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BGH: Kostenpflichtige Mehrwertdienstenummer im Impressum reicht nicht - kein effizienter Kommunikationsweg in Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG für den Nutzer

BGH
Urteil vom 25.02.2016
I ZR 238/14
Mehrwertdienstenummer
UWG § 3a; e-commerce-Richtlinie Art. 5 Abs. 1 Buchst. c; TMG § 5 Abs. 1 Nr. 2;
Richtlinie 2011/83/EU Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und f, Art. 6 Abs. 8, Art. 21


Der BGH hat entschieden, dass eine kostenpflichtige Mehrwertdienstenummer im Impressum nicht ausreicht, da es sich für den Nutzer nicht um einen effizienten Kommunikationsweg in Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG handelt.

Leitsätze des BGH:

a) Der Anbieter von Telemediendiensten, der auf seiner Internetseite als Möglichkeit für eine Kontaktaufnahme neben seiner E-Mail-Adresse eine kostenpflichtige Mehrwertdienstenummer angibt, stellt damit keinen weiteren Kommunikationsweg zur Verfügung, der den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG an eine effiziente Kommunikation entspricht.

b) Die Informationspflichten nach der Richtlinie 2000/31/EG und nach der Richtlinie 2011/83/EU bestehen im Grundsatz unabhängig voneinander.

BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - I ZR 238/14 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Hamburg: 01805er Nummer in Widerrufsbelehrung kann zulässig sein - Unternehmen darf durch die Nummer keine Gewinne erzielen

LG Hamburg,
Urteil vom 03.11.2015
312 O 21/15


Das LG Hamburg hat entschieden, dass eine 01805er Nummer in Widerrufsbelehrung zulässig sein kann. In dem vom LG Hamburg entschiedenen Fall fielen maximal 0,42 Euro pro Minute bzw. 0,14 Euro pro Minute an. Das erzielte Entgelt wurde dabei nicht an der Unternehmen ausgeschüttet sondern verblieb beim Provider. Diese Kosten sind - so dass Gericht - nicht so hoch, dass sie einen Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abhalten könnten.

Da die Problematik in der Rechtsprechung umstritten ist, können wir jedoch nur davon abraten eine derartige Rufnummer in der Widerrufsbelehrung zu verwenden.

OLG Frankfurt: Angabe einer teuren Mehrwertdienstenummer im Impressum nicht ausreichend - kein effizienter Weg zur unmittelbaren Kontaktaufnahme nach § 5 TMG

OLG München
Urteil vom 02.10.2014
6 U 219/13


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Angabe einer teuren Mehrwertdienstenummer (hier: 2,99 Euro/Minute) im Impressum nicht ausreichend ist, da die hohen Kosten Verbraucher von einer Kontaktaufnahme abschrecken. In der Anbieterkennzeichnung müssen nach § 5 TMG Angaben gemacht werden, um eine unmittelbare und effiziente Kontaktaufnahme zu ermöglichen. Daran fehlt es - so das Gericht - bei Angabe einer teuren Premiumdienstenummer.

Aus den Entscheidungsgründen:

5 Abs. 1 S. 2 TMG sieht vor, dass bei der Kennzeichnung des Anbieters von Telemedien, d. h. beim sog. Impressum, Angaben stehen müssen, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit dem Diensteanbieter ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post. Weder diese Vorschrift noch die ihr zugrunde liegende Bestimmung in Art. 5 Abs. 1 lit. c) der Richtlinie 2000/31/EG verlangt nach ihrem Wortlaut die Angabe einer Telefonnummer, unter der der Diensteanbieter erreichbar ist. Ebenso wenig verlangen diese Bestimmungen, dass die Kontaktaufnahmemöglichkeit für den Nutzer kostenlos wäre (vgl. Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG 2004, Rn 26 zu § 6 TDG).

Maßgeblich ist nach den Vorgaben des EuGH in der o. g. Entscheidung, dass der Nutzer Angaben erhält, die es ihm ermöglichen, schnell mit dem Diensteanbieter Kontakt aufzunehmen und unmittelbar und effizient mit ihm zu kommunizieren, was wiederum voraussetzt, dass der Nutzer ohne die Einschaltung eines Dritten mit dem Anbieter kommuniziert („unmittelbar“) und dass er angemessene Informationen innerhalb einer Frist erhält, die mit seinen Bedürfnissen und Erwartungen vereinbar ist („effizient“ - EuGH aaO. Tz. 29 - 30).

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung nicht verbindlich vorgegeben, dass die vom Diensteanbieter für eine Kontaktaufnahme geforderten Kosten für die Frage einer effizienten Kommunikation völlig außer Betracht bleiben müssen. Diese Frage war dem EuGH in der Vorlageentscheidung vom Bundesgerichtshof mit Rücksicht auf die dortige Fallgestaltung gar nicht gestellt worden (Beschluss vom 26. April 2007 - I ZR 190/04 = GRUR 2007, 723 - Internet- Versicherung) und wird dementsprechend in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auch nicht angesprochen.

Der Europäische Gerichtshof hat lediglich klargestellt, dass eine telefonische Kommunikation (dem Grunde nach) als eine unmittelbare und effiziente Kommunikation angesehen werden kann, weil sie die oben genannten Kriterien erfüllt (aaO. Tz. 28). Davon zu trennen ist aber die Frage, ob die mit einer erheblichen Kostenbelastung verbundene telefonische Kontaktmöglichkeit aus Sicht der Verbraucher überhaupt eine realistische Alternative darstellt.

„Effizienz“ beinhaltet vom Wortlaut her sowohl Wirksamkeit als auch Wirtschaftlichkeit (vgl. die Nachweise bei Lorenz VuR 2009, 295, 298). Man kann daher mit Rücksicht auf die wirtschaftspolitischen und verbraucherpolitischen Ziele der E-Commerce-Richtlinie diesen Gesichtspunkt beim Merkmal der „Effizienz“ mit berücksichtigen. Auch die englische („…which allow him to be contacted rapidly and in a direct and effective manner“) und die französische Sprachfassung („…permettant d’entrer en contact rapidement et de communiquer directement et efficacement avec lui“) stehen dieser Betrachtung nicht entgegen. Da die Kosten einer telefonischen Rückfrage eine erhebliche Hürde für viele Verbraucher darstellen und sie u. U. von einer Kontaktaufnahme gänzlich abhalten können, hat das Landgericht mit Recht diese Frage problematisiert.

Das Landgericht hat die Frage, ob die Beklagte dem angesprochenen Verbraucher durch Angabe ihrer Mehrwertdienstnummer eine effiziente Kontaktmöglichkeit eröffnet, angesichts der hier geforderten Kosten mit Recht zulasten der Beklagten beantwortet. Das von der Beklagten geforderte Entgelt liegt an der oberen Grenze der gem. § 66d Abs. 1 TKG für sog. Premium-Dienste zulässigen Verbindungspreise.

Dem Argument der Beklagten, die gesetzliche Obergrenze sei nicht überschritten und deshalb sei eine „effiziente Kontaktaufnahme“ ermöglicht, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Mitglieder des Senats gehören selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen und können daher aus eigener Anschauung beurteilen, dass die Telefonkosten von 2,99 €/Minute aus den Mobilfunknetzen geeignet sind, eine erhebliche Anzahl der angesprochenen Kunden von einer telefonischen Kontaktaufnahme „abzuschrecken“. Die damit verbundene Kostenersparnis der Beklagten, die ihr einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitbewerbern verschaffen kann, ebenso wie die Tatsache, dass das Verbindungsentgelt geeignet ist, für die Beklagte eine Neben-Einnahmequelle zu generieren, lässt sich mit den verbraucherpolitischen Zielen von § 5 TMG nicht vereinbaren.

Da sich der Klageantrag gegen die konkrete Verletzungsform richtet, braucht hier nicht entschieden werden, ob die Angabe einer Mehrwertdienstnummer, die mit einem erheblich geringeren Entgelt verbunden ist, mit § 5 TMG vereinbar wäre.

In der Verletzung von § 5 ABs. 1 S. 2 TMG hat das Landgericht mit Recht einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG gesehen. Darüber hinaus ist das Verhalten der Beklagten auch gemäß § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG unlauter, weil dem Verbraucher Informationen vorenthalten werden, die nach dem Unionsrecht geboten sind."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Frankfurt: Kostenpflichtige Mehrwertdienstenummer (2,99 EURO/Min) im Impressum unzulässig - Anbieterkennzeichnung muss normale oder kostengünstigere Telefonnummer enthalten

LG Frankfurt / Main
Urteil vom 02.10.2013
2-03 O 445/12


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass die Angabe einer kostenpflichtigen Mehrwertdienstenummer (hier: Nummer für 2,99 EURO/Min) im Impressum nicht den Anforderungen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG genügt. In einer Anbieterkennzeichnung sollte daher stets eine normale oder kostengünstigere Telefonnummer angegeben werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Kammer ist der Ansicht, dass die Einrichtung einer Telefonnummer als Mehrwertdienstenummer keine unmittelbare und effiziente Kommunikation zwischen Nutzer und Diensteanbieter ermöglicht, namentlich dann, wenn wie hier Kosten im Bereich der gerade noch zulässigen Höchstpreise gemäß § 66d TKG - hier bis zu 2,99 €/Minute - anfallen (s. auch Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., § 5 TMG Rn. 47).

Wird die Telefonnummer als Mehrwertdienstenummer eingerichtet, durch die die üblichen Kosten überschritten werden, kann dies Nutzer aufgrund der damit verbundenen Kosten von einer Kontaktaufnahme abhalten (vgl. BGH, GRUR 2007, 723 - Internet-Versicherung, juris-Rn. 15; s. auch KG, MMR 2013, 591 - Online-Kontaktformular, juris-Rn. 48 zur Frage der Gleichwertigkeit einer Email-Adresse und einer Telefaxnummer).

Dies widerspricht den Zielen der RL 2001/31/EG. Diese will einerseits einen Beitrag zur Akzeptanz der neuen Informations- und Kommunikationstechniken im täglichen Rechtsund Geschäftsverkehr leisten (vgl. Erwägungsgründe 4 bis 6, Art. 1 Abs. 1; s. auch BT-Drs. 13/7385, S. 18). Gleichzeitig soll auch der Schutz der Verbraucher gewährleistet werden (Erwägungsgründe 7, 10, 11).

Hiermit steht es nicht im Einklang, wenn der Diensteanbieter aus der Kontaktaufnahme mittels gebührenpflichtiger Servicenummern zusätzlichen Gewinn erzielt, zumal dem Verbraucher keine angemessene Gegenleistung zuteil wird (vgl. Micklitz/Schirmbacher, a.a.O. § 5 TMG Rn. 47).

Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass das Geschäftsmodell und die Geschäftsstrukturen eines Online-Händlers anders als beim stationären Handel keinen beratenden Verkäufer vorsähen, was auch im Rahmen der Kalkulation der Preise Auswirkungen habe, so dass es angemessen sei, Kosten für die Beantwortung telefonischer Anfragen zu erheben, kann ihr nicht gefolgt werden. Relevante Nachteile im Wettbewerb durch die durch die telefonische Beratung verursachten Kosten dürften schon deshalb nicht entstehen, weil zumindest in der Union alle Mitbewerber der Beklagten insoweit den gleichen Regeln unterliegen. Gewisse - natürlich nicht von der Hand zu weisende - Belastungen der Beklagten (wie auch eines jeden anderen Normadressaten) müssen - darüber hinaus auch mit Blick auf die in Art. 12, 14 GG vorgesehenen Grundrechtsschranken - hingenommen werden. Denn der mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG verbundene Eingriff ist durch die damit verknüpften vernünftigen sachlichen Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert (vgl. KG, MMR 2013, 591 - Online-Kontaktformular, juris-Rn. 52)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: