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EuG: Wappen des AC Mailand mit Schriftzug AC Milan kann aufgrund der älteren deutschen Wortmarke MILAN nicht als Marke für Schreibwaren und Büroartikel eingetragen werden

EuG
Urteil vom 10.11.2021
T-353/20
AC Milan / EUIPO - InterES (ACM 1899 AC MILAN)


Das EuG hat entschieden, dass das Wappen des AC Mailand mit dem Schriftzug "AC Milan" aufgrund der älteren deutschen Wortmarke MILAN nicht als Marke für Schreibwaren und Büroartikel eingetragen werden kann.

Die Pressemitteilung des EuG:

Das Gericht bestätigt, dass das Zeichen, welches das Wappen des Fußballvereins AC Mailand darstellt, nicht Gegenstand einer internationalen Registrierung als Marke mit Benennung der Europäischen Union für Schreibwaren und Büroartikel
sein kann

Die starke phonetische Ähnlichkeit und die mittlere visuelle Ähnlichkeit dieses Zeichens im Vergleich zur älteren deutschen Wortmarke MILAN rufen eine Gefahr der Verwechslung bei den Verbrauchern hervor, so dass nicht beide Zeichen gleichzeitig in der Union Schutz genießen könne.

Die internationale Registrierung einer Marke mit Benennung der Europäischen Union hat die gleiche Wirkung wie die Eintragung einer Unionsmarke und unterliegt dem gleichen Widerspruchsverfahren wie die Anmeldung einer Unionsmarke.

Im Februar 2017 beantragte der italienische Fußballverein AC Milan (AC Mailand) gemäß der Unionsmarkenverordnung1 beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union für das folgende Bildzeichen, und zwar u. a. für Schreibwaren und Büroartikel:

Im April 2017 erhob die deutsche Gesellschaft InterES Handels- und Dienstleistungs Gesellschaft mbH & Co KG Widerspruch gegen die beantragte Registrierung. Zur Begründung verwies sie auf die 1984 angemeldete und 1988 eingetragene deutsche Wortmarke MILAN, die sich u. a. auf Waren bezieht, die mit den vom Antrag des AC Mailand erfassten Waren im Wesentlichen
identisch sind oder ihnen ähneln. Die deutsche Gesellschaft vertritt die Auffassung, dass die Registrierung der angemeldeten Marke aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit der älteren Marke eine Gefahr der Verwechslung beim deutschen Publikum hervorrufen könne.

Mit Entscheidung vom 14. Februar 2020 gab das EUIPO dem Widerspruch vollumfänglich statt. Gegen diese Entscheidung erhob der AC Mailand Klage beim Gericht der Europäischen Union. Mit seinem heute verkündeten Urteil weist das Gericht die Klage in vollem Umfang ab.

Als Erstes stellt das Gericht auf der Grundlage einer Reihe von Beweisen, darunter Rechnungen und Werbematerial in deutscher Sprache, fest, dass die ältere Marke in Deutschland ernsthaft benutzt worden ist.

Als Zweites stellt das Gericht fest, dass die ältere Marke auf dem deutschen Markt sowohl in der eingetragenen Form benutzt worden ist als auch in einer abgewandelten Form, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass ein Bildelement hinzugefügt wurde, das den Kopf einer Art Raubvogel darstellt. In dieser Hinsicht hebt das Gericht hervor, dass das zusätzliche Bildelement zwar nicht ganz vernachlässigbar ist, aber auch nicht als dominierend angesehen werden kann und nicht geeignet erscheint, die Unterscheidungskraft des Wortelements der älteren Marke in ihrer eingetragenen Form zu beeinflussen.

Als Drittes ist das Gericht der Auffassung, dass das maßgebliche Publikum das Bildelement der angemeldeten Marke insbesondere aufgrund seiner Größe und seiner Position zwar nicht ignorieren wird, seine Aufmerksam sich aber nicht darauf konzentrieren wird. Vielmehr wird die Aufmerksamkeit des Publikums von dem Wortelement angezogen, das aus den Buchstaben „AC“ und dem Wort „MILAN“ besteht, da diese in Großbuchstaben und einer stilisierten Schriftart geschrieben sind und das aus ihnen gebildete Element deutlich länger ist als das Bildelement. Folglich ist das Element „AC MILAN“ nach Auffassung des Gerichts das dominierende Element der angemeldeten Marke.

In diesem Zusammenhang stellt das Gericht fest, dass, auch wenn ein Teil des Publikums das Wortelement „AC MILAN“ der angemeldeten Marke als Bezugnahme auf den gleichnamigen Fußballverein der Stadt Mailand (Italien) wahrnehmen kann, die einander gegenüberstehenden Zeichen, die in phonetischer Hinsicht sehr ähnlich sind, beide auf die italienische Stadt Mailand hinweisen.

Soweit der AC Mailand mit der Bekanntheit der angemeldeten Marke in Deutschland argumentiert, die mit der großen Bekanntheit dieses Fußballvereins zusammenhänge, weist das Gericht darauf hin, dass nur die Bekanntheit der älteren Marke, nicht aber die der angemeldeten Marke, zu berücksichtigen ist, um zu beurteilen, ob die Ähnlichkeit der von zwei Marken bezeichneten Waren genügt, um eine Verwechslungsgefahr hervorzurufen. Infolgedessen entscheidet das Gericht, dass die Ähnlichkeiten zwischen den beiden in Rede stehenden Zeichen insgesamt groß genug sind, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: NJW-Orange - Markeninhaber muss im Löschungsverfahren Umstände nachweisen aus denen sich der Bestand oder Fortbestand der Marke ergibt

BGH
Beschluss vom 22.07.2021
I ZB 16/20
NJW-Orange
MarkenG § 8 Abs. 3


Der BGH hat entschieden, dass der Markeninhaber im Löschungsverfahren die Umstände nachweisen muss, aus denen sich der Bestand oder Fortbestand der Marke ergibt. Seine anderslautende frühere Rechtsprechung gibt der BGH ausdrücklich auf.

Leitsätze des BGH:

a) An der Rechtsprechung, wonach verbleibende Zweifel, ob ein Schutzhindernis im Eintragungszeitpunkt vorlag, zu Lasten des Antragstellers des Löschungsverfahrens und nicht des Markeninhabers gehen, hält der Senat nicht fest.

b) Es obliegt generell dem Markeninhaber, im Löschungsverfahren diejenigen Umstände nachzuweisen, aus denen sich der (Fort-)Bestand seiner Marke ergibt (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-217/13 und C-218/13, GRUR 2014, 776 Rn. 70 - Oberbank u.a. [Farbmarke-Rot]; EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 - C-720/18 und C-721/18, GRUR 2020, 1301 - Ferrari [testarossa]).

BGH, Beschluss vom 22. Juli 2021 - I ZB 16/20 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuG: Marke Bavaria Weed wegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung nicht als Unionsmarke eintragbar

EuG
Urteil vom 12.05.2021
T‑178/20
Bavaria Weed GmbH ./. Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)


Das EuG hat entschieden, dass die Marke Bavaria Weed wegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung nicht als Unionsmarke eintragbar ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Zum Verstoß des fraglichen Zeichens gegen die öffentliche Ordnung

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer die Anmeldung des fraglichen Zeichens ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Begriffs der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001 geprüft hat (vgl. oben, Rn. 20).

Sie hat in diesem Kontext im Wesentlichen festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, die aus der Bevölkerung nicht nur aus dem Vereinigten Königreich, Irland und Malta, sondern auch aus Finnland und Schweden bestünden, die die Bedeutung des englischen Begriffs „weed“ verstehe, das fragliche Zeichen als Hinweis darauf wahrnehmen würden, dass die fraglichen Dienstleistungen eine verbotene und illegale Substanz beträfen. So würden in den Mitgliedstaaten, in denen die Herstellung oder der Konsum von Drogen verboten sei, diese im Allgemeinen nicht als bloße Ordnungswidrigkeiten, sondern als strafbare Handlungen behandelt, die sogar mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden könnten, so dass diese Verbote Teil der öffentlichen Ordnung dieser Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001 seien.

Die Klägerin macht geltend, das fragliche Zeichen verstoße nicht gegen die öffentliche Ordnung, im Wesentlichen da es in der Union eine allgemeine Tendenz zur Legalisierung der therapeutischen Nutzung von Cannabis gebe, wie die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Februar 2019 zum Einsatz von Cannabis in der Medizin (2018/2775[RSP]; ABl. 2020, C 449, S. 115) belege. Diese Nutzung sei bereits in mehreren Mitgliedstaaten gestattet, darunter denjenigen, in denen die maßgeblichen Verkehrskreise ansässig seien und in denen das betreffende Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als besonders anstößig wahrgenommen werde.

Das Gericht hatte bereits Gelegenheit zu der Feststellung, dass der Begriff „öffentliche Ordnung“ in der Verordnung 2017/1001 nicht definiert ist. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung des derzeitigen Stands des Unionsrechts, das die Nutzung von Produkten aus Betäubungsmitteln nicht regelt, sowie des Wortlauts von Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung, wonach deren Art. 7 Abs. 1 auch dann Anwendung findet, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen, schreibt das Unionsrecht keinen einheitlichen Wertmaßstab vor und erkennt an, dass die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung von einem Land zum anderen und im Lauf der Zeit variieren können, wobei es den Mitgliedstaaten im Wesentlichen weiterhin freisteht, den Inhalt dieser Erfordernisse im Einklang mit ihren nationalen Bedürfnissen zu bestimmen. So können die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung, auch wenn sie weder den Schutz wirtschaftlicher Interessen noch die bloße Vermeidung von Störungen der gesellschaftlichen Ordnung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, erfassen, den Schutz verschiedener Interessen umfassen, die der betreffende Mitgliedstaat als grundlegend für sein eigenes Wertesystem ansieht (Urteil vom 12. Dezember 2019, CANNABIS STORE AMSTERDAM, T‑683/18, EU:T:2019:855, Rn. 71, vgl. auch entsprechend Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe in den verbundenen Rechtssachen K. und H. [Aufenthaltsrecht und mutmaßliche Kriegsverbrechen], C‑331/16 sowie C‑366/16, EU:C:2017:973, Rn. 60 und 63 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Nicht jeder Verstoß gegen ein Gesetz stellt notwendigerweise einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. f in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 dar. Es muss nämlich hinzukommen, dass dieser Verstoß ein Interesse berührt, das die betreffenden Mitgliedstaaten nach ihrem eigenen Wertesystem als grundlegend ansehen (Urteil vom 12. Dezember 2019, CANNABIS STORE AMSTERDAM, T‑683/18, EU:T:2019:855, Rn. 73).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer festgestellt, Marihuana sei eine verbotene Substanz, deren Konsum in zahlreichen Mitgliedstaaten wie Bulgarien, Irland, Frankreich, Ungarn, Polen, der Slowakei, Finnland, Schweden und dem Vereinigten Königreich, somit in einigen der Mitgliedstaaten, in denen die maßgeblichen Verkehrskreise ansässig seien, verboten sei. Wie oben in Rn. 36 ausgeführt, würden die maßgeblichen Verkehrskreise das fragliche Zeichen als Förderung, Bewerbung oder zumindest Verharmlosung des Konsums von Marihuana als verbotene und illegale Substanz wahrnehmen.

Der Kampf gegen die Verbreitung von Marihuana ist jedoch von besonderer Bedeutung, weil er einem Ziel der öffentlichen Gesundheit entspricht, nämlich der Bekämpfung der schädlichen Wirkungen eines solchen Stoffs. Dieses Verbot zielt somit auf den Schutz eines Interesses ab, das diese Mitgliedstaaten nach ihrem eigenen Wertesystem als grundlegend ansehen, so dass die für den Konsum und die Verwendung dieses Stoffs geltende Regelung unter den Begriff der „öffentlichen Ordnung“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. f in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 fällt (Urteil vom 12. Dezember 2019, CANNABIS STORE AMSTERDAM, T‑683/18, EU:T:2019:855, Rn. 74).

Des Weiteren ist unter Berücksichtigung der oben in Rn. 19 angeführten Rechtsprechung, wonach für die Anwendung des absoluten Eintragungshindernisses gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001 gegebenenfalls nicht nur auf die besonderen Umstände in den einzelnen Mitgliedstaaten, sondern auch auf die allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Umstände abzustellen ist, darauf hinzuweisen, dass die Bedeutung, die dem Schutz dieses grundlegenden Interesses zukommt, darüber hinaus durch Art. 83 AEUV unterstrichen wird, wonach der illegale Drogenhandel zu den Bereichen besonders schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension gehört, in denen ein Tätigwerden des Unionsgesetzgebers vorgesehen ist. Zudem sieht Art. 168 Abs. 1 Unterabs. 3 AEUV vor, dass die Union die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter Gesundheitsschäden einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen ergänzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2019, CANNABIS STORE AMSTERDAM, T‑683/18, EU:T:2019:855, Rn. 75).

Da sich die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise notwendigerweise in den oben in den Rn. 32 bis 34 und 42 bis 44 beschriebenen sozialen und rechtlichen Kontext einfügt, hat die Beschwerdekammer daher zu Recht festgestellt, dass das fragliche Zeichen gegen die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. f in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 verstößt.

Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, dass es in der Union eine „allgemeine Tendenz“ zur therapeutischen Nutzung von Cannabis gebe.

Hierzu hat das Gericht bereits entschieden, dass derzeit zwar viel über die Verwendung von Cannabisprodukten nachgedacht wird, deren Gehalt an Tetrahydrocannabinol (im Folgenden: THC) sie nicht zu Betäubungsmitteln macht, aber auch, soweit es sich um Betäubungsmittel handelt, über ihre Verwendung zu therapeutischen Zwecken oder gar zum Freizeitkonsum. In dieser Hinsicht hat sich nämlich die Gesetzgebung einiger Mitgliedstaaten selbst bereits entwickelt oder ist im Begriff, sich zu entwickeln (Urteil vom 12. Dezember 2019, CANNABIS STORE AMSTERDAM, T‑683/18, EU:T:2019:855, Rn. 48).

Jedoch gibt es derzeit in der Union keine einhellig akzeptierte oder auch nur vorherrschende Tendenz, die Verwendung oder den Konsum von Cannabisprodukten mit einem THC‑Gehalt von mehr als 0,2 % zu legalisieren, sei es zu therapeutischen Zwecken oder zum Freizeitkonsum (Urteil vom 12. Dezember 2019, CANNABIS STORE AMSTERDAM, T‑683/18, EU:T:2019:855, Rn. 51).

Insbesondere die therapeutische Nutzung von Cannabis bleibt ein kontroverses Thema. Dies wird durch die Entschließung des Parlaments vom 13. Februar 2019 zum Einsatz von Cannabis in der Medizin belegt, in deren Abschnitt F festgestellt wird, „dass die EU-Mitgliedstaaten bei ihren jeweiligen Rechtsvorschriften bezüglich Cannabis, einschließlich des Einsatzes von Cannabis in der Medizin, sowie der zulässigen Menge von medizinischem Cannabis und den Höchstwerten bei der THC‑ und Cannabidiol (CBD)-Konzentration sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen, was Ländern, die in diesem Bereich einen zurückhaltenderen Ansatz verfolgen, Schwierigkeiten bereiten kann“. Der Unionsgesetzgeber hat auch keine Rechtsvorschriften über die therapeutische Nutzung von Cannabis erlassen.

Im Übrigen bleibt die oben in Rn. 45 dargelegte Schlussfolgerung zutreffend, ungeachtet des Vortrags, den die Klägerin durch die Vorlage mehrerer Dokumente in diesem Sinne als Anlagen zur Klageschrift A.8 bis A.11 erstmals vor dem Gericht eingeführt hat, wonach die therapeutische Nutzung von Cannabis nunmehr in den oben in Rn. 38 genannten Mitgliedstaaten legal geworden sei.

In diesem Zusammenhang ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 72 der Verordnung 2017/1001 gerichtet ist, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen. Somit sind das dahin gehende Vorbringen der Klägerin sowie die Anlagen A.8 bis A.11 zur Klageschrift zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. März 2016, Karl-May-Verlag/HABM – Constantin Film Produktion [WINNETOU], T‑501/13, EU:T:2016:161, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zweitens ist dieses Vorbringen jedenfalls unerheblich. Zum einen werden nämlich, wie oben in den Rn. 21 bis 36 ausgeführt, die maßgeblichen Verkehrskreise das fragliche Zeichen so wahrnehmen, dass es den Konsum von Marihuana im Allgemeinen, folglich auch zu Freizeitzwecken und somit zu illegalen Zwecken, fördert, bewirbt oder zumindest verharmlost. Zum anderen genügt es, in Übereinstimmung mit den Ausführungen des EUIPO darauf hinzuweisen, dass ein Teil der von der Klägerin vorgelegten Informationen normative Entwicklungen betrifft, die nach dem Zeitpunkt der Markenanmeldung eingetreten sind oder nach diesem Zeitpunkt wirksam werden und daher für den vorliegenden Rechtsstreit nicht maßgeblich sind. Im Übrigen unterliegt in jenen Mitgliedstaaten die therapeutische Nutzung von Cannabis, wenn sie zugelassen ist, weiterhin sehr strengen und ihrem Wesen nach außergewöhnlichen Bedingungen.

Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf das Urteil vom 19. November 2020, B S und C A (Vermarktung von Cannabidiol [CBD]) (C‑663/18, EU:C:2020:938), auf das sie in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen hat, stützen. In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass die Art. 34 und 36 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die es verbietet, in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestelltes Cannabidiol (CBD) zu vermarkten, wenn es aus der gesamten Cannabis-sativa-Pflanze und nicht nur aus ihren Fasern und Samen gewonnen wird, es sei denn, diese Regelung ist geeignet, die Erreichung des Ziels des Schutzes der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten, und geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, dass auf der Grundlage der verfügbaren wissenschaftlichen Daten nicht ersichtlich war, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende CBD, dessen THC‑Gehalt nicht mehr als 0,2 % betrug, psychotrope Wirkungen und schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hatte. Dagegen verweist das in der vorliegenden Rechtssache fragliche Zeichen, wie oben in den Rn. 27 bis 29 ausgeführt, mit seinem Wortbestandteil „weed“ auf Marihuana als Betäubungsmittel und nicht auf ein CBD ohne psychotropische Wirkung.

Überdies hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 19. November 2020, B S und C A (Vermarktung von Cannabidiol [CBD]) (C‑663/18, EU:C:2020:938) ausgeführt, dass, da die Schädlichkeit von Suchtstoffen, einschließlich derjenigen auf Hanfbasis wie Cannabis, allgemein anerkannt ist, ihr Inverkehrbringen in allen Mitgliedstaaten verboten ist; lediglich ein streng überwachter Handel, der der Verwendung für medizinische und wissenschaftliche Zwecke dient, ist davon ausgenommen, wobei diese Rechtslage im Einklang mit verschiedenen völkerrechtlichen Übereinkünften steht, an denen die Mitgliedstaaten mitgewirkt haben oder denen sie beigetreten sind (vgl. Urteile vom 16. Dezember 2010, Josemans, C‑137/09, EU:C:2010:774, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 19. November 2020, B S und C A [Vermarktung von Cannabidiol [(CBD)], C‑663/18, EU:C:2020:938, Rn. 59 und 60).

Schließlich führt der von der Klägerin vorgetragene Umstand, dass das fragliche Zeichen bei den maßgeblichen Verkehrskreisen keinen Anstoß errege, selbst wenn er erwiesen wäre, nicht dazu, dass das Zeichen nicht gegen die öffentliche Ordnung verstößt. Das Unionsgericht hat zwar betont, dass bestimmte Zeichen, die besonders anstößig oder beleidigend waren, als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten anzusehen waren, unabhängig davon, für welche Waren und Dienstleistungen es angemeldet worden war (Urteil vom 15. März 2018, La Mafia Franchises/EUIPO – Italien [La Mafia SE SIENTA A LA MESA], T‑1/17, EU:T:2018:146, Rn. 40). Das absolute Eintragungshindernis, das auf einem Verstoß des fraglichen Zeichens gegen die öffentliche Ordnung beruht, beschränkt sich jedoch nicht nur auf Zeichen, die für die maßgeblichen Verkehrskreise anstößig oder beleidigend sein können. Es ist vielmehr auch auf solche Zeichen anwendbar, die geeignet sind, die Verletzung eines Interesses zu fördern, zu bewerben oder zumindest zu verharmlosen, das der betreffende Mitgliedstaat nach seinem eigenen Wertesystem als grundlegend ansieht, wie im vorliegenden Fall die Bekämpfung und Vorbeugung des Konsums illegaler Betäubungsmittel. Wie oben in den Rn. 40 und 41 ausgeführt, können nämlich die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung den Schutz verschiedener Interessen umfassen, die der betreffende Mitgliedstaat nach seinem eigenen Wertesystem als grundlegend ansieht.

Nach alledem ist der erste Klagegrund folglich als unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der guten Verwaltung

Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der guten Verwaltung verstoßen, indem sie die Abweichung von ihrer bisherigen Entscheidungspraxis nicht angemessen begründet habe. Sie beruft sich auch auf nationale Eintragungen, die das Wort „weed“ enthalten. Zudem stehe die angefochtene Entscheidung nicht im Einklang mit der am 1. Februar 2020 in Kraft getretenen neuen Fassung der Prüfungsrichtlinien für Unionsmarken des EUIPO.

Das EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen.

Als Erstes ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke gemäß der Verordnung 2017/1001 gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. Urteil vom 15. März 2018, La Mafia SE SIENTA A LA MESA, T‑1/17, EU:T:2018:146, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Vorliegend beruft sich die Klägerin darauf, dass die Unionsmarke spektrum cannabis für Dienstleistungen eingetragen sei, von denen einige denen ähnlich seien, die von dem in der vorliegenden Rechtssache fraglichen Zeichen erfasst werden. Zum einen ergibt sich jedoch, wie die Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, aus der Rechtsprechung, dass Verweise auf erstinstanzliche Entscheidungen des EUIPO dessen Beschwerdekammern und erst recht die Unionsgerichte nicht binden können. Insbesondere würde es der im 30. Erwägungsgrund und in den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 definierten Kontrollaufgabe der Beschwerdekammer zuwiderlaufen, deren Befugnisse auf die Befolgung von Entscheidungen erstinstanzlicher Organe des EUIPO zu beschränken (vgl. Urteil vom 12. Dezember 2019, CANNABIS STORE AMSTERDAM, T‑683/18, EU:T:2019:855, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zum anderen enthält die Marke den Begriff „Cannabis“, und eine der Bedeutungen dieses Begriffs bezeichnet eine Substanz, deren mögliche therapeutische Verwendung derzeit diskutiert wird (Urteil vom 19. November 2009, Torresan/HABM – Klosterbrauerei Weissenohe [CANNABIS], T‑234/06, EU:T:2009:448, Rn. 19), im Gegensatz zum Begriff „weed“, der sich in seiner umgangssprachlichen Bedeutung auf Marihuana bezieht.

Als Zweites ist zu den nationalen Marken, die das Wort „weed“ enthalten und von der Klägerin in Anlage 12 der Klageschrift angeführt worden sind, festzustellen, dass die Klägerin die von diesen Eintragungen erfassten Waren und Dienstleistungen nicht näher bezeichnet, so dass ihre etwaige Erheblichkeit nicht dargetan worden ist. Jedenfalls ist die Unionsregelung für Marken ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von ihm eigenen, selbstständigen Vorschriften und Zielsetzungen besteht und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (vgl. Urteil vom 7. Juni 2017, Mediterranean Premium Spirits/EUIPO – G-Star Raw [GINRAW], T‑258/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:375, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ob ein Zeichen als Unionsmarke eingetragen werden kann, ist daher, wie die Beschwerdekammer im Übrigen in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, allein auf der Grundlage der einschlägigen unionsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Folglich sind weder das EUIPO noch gegebenenfalls die Unionsgerichte durch eine Entscheidung gebunden, die auf der Ebene eines Mitgliedstaats oder gar eines Drittstaats ergangen ist und zulässt, dass das betreffende Zeichen als nationale Marke eingetragen wird (vgl. Urteil vom 9. März 2017, Puma/EUIPO [FOREVER FASTER], T‑104/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:153, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Als Drittes ist festzustellen, dass die Fassung der Prüfungsrichtlinien des EUIPO vom 1. Februar 2020, auf die sich die Klägerin beruft, von einem späteren Zeitpunkt stammt als die angefochtene Entscheidung, die am 22. Januar 2020 erlassen wurde, so dass sie in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar war. Jedenfalls wird gemäß Teil B („Prüfung“) Abschnitt 4 („Absolute Eintragungshindernisse“) Kapitel 7 („Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen [Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der (Verordnung 2017/1001)]“) Punkt 3 („Gute Sitten“) dieser Richtlinien „keine Beanstandung erhoben, wenn das Zeichen auf eine Droge Bezug nimmt, die zu medizinischen Zwecken dient, da die Marke im Prinzip nicht unter das Verbot von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f [der Verordnung 2017/1001] fallen würde.“ In diesem Passus geht es somit um Zeichen, die eine Bezugnahme auf die medizinische Nutzung einer Droge enthalten, was im vorliegenden Fall aus den Gründen, die in Beantwortung des ersten Klagegrundes dargelegt worden sind, nicht der Fall ist.

Daher ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: OlympiaSchutzgesetz steht mit dem Markengesetz in echter Anspruchskonkurrenz - RETROLYMPICS

BGH
Beschluss vom 26.11.2020
I ZB 6/20
RETROLYMPICS
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3, §§ 36, 37, 42; OlympSchG § 3


Der BGH hat entschieden, dass das OlympiaSchutzgesetz mit dem Markengesetz in echter Anspruchskonkurrenz steht.

Leitsätze des BGH:

a) Auch wenn das Widerspruchsverfahren Teil des Eintragungsverfahrens ist, kann die Rechtskraft einer im Eintragungsverfahren ergangenen Entscheidung schon mangels Parteiidentität einer Entscheidung im Widerspruchsverfahren nicht entgegenstehen. Das Eintragungsverfahren gemäß §§ 36, 37 MarkenG und das Widerspruchsverfahren gemäß § 42 MarkenG betreffen zudem unterschiedliche Streitgegenstände.

b) Der durch das Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen (Olympia-Schutzgesetz) begründete Sonderschutz innerhalb des Kennzeichenrechts schließt einen daneben bestehenden und über dieses Sonderrecht hinausgehenden Schutz für olympische Bezeichnungen, die Markenschutz genießen, nicht aus. Das OlympiaSchutzgesetz steht mit dem Markengesetz in echter Anspruchskonkurrenz.

c) Für die Frage der unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG kann auch auf die Rechtsprechung zum Olympia-Schutzgesetz zurückgegriffen werden. Dabei ist jedoch der gegenüber dem Markenrecht eingeschränkte Schutz des Olympia-Schutzgesetzes zu berücksichtigen. Bei der Prüfung der Ausnutzung der Wertschätzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG darf es deshalb nicht bei einem Rückgriff auf die Rechtsprechung zum Olympia-Schutzgesetz bleiben, sondern muss der einen weitergehenden Schutz vermittelnde § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG selbständig geprüft werden.

BGH, Beschluss vom 26. November 2020 - I ZB 6/20 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH: Keine Verwechslungsgefahr zwischen Marken MESSI und MASSI für Sportartikel und Sportbekleidung - Bekanntheit von Lionel Messi neutralisiert Ähnlichkeit

EuGH
Urteil vom 17.09.2020
in den verbundenen Rechtssachen
C-449/18 P - EUIPO / Messi Cuccittini und
C-474/18 P J.M.-E.V. e hijos / Messi Cuccittini


Der EuGH hat entschieden, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken MESSI und und der älteren Marke MASSI für Sportartikel und Sportbekleidung besteht. Die Bekanntheit von Lionel Messi neutralisiert die Ähnlichkeit.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Der Gerichtshof weist die Rechtsmittel zurück, die das EUIPO und ein spanisches Unternehmen gegen das Urteil des Gerichts eingelegt haben, mit dem dem Fußballspieler Lionel Messi die Eintragung der Marke „MESSI“ für Sportartikel und
Sportbekleidung gestattet wurde.

Im August 2011 meldete der Fußballspieler Lionel Andrés Messi Cuccittini beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) folgendes Bildzeichen zur Eintragung als Marke u. a. für Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Turn- und Sportartikel an:

Im November 2011 legte Herr Jaime Masferrer Coma Widerspruch gegen die Eintragung der von Herrn Messi Cuccittini angemeldeten Marke ein. Er berief sich auf die Gefahr einer Verwechslung mit den Unionswortmarken MASSI, die u. a. für Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Helme für Radfahrer, Schutzanzüge und Handschuhe eingetragen sind (die Rechte aus diesen Marken wurden im Mai 2012 auf das spanische Unternehmen J.M.-E.V. e hijos übertragen).

Im Jahr 2013 gab das EUIPO dem Widerspruch statt. Herr Messi Cuccittini legte gegen diese Entscheidung beim EUIPO Beschwerde ein. Im April 2014 wies das EUIPO die Beschwerde zurück, was im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Gefahr einer Verwechslung zwischen den Zeichen MASSI und MESSI bestehe. Herr Messi Cuccittini erhob daraufhin Klage beim Gericht der Europäischen Union und beantragte die Aufhebung der Entscheidung des EUIPO . Mit Urteil vom
26. April 20183 hob das Gericht die Entscheidung auf, da es der Ansicht war, dass die Bekanntheit des Fußballspielers die bildlichen und klanglichen Ähnlichkeiten zwischen den beiden Zeichen neutralisiere und jegliche Verwechslungsgefahr ausschließe.

Das EUIPO und J.M.-E.V. e hijos haben gegen das Urteil des Gerichts Rechtsmittel eingelegt.

Mit seinem heutigen Urteil weist der Gerichtshof beide Rechtsmittel zurück.

Das EUIPO (Rechtssache C-449/18 P) rügte, das Gericht habe sich lediglich auf die Wahrnehmung eines bedeutenden Teils der maßgeblichen Verkehrskreise gestützt, um das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr auszuschließen. Der Gerichtshof ist hingegen der Auffassung, dass das Gericht sehr wohl die Wahrnehmung der Marken MASSI und MESSI durch die maßgeblichen Verkehrskreise insgesamt berücksichtigt und sodann entschieden hat, dass das EUIPO zu Unrecht festgestellt habe, dass die Benutzung der Marke MESSI bei den maßgeblichen Verkehrskreisen die Gefahr einer Verwechslung mit den Marken MASSI begründen könne.

J.M.-E.V. e hijos (C-474/18 P) machten geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Bekanntheit der Person – im vorliegenden Fall Herr Messi Cuccittini – zu berücksichtigen sei, deren Name Gegenstand einer Anmeldung als Unionsmarke sei. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die etwaige Bekanntheit der Person, die die Eintragung ihres Namens als Marke beantragt, ebenso wie die Bekanntheit der älteren Marke einer der maßgeblichen Faktoren für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist, da sich diese Bekanntheit darauf auswirken kann, wie die Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen wahrgenommen wird. Das Gericht hat somit fehlerfrei angenommen, dass die
Bekanntheit von Herrn Messi Cuccittini einen für die Feststellung eines begrifflichen Unterschieds zwischen den Begriffen „messi“ und „massi“ relevanten Faktor darstelle.

Der Gerichtshof weist des Weiteren darauf hin, dass die Frage der Bekanntheit von Herrn Messi Cuccittini entgegen der Behauptung des spanischen Unternehmens bereits Gegenstand des Rechtsstreits vor dem EUIPO war. Zudem sind die im Stadium der Klage vor dem Gericht vorgebrachten Argumente, mit denen lediglich bekannte Tatsachen vorgetragen wurden, nicht als neu anzusehen, so dass das Gericht zutreffend festgestellt hat, dass die Bekanntheit des Namens Messi als Familienname eines weltweit bekannten Fußballspielers und Person des öffentlichen Lebens eine allgemein bekannte Tatsache darstelle, d. h. eine Tatsache, die jeder kennen könne oder die allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden könne, und es sich bei diesen Quellen somit um Nachweise handle, über die das EUIPO zum Zeitpunkt des Erlasses seiner Entscheidung habe verfügen können und die es im Rahmen der Beurteilung der begrifflichen Ähnlichkeit der Zeichen MASSI und MESSI hätte berücksichtigen müssen.

Schließlich ist der Gerichtshof der Auffassung, dass das Vorbringen von J.M.-E.V. e hijos, das Gericht habe zu Unrecht die Rechtsprechung aus dem Urteil Ruiz Picasso u. a./HABM angewandt, auf einem fehlerhaften Verständnis dieses Urteils beruht. Das Bestehen einer bekannten älteren Marke, das zur Stützung eines Widerspruchs geltend gemacht wird, ist nämlich keine Voraussetzung für die Anwendung dieser Rechtsprechung. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass sich die Beurteilung der Frage, ob ein Zeichen in der Wahrnehmung der Verkehrskreise eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, daher sowohl auf das Zeichen beziehen kann, das die ältere Marke bildet (im vorliegenden Fall MASSI), als auch auf das Zeichen, das der angemeldeten Marke entspricht (im vorliegenden Fall MESSI). Folglich konnte das Gericht diese Rechtsprechung, nachdem es darauf hingewiesen hatte, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Zeichen MASSI und MESSI als begrifflich unterschiedlich wahrnähmen, zu Recht anwenden.



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



Markenrecht - Zweiter Teil des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes tritt am 01.05.2020 in Kraft - Änderungen Verfallsverfahren und Nichtigkeitsverfahren

Der zweite Teil des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes (Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc und Nummer 33) tritt am 1. Mai in Kraft.

Weitere Erläuterungen des DPMA zu den Änderungen finden Sie hier:

Änderungen im Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren ab 1. Mai 2020

Die Pressemitteilung des DPMA:

"Effizient, zügig und kostengünstig": Gesetzesänderungen stärken Rechte von Markeninhabern
Zweiter Teil des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes tritt am 1. Mai in Kraft – DPMA-Präsidentin: Regelungen bringen mehr Rechtssicherheit

München. Vom 1. Mai an stärken Gesetzesänderungen die Rechte von Markeninhabern: In Nichtigkeitsverfahren, die bisher ausschließlich vor den ordentlichen Gerichten verhandelt werden mussten, können nun auch die Fachleute des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) entscheiden. Zudem können Verfallsverfahren vollständig beim DPMA durchgeführt werden. "Mit den neuen Regelungen werden Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren für Markeninhaber effizienter, zügiger und kostengünstiger. Das stärkt ihre Rechte und schafft mehr Rechtssicherheit", kommentierte DPMA-Präsidentin Cornelia Rudloff-Schäffer.

Nichtigkeitsverfahren und Verfallsverfahren jetzt beim DPMA möglich
Eine neue Regelung gibt es zum einen bei Anträgen auf Nichtigkeit und Löschung einer eingetragenen Marke aufgrund eines entgegenstehenden älteren Rechts: Wollte ein Rechteinhaber – wenn er seine älteren Rechte verletzt sah – ein solches Nichtigkeitsverfahren gegen eine jüngere Marke einleiten, so konnte er dies bisher nur bei den ordentlichen Gerichten tun. Ab 1. Mai 2020 können Inhaber der in den §§ 9 bis 13 MarkenG genannten älteren Rechte Nichtigkeitsverfahren auch direkt beim DPMA durchführen lassen. Der Antrag kann dabei auch auf mehrere ältere Rechte gestützt werden (§ 51 Abs. 1 MarkenG). Allerdings ist die Erklärung der Nichtigkeit aufgrund entgegenstehender älterer Rechte in bestimmten Fällen ausgeschlossen – etwa, wenn der Inhaber der älteren Rechte die jüngere Marke geduldet oder seine eigene Marke nicht benutzt hat (§ 51 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 MarkenG). Widerspricht der Inhaber der angegriffenen Marke dem Antrag auf Nichtigerklärung innerhalb von zwei Monaten, so wird das Nichtigkeitsverfahren durchgeführt. Widerspricht er dem Antrag nicht, so wird seine Marke für nichtig erklärt und gelöscht.

Auch Verfallsverfahren können ab 1. Mai vollständig im DPMA durchgeführt werden. Eingetragene Marken werden auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht, wenn sie innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nicht benutzt wurden, sie inzwischen geeignet sind, das Publikum zu täuschen oder wenn der Inhaber nicht mehr die in § 7 MarkenG genannten Voraussetzungen erfüllt. Für Kollektivmarken und Gewährleistungsmarken bestehen weitere Verfallsgründe.

Bisher mussten Antragsteller Verfallsverfahren bei den ordentlichen Gerichten weiterverfolgen, wenn der Markeninhaber dem Antrag auf Erklärung des Verfalls und Löschung seiner Marke widersprach. Künftig können solche Verfahren komplett beim DPMA zum Abschluss gebracht werden. Auch hier gilt, dass ein Verfahren nur dann durchgeführt wird, wenn der Inhaber der angegriffenen Marke dem Nichtigkeitsantrag innerhalb von zwei Monaten widerspricht. Zusätzlich setzt die Durchführung des Verfahrens voraus, dass der Antragsteller innerhalb einer bestimmten Frist die Weiterverfolgungsgebühr bezahlt. Widerspricht der Inhaber der angegriffenen Marke dem Nichtigkeitsantrag nicht, wird seine Marke für verfallen erklärt und gelöscht.

Sowohl Nichtigkeitsverfahren als auch Verfallsverfahren können weiterhin bei den ordentlichen Gerichten eingeleitet werden, der Antragsteller hat also die Wahl. Eine Klage ist aber dann unzulässig, wenn bereits ein Antrag zu demselben Streitgegenstand beim DPMA gestellt wurde. Umgekehrt ist ein Antrag beim DPMA unzulässig, wenn über denselben Streitgegenstand eine Klage vor einem Gericht rechtshängig ist. Im Vergleich zu Gerichtsverfahren können die Verfahren beim DPMA für den Antragsteller wegen der niedrigeren Gebühren kostengünstiger sein. Zudem bleibt das Verfahren bei einer Institution, was eine einheitliche Rechtsanwendung erleichtert und zu mehr Rechtssicherheit beitragen kann. Beim DPMA besteht für Verfahrensbeteiligte mit Wohnsitz, Geschäftssitz oder Niederlassung in Deutschland auch kein Anwaltszwang.

Die gesetzlichen Änderungen gehen auf die europäische Markenrechtsrichtlinie zurück, die bereits seit 2016 gilt und die zum 1. Mai 2020 abschließend umzusetzen ist. Die weiteren durch die Richtlinie vorgesehenen Regelungen sind bereits mit dem Markenrechtsmodernisierungsgesetz zum 14. Januar 2019 in Kraft getreten.

Weitere Informationen zu den Neuerungen ab Mai 2020 und zu den jeweils anfallenden Gebühren finden Sie auf unserer Internetseite Änderungen im Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren.

Das Deutsche Patent- und Markenamt
Erfindergeist und Kreativität brauchen wirksamen Schutz. Das DPMA ist das deutsche Kompetenzzentrum für alle Schutzrechte des geistigen Eigentums – für Patente, Gebrauchsmuster, Marken und Designs. Als größtes nationales Patentamt in Europa und fünftgrößtes nationales Patentamt der Welt steht es für die Zukunft des Erfinderlandes Deutschland in einer globalisierten Wirtschaft. Seine fast 2 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an drei Standorten – München, Jena und Berlin – sind Dienstleister für Erfinder und Unternehmen. Sie setzen Innovationsstrategien des Bundes um und entwickeln die nationalen, europäischen und internationalen Schutzsysteme weiter.



BGH: Bei Prüfung der Unterscheidungskraft im Rahmen einer Markenanmeldung sind vom DPMA sämtliche wahrscheinliche Verwendungsarten der angemeldeten Marke zu prüfen

BGH
Urteil vom 30.01.2020
I ZB 61/17
#darferdas? II
Richtlinie 2008/95/EG Art. 3 Abs. 1 Buchst. b; Richtlinie 2015/2436/EU Art. 4 Abs. 1 Buchst. b; MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass bei der Prüfung der Unterscheidungskraft im Rahmen einer Markenanmeldung vom DPMA sämtliche wahrscheinliche Verwendungsarten der angemeldeten Marke zu prüfen sind.

Leitsätze des BGH:

a) Die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens muss unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke, geprüft werden. Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden.

b) Die Prüfung der Unterscheidungskraft kann nur in den Fällen auf die wahrscheinlichste Verwendung der angemeldeten Marke beschränkt werden, in denen in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart praktisch bedeutsam ist und der Anmelder keine konkreten Anhaltspunkte geliefert hat, die eine in der fraglichen Branche unübliche Verwendungsart in seinem Fall wahrscheinlich machen.

BGH, Beschluss vom 30. Januar 2020 - I ZB 61/17 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH: EUIPO muss erneut über Eintragung der Unionsmarke "Fack Ju Göhte" entscheiden - Titel wird von der deutschsprachigen Öffentlichkeit nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen

EuGH
Urteil vom 27.02.2020
C-240/18 P
Constantin Film Produktion / EUIPO


Der EuGH hat entschieden, dass das EUIPO erneut über Eintragung der Unionsmarke "Fack Ju Göhte" entscheiden muss. Der Titel bzw. die Wortfolge wird von der deutschsprachigen Öffentlichkeit nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen.

(siehe zur Vorinstanz EuG: Zeichenfolge Fack Ju Göhte kann nicht als Unionsmarke eingetragen werden - Verstoß gegen die guten Sitten )

Die Pressemitteilung des EuGH:

Das EUIPO muss erneut über das von Constantin Film als Unionsmarke angemeldete Zeichen Fack Ju Göhte entscheiden

Das EUIPO und das Gericht, die das Zeichen für sittenwidrig hielten, haben nicht hinreichend berücksichtigt, dass dieser Titel einer Filmkomödie von der deutschsprachigen breiten Öffentlichkeit offenbar nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen wurde.

Die von Constantin Film produzierte deutsche Filmkomödie „Fack Ju Göhte“ aus dem Jahr 2013 wurde in Deutschland von knapp 7,4 Millionen Zuschauern gesehen. Sie zählt mit ihren Fortsetzungen „Fack Ju Göhte 2“ und „Fack Ju Göhte 3“ aus den Jahren 2015 und 2017 zu den erfolgreichsten deutschen Kinofilmen. Auch in Österreich war der Film sehr erfolgreich.

Im Jahr 2015 meldete Constantin Film beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) das Wortzeichen Fack Ju Göhte für verschiedene Waren und Dienstleistungen als Unionsmarke an, u. a. für Kosmetikartikel, Schmuck, Schreibwaren, Reise- und Sportartikel, Spiele, Lebensmittel und Getränke.

Das EUIPO lehnte es ab, dem Zeichen Markenschutz zu gewähren, weil es gegen die guten Sitten verstoße. Nach Auffassung des EUIPO erkennen die deutschsprachigen Verkehrskreise in den Wörtern „Fack Ju“ den (lautschriftlich ins Deutsche übertragenen) vulgären und anstößigen englischen Ausdruck „Fuck you“. Durch die Hinzufügung des Elements „Göhte“ (mit dem der Name des deutschen Dichters Goethe lautschriftlich übertragen werde) könne die Wahrnehmung der Beleidigung „Fack Ju“ nicht wesentlich abgeändert werden.

Die von Constantin Film gegen diese Zurückweisung vor dem Gericht der Europäischen Union erhobene Klage blieb erfolglos; sie wurde mit Urteil vom 24. Januar 2018 abgewiesen. Daraufhin legte Constantin Film gegen das Urteil des Gerichts Rechtsmittel beim Gerichtshof ein.

Mit seinem Urteil von heute hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts und die Entscheidung des EUIPO, die weitgehend dieselben Fehler enthalten, auf. Das EUIPO muss somit erneut über die Markenanmeldung von Constantin Film entscheiden.

Nach Auffassung des Gerichtshofs haben das Gericht und das EUIPO nicht hinreichend berücksichtigt, dass verschiedene Begleitumstände übereinstimmend darauf hinweisen, dass der Titel der in Rede stehenden Filmkomödien trotz der Gleichsetzung der Wörter „Fack Ju“ mit dem englischen Ausdruck „Fuck you“ von der deutschsprachigen breiten Öffentlichkeit nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen wurde.

Trotz der mit dem großen Erfolg dieser Filmkomödien einhergehenden großen Sichtbarkeit ihres Titels hat dieser offenbar nicht zu einem Meinungsstreit bei diesem Publikum geführt. Im Übrigen wurden zu den Filmkomödien mit diesem Titel, die im schulischen Umfeld spielen, jugendliche Zuschauer zugelassen. Darüber hinaus haben diese Filme Fördermittel verschiedener Organisationen erhalten und wurden überdies vom Goethe-Institut zu Unterrichtszwecken v erwendet.

Weiter stellt der Gerichtshof fest, dass die Wahrnehmung des englischen Ausdrucks „Fuck you“durch das deutschsprachige Publikum, obwohl er diesem bekannt ist und es seine Bedeutung kennt, nicht zwangsläufig dieselbe wie die eines englischsprachigen Publikums ist. In der Muttersprache könne die Empfindlichkeit nämlich wesentlich stärker als in einer Fremdsprache sein. Aus dem gleichen Grund nehme das deutschsprachige Publikum diesen englischen Ausdruck auch nicht zwangsläufig ebenso wahr, wie es dessen deutsche Übersetzung wahrnehmen würde. Darüber hinaus bestehen der Titel der fraglichen Komödien und damit die angemeldete Marke nicht aus diesem englischen Ausdruck als solchem, sondern aus dessen lautschriftlicher Übertragung ins Deutsche, ergänzt um das Element „Göhte“.

Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass kein konkreter Aspekt vorgetragen wurde, um plausibel zu erklären, weshalb das allgemeine deutschsprachige Publikum das Wortzeichen „Fack Ju Göhte“ als Verstoß gegen grundlegende moralische Werte und Normen der Gesellschaft wahrnähme, wenn es als Marke verwendet würde, obwohl dasselbe Publikum den Titel der gleichnamigen Komödien offenbar nicht für sittenwidrig hielt, stellt der Gerichtshof fest, dass das EUIPO nicht rechtlich hinreichend dargetan hat, dass die angemeldete Marke nicht eingetragen werden kann.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH: Marke "Der Grüne Punkt" der Duales System Deutschland GmbH ist doch nicht überwiegend wegen Verfalls zu löschen

EuGH
Urteil vom 12.12.2019
C-143/19
Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH / Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)


Der EuGH hat entschieden, dass die Marke "Der Grüne Punkt" der Duales System Deutschland GmbH doch nicht überwiegend wegen Verfalls zu löschen ist. Der EuGH hat die anderslautenden Entscheidungen des EUIPO und des EuG aufgehoben.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuG: Keine Eintragung als Unionsmarke für Zeichen das auf Marihuanakonsum anspielt - Verstoß gegen öffentliche Ordnung - Cannabis Store Amsterdam

EuG
Urteil vom 12.12.2019
T-683/18
Santa Conte / EUIPO


Das EuG hat entschieden, dass ein Zeichen, das auf Marihuanakonsum anspielt, nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann. Es liegt ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vor. Es ging um ein Logo mit der Wortfolge "Cannabis Store Amsterdam".

Die Pressemitteilung des EuG:
.
Ein Zeichen, das auf Marihuanakonsum anspielt, darf beim gegenwärtigen Stand des Rechts nicht als Unionsmarke eingetragen werden.

Ein solches Zeichen verstößt gegen die öffentliche Ordnung.

Im Jahr 2016 meldete Frau Santa Conte folgendes Bildzeichen beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) als Unionsmarke für Lebensmittel, Getränke und Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen an:

[...]

Das EUIPO wies ihre Anmeldung zurück, weil es die Auffassung vertrat, das Zeichen verstoße gegen die öffentliche Ordnung. Frau Conte erhob daraufhin Klage auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO beim Gericht der Europäischen Union.

Mit seinem heutigen Urteil weist das Gericht die Klage ab, wodurch die Entscheidung des EUIPO bestätigt wird.

Das Gericht stellt fest, das EUIPO habe zu Recht die Ansicht vertreten, dass die stilisierte Darstellung des Cannabisblatts das mediale Symbol für Marihuana sei und das Wort „amsterdam“ auf die Tatsache Bezug nehme, dass es in der Stadt Amsterdam Verkaufsstellen für dieses aus Cannabis gewonnene Rauschgift gebe, da sein Vertrieb unter bestimmten Voraussetzungen in den Niederlanden geduldet werde. Darüber hinaus bewirke die Erwähnung des Wortes „store“, das üblicherweise Laden oder Geschäft bedeute, dass die Verkehrskreise erwarten könnten, die unter diesem Zeichen vertriebenen Waren und Dienstleistungen entsprächen jenen, die ein Rauschgiftladen anbiete. Daher kommt das Gericht, obwohl es einräumt, dass Hanf unterhalb eines bestimmten Tetrahydrocannabinolgehalts nicht als Rauschgiftsubstanz gilt, zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall das fragliche Zeichen gerade durch die Verbindung dieseverschiedenen Elemente die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich zieht, die nicht unbedingt genaue wissenschaftliche oder technische Kenntnisse zu Cannabis als einer in
zahlreichen EU-Ländern illegalen Rauschgiftsubstanz besitzen.

Hinsichtlich des Begriffs „öffentliche Ordnung“ merkt das Gericht an, dass zwar derzeit die Frage der Legalisierung von Cannabis zu Therapie- und sogar Erholungszwecken in vielen Mitgliedstaaten diskutiert wird, aber beim gegenwärtigen Stand des Rechts sein Konsum und seine Verwendung oberhalb eines bestimmten Tetrahydrocannabinolgehalts in den meisten
Mitgliedstaaten rechtswidrig sind. Daher wird in diesen Staaten mit dem Kampf gegen die Verbreitung der aus Cannabis gewonnenen Rauschgiftsubstanz ein Ziel der öffentlichen Gesundheit verfolgt, mit dem die schädlichen Wirkungen bekämpft werden sollen. Die geltende Regelung für den Konsum und die Verwendung dieser Substanz fällt demnach unter den Begriff
„öffentliche Ordnung“. Darüber hinaus sieht der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vor, dass die Union die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter Gesundheitsschäden einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen ergänzt und illegaler Drogenhandel zu den Bereichen besonders schwerer Kriminalität zählt, die eine grenzüberschreitende Dimension haben und für die ein Tätigwerden des Unionsgesetzgebers vorgesehen ist. Angesichts dieses grundlegenden Interesses ist nach Ansicht des Gerichts der Umstand, dass das fragliche Zeichen von den relevanten Verkehrskreisen als ein Hinweis aufgefasst wird, dass die von der Markenanmeldung erfassten Lebensmittel und Getränke sowie entsprechenden Dienstleistungen Rauschgiftsubstanzen enthalten, die in mehreren Mitgliedstaaten verboten sind,
hinreichend, um zum Ergebnis zu gelangen, dass es gegen die öffentliche Ordnung verstößt.

Das Gericht betont, dass, da eine der Funktionen einer Marke darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher zu ermöglichen, jeweils seine Entscheidung zu treffen, das fragliche Zeichen, indem es in der oben beschriebenen Weise aufgefasst wird, implizit, aber zwangsläufig zum Kauf solcher Waren und
Dienstleistungen anregt oder zumindest deren Konsum banalisiert.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




EuG: Dreidimensionale Unionsmarke Rubik’s cube ist nichtig - Zauberwürfel kann nicht als Marke eingetragen werden

EUG
Urteil vom 24.10.2019
T-601/17
Rubik's Brand Ltd / EUIPO

Siehe auch zum Thema EuGH: Ob Zauberwürfel / Rubik´s Cube als 3D-Marke eingetragen werden kann muss erneut vom EUIPO geprüft und entscheiden werden

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Das Gericht bestätigt die Nichtigerklärung der Unionsmarke, die aus der Form des „Rubik’s cube“ besteht

Da die wesentlichen Merkmale dieser Form zur Erreichung der technischen Wirkung erforderlich sind, die in der Drehbarkeit des Rubik’s cube besteht, hätte diese Form nicht als Unionsmarke eingetragen werden dürfen.

Auf Antrag von Seven Towns, einem britischen Unternehmen, das u. a. die Rechte des geistigen Eigentums am „Rubik’s cube“ verwaltet, trug das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) im Jahr 1999 die folgende Würfelform als dreidimensionale Unionsmarke für „dreidimensionale Puzzles“ ein:

Im Jahr 2006 beantragte Simba Toys, ein deutscher Spielzeughersteller, beim EUIPO die Nichtigerklärung dieser dreidimensionalen Marke u. a. mit der Begründung, dass sie eine in ihrer Drehbarkeit bestehende technische Lösung enthalte und eine solche Lösung nur durch ein Patent und nicht als Marke geschützt werden könne. Das EUIPO wies den Antrag zurück, woraufhin Simba Toys beim Gericht der Europäischen Union Klage erhob und die Aufhebung der Entscheidung des EUIPO beantragte.

Mit Urteil vom 25. November 20141 wies das Gericht die Klage von Simba Toys mit der Begründung ab, dass die fragliche Würfelform keine technische Lösung enthalte, die den Schutz dieser Form als Marke verhindere. Das Gericht war insbesondere der Ansicht, dass sich die für den Rubik’s cube charakteristische technische Lösung nicht aus den Merkmalen dieser Form, sondern allenfalls aus einem nicht sichtbaren Mechanismus im Würfelinnern ergebe.

Simba toys legte gegen das Urteil des Gerichts ein Rechtsmittel beim Gerichtshof ein. Dieser hob mit Urteil vom 10. November 20162 sowohl das Urteil des Gerichts als auch die Entscheidung des EUIPO auf. In seinem Urteil stellte der Gerichtshof u. a. fest, dass das EUIPO und das Gericht bei der Prüfung, ob die Eintragung abzulehnen gewesen wäre, weil die streitige Würfelform eine technische Lösung enthält, auch nicht sichtbare funktionale Elemente der durch diese Form dargestellten Ware, wie etwa ihre Drehbarkeit, hätten berücksichtigen müssen.

Auf das Urteil des Gerichtshofs hin hatte das EUIPO eine neue Entscheidung zu erlassen, die den Feststellungen des Gerichtshofs Rechnung trägt. Mit Entscheidung vom 19. Juni 2017 stellte das EUIPO fest, dass die Darstellung der streitigen Würfelform drei wesentliche Merkmale aufweise, nämlich die Form des Würfels insgesamt, die schwarzen Linien und kleinen Quadrate auf jeder Seite des Würfels sowie die unterschiedlichen Farben auf den sechs Seiten des Würfels. Jedes dieser wesentlichen Merkmale sei zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich, die dadurch entstehe, dass Reihen kleinerer Würfel unterschiedlicher Farben, die einen größeren Würfel bildeten, vertikal und horizontal um eine Achse solange gedreht würden, bis die neun Quadrate jeder Seite dieses Würfels die gleiche Farbe hätten. Da die Verordnung über die Unionsmarke die Eintragung einer Form nicht zulasse, deren wesentliche Merkmale zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich seien, stellte das EUIPO fest, dass die streitige Marke unter Verstoß gegen diese Verordnung eingetragen worden sei, und löschte daher ihre Eintragung.

Die Rubik’s Brand Ltd, die derzeit Inhaberin der streitigen Marke ist, hat diese Entscheidung des EUIPO beim Gericht angefochten.

Mit seinem Urteil vom heutigen Tag stellt das Gericht zunächst fest, dass die Entscheidung des EUIPO mit einem Beurteilungsfehler behaftet ist, soweit das EUIPO festgestellt hat, dass die unterschiedlichen Farben auf den sechs Seiten des Würfels ein wesentliches Merkmal der streitigen Marke seien. Zum einen hat nämlich Rubik’s Brand nie behauptet, dass für sie die etwaige Farbgebung jeder Seite des Würfels im Zusammenhang mit der Eintragung der streitigen Marke eine wichtige Rolle spiele, zum anderen lässt sich anhand einer bloßen visuellen Analyse der grafischen Darstellung dieser Marke nicht deutlich genug erkennen, dass die sechs Seiten des Würfels unterschiedliche Farben aufweisen.

Des Weiteren bestätigt das Gericht die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Definition der technischen Wirkung. In diesem Zusammenhang stellt das Gericht fest, dass die streitige Würfelform das Erscheinungsbild der konkreten Ware darstellt, für die die Eintragung beantragt wurde, nämlich des als „Rubik’s cube“ bekannten dreidimensionalen Puzzles. Bei dieser Ware
handelt es sich um ein Spiel, dessen Ziel es ist, ein farbiges dreidimensionales Puzzle in Form eines Würfels mit sechs Seiten von unterschiedlicher Farbe wiederherzustellen. Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass Reihen kleinerer Würfel unterschiedlicher Farben, die Bestandteile eines größeren Würfels sind, so lange vertikal und horizontal um eine Achse gedreht werden, bis die neun Quadrate jeder Seite dieses Würfels die gleiche Farbe haben.

Hinsichtlich der Beurteilung der Funktionalität der wesentlichen Merkmale der streitigen Marke ist das Gericht wie das EUIPO der Auffassung, dass das wesentliche Merkmal, das in den schwarzen Linien besteht, die sich horizontal und vertikal auf jeder Seite des Würfels kreuzen und jede dieser Seiten damit in neun kleine Würfel gleicher Größe unterteilen, die in drei Reihen
von jeweils drei angeordnet sind, erforderlich ist, um die angestrebte technische Wirkung zu
erreichen.

Diese schwarzen Linien stellen nämlich eine physische Trennung zwischen den verschiedenen kleinen Würfeln dar, die es dem Spieler ermöglichen, jede Reihe kleiner Würfel unabhängig voneinander zu drehen, um diese kleinen Würfel in der gewünschten Farbkombination auf den sechs Seiten des Würfels anzuordnen. Eine solche physische Trennung ist notwendig, um die verschiedenen Reihen kleiner Würfel mit Hilfe eines Mechanismus im Würfelinnern vertikal und horizontal drehen zu können. Ohne eine solche physische Trennung wäre der Würfel nichts weiter als ein fester Block, der kein einzelnes Element enthielte, das sich unabhängig bewegen ließe. Was das wesentliche Merkmal der Form des Würfels insgesamt betrifft, teilt das Gericht die Auffassung des EUIPO, dass die Würfelform untrennbar ist von zum einen der Gitterstruktur, die aus schwarzen Linien besteht, die sich auf jeder Seite des Würfels kreuzen und jede dieser Seiten in neun kleine Würfel gleicher Größe unterteilen, die in drei Reihen von jeweils drei angeordnet sind, und zum anderen der Funktion der konkreten Ware, die darin besteht, dass sich die Reihen kleiner Würfel horizontal und vertikal drehen lassen. In Anbetracht dieser Elemente kann die Form der Ware nämlich nur die eines Würfels, d. h. eines regelmäßigen Hexaeders, sein.

Daher gelangt das Gericht zu dem Schluss, dass zwar die unterschiedlichen Farben auf den sechs Seiten des Würfels kein wesentliches Merkmal der streitigen Marke darstellen, aber die beiden vom EUIPO zutreffend als wesentlich eingestuften Merkmale dieser Marke zur Erreichung der mit der durch die fragliche Würfelform dargestellten Ware angestrebten Wirkung
erforderlich sind, und diese Form daher nicht als Unionsmarke hätte eingetragen werden dürfen. Folglich bestätigt das Gericht die angefochtene Entscheidung und weist die Klage von Rubik’s Brand ab.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




EuG: Fußballer Neymar erfolgreich gegen Unionsmarke - Eintragung der Marke NEYMAR durch Dritte für Bekleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen nichtig

EuG
Urteil vom 14.05.2019
T-795/17
Carlos Moreira / EUIPO


Das EuG hat entschieden, dass die Eintragung der Unsionsmarke NEYMAR durch Dritte für Bekleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen nichtig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Das Gericht der Europäischen Union bestätigt, dass die von einem Dritten angemeldete Marke „NEYMAR“ nichtig ist

Im Dezember 2012 meldete Herr Carlos Moreira, wohnhaft in Guimarães (Portugal), beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) das Wortzeichen „NEYMAR“ als Unionsmarke für Bekleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen an. Die Marke wurde im April 2013 eingetragen.


Im Februar 2016 beantragte Herr Neymar Da Silva Santos Júnior beim EUIPO die Nichtigerklärung dieser Marke für alle von ihr erfassten Waren. Das EUIPO gab diesem Antrag statt.

Herr Moreira hat daraufhin beim Gericht der Europäischen Union eine Klage auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO erhoben.

Mit seinem heutigen Urteil bestätigt das Gericht die Entscheidung des EUIPO, dass Herr Moreira bei der Anmeldung der Marke „NEYMAR“ bösgläubig gehandelt habe.

Herr Moreira hat zwar eingeräumt, dass er von der Existenz von Herrn Da Silva Santos Júnior gewusst habe, als er die Marke „NEYMAR“ angemeldet habe. Er gibt aber an, nicht gewusst zu haben, dass der Brasilianer damals ein aufstrebender Fußballspieler mit international anerkanntem Talent gewesen sei. Zudem sei dieser in Europa noch unbekannt gewesen.

Das Gericht führt aus, dass nach den Angaben in der Entscheidung des EUIPO die zur Stützung des bei ihm gestellten Antrags auf Nichtigerklärung vorgelegten Nachweise zeigen, dass Herr Da Silva Santos Júnior zur damaligen Zeit bereits in Europa bekannt war, insbesondere wegen seiner Spiele für die brasilianische Fußballnationalmannschaft, und dass es in den Jahren 2009 bis 2012 zahlreiche Berichte über ihn in europäischen Medien gab, vor allem in Frankreich, in Spanien und im Vereinigten Königreich. Schon mehrere Jahre vor seinem Transfer zum FC Barcelona im Jahr 2013 war Herr Da Silva Santos Júnior somit als sehr vielversprechender Fußballspieler anerkannt, und große europäische Fußballvereine waren im Hinblick auf seine künftige Verpflichtung auf ihn aufmerksam geworden.

Das Gericht bestätigt ferner, dass Herr Moreira mehr als nur begrenzte Kenntnisse der Welt des Fußballs besaß, wie die Tatsache zeigt, dass er an dem Tag, an dem er die Marke „NEYMAR“ anmeldete, auch eine den Namen eines anderen berühmten Fußballspielers tragende Marke, und zwar die Wortmarke „IKER CASILLAS“, anmeldete. Zudem hat Herr Moreira bereits eingeräumt, dass er zu dieser Zeit die Welt des Fußballs kannte. In Anbetracht dessen sowie des Umstands, dass die allein aus dem Wortelement „NEYMAR“ bestehende Marke exakt dem Namen entspricht, unter dem Herr Da Silva Santos Júnior im Bereich des Fußballs in Erscheinung getreten ist, ist es nicht vorstellbar, dass Herr Moreira nichts von der Existenz des Fußballspielers wusste, als er die Marke „NEYMAR“ anmeldete.

Herr Moreira bestreitet, dass er die Marke „NEYMAR“ allein deshalb anmeldete, um das Ansehen des brasilianischen Fußballspielers auszunutzen. Er trägt u. a. vor, er habe den Namen „NEYMAR“ aus phonetischen Gründen gewählt und nicht als Bezugnahme auf den Spieler. Das Wortzeichen „NEYMAR“ sei mithin rein zufällig ausgesucht worden und nicht zur bewussten Ausnutzung des Namens eines bekannten Fußballspielers. Das Gericht weist das Argument, dass diese Wahl auf Zufall beruhe, zurück, weil der Fußballspieler zur relevanten Zeit in der Welt des Fußballs, auch in Europa, bereits über erhebliche Bekanntheit verfügte und weil Herr Moreira eine mehr als begrenzte Kenntnis von ihm hatte. Er kann daher nicht geltend machen, nicht gewusst zu haben, wer Herr Da Silva Santos Júnior sei. Das Gericht hebt insoweit hervor, dass die Marke
allein aus dem Wortelement „NEYMAR“ besteht, das mit dem Namen übereinstimmt, unter dem der Brasilianer in der Welt des Fußballs internationales Ansehen erworben hat.

Das Gericht fügt hinzu, dass Herr Moreira der Beurteilung des EUIPO, kein anderer Grund als der, als Trittbrettfahrer das Ansehen des Fußballspielers auszunutzen, sei geeignet, seine Anmeldung der angefochtenen Marke zu erklären, kein überzeugendes Argument entgegenhält. Schließlich weist das Gericht das Argument von Herrn Moreira zurück, das EUIPO habe die falsche Schlussfolgerung, er habe unberechtigt vom Ansehen des Fußballspielers profitieren wollen, um bestimmte finanzielle Vorteile zu erlangen, auf bloße Mutmaßungen gestützt. Das Gericht stellt fest, dass das EUIPO diese Schlussfolgerung u. a. auf objektive Gesichtspunkte wie ein aus Presse- und Onlineartikeln bestehendes Bündel von Nachweisen gestützt hat sowie darauf, dass Herr Moreira die Marke „NEYMAR“ am gleichen Tag wie die Wortmarke „IKER
CASILLAS“ angemeldet hatte.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BPatG: Zwischen der Wortmarke Rösta und der Wort-/Bildmarke Barösta Kaffebar besteht im Bereich Kaffee - Tee - Kakao keine Verwechslungsgefahr

BPatG
Beschluss vom 19.03.2019
27 W (pat) 116/16

Das BPatG hat entschieden, dass zwischen der Wortmarke Rösta und der Wort-/Bildmarke Barösta Kaffebar im Bereich Kaffee - Tee - Kakao keine Verwechslungsgefahr besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Das angesprochen allgemeine Publikum und auch der Handel werden das Markenwort „barösta“ als phantasievollen, einheitlichen Gesamtbegriff mit beschreibendem Anklang zu „barista“ auffassen. Sie haben insgesamt keinen Anlass, sich innerhalb der angegriffenen Marke „barösta“ an der für die hier beanspruchten Kaffeewaren beschreibenden Buchstabenfolge „rösta“ zu orientieren und hierin einen den Gesamteindruck dieser Marke prägenden Bestandteil zu sehen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuG: Name der bulgarischen Kleinstadt Devin kann in Schreibweise "DEVIN" als Unionsmarke für Mineralwasser eingetragen werden

EuGH
Urteil vom 25.10.2018
T-122/17
Devin ./. EUIPO


Das EuG hat entschieden, dass der Name der bulgarischen Kleinstadt Devin in Schreibweise "DEVIN" als Unionsmarke für Mineralwasser eingetragen werden kann.

Die Pressemitteilung des EuG:

DEVIN, der Name einer bulgarischen Stadt, kann als Unionsmarke für Mineralwasser eingetragen werden

Der geografische Name bleibt für Dritte nicht nur zur beschreibenden Verwendung, etwa zur Förderung des Tourismus in dieser Stadt, verfügbar, sondern auch als Unterscheidungszeichen bei „rechtfertigendem Grund“ und fehlender Verwechslungsgefahr.

Im Januar 2011 erwirkte die Devin AD beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung der Unionswortmarke DEVIN für alkoholfreie Getränke. Im Juli 2014 beantragte die Industrie- und Handelskammer von Haskovo (Bulgarien) beim EUIPO die Nichtigerklärung dieser Marke.

Mit Entscheidung vom 2. Dezember 2016 stellte das EUIPO im Wesentlichen fest, dass die bulgarische Stadt Devin der breiten Öffentlichkeit in diesem Land und einem erheblichen Teil der Verbraucher in Nachbarländern wie Griechenland und Rumänien insbesondere als bedeutendes Thermalbad bekannt sei und dass der Name dieser Stadt in Fachkreisen mit der Gruppe der von
der streitigen Marke erfassten Waren, vor allem Mineralwässern, in Verbindung gebracht werde. Das EUIPO erklärte die streitige Marke deshalb in vollem Umfang für nichtig. Devin erhob daraufhin beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO.

Mit seinem heutigen Urteil hebt das Gericht die Entscheidung des EUIPO auf.

Das Gericht führt zunächst aus, dass der bulgarische Verbraucher in dem Wort „Devin“ zwar einen geografischen Namen erkennen mag; es erscheint aber äußerst unwahrscheinlich, dass die Marke DEVIN in Bulgarien nicht zumindest normale Unterscheidungskraft erlangt hat, wobei es keiner Entscheidung über ihren Ruf bedarf.

Zum griechischen und zum rumänischen Durchschnittsverbraucher stellt das Gericht fest, dass die Existenz eines „touristischen Profils im Internet“ als solche nicht zum Nachweis dafür ausreicht, dass die relevanten Verkehrskreise im Ausland eine Kleinstadt kennen. Auch die Tatsache, dass die Stadt Devin eine „erhebliche touristische Infrastruktur“ hat, lässt nicht den Schluss zu, dass die Stadt einem solchen Verbraucher über die Landesgrenzen hinweg bekannt sein könnte oder dass
er eine direkte Verbindung zu ihr herstellen wird.

Das Gericht hebt hervor, dass das EUIPO sich zu Unrecht auf die ausländischen, insbesondere die griechischen oder rumänischen Touristen konzentriert hat, die Bulgarien oder Devin besuchen, statt die gesamten relevanten Verkehrskreise zu berücksichtigen, die aus den Durchschnittsverbrauchern in der Union und insbesondere in diesen Mitgliedstaaten bestehen. Der
Durchschnittsverbraucher von Mineralwasser und Getränken in der Union verfügt nicht über einen hohen Grad an Spezialisierung in den Bereichen der Geografie oder des Tourismus, und es gibt keinen konkreten Beweis dafür, dass er das Wort „Devin“ als geografischen Ort in Bulgarien wahrnimmt.

Zur Verfügbarkeit des geografischen Namens für Dritte stellt das Gericht fest, dass nach den Rechtsvorschriften und der Rechtsprechung eine beschreibende Verwendung des Namens „Devin“ zum Zweck der Werbung für die Stadt als touristisches Ziel erlaubt bleibt und dass die streitige Marke daher kein Hindernis für wirtschaftliche Anstrengungen zur Erhöhung der Reputation der Stadt Devin für ihre Thermalquellen über die bulgarischen Grenzen hinaus darstellen kann.

Das Gericht weist ferner darauf hin, dass das Unionsrecht schon in der Definition des durch eine Marke verliehenen ausschließlichen Rechts Vorkehrungen zur Wahrung der Interessen Dritter vorsieht. Zum einen erstreckt sich der Schutz der herkunftshinweisenden Funktion der Marke nur auf ihre Verwendung für gleiche oder ähnliche Waren (oder Dienstleistungen) und setzt voraus, dass bei den relevanten Verkehrskreisen Verwechslungsgefahr besteht; diese wird vermutet, wenn sowohl die Zeichen als auch die Waren identisch sind. Zum anderen erstreckt sich der Schutz der Werbefunktion einer bekannten Marke auch auf unähnliche Waren, setzt aber Verwässerungsgefahr oder die Gefahr des Trittbrettfahrens voraus und erfasst zudem keine Verwendungen mit „rechtfertigendem Grund“. Im vorliegenden Fall bleibt der Name der Stadt Devin somit für Dritte nicht nur zur beschreibenden Verwendung, etwa zur Förderung des Tourismus in dieser Stadt, verfügbar, sondern auch als Unterscheidungszeichen bei „rechtfertigendem Grund“ und fehlender Verwechslungsgefahr.

Das allgemeine Interesse daran, dass ein geografischer Name wie der des Thermalbads Devin verfügbar bleibt, kann somit, weil beschreibende Verwendungen solcher Namen weiterhin erlaubt sind und weil es Vorkehrungen zur Begrenzung des ausschließlichen Rechts des Inhabers der streitigen Marke gibt, geschützt werden, ohne dass es einer Nichtigerklärung der Marke bedarf. Dieses notwendige Gleichgewicht zwischen den Rechten der Markeninhaber und den Interessen Dritter gestattet unter bestimmten Voraussetzungen die Eintragung von Marken, die wie die Unionsmarken VITTEL und EVIAN auf einen gleichlautenden geografischen Namen zurückgehen.

Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass das EUIPO nicht dargetan hat, dass bei den Durchschnittsverbrauchern der Union, insbesondere bei griechischen oder rumänischen Verbrauchern, ein hinreichender Bekanntheitsgrad der Stadt Devin besteht. Es ist davon auszugehen, dass nur ein sehr geringer Teil der Verbraucher in der Union die Stadt Devin kennt.

Folglich hat das EUIPO einen Beurteilungsfehler begangen, als es zu dem Schluss kam, dass die streitige Marke in den Augen der Durchschnittsverbraucher der Nachbarländer Bulgariens (Griechenland und Rumänien) sowie der Durchschnittsverbraucher in allen übrigen Mitgliedstaaten der Union für eine geografische Herkunft beschreibend sei.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH: Markeneintragung der Marke Neuschwanstein zugunsten des Freistaats Bayern rechtmäßig - kein Freihaltebedürfnis

EuGH
Urteil vom 06.09.2018
C‑488/16 P
Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise e. V. gegen EUIPO und Freistaat Bayern
Neuschwanstein


Der EuGH hat entschieden, dass die Markeneintragung der Marke Neuschwanstein zugunsten des Freistaats Bayern rechtmäßig ist. Insbesondere besteht kein Freihaltebedürfnis.

Aus den Entscheidungsgründen:

Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass die Rechtsmittelschrift insoweit zwar unklar gefasst ist. Aus der Argumentation des Rechtsmittelführers kann aber hergeleitet werden, dass er im Wesentlichen geltend macht, das Gericht habe seine Beurteilung der Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke unzureichend begründet.

Mit dem Vorwurf, das Gericht habe die Feststellung, dass die angegriffene Marke Unterscheidungskraft besitze, unzureichend begründet, wirft der Rechtsmittelführer eine Rechtsfrage auf, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels geltend gemacht werden kann (Urteil vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss das Gericht aufgrund der ihm obliegenden Begründungspflicht seine Erwägungen klar und eindeutig darlegen, so dass die Betroffenen die Gründe für die getroffene Entscheidung erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil vom 24. Januar 2013, 3F/Kommission, C‑646/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:36, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht zunächst in den Rn. 36 bis 39 des angefochtenen Urteils die einschlägige Rechtsprechung zur Beurteilung der Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke dargestellt und dann in dessen Rn. 41 ausgeführt hat, dass es sich bei den betroffenen Waren und Dienstleistungen um für den laufenden Verbrauch bestimmte Waren handele – wobei nicht danach unterschieden zu werden brauche, ob sie in die Kategorie typischer Souvenirartikel fallen könnten – und um Dienstleistungen des täglichen Lebens, die sich von Souvenirartikeln und anderen Dienstleistungen im Zusammenhang mit touristischen Aktivitäten nur durch ihre Bezeichnung unterschieden, die nicht nur das Schloss in seiner Eigenschaft als musealen Ort erfasse, sondern auch die angegriffene Marke selbst. Das Gericht hat hinzugefügt, dass die fraglichen Waren nicht im Schloss selbst hergestellt, sondern dort nur verkauft würden, und dass zwar einige der Dienstleistungen dem Betrieb des Schlosses dienten, aber nicht alle vor Ort angeboten würden.

In Rn. 42 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass das die angegriffene Marke bildende Wort, das mit dem Namen des Schlosses identisch sei, ein Phantasiename ohne beschreibenden Bezug zu den vermarkteten oder angebotenen Waren und Dienstleistungen sei. Da der Name „Neuschwanstein“ nämlich „der neue Stein des Schwans“ bedeute, erlaube allein die Verbindung der angegriffenen Marke mit den verkauften Artikeln und den angebotenen Dienstleistungen, diese Waren und Dienstleistungen von anderen Waren und Dienstleistungen des laufenden Verbrauchs, die an anderen kommerziellen oder touristischen Stätten verkauft oder erbracht würden, zu unterscheiden. Zudem ermögliche es die angegriffene Marke, unter diesem Zeichen Waren zu vertreiben und Dienstleistungen zu erbringen, deren Qualität der Freistaat Bayern direkt oder indirekt im Rahmen von Lizenzverträgen kontrollieren könne.

In Rn. 43 des angefochtenen Urteils hat das Gericht u. a. weiter ausgeführt, dass die angegriffene Marke es den maßgeblichen Verkehrskreisen durch die Art der sie bildenden Bezeichnung nicht nur erlaube, sich auf einen Besuch des Schlosses zu beziehen, sondern auch, die betriebliche Herkunft der betroffenen Waren und Dienstleistungen zu unterscheiden, so dass diese Verkehrskreise den Schluss ziehen würden, dass alle mit der angegriffenen Marke bezeichneten Waren und Dienstleistungen unter der Kontrolle des Freistaats Bayern hergestellt, vertrieben oder geliefert bzw. erbracht worden seien, der für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden könne.

Aus den Rn. 41 bis 43 des angefochtenen Urteils geht hervor, dass das Gericht zur Beurteilung der Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke die von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen geprüft und das die Marke bildende Wortelement gewürdigt hat, das seines Erachtens ein Phantasiename ohne beschreibenden Bezug zu den betreffenden Waren und Dienstleistungen ist.

Die Feststellung des Gerichts, dass die angegriffene Marke für die geografische Herkunft der von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend sei, sagt nichts über ihre Unterscheidungskraft; sie stellt vielmehr eine nötige Voraussetzung dafür dar, dass eine Marke, der es nicht an Unterscheidungskraft fehlt, eingetragen werden kann. Gerade weil die angegriffene Marke keinen beschreibenden Charakter hat, ist es einem Gebilde wie dem Freistaat Bayern nicht verwehrt, den Namen des musealen Ortes, dessen Eigentümer er ist, als Unionsmarke anzumelden, da die Verordnung Nr. 207/2009 dem grundsätzlich nicht entgegensteht. Wie der Generalanwalt in den Nrn. 55 und 56 seiner Schlussanträge dargelegt hat, können die entsprechenden Erwägungen des Gerichts daher nicht als Zirkelschluss angesehen werden.

Daraus ist zu schließen, dass das Gericht im Anschluss an seine Beurteilung der Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke im Licht der in Rn. 36 des angefochtenen Urteils angeführten Rechtsprechung, wonach die Unterscheidungskraft einer Marke bedeutet, dass sie geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen, das Vorliegen der Unterscheidungskraft in rechtlich hinreichender Weise damit begründet hat, dass allein die Verbindung dieser Marke mit den betreffenden Waren und Dienstleistungen es den maßgeblichen Verkehrskreisen erlaube, sie von denen zu unterscheiden, die an anderen kommerziellen oder touristischen Stätten verkauft oder erbracht würden.

Dagegen stellen die Ausführungen des Gerichts in Rn. 42 des angefochtenen Urteils, dass die angegriffene Marke es ermögliche, die mit ihr gekennzeichneten Waren zu vertreiben und Dienstleistungen zu erbringen, deren Qualität der Freistaat Bayern kontrollieren könne, eine Hilfserwägung dar, so dass die gegen sie gerichtete Argumentation des Rechtsmittelführers ins Leere geht (Urteil vom 1. Februar 2018, Kühne + Nagel International u. a./Kommission, C‑261/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:56, Rn. 69, sowie Beschluss vom 14. Januar 2016, Royal County of Berkshire Polo Club/HABM, C‑278/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:20, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Folglich ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen, da er teils unbegründet ist und teils ins Leere geht.

Hinsichtlich des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidungen der Beschwerdekammern über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke gemäß der Verordnung Nr. 207/2009 gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind, so dass die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter zu beurteilen ist (Urteil vom 19. Januar 2012, HABM/Nike International, C‑53/11 P, EU:C:2012:27, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Überdies ist die Regelung über Unionsmarken, wie sich aus Rn. 44 des angefochtenen Urteils ergibt, ein aus einer Gesamtheit von Vorschriften bestehendes autonomes System, mit dem ihm eigene Ziele verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteil vom 12. Dezember 2013, Rivella International/HABM, C‑445/12 P, EU:C:2013:826, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Daraus folgt, dass das Gericht nicht gehalten war, den Beschluss des Bundesgerichtshofs (Deutschland) vom 8. März 2012 zu berücksichtigen. Somit ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: