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EuGH: Telefonnummer für Kundendienst nach § 312a Abs. 5 S. 1 BGB darf keine teure Sondernummer sein und nicht mehr als ein normaler Anruf kosten

EuGH
Urteil vom 02.03.2017
C-568/15
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V. / comtech GmbH


Der EuGH hat entschieden, dass die von einem Unternehmen angegebene Telefonnummer für den Kundendienst nach § 312a Abs. 5 S. 1 BGB keine teure Sondernummer sein und nicht mehr als ein normaler Anruf kosten darf. Dabei ist unerheblich, ob das Unternehmen mit der Kundendienstnummer Gewinne erzielt.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Die Kosten eines Anrufs unter einer Kundendiensttelefonnummer dürfen nicht höher sein als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs Das deutsche Unternehmen comtech vertreibt Elektro- und Elektronikartikel. Es wies auf seiner Website auf einen telefonischen Kundendienst hin, dessen Telefonnummer eine sogenannte 0180 - Nummer ist, wie sie in Deutschland allgemein für Service-Dienste verwendet wird und für die ein deutschlandweiter Tarif gilt. Die Kosten für einen Anruf unter dieser (geografisch nicht gebundenen) Sondernummer sind höher als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs unter einer
(geografischen) Festnetz- oder einer Mobilfunknummer.

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main (Deutschland) hat comtech vor dem Landgericht Stuttgart (Deutschland) auf Unterlassung dieser – ihrer Ansicht nach unlauteren – Geschäftspraxis verklagt. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht den Gerichtshof ersucht, vorab die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher
auszulegen. Nach dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Verbraucher nicht verpflichtet
sind, für Anrufe über eine Telefonleitung, die der Unternehmer eingerichtet hat, um im Zusammenhang mit mit Verbrauchern geschlossenen Verträgen kontaktiert zu werden, mehr als den Grundtarif zu zahlen. Der Begriff „Grundtarif“ wird in der Richtlinie jedoch nicht definiert.

Mit seinem heutigen Urteil antwortet der Gerichtshof, dass der Begriff „Grundtarif“ dahin auszulegen ist, dass die Kosten eines auf einen geschlossenen Vertrag bezogenen Anrufs unter einer von einem Unternehmer eingerichteten Service-Rufnummer die Kosten eines Anrufs unter einer gewöhnlichen geografischen Festnetznummer oder einer Mobilfunknummer nicht übersteigen dürfen.

Nach Ansicht des Gerichtshofs entspricht der „Grundtarif“ im gewöhnlichen Sprachgebrauch den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf. Sowohl der Zusammenhang, in dem dieser Begriff in der Richtlinie verwendet wird, als auch der Zweck der Richtlinie, der darin besteht, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, bestätigen, dass der Begriff in diesem üblichen Sinn
zu verstehen ist.

Wäre es dem Unternehmer gestattet, höhere Tarife zu berechnen als den Tarif für einen gewöhnlichen Anruf, könnten die Verbraucher nämlich davon abgehalten werden, die ServiceRufnummer zu nutzen, um Informationen zu einem Vertrag zu erhalten oder ihre Rechte, namentlich in den Bereichen Gewährleistung oder Widerruf, geltend zu machen. Der Gerichtshof stellt im Übrigen klar, dass es, soweit die Grenze der Kosten eines gewöhnlichen Anrufs beachtet wird, unerheblich ist, ob der betreffende Unternehmer mit der Service-Rufnummer Gewinne erzielt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



Generalanwalt EuGH: Telefonnummer für Kundendienst nach § 312a Abs. 5 S. 1 BGB darf keine teure Sondernummer sein und nicht mehr als ein normaler Anruf kosten

Generalanwalt EuGH
Schlussanträge
C-568/15
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V. / comtech GmbH


Der Generalanwalt hat in diesem Rechtsstreits in seinen Schlussanträgen ausgeführt, dass die Telefonnummer für den Kundendienst eines Unternehmens nach § 312a Abs. 5 S. 1 BGB keine teure Sondernummer sein und nicht mehr als ein normaler Anruf kosten darf.

Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des EuGH:

Nach Ansicht von Generalanwalt Szpunar dürfen die Kosten eines Anrufs zu einer Kundendiensttelefonnummer nicht höher sein als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs

Das deutsche Unternehmen comtech vertreibt Elektro- und Elektronikartikel. Es weist auf seiner Website auf einen telefonischen Kundendienst hin, dessen Telefonnummer eine sogenannte 0180-Nummer ist, die in Deutschland für Service-Dienste verwendet wird und für die ein deutschlandweit einheitlicher Tarif gilt.

Die Kosten für einen Anruf unter dieser (geografisch nicht gebundenen) Sondernummer sind höher als die Kosten, die dem Verbraucher für einen Anruf zu einer gewöhnlichen (geografischen) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstehen würden.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main (Deutschland) hat comtech vor dem Landgericht Stuttgart (Deutschland) auf Unterlassung dieser – ihrer Ansicht nach unlauteren – Geschäftspraktik verklagt. Das Landgericht hat dem Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher der Anwendung eines derartigen Tarifs entgegensteht.

In seinen Schlussanträgen von heute schlägt Generalanwalt Maciej Szpunar dem Gerichtshof vor, diese Frage zu bejahen.
Generalanwalt Szpunar weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie dafür sorgen müssen, dass ein Verbraucher nicht verpflichtet ist, mehr als den „Grundtarif“ zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung für die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag eingerichtet hat.

Das bedeutet nach Ansicht des Generalanwalts, dass das dem Verbraucher in Rechnung gestellte Entgelt nicht höher sein darf als das Entgelt für einen gewöhnlichen Anruf zum marktüblichen Preis. Daher dürfen dem Verbraucher keine höheren Kosten entstehen als die üblichen Kosten, die ihm für einen Anruf zu einer gewöhnlichen (geografischen) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstanden wären.

Denn eine Gebühr, die höher ist, als sie für eine gewöhnliche Telefonverbindung anfällt, wäre wegen der dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten dazu angetan, den Verbraucher davon abzuschrecken, bei Fragen z. B. zum Liefertermin, zur Rechnungsstellung oder zur Gewährleistung mit dem Unternehmer Kontakt aufzunehmen. Nach Ansicht des Generalanwalts
gilt für den telefonischen Service-Dienst die unwiderlegbare Vermutung, dass er in dem vom Verbraucher bereits bezahlten Preis enthalten ist, so dass die Benutzung einer überteuerten Rufnummer dazu führen würde, dass der Verbraucher für ein und denselben Service zusätzliche Kosten tragen müsste.

Generalanwalt Szpunar stellt außerdem fest, dass die Frage, ob der Unternehmer einen Teil des vom Verbraucher entrichteten Entgelts erhält oder nicht, für die von ihm vorgeschlagene Antwort ohne Bedeutung ist.