB Befugnisse des Eigentümers

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. […]

Vorinstanzen:

Landgericht Ravensburg - Urteil vom 1. Dezember 2014 - 6 O 243/14

Oberlandesgericht Stuttgart - Urteil vom 30. September 2015 - 3 U 192/14

LG Hildesheim: Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung und Betrug der Volkswagen AG - Rückabwicklung des Kaufvertrages bei manipuliertem Diesel-Fahrzeug

LG Hildesheim
Urteil vom 17.01.2017
3 O 139/16

Das LG Hildesheim hat völlig zu Recht entschieden, dass der Käufer eines manipulierten Diesel-Fahrzeugs der Volkswagen AG einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages hat. Der Kaufpreis ist gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu erstatten. Nach Ansicht des Gerichts liegt eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung sowie ein Betrug vor.

Die Pressemitteilung des Gerichts

Urteil zur Abgasmanipulation - Zivilklage gegen Volkswagen AG auf Kaufpreiserstattung erfolgreich

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim unter Vorsitz von Dr. Wolfhard Klöhn hat mit Urteil vom 17.01.2017 der Klage des Käufers eines Skoda Yeti gegen die Volkswagen AG auf Erstattung des Kaufpreises stattgegeben (Az. 3 O
139/16).

Der Kläger hatte im Jahr 2013 von einem Autohaus in Gifhorn einen PKW Skoda Yeti 2.0 TDI Elegance Plus Edition zum Neupreis von 26.499,99 € erworben. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten Dieselmotor ausgestattet.

1) Nach den Feststellungen der Kammer ist die Motorsteuerung des PKW so programmiert, dass der Wagen bei der Messung der Schadstoffemissionen auf einem Prüfstand diese Situation erkennt und weniger Stickoxide abgibt als im „Echtbetrieb“ auf
der Straße. Hierbei handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine gesetzeswidrige Manipulation der Motorsteuerung, die gegen europäische Vorgaben zur Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen verstößt. Der Ansicht der Beklagten, wonach
es auf die Emissionswerte des Fahrzeuges im normalen Straßenbetrieb nicht ankomme, sondern allein auf die Emissionswerte unter Laborbedingungen im Prüfbetrieb, schließt sich die Kammer nicht an: Es liege „auf der Hand“, dass eine Schadstoffmessung auf dem Prüfstand nur korrekt erfolgt, wenn das zu testende Fahrzeug auf dem Prüfstand genauso arbeite, wie im Echtbetrieb. Eine ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung könne
deshalb nur „als unzulässige Umgehung der einschlägigen Vorschriften“ angesehen werden.

2) Durch diese Manipulation habe die Beklagte dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Art und Weise (§ 826 BGB - Wortlaut der Vorschrift s.unten) einen Schaden zugefügt und darüber hinaus den Tatbestand des Betruges verwirklicht: Kein verständiger Kunde würde ein Fahrzeug mit einer nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erwerben - der Kläger habe nicht das bekommen, was ihm aus dem Kaufvertrag zustand, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug.

Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die Softwaremanipulation vorsätzlich vorgenommen habe. Die Beklagte habe im Prozess nicht dargelegt, wie es zur Entwicklung und zum Einbau der Software gekommen sei, wer dies entschieden oder zumindest davon gewusst habe. Der Vortrag „man kläre gerade die Umstände auf“, ohne dass bereits konkrete Ergebnisse vorliegen, sei schon in Anbetracht des Zeitablaufs seit Entdeckung der Manipulation unzureichend und im Übrigen auch unglaubhaft. Bei dem Einsatz der Motorsteuerungssoftware handele es sich um eine Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite, bei der kaum anzunehmen sei, dass sie von einem am
unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Entwickler in eigener Verantwortung getroffen wurde.

Keinesfalls könne das Vorgehen der Beklagten als „Kavaliersdelikt“ oder als „lässliche Sünde“ angesehen werden. Es handele sich um eine Verbrauchertäuschung, die als ebenso verwerflich einzustufen sei, wie in der Vergangenheit etwa die Beimischung von Glykol in Wein oder von Pferdefleisch in Lasagne. Die Beklagte habe mit Hilfe der scheinbar umweltfreundlichen Prüfstandwerte Wettbewerbsvorteile erzielen wollen.

3) Der Kläger hat nach Auffassung der Kammer Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises und nicht nur eines etwaigen Minderwertes. Die technischen Folgen der Softwaremanipulation und des dadurch erforderlich gewordenen Updates seien nicht
abzuschätzen. Das Risiko eines erhöhten Wartungsaufwandes oder von vorzeitigen Motorschäden sei nicht auszuschließen. Gegenteilige Erklärungen habe die Beklagte nicht abgegeben. Daher müsse sie die wirtschaftlichen Folgen des Kaufes dadurch
ungeschehen machen, dass sie den Kaufpreis gegen Rückgabe des Fahrzeuges erstatte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich
Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.




Volltext BGH: Erweiterter Anwendungsbereich der Beweislastumkehr in § 476 BGB zugunsten des Käufers

BGH
Urteil vom 12.10.2016
VIII ZR 103/15
BGB § 476


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH erweitert Beweislastumkehr in § 476 BGB zugunsten des Käufers auch auf Frage ob bei Gefahrübergang überhaupt ein latenter Mangel vorlag über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) § 476 BGB ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers schon dann greift, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der - unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand - dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Dagegen muss der Käufer weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C-497/13, NJW
2015, 2237 Rn. 70 - Faber; Änderung der bisherigen Senatsrechtsprechung; vgl. Senatsurteile vom 2. Juni 2004 - VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215, 217 f. [Zahnriemen]; vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04, NJW 2005, 3490 unter II 1 b bb (1)
[Karrosserieschaden]; vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 20 f. [Turbolader] ; vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 259/06, NJW 2007, 2621 Rn. 15 [defekte Zylinderkopfdichtung]).

b) Weiter ist § 476 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dem Käufer die dort geregelte Vermutungswirkung auch dahin zugutekommt, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest
im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C-497/13, aaO Rn. 72 - Faber; Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; vgl. Urteile vom 2. Juni 2004 - VIII ZR 329/03, aaO; vom 22. November 2004 - VIII ZR 21/04, NJW 2005, 283 unter [II] 2; vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04, aaO; vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, aaO Rn. 21; vom 21. Dezember 2005 - VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195 Rn. 13 [Katalysator]; vom 29. März 2006 - VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40 Rn. 21, 32 [Sommerekzem I]; vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 70/13, BGHZ 200, 1 Rn. 20 [Fesselträ-gerschenkelschaden]).

BGH, Urteil vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 103/15 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Abwarten bei sporadisch auftretendem sicherheitsrelevantem Mangel für Käufer unzumutbar - Vorführeffekt

BGH
Urteil vom 26.10.2016
VIII ZR 240/15


Der BGH hat entschieden, dass dem Käufer eines Autos das Abwarten bei sporadisch auftretendem sicherheitsrelevantem Mangel für den Käufer unzumutbar ist und dieser vom Vertrag zurücktreten kann.

Abwarten bei sporadisch auftretendem sicherheitsrelevantem Mangel für Käufer unzumutbar ("Vorführeffekt")

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob es einem Käufer nach § 440 Satz 1 BGB zumutbar ist, dass der Verkäufer die geschuldete Nachbesserung bei einem nur sporadisch auftretenden, aber für die Verkehrssicherheit relevanten Mangel eine aufwendige Untersuchung zunächst unterlässt und den Käufer darauf verweist, das Fahrzeug bei erneutem Auftreten der Mangelsymptome wieder vorzuführen.

Der Sachverhalt:

Der Kläger kaufte von der beklagten Kraftfahrzeughändlerin einen gebrauchten Volvo V 50 zum Preis von 12.300 €. Kurze Zeit nach der Übergabe des Fahrzeugs bemängelte der Kläger (u.a.), das Kupplungspedal sei nach Betätigung am Fahrzeugboden hängengeblieben, so dass es in die Ausgangsposition habe zurückgezogen werden müssen.

Bei einer daraufhin von der Beklagten durchgeführten Untersuchungsfahrt trat der vom Kläger gerügte Mangel am Kupplungspedal allerdings auch bei mehrmaliger Betätigung der Kupplung nicht auf. Während der Kläger geltend macht, er habe gleichwohl, allerdings vergeblich, auf einer umgehenden Mangelbehebung bestanden, will die Beklagte ihm lediglich mitgeteilt haben, dass derzeit kein Grund zur Annahme einer Mangelhaftigkeit und somit für ein Tätigwerden bestehe und der Kläger das Fahrzeug bei erneutem Hängenbleiben des Kupplungspedals wieder bei ihr vorstellen solle. Nachdem der Kläger in den folgenden Tagen unter Hinweis auf ein erneutes Hängenbleiben des Kupplungspedals vergeblich versucht hatte, die Beklagte zu einer Äußerung über ihre Reparaturbereitschaft zu bewegen, trat er vom Kaufvertrag zurück.

Die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und den Ersatz weiterer Schäden gerichtete Klage ist in zweiter Instanz erfolgreich gewesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf vollständige Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Kläger auch ohne Fristsetzung zur Nachbesserung wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten konnte, weil es ihm trotz des nur sporadischen Auftreten des Mangels aufgrund dessen Relevanz für die Verkehrssicherheit des Kraftfahrzeugs nicht im Sinne von § 440 Satz 1 BGB zumutbar war, ein weiteres Auftreten der Mangelsymptome abzuwarten.

Der Kläger hat den Anforderungen an ein hinreichendes Nacherfüllungsverlangen bereits dadurch genügt, dass er der Beklagten neben der Einräumung einer Untersuchungsmöglichkeit die Mangelsymptome hinreichend genau bezeichnet hatte.

Bei dem durch Sachverständigengutachten bestätigten und bereits bei Gefahrübergang vorhandenen sporadischen Hängenbleiben des Kupplungspedals handelte es sich nicht um einen bloßen "Komfortmangel" , sondern um einen sicherheitsrelevanten Mangel. Denn eine solche Fehlfunktion kann, selbst wenn sie nur das Kupplungspedal selbst betrifft, unter anderem wegen des beim Fahrer hervorgerufenen Aufmerksamkeitsverlusts die Unfallgefahr signifikant erhöhen. Mit ihrer Erklärung anlässlich der Vorführung des Fahrzeugs, es bestünde kein Grund für die Annahme einer Mangelhaftigkeit und damit ein Tätigwerden, solange der behauptete Mangel nicht (erneut) auftrete und der Kläger damit nochmals vorstellig werde, ist die Beklagte dem Nacherfüllungsverlangen nicht gerecht geworden.

Denn eine verantwortungsvolle Benutzbarkeit des Fahrzeugs war ohne Abklärung des Mangels weitgehend aufgehoben, da der verkehrsunsichere Zustand fortbestand und es dem Kläger - der das Fahrzeug insofern auch tatsächlich noch im Juli 2013 stilllegte - nicht zugemutet werden konnte, das Risiko der Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr auf sich zu nehmen.

Ein Rücktritt war im vorliegenden Fall auch nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) ausgeschlossen, auch wenn dieser letzten Endes (nachdem der Kläger den Rücktritt bereits erklärt hatte) mit geringen Kosten (433,49 €) beseitigt werden konnte. Denn solange die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms unklar ist, kann die Erheblichkeit des Mangels regelmäßig nur an der hiervon ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung gemessen werden, die vorliegend aufgrund der Gefahren für Verkehrssicherheit des Fahrzeugs jedenfalls als erheblich anzusehen war.

§ 440 BGB Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz

1[…] bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung […] verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. […]

§ 439 BGB Nacherfüllung

[…]

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

[…]

§ 323 BGB Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung

[…]

(5) […] 2Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

Vorinstanzen:

Landgericht Kiel - Urteil vom 18. Mai 2015 - 12 O 259/13

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht - Urteil vom 2. Oktober 2015 - 17 U 43/15


BGH erweitert Beweislastumkehr in § 476 BGB zugunsten des Käufers auch auf Frage ob bei Gefahrübergang überhaupt ein latenter Mangel vorlag

BGH
Urteil vom 12.10.2016
VIII ZR 103/15


Der BGH hat die Beweislastumkehr in § 476 BGB zugunsten des Käufers auch auf die Frage, ob bei Gefahrübergang überhaupt ein latenter Mangel vorlag, erweitert. Dies geschieht - so der BGH - im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift im Licht der EuGH-Rechtsprechung zur Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof erweitert den Anwendungsbereich der Beweislastumkehr nach § 476 BGB zugunsten des Verbrauchers

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Reichweite der Beweislastumkehrregelung des § 476 BGB beim Verbrauchsgüterkauf beschäftigt.

Der Sachverhalt:

Der Kläger kaufte von der Beklagten, einer Kraftfahrzeughändlerin, einen gebrauchten BMW 525d Touring zum Preis von 16.200 €. Nach knapp fünf Monaten und einer vom Kläger absolvierten Laufleistung von rund 13.000 Kilometern schaltete die im Fahrzeug eingebaute Automatikschaltung in der Einstellung "D" nicht mehr selbständig in den Leerlauf; stattdessen starb der Motor ab. Ein Anfahren oder Rückwärtsfahren bei Steigungen war nicht mehr möglich. Nach erfolgloser Fristsetzung zur Mangelbeseitigung trat der Kläger vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises und den Ersatz geltend gemachter Schäden.

Prozessverlauf:

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat im Einklang mit dem Landgericht die Auffassung vertreten, der Kläger habe nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, dass das Fahrzeug bereits bei seiner Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen habe. Zwar seien die aufgetretenen Symptome nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen auf eine zwischenzeitlich eingetretene Schädigung des Freilaufs des hydrodynamischen Drehmomentwandlers zurückzuführen. Auch sei es grundsätzlich möglich, dass der Freilauf schon bei der Übergabe des Fahrzeugs mechanische Veränderungen aufgewiesen habe, die im weiteren Verlauf zu dem eingetretenen Schaden geführt haben könnten. Nachgewiesen sei dies jedoch nicht. Vielmehr komme als Ursache auch eine Überlastung des Freilaufs, mithin ein Bedienungsfehler des Klägers nach Übergabe in Betracht.

Bei einer solchen Fallgestaltung könne sich der Kläger nicht auf die zugunsten eines Verbrauchers eingreifende Beweislastumkehrregelung des § 476 BGB berufen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründe diese Vorschrift lediglich eine in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung dahin, dass ein innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang aufgetretener Sachmangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen habe. Sie gelte dagegen nicht für die Frage, ob überhaupt ein Mangel vorliege. Wenn daher - wie hier - bereits nicht aufklärbar sei, dass der eingetretene Schaden auf eine vertragswidrige Beschaffenheit des Kaufgegenstands zurückzuführen sei, gehe dies zu Lasten des Käufers.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine bislang zu § 476 BGB entwickelten Grundsätze zugunsten des Käufers angepasst, um sie mit den Erwägungen in dem zwischenzeitlich ergangenen Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Juni 2015 (C-497/13, NJW 2015, 2237 - Faber/Autobedrijf Hazet Ochten BV) in Einklang zu bringen.

Die mit diesem Urteil durch den Gerichtshof erfolgte Auslegung des Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der durch § 476 BGB in nationales Recht umgesetzt wurde, gebietet es, im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB den Anwendungsbereich dieser Beweislastumkehrregelung zugunsten des Verbrauchers in zweifacher Hinsicht zu erweitern.

Dies betrifft zunächst die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Käufers hinsichtlich des - die Voraussetzung für das Einsetzen der Vermutungswirkung des § 476 BGB bildenden - Auftretens eines Sachmangels innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang. Anders als dies der bisherigen Senatsrechtsprechung zu § 476 BGB entspricht, muss der Käufer nach Auffassung des Gerichtshofs im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchgüterkaufrichtlinie** weder den Grund für die Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist. Vielmehr hat er lediglich darzulegen und nachzuweisen, dass die erworbene Sache nicht den Qualitäts-, Leistungs- und Eignungsstandards einer Sache entspricht, die er zu erhalten nach dem Vertrag vernünftigerweise erwarten konnte. In richtlinienkonformer Auslegung des § 476 BGB* lässt der Senat nunmehr die dort vorgesehene Vermutungswirkung bereits dann eingreifen, wenn dem Käufer der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine "Mangelerscheinung") gezeigt hat, der - unterstellt er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand - dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Dagegen muss der Käufer fortan weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt.

Außerdem ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB die Reichweite der dort geregelten Vermutung um eine sachliche Komponente zu erweitern. Danach kommt dem Verbraucher die Vermutungswirkung des § 476 BGB fortan auch dahin zugute, dass der binnen sechs Monate nach Gefahrübergang zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Damit wird der Käufer - anders als bisher von der Senatsrechtsprechung gefordert - des Nachweises enthoben, dass ein erwiesenermaßen erst nach Gefahrübergang eingetretener akuter Mangel seine Ursache in einem latenten Mangel hat.

Folge dieser geänderten Auslegung des § 476 BGB ist eine im größeren Maß als bisher angenommene Verschiebung der Beweislast vom Käufer auf den Verkäufer beim Verbrauchsgüterkauf. Der Verkäufer hat den Nachweis zu erbringen, dass die aufgrund eines binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang eingetretenen mangelhaften Zustands eingreifende gesetzliche Vermutung, bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs habe - zumindest ein in der Entstehung begriffener - Sachmangel vorgelegen, nicht zutrifft. Er hat also darzulegen und nachzuweisen, dass ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden war, weil sie ihren Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach diesem Zeitpunkt hat und ihm damit nicht zuzurechnen ist. Gelingt ihm diese Beweisführung - also der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsachen - nicht hinreichend, greift zu Gunsten des Käufers die Vermutung des § 476 BGB auch dann ein, wenn die Ursache für den mangelhaften Zustand oder der Zeitpunkt ihres Auftretens offengeblieben ist, also letztlich ungeklärt geblieben ist, ob überhaupt ein vom Verkäufer zu verantwortender Sachmangel vorlag. Daneben verbleibt dem Verkäufer die Möglichkeit, sich darauf zu berufen und nachzuweisen, dass das Eingreifen der Beweislastumkehr des § 476 BGB ausnahmsweise bereits deswegen ausgeschlossen sei, weil die Vermutung, dass bereits bei Gefahrübergang im Ansatz ein Mangel vorlag, mit der Art der Sache oder eines derartigen Mangels unvereinbar sei (§ 476 BGB am Ende). Auch kann der Käufer im Einzelfall gehalten sein, Vortrag zu seinem Umgang mit der Sache nach Gefahrübergang zu halten.

Der Senat hat nach alledem das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Insbesondere wird dieses unter Anwendung der sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB* ergebenden neuen Grundsätze zur Beweislastverteilung zu prüfen haben, ob der Beklagten der Nachweis gelungen ist, dass der akut aufgetretene Schaden am Freilauf des Drehmomentwandlers zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs auch nicht im Ansatz vorlag, sondern auf eine nachträgliche Ursache (Bedienungsfehler) zurückzuführen ist.

§ 476 BGB Beweislastumkehr

Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.

Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter

Art. 5 Fristen

[…]

(3) Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art des Gutes oder der Art der Vertragswidrigkeit unvereinbar.

Vorinstanzen:

Landgericht Frankfurt am Main - Urteil vom 27. Mai 2013 - 2/18 O 443/10

Oberlandesgericht Frankfurt am Main - Urteil vom 14. April 2015 - 10 U 133/13


LG Bochum: VW-Skandal - Autohaus muss VW mit Schummelsoftware nicht zurücknehmen

LG Bochum
Urteil vom 16.03.2016
I-2 O 425/15


Das LG Bochum hat im Zusammenhang mit dem VW-Skandal entschieden, dass ein Autohaus einen VW mit Schummelsoftware nicht zurücknehmen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Klage im Rechtsstreit um die Rückgabe eines VW-PKW mit sogenannter "Schummelsoftware" abgewiesen

Im Rechtsstreit zwischen einem Kläger aus Trier und einem Bochumer Autohaus um die Rückgabe eines PKW des Typs VW Tiguan, der mit der sogenannten „Schummelsoftware“ ausgestattet ist, hat die 2. Kammer des Landgerichts Bochum heute ein Urteil verkündet und die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fahrzeug des Klägers durch den Einsatz einer sogenannten „Umschaltlogik“, die zwischen Straßen- und Prüfstandsbetrieb unterscheide, mangelhaft sei. Durch die Software werde eine tatsächlich nicht vorhandene Qualität der Abgasreinigung vorgetäuscht.

Zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtige dies dennoch nicht, da es an der hierfür erforderlichen erheblichen Pflichtverletzung der Beklagten fehle. Die Beklagte sei als Autohaus ausschließlich Verkäuferin und nicht Herstellerin des Fahrzeuges. Sie treffe an dem Mangel kein größeres Verschulden, als den Kläger. Ein Verschulden des Fahrzeugherstellers, der Volkswagen AG, könne ihr nicht zugerechnet werden. Zudem fielen die Kosten der vom Kraftfahrtbundesamt genehmigten Mangelbeseitigung unter die sogenannte „Bagatellgrenze“ von einem Prozent des Kaufpreises.

Gegen das Urteil kann vom Kläger das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden, für deren Entscheidung das Oberlandesgericht in Hamm zuständig ist."

OLG Hamm: Keine Sachmangel durch Navigationsgerät in Land Rover Discovery wegen Speicherung personenbezogener Daten

OLG Hamm
Hinweisbeschluss vom 02.07.2015
28 U 46/15


Das OLG Hamm hat in einem Hinweisbeschluss dargelegt, dass das Navigationsgerät im Land Rover Discovery wegen der Speicherung personenbezogener Daten und Routendaten keinen Sachmangel darstellt. Eine ggf. unzulässige Datenweiterleitung findet laut Gutachten nicht statt.

Aus den Gründen:

"3. Der Beklagte durfte die Abnahme des Land Rover ####### auch nicht deshalb ablehnen, weil das Fahrzeug i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB als mangelhaft anzusehen gewesen wäre.

Das Landgericht konnte sich nach den Feststellungen des Sachverständigen mit Recht die Überzeugung bilden, dass das angebotene Fahrzeug keinen Mangel aufwies. Es bestehen keine Anhaltspunkte i.S.d. § 529 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vom Landgericht getroffenen Feststellungen gebieten.

a) Soweit in der Berufungsbegründung ausgeführt wird, der Kfz-Sachverständige Dr.-Ing. C sei wegen fehlender Sachkunde nicht in der Lage gewesen, die aufgeworfenen schwierigen EDV-technischen Fragen zu beantworten, bietet dies keinen Anlass, ein weiteres Gutachten durch einen anderen Sachverständigen erstellen zu lassen (§ 412 ZPO).

Der Sachverständige Dr. C ist dem Senat seit Jahren bekannt; er konnte sich in unterschiedlichste technische Fragestellungen einarbeiten und diese überzeugend bearbeiten. Zu dem Tätigkeitsfeld eines Kfz-Sachverständigen gehört in den letzten Jahren auch zunehmend der Bereich der Fahrzeugelektronik, so dass dieses Sachgebiet für den Sachverständigen Dr. C nicht fremd ist. Im Übrigen konnte der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Gutachtenerstattung vor dem Landgericht auch die Nachfragen des Beklagten beantworten. Selbst mit der Berufung werden keine inhaltlichen Fehler bei der Beantwortung der Beweisfragen aufgezeigt.

Der Beklagte verweist zwar auf eine – vermeintliche – inhaltliche Widersprüchlichkeit, weil der Sachverständige doch selbst auf Bl. 77 d.A. oben Folgendes ausgeführt habe: „Der Permanent-Speicher sitzt nicht direkt im Navi-Gerät, sondern im Fahrzeug selbst.“ Allerdings beruht dies offenbar auf einem Missverständnis der Sitzungsniederschrift, denn die zitierte Passage beinhaltet eine wörtliche Wiedergabe der Behauptungen des „Klägers“ –gemeint wohl: des Beklagten – bei der Anhörung. Diese Mutmaßungen wurden aber gerade durch die nachfolgenden Ausführungen des Sachverständigen widerlegt.

b) Soweit der Beklagte beanstandet, dass der Sachverständige das verkaufte Fahrzeug gar nicht untersucht, sondern seine Erörterungen auf ein bei ebay gekauftes Navigationsgerät beschränkt habe, greift dieser Einwand nicht durch.

Der Vortrag des Beklagten geht nicht dahin, dass einzig und allein der ihm angebotene Land Rover über Vorrichtungen zum Ausspähen und zur Permanentspeicherung seiner persönlichen Daten verfügt habe, sondern der Beklagte behauptet, diese Datenspeicherung hänge bauartbedingt damit zusammen, dass das Navigationsgerät Daten über die zeitliche und örtliche Befindlichkeit des Fahrzeugs empfange, die anschließend in bestimmten Bauteilen des Fahrzeugs für ihn unzugänglich abgelegt würden.

Vor diesem Hintergrund war das Vorgehen des Kfz-Sachverständigen Dr.-Ing. C durchaus sachgerecht, der Frage nachzugehen, welche Bauteile das Navigationsgerät aufweist, das in Fahrzeugen vom Typ Land Rover ####### Verwendung findet. Der Sachverständige hat diese Bauteile bei seiner Anhörung im Einzelnen aufgeführt und ergänzt, dass im Navigationsgerät selbst allenfalls das Flash-Modul (64 MB) als Speicher für eingehende Daten über den Fahrzeugstandort in Betracht komme. Eine Vorrichtung, nach der diese Daten an andere Bauteile des Fahrzeugs weitergeleitet würden, konnte der Sachverständige nicht feststellen. Der Sachverständige hielt eine solche Datenweiterleitung technisch auch nicht für plausibel, weil diese Daten z.B. für eine Fehlerauswertung nicht relevant seien. Nach der Feststellung des Sachverständigen ist die vom Beklagten vermutete Permanentspeicherung allenfalls mittels CD möglich. Solche CD-Laufwerke seien aber weder in Steuergeräten noch in Navigationssystemen verbaut.

c) Im Übrigen ist der mit der Berufungsbegründung weiterverfolgte Ansatz des Beklagten, eine Datenspeicherung im Fahrzeug sei wegen eines Verstoßes gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung per se als Sachmangel anzusehen, ohnehin verfehlt. Denn der Beklagte sollte das Fahrzeug, in dem nach seiner Einschätzung Daten abgelegt werden, übereignet bekommen, so dass er darüber selbst verfügen konnte. Ähnlich verhält es sich bei der Anschaffung eines Computers oder eines Smartphones, bei denen ebenfalls Daten der Nutzer gespeichert werden, ohne dass dieser Umstand einen technischen Fehler dieser Geräte bedeutet.

Vor diesem Hintergrund verfängt auch der erstinstanzliche Verweis auf eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung oder etwaige Verstöße gegen das Bundesdatenschutzgesetz nicht.

Allenfalls wenn eine nicht beeinflussbare Weiterleitung personenbezogener Daten von dem Fahrzeug an unbefugte Dritte zu befürchten stünde, wäre in Erwägung zu ziehen, ob dies eine Beschaffenheit ausmacht, die bei vergleichbaren Fahrzeugen nicht üblich ist und die ein Käufer nicht erwarten muss (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Eine solche Negativabweichung ist aber nach den Feststellungen des Sachverständigen auszuschließen, weil es nicht zu einer Permanentspeicherung persönlicher Daten des Fahrzeugnutzers kommt und das Navigationsgerät auch keine Schnittstellen im Sinne von WLAN oder Bluetooth aufweist, die eine Datenabfrage von außen ermöglichen würden. Der Sachverständige hält vielmehr fest, dass in dem verkauften Land Rover elektronische Teile verbaut seien, die auch bei anderen Fahrzeugherstellern (Ford, Jaguar, Mazda, Volvo) verwendet würden. Daraus konnte das Landgerichts rechtsfehlerfrei die Schlussfolgerung ziehen, dass der dem Beklagten angebotene PKW dem technischen Stand der Automobilindustrie entsprach.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamm: Kein Mangel wenn bei einem Porsche das beworbene Tankvolumen nicht vollständig für Kraftstoffversorgung zur Verfügung steht

OLG Hamm
Urteil vom 16.06.2015
28 U 165/13


Das OLG Hamm hat entschieden, dass kein Mangel vorliegt, wenn bei einem Porsche das beworbene Tankvolumen nicht vollständig für die Kraftstoffversorgung zur Verfügung steht

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

"Porsche 911 hat keinen zu kleinen Tank

Ein Porsche mit einem lt. Ausstellungskatalog 67 l Kraftstoff fassenden Tankvolumen ist nicht mangelhaft, wenn der Bordcomputer nach einem Kraftstoffverbrauch von 59 l und dann im Tank noch vorhandenen 6,4 l Kraftstoff keine Restreichweite mehr anzeigt und wenn die letzten 3,3 l im Tank für die Kraftstoffversorgung des Motors nicht zur Verfügung stehen. Das hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 16.06.2015 entschieden und damit
das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Dortmund bestätigt. Der Kläger aus Dortmund erwarb im Mai 2011 beim beklagten Autohaus in Holzwickede einen Porsche 911 Turbo S Cabriolet zum Preis von ca. 176.500 Euro mit einem lt. Ausstattungskatalog 67 l Kraftstoff fassenden Tank. Kurze Zeit nach der Fahrzeugübergabe bemängelte der Kläger, dass der Bordcomputer nach einem Verbrauch von 59 l Kraftstoff eine Restreichweite von 0 km anzeige, so dass er das im Katalog angegebene Tankvolumen von 67 l nicht nutzen könne. Der Kläger hat gemeint, die Konstruktion des Kraftstofftanks einschließlich der Messung des Tankinhalts und die Ermittlung der Restreichweite seien mangelhaft und hat von der Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrages begehrt.

Das Klagebegehren ist erfolglos geblieben. Nach Anhörung einer Sachverständigen hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm keinen Sachmangel beim verkauften Porsche feststellen können. Ihm fehle kein
technischer Standard, die ein Käufer bei Fahrzeugen dieser Klasse erwarten dürfe. Die Konstruktion der Tankanlage entspreche dem Stand der Technik. Es stelle keinen Mangel dar, dass das im Ausstattungskatalog angegebene
Tankvolumen von 67 l nicht vollständig für den Fahrbetrieb genutzt werden könne. Diese Angabe sei nicht mit der Menge des verfahrbaren Kraftstoffs gleichzusetzen. Zum Schutz des Motors vor schädlichen Schwebteilchen im
Kraftstoff sei es nicht zu beanstanden, wenn - wie von der Sachverständigen beim Porsche festgestellt - eine Restmenge von ca. 3,3 l Kraftstoff von der Kraftstoffpumpe im Pumpensumpf des Tanks nicht zu erreichen sei.

Die Restreichweitenanzeige des klägerischen Fahrzeugs weise ebenfalls keinen Mangel auf. Neben der Restmenge im Pumpensumpf lasse diese zwar eine weitere Kraftstoffrestmenge von bis zu 3,1 l Kraftstoff unberücksichtigt. Auch diese herstellerseits gewollte Computereinstellung diene dem Schutz des Motors. Sie solle verhindern, dass der Tank soweit leer gefahren werde, dass die Kraftstoffpumpen - etwa bei extremen Kurvenfahren – Luft ansaugen könnten, was ebenfalls zu Motorschäden führen könne. Wenn der Bordcomputer mithin nur die Restreichweite anzeige, die gefahrlos zurückgelegt werden könne, sei dies kein Mangel, ebenso nicht der Umstand, dass der Porsche unter bestimmten Fahrbedingungen noch eine gewisse Strecke weitergefahren werden könne, obwohl der Computer bereits 0 km als Restreichweite anzeige.

Rechtskräftiges Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16.06.2015 (28 U 165/13)



EuGH: Zur Auslegung der Verbraucherschutzregeln im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs - Gewährleistung, Beweislast und Unterrichtungspflicht

EuGH
Urteil vom 04.06.2015
C-497/13
Froukje Faber / Autobedrijf Hazet Ochten BV


Die Pressemitteilung des EuGH:

"Der Gerichtshof klärt die Verbraucherschutzregeln im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter

Bei Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung einer Ware offenbar werden, wird vermutet, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden

Mit der europäischen Richtlinie über bestimmte Aspekte von Verbraucherverträgen soll der Schutz von Verbrauchern sichergestellt werden.

Am 27. Mai 2008 kaufte Frau Froukje Faber bei einem Autohaus einen Gebrauchtwagen. Am 26. September 2008 fing das Fahrzeug während einer Fahrt Feuer und brannte völlig aus. Es wurde von einem Abschleppunternehmen zu dem Autohaus, das es verkauft hatte, und dann auf dessen Bitte zu einem Verschrottungsunternehmen gebracht, um dort gelagert zu werden. Frau Faber macht geltend, dass sich die Parteien bei dieser Gelegenheit über den Brand und eine twaige Haftung des Autohauses unterhalten hätten, was das Autohaus bestreitet. Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 machte Frau Faber das Autohaus für den Schaden haftbar. Eine technische Untersuchung zur Ursache des Brands konnte nicht durchgeführt werden, da das Fahrzeug inzwischen verschrottet worden war.

Da der Verkäufer seine Haftung in Abrede stellte, erhob Frau Faber Klage. Der mit dem Rechtsstreit im Berufungsverfahren befasste Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden, Niederlande, hat beschlossen, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Die Frage, ob das nationale Gericht von Amts wegen zu prüfen hat, ob Frau Faber als Verbraucher im Sinne der Richtlinie 1999/44 anzusehen ist, wenn sie sich nicht auf diese Eigenschaft berufen hat, wird vom Gerichtshof in seinem heutigen Urteil bejaht. Ob der Verbraucher anwaltlich vertreten ist oder nicht, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
Gleichzeitig bestätigt der Gerichtshof, dass das nationale Gericht im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie von Amts wegen prüfen kann. Diese Bestimmung sieht vor, dass bis zum Beweis des Gegenteils grundsätzlich vermutet wird, dass Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar werden,
bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden. In Anbetracht von Natur und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der Schutz beruht, den diese Bestimmung für den Verbraucher sicherstellt, ist diese nämlich als eine Norm zu betrachten, die den nationalen Bestimmungen, die im innerstaatlichen Recht zwingend sind, gleichwertig ist.

Das vorlegende Gericht möchte auch wissen, ob der Grundsatz der Effektivität einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der der Verbraucher nachzuweisen hat, dass er den Verkäufer rechtzeitig über die Vertragswidrigkeit unterrichtet hat. Nach dem niederländischen Recht obliegt es bei Bestreiten des Verkäufers grundsätzlich dem Käufer, den Beweis zu erbringen, dass er den Verkäufer über die Vertragswidrigkeit des gelieferten Gutes unterrichtet hat, und zwar binnen einer
Frist von zwei Monaten nach der Feststellung der Vertragswidrigkeit.

Der Gerichtshof weist insoweit darauf hin, dass die Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 1999/442 vorsehen dürfen, dass der Verbraucher zur Inanspruchnahme seiner Rechte den Verkäufer über die Vertragswidrigkeit binnen zwei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem er sie festgestellt hat, unterrichten muss. Nach den Vorarbeiten für die Richtlinie trägt diese Möglichkeit dem Anliegen Rechnung, die Rechtssicherheit zu stärken, indem der Käufer zu einer „gewissen Sorgfalt unter
Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers“ gezwungen wird, „ohne dass damit dem Verbraucher eine zwingende Verpflichtung auferlegt würde, die betreffende Sache genauestens zu prüfen“
.
Der Gerichtshof führt aus, dass sich die dem Verbraucher obliegende Pflicht darauf beschränkt, den Verkäufer über das Vorliegen einer Vertragswidrigkeit zu unterrichten. Der Verbraucher ist in diesem Stadium weder verpflichtet, den Beweis zu erbringen, dass eine Vertragswidrigkeit das von ihm erworbene Gut tatsächlich beeinträchtigt, noch, den genauen Grund für diese Vertragswidrigkeit anzugeben. Damit die Mitteilung für den Verkäufer von Nutzen sein kann, muss sie hingegen eine Reihe von Angaben enthalten, deren Genauigkeitsgrad zwangsläufig je nach den Umständen des Einzelfalls unterschiedlich sein wird.

Schließlich möchte das vorlegende Gericht wissen, wie die Beweislastverteilung funktioniert, und insbesondere, welche Umstände der Verbraucher beweisen muss. Der Gerichtshof führt dazu aus, dass die Richtlinie, falls die Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar wird, die dem Verbraucher obliegende Beweislast
erleichtert, indem vermutet wird, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestand. Um diese Beweiserleichterung in Anspruch nehmen zu können, muss der Verbraucher jedoch das Vorliegen bestimmter Tatsachen nachweisen. Erstens muss der Verbraucher vortragen und den Beweis erbringen, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist, weil es zum Beispiel nicht die im Kaufvertrag vereinbarten Eigenschaften aufweist oder sich nicht für den Gebrauch eignet, der von einem derartigen Gut gewöhnlich erwartet wird. Der Verbraucher muss nur die Vertragswidrigkeit beweisen. Er muss weder ihren Grund noch den Umstand beweisen, dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist.
Zweitens muss der Verbraucher beweisen, dass die in Rede stehende Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar geworden ist, also sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat. Sind diese Tatsachen erwiesen, ist der Verbraucher vom Nachweis befreit, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand. Das Auftreten der Vertragswidrigkeit in dem kurzen Zeitraum von sechs Monaten erlaubt die Vermutung, dass sie zum Zeitpunkt der Lieferung „zumindest im Ansatz“ bereits vorlag, auch wenn sie sich erst nach der Lieferung des Gutes herausgestellt hat. Es ist dann also Sache des Gewerbetreibenden, gegebenenfalls den Beweis zu erbringen, dass
die Vertragswidrigkeit zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes noch nicht vorlag, indem er dartut, dass sie ihren Grund oder Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach dieser Lieferung hat"


Tenor der Entscheidung:

1. Die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass in einem Rechtsstreit über einen Vertrag, der möglicherweise in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt, das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, sofern es über die dafür nötigen rechtlichen und tatsächlichen Anhaltspunkte verfügt oder darüber auf ein einfaches Auskunftsersuchen hin verfügen kann, die Frage zu prüfen hat, ob der Käufer als Verbraucher eingestuft werden kann, selbst wenn er sich nicht ausdrücklich auf diese Eigenschaft berufen hat.

2. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er als eine Norm anzusehen ist, die einer nationalen Bestimmung, die im innerstaatlichen Recht zwingend ist, gleichwertig ist, und dass das nationale Gericht von Amts wegen jede Bestimmung seines innerstaatlichen Rechts anwenden muss, die seine Umsetzung in innerstaatliches Recht sicherstellt.

3. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er nicht einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der der Verbraucher für die Inanspruchnahme seiner Rechte aus dieser Richtlinie den Verkäufer rechtzeitig über die Vertragswidrigkeit unterrichten muss, vorausgesetzt, dass der Verbraucher für diese Unterrichtung über eine Frist von nicht weniger als zwei Monaten ab dem Zeitpunkt seiner Feststellung der Vertragswidrigkeit verfügt, dass sich diese Unterrichtung nur auf das Vorliegen dieser Vertragswidrigkeit erstrecken muss und dass sie nicht Beweisregeln unterliegt, die dem Verbraucher die Ausübung seiner Rechte unmöglich machen oder diese übermäßig erschweren.

4. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass die Regel, wonach vermutet wird, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand,

– zur Anwendung gelangt, wenn der Verbraucher den Beweis erbringt, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist und dass die fragliche Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar geworden ist, d. h., sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat. Der Verbraucher muss weder den Grund der Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass deren Ursprung dem Verkäufer zuzurechnen ist;

– von der Anwendung nur dadurch ausgeschlossen werden kann, dass der Verkäufer rechtlich hinreichend nachweist, dass der Grund oder Ursprung der Vertragswidrigkeit in einem Umstand liegt, der nach der Lieferung des Gutes eingetreten ist.


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LG Heidelberg: Wer einen beschädigten PKW im Internet als unfallfrei bewirbt handelt arglistig auch wenn dies ins Blaue hinein geschieht

LG Heidelberg
Urteil vom 28.01.2015
1 S 22/13


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass derjenige der einen beschädigten PKW im Internet als "unfallfrei" bewirbt, arglistig handelt auch wenn dies ins Blaue hinein geschieht. Der Verkäufer konnte sich in dem entschiedenen Fall daher nicht auf die vertraglich vereinbarte verkürzte Gewährleistungspflicht von 1 Jahr berufen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Aufgrund dieses Sachmangels kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Dem kann der Beklagte nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Er hat seine Gewährleistungspflicht im Kaufvertrag zwar grundsätzlich wirksam auf ein Jahr beschränkt (§ 475 Abs. 2 BGB). Gemäß § 438 Abs. 3 BGB geltend jedoch die regelmäßigen Verjährungsfristen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies war hier der Fall. Der Beklagte hat dem Kläger den Schaden an dem Fahrzeug arglistig verschwiegen. Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Es genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Der Beklagte hat hier das streitgegenständliche Fahrzeug in der Internetanzeige vom 13.05.2010 als unfallfrei beworben. Dies mag, wenn man den Ausführungen des Beklagten zur Häufigkeit und Fehleranfälligkeit von Internetanzeigen folgt, eine versehentliche Falschangabe gewesen sein. Wenn der Beklagte jedoch auf dieses ihm als fehleranfällig bekannte Medium zur Platzierung von Anzeigen zurückgreift, gibt er seine Angaben ins Blaue hinein, nämlich ohne genaue Prüfung, ab. Dies genügt für die Annahme von Arglist. Aufgrund der Anzeige war also bei Vertragsschluss klar, dass der Kläger mit der von dem Beklagten hervorgerufenen Vorstellung in die Kaufvertragsverhandlungen ging, dass es sich um ein Fahrzeug handelte, das noch keine größeren Schäden erlitten hatte. Der Beklagte wäre nunmehr verpflichtet gewesen, seine fehlerhaften Angaben in der Verkaufsanzeige in den Kauvertragsverhandlungen zu korrigieren. Dies hat er nicht getan. Die Angabe „Seitenwand hinten nachlackiert“ ist keine ordnungsgemäße Korrektur. Diese Angabe ist zwar bezüglich des unter der Lackierung befindlichen Zustands offen und beinhaltet rein sprachlich auch die Möglichkeit, dass ein größerer Schaden nachlackiert worden ist. Eine ordnungsgemäße Korrektur einer ins Blaue hinein gemachten falschen Angabe über ein Gebrauchtfahrzeug muss sich aber an der Fehlvorstellung orientieren, die bei dem Käufer hervorgerufen worden ist. Nachdem dieser aufgrund der Angabe „unfallfrei“ davon ausgehen durfte, dass das Fahrzeug noch keine größeren Schäden erlitten hatte, musste der Beklagte deutlich auf das mögliche Vorhandensein auch größerer Schäden hinweisen. Der Käufer, der mit der Vorstellung eines unfallfreien Fahrzeugs in die Kaufvertragsverhandlungen geht, wird bei einer solchen Angabe aber davon ausgehen, dass es sich bei den nachlackierten Stellen um die Überlackierung von Bagatellschäden handelt. Damit handelte der Beklagte arglistig, so dass nicht die im Kaufvertrag vereinbarte einjährige Verjährungsfrist gilt, sondern die Regelverjährungsfrist, die drei Jahre beträgt und zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.09.2012 noch nicht abgelaufen war."


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LG Ansbach: Geringe Farbabweichung bei Neuwagenkauf ist ein Sachmangel - AGB-Klausel, wonach Käufer zumutbare Abweichungen hinnehmen muss, unzulässig

LG Ansbach
Urteil vom
09.07.2014
1 S 66/14


Das LG Ansbach hat entschieden, dass auch geringe Farbabweichungen bei Neuwagenkauf einen Sachmangel darstellen. Eine AGB-Klausel, wonach eine Käufer zumutbare Abweichungen hinnehmen muss, ist - so das Gericht völlig zutreffend - unwirksam.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Auch nach Einschätzung der Kammer stellt die Tatsache, dass dem Kläger anstatt des bestellten Fahrzeugs in der Farbe "Track-Grau Metallic" ein Fahrzeug in der Farbe "Pirineos Grau" geliefert wurde, eine Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit dar und begründet deshalb einen Sachmangel im Sinne von § 434 BGB.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei dem "Pirineos Grau" ebenfalls um eine graue Metallicfarbe handelt. Anders als die Beklagte und Berufungsklägerin meint, erschöpft sich die Beschaffenheitsvereinbarung nicht in der Grundfarbe "Grau" bzw. "Grau Metallic" sondern umfasst auch die Nuancen, die gerade der Farbton "Track-Grau" beinhaltete. Aus diesem Grund stellt auch eine – nach Auffassung der Beklagten – optisch lediglich geringfügige Abweichung letztlich einen Mangel dar.

Auch Punkt 4 von Ziffer 3. Der Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt zu keinem anderen Ergebnis. Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass dieser vorliegend auf Grund eines Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist. Gem. § 308 Nr. 4 BGB ist insbesondere die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders unwirksam, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist.

Hierbei ist zum einen erforderlich, dass zunächst der Wortlaut der Klausel es dem Kunden ermöglicht, Art und Umfang der Leistungsänderung in einem gewissen Maß kalkulieren zu können (vgl. Münchener Kommentar, 6. Aufl., § 308 Nr. 4 BGB Rn. 8). Nicht ausreichend ist es deshalb, wenn der Verwender Leistungsänderungen "soweit für den Kunden zumutbar" vorbehält, denn aus einer solchen Formulierung sind die maßgebenden Kriterien zur Beurteilung der Zumutbarkeit gerade nicht ersichtlich und für den Kunden nicht nachzuvollziehen (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 1641; BGH, NJW 1983, 1322). Genau so liegt der Fall hier. So ist für den Kunden in keiner Weise ersichtlich, von welchen Kriterien es abhängt, dass eine erhebliche Änderung des Kaufgegenstandes vorliegt bzw. Änderungen im Lieferumfang etc. für den Käufer zumutbar sind.

Zum anderen ergibt auch die branchenspezifische (vgl. Münchener Kommentar, 6. Aufl., § 308 Nr. 4 BGB Rn. 8) Abwägung zwischen dem Interesse der Beklagten an der Möglichkeit der Änderung ihrer Leistung und denen des Klägers an der Unveränderlichkeit der vereinbarten Leistung, dass der Änderungsvorbehalt dem Kläger gegenüber vorliegend unzumutbar ist.


OLG Hamm: Architekt muss Wünsche des Kunden berücksichtigen und auf fehlende Machbarkeit ggf hinweisen

OLG Hamm
Urteil vom 07.05.2014
12 U 184/12


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Architekt die Wünsche des Kunden berücksichtigen und ggf. auf eine fehlende Machbarkeit hinweisen muss. Geschieht dies nicht, so ist die Leistung des Architekten mangelhaft und es liegt ein Gewährleistungsfall vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Unstreitig ist, dass der Kläger mit der oben genannten Skizze seine Wunschvorstellungen zum Ausdruck gebracht hat. Danach sollte es zum einen im rechten Winkel zur Straße eine direkte Zufahrt zur Garage und zum anderen eine bogenförmige Zufahrt zum Haus geben, in deren weiterem Verlauf man dann wieder auf die Straße fahren kann, ohne vorher wenden zu müssen.

Der Beklagten oblag es, diese vom Kläger skizzierten Wunschvorstellungen auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen und planerisch weitestmöglich zu realisieren. Kommt ein Architekt im Zuge seiner Überprüfung der Machbarkeit fehlerhaft zu der Einschätzung, dass die Wunschvorstellungen nicht zu realisieren sind, entlastet es ihn nicht, wenn der Bauherr aufgrund dieser ihm mitgeteilten fehlerhaften Einschätzung - aus seiner Sicht unvermeidlich - seine Wunschvorstellung aufgibt. Die Unterschrift des Klägers unter der Genehmigungsplanung entlastet die Beklagte daher nur insoweit, als ihre Planung alternativlos war."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Abgrenzung von Kaufvertrag und Werklieferungsvertrag und den Konsequenzen für den B2B-Bereich

BGH
Urteil 02.04.2014
VIII ZR 46/13
BGB § 433


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Aus- und Einbaukosten vom Anspruch auf Nacherfüllung bei Kaufvertrag zwischen Unternehmern nicht umfasst - anders beim Verbrauchsgüterkauf" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Zur Abgrenzung von Kaufvertrag und Werklieferungsvertrag (hier: Lieferung von Aluminium-Profilleisten in einem bestimmten Farbton durch einen Fachgroßhänd-ler für Baubedarf).

b) Beim Kaufvertrag ist der vom Verkäufer eingeschaltete Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers; gleiches gilt gemäß § 651 Satz 1 BGB beim Werklieferungsvertrag, wenn der Lieferant einen Dritten mit der Bearbeitung der Sache betraut (Bestätigung von BGHZ 48, 121).

BGH, Urteil vom 2. April 2014 - VIII ZR 46/13 - OLG Frankfurt/Main - LG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten zur Aufklärung der Verantwortlichkeit für Mängel einer Kaufsache

BGH
Urteil vom 30.04.2014
VIII ZR 275/13


Die Pressemitteilung des BGH:

"Zur Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten zur Aufklärung der Verantwortlichkeit für Mängel
einer Kaufsache

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten befasst, die zur Aufklärung der Verantwortlichkeit für Mängel einer Kaufsache aufgewandt worden sind.

Die Kläger kauften bei der Beklagten, die unter anderem mit Bodenbelägen handelt, Massivholzfertigparkett, das sie anschließend von einem Schreiner in ihrem Wohnhaus verlegen ließen. Der Schreiner ging nach einer von der Beklagten mitgelieferten Verlegeanleitung vor, die von der Streithelferin der Beklagten als der Herstellerin des Parketts stammte. Nach der Verlegung traten am Parkett Mängel (u.a. Verwölbungen) auf. Die Beklagte sah die Ursache nach Rücksprache mit der Streithelferin in einer zu geringen Raumfeuchtigkeit und wies die Mängelrüge der Kläger zurück. Die Kläger holten daraufhin ein Privatgutachten ein. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass die Veränderungen des Parketts auf eine in diesem Fall ungeeignete, in der Verlegeanleitung aber als zulässig und möglich empfohlenen Art der Verlegung zurückzuführen seien. Hierauf gestützt begehrten die Kläger eine Minderung des Kaufpreises um 30 Prozent sowie Erstattung der Privatgutachterkosten.

Das Amtsgericht hat die Mängelrüge für berechtigt erachtet, der Klage aber nur hinsichtlich der geltend gemachten Minderung stattgegeben. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht ihnen auch den Ersatz der Sachverständigenkosten zugesprochen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Streithelferin der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt, hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass den Klägern der vom Berufungsgericht bejahte verschuldensunabhängige Anspruch aus § 439 Abs. 2 BGB* auf Erstattung der Kosten des Privatgutachtens zusteht. Denn schon für § 476a BGB a.F., der dem § 439 Abs. 2 BGB als Vorbild gedient hat, hat der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit mehrfach eine Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten zur Aufklärung der Verantwortlichkeit für Mängel bejaht. Auf dieses Normverständnis hat der Gesetzgeber für § 439 Abs. 2 BGB zurückgegriffen, so dass für die heutige Rechtslage nichts anderes gelten kann. Da die Aufwendungen ursprünglich "zum Zwecke der Nacherfüllung" getätigt worden sind, ist es im Übrigen auch unschädlich ist, dass die Kläger nach Erstattung des Gutachtens schließlich erfolgreich zur Minderung übergangen sind. Denn ob derartige Aufwendungen anschließend tatsächlich zu einer (erfolgreichen) Nacherfüllung führen, ist für den zuvor bereits wirksam entstandenen Ersatzanspruch ohne Bedeutung, wenn der Mangel und die dafür bestehende Verantwortlichkeit des Verkäufers feststehen.

* § 439 BGB

(…) (2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. (…)

Urteil vom 30. April 2014 – VIII ZR 275/13

AG Andernach - Urteil vom 1. Februar 2013 - Az. 62 C 947/11

LG Koblenz - Urteil vom 20. August 2013 - Az. 6 S 58/13

Karlsruhe, den 30. April 2014"

BGH: Aus- und Einbaukosten vom Anspruch auf Nacherfüllung bei Kaufvertrag zwischen Unternehmern nicht umfasst - anders beim Verbrauchsgüterkauf

BGH
Urteil vom 02.04.2014
VIII ZR 46/13


Der BGH hat entschieden, dass Aus- und Einbaukosten vom Anspruch auf Nacherfüllung bei einem Kaufvertrag zwischen Unternehmern - anders als beim Verbrauchsgüterkauf - nicht umfasst sind.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Zum Ersatz von Aus- und Einbaukosten im Rahmen der Sachmängelhaftung bei einem Kaufvertrag zwischen Unternehmern

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob ein Handwerker gegenüber seinem Lieferanten bei Mängeln des gelieferten Materials Anspruch auf Ersatz der Ein- und Ausbaukosten hat, die dem Handwerker dadurch entstehen, dass er gegenüber seinem Auftraggeber zur Nacherfüllung verpflichtet ist.

Die Beklagte betreibt einen Fachgroßhandel für Baubedarf. Der Kläger stellt Holzfenster mit einer Aluminiumverblendung her. Er erhielt einen Auftrag zur Lieferung und zum Einbau von Aluminium-Holzfenstern in ein Neubauvorhaben und bestellte dafür bei der Beklagten die listenmäßig angebotenen, für die Aluminium-Außenschalen benötigten Profilleisten im Farbton grau-metallic. Die Beklagte beauftragte ein anderes Unternehmen – ihre Streithelferin - mit der Farbbeschichtung der Profilleisten und lieferte sie dann an den Kläger, der die fertigen Fenster einbaute. Anschließend rügte der Bauherr Lackabplatzungen an den Aluminium-Außenschalen, die – wie sich herausstellte - auf Fehlern während des Beschichtungsprozesses beruhen. Eine Nachbehandlung an den eingebauten Fenstern ist nicht möglich; die Aluminium-Außenschalen müssen mit erheblichem Aufwand (u.a. Neuverputzung des Hauses) ausgetauscht werden. Der Bauherr verlangt vom Kläger Mangelbeseitigung und schätzt die Gesamtkosten auf 43.209,46 €. Der Kläger hat von der Beklagten unter Berücksichtigung eines bereits zuerkannten Kostenvorschusses von 20.000 € zunächst Zahlung weiterer 23.209,46 € begehrt. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten – nach entsprechender Umstellung des Klageantrages – mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, den Kläger von Schadensersatzansprüchen des Bauherrn in Höhe von 22.209,46 € freizustellen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hatte Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Freistellung von den Ansprüchen des Bauherrn wegen des erforderlichen Austausches der Aluminium-Außenschalen gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281, 439, 440 BGB* hat. Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen verweigerter Nacherfüllung (Ersatzlieferung mangelfreier Aluminium-Profile) besteht nicht, weil die Aus- und Einbaukosten bei einem – hier vorliegenden – Kaufvertrag zwischen Unternehmern – anders als bei einem Verbrauchsgüterkauf – nicht vom Anspruch auf Nacherfüllung umfasst sind; sie wären deshalb auch bei ordnungsgemäßer Nacherfüllung (Ersatzlieferung) entstanden. Es besteht auch kein Schadensersatzanspruch wegen des Mangels der von der Beklagten gelieferten Aluminium-Profile, weil die Beklagte den Mangel nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eigenes Verschulden ist ihr unstreitig nicht vorzuwerfen. Das Verschulden der Streithelferin bei der Farbbeschichtung ist ihr nicht zuzurechnen, weil die Streithelferin nicht Erfüllungsgehilfin der Beklagten im Hinblick auf deren kaufvertragliche Pflichten gegenüber dem Kläger ist (§ 278 BGB)."