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AG München: Für Bemessung des Lizenzschadens beim Fotoklau im Internet ist auf Lizenzierungspraxis auch unter Berücksichtigung des Agenturmarktes abzustellen

AG München
Urteil vom 15.10.2021
142 C 1511/21

Das AG München hat entschieden, dass für die Bemessung des Lizenzschadens im Wege der Lizenzanalogie beim Fotoklau im Internet auf die Lizenzierungspraxis auch unter Berücksichtigung des Agenturmarktes abzustellen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
III. Die Klage ist jedoch unbegründet. Es kann offen bleiben, ob der Kläger Inhaber der behaupteten Rechte ist und ihm dem Grunde nach die geltend gemachten Ansprüche nach §§ 97 Abs. 2 S. 1, 97a Abs. 3 S. 1 UrhG zustehen. Etwaige Ansprüche wären nämlich aufgrund der unstreitig auf die behauptete Rechtsverletzungen geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 231,50 € erloschen.

1. Das Gericht bemisst eine mögliche angemessene Vergütung i.S.d. § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG auf 100,00 € netto bzw. 119,00 € brutto.

a. Der Kläger berechnet die Höhe seines Schadens nach der sogenannten Lizenzanalogie gem. § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG. Bei dieser Berechnung ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Dabei ist unerheblich, ob und inwieweit der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen. Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden. Im Zusammenhang mit der unberechtigten Nutzung einer Fotografie im Internet wird es dabei unter anderem auf die Intensität der Nutzung, insbesondere ihre Dauer, und die Qualität des Lichtbilds ankommen. Soweit damit objektiv eine Erhöhung des wirtschaftlichen Werts der Bildernutzung verbunden ist, wird ferner der für die Erstellung des Lichtbilds erforderliche Aufwand zu berücksichtigen sein (BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 187/17 -, Rn. 18 - 19, „Sportwagenfoto“, juris, m.w.N.). Nichts anderes gilt für die hier gegenständliche Nutzung einer Grafik.

Daneben sind auch weitere Parameter erheblich wie Gewinn und Umsatz für den Verletzer, Gewinn- und Umsatzverlust für den Verletzten, Bekanntheit des Werks bzw. dessen Urhebers, ebenso wie der Umstand, dass der Verletzer sich für die Rechteklärung erheblich Aufwand und damit in Zusammenhang stehende Kosten gespart hat (BeckOK UrhR/Reber, 31. Ed. 1.5.2021, UrhG § 97 Rn. 125 m.w.N.)

Maßgebliche Bedeutung kommt dabei einer zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt durchgesetzten eigenen Lizenzierungspraxis des Rechteinhabers zu (BGH a.a.O.).

b. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Gericht zunächst berücksichtigt, dass die Nutzung durch den Beklagten offensichtlich für eine Tätigkeit im eng umgrenzten Regionalbereich erfolgt und somit weder eine größere Öffentlichkeits- oder Breitenwirkung noch ein wirtschaftlicher Wert der Verwendung für den Beklagten erkennbar ist. Der Beklagte hat zu einer nicht kommerziellen Kinderveranstaltung innerhalb einer kleinen Dorfgemeinschaft eingeladen, so dass unabhängig von konkreten Aufrufzahlen der Domain von einer äußerst geringen Intensität der Verwendung auszugehen ist. Zwar wurde die Grafik mehrere Monate genutzt, der tatsächliche Verwendungszweck war jedoch nach Ablauf der beworbenen Veranstaltung überholt, so dass die Verwendungsdauer nach dem Sankt-M.s-Tag 2019 auch nur noch eingeschränkt zu berücksichtigen ist.

c. Die gegenständliche Grafik weist zwar angesichts der eigentümlichen comicartigen und bunten Darstellung durchaus eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe auf, so dass das Gericht die Einschätzung des Beklagten, es handele sich um eine triviale Darstellung einfachster Art, nicht uneingeschränkt teilt. Schließlich hat sich auch der Beklagte selbst dafür entschieden, seine Einladung mit der für ihn offensichtlich attraktiven Grafik als „Eyecatcher“ auszuschmücken. Andererseits ist auch bei Zugrundelegung des klägerischen Vortrags zum Aufwand der Erstellung nicht ersichtlich, dass diese im Vergleich zu anderen gleichartigen Werken überdurchschnittlich aufwändig gewesen wäre. Es ist auch nicht vorgetragen, dass es sich etwa um ein „Kunstwerk“ handelt, so dass eine Wertsteigerung durch Verwendung in Galerien oder Kunstausstellungen in Betracht zu ziehen wäre. Zum Bekanntheitsgrad des Erstellers hat der Kläger auch nichts weiter vorgetragen, so dass es sich letztlich auch im Hinblick auf die Wertbestimmung eher um eine am unteren Rand der Werkqualität anzusiedelnde, einfache Illustration handelt.

d. Daneben ist die eigene Lizenzierungspraxis des Klägers maßgebend.

aa) Der Kläger hat zuletzt selbst vorgetragen, dass er weder die streitgegenständliche Grafik noch andere, gleichartige Grafiken aus derselben Serie auf dem freien Markt zu Preisen, welche den in seiner Preisliste (Anlage K 2) veröffentlichen Sätzen entsprechen, lizenziert hat. Die als Anlage K 4 vorgelegten Lizenzrechnungen über jeweils 450,00 € netto für vergleichbare Grafiken sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht - jedenfalls nicht uneingeschränkt - maßgeblich, da es sich hierbei zuletzt unstreitig um Nachlizenzierungsvergütungen handelt. Derartige Lizenzierungen nach Verletzung sind nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen; entgolten wird damit regelmäßig mehr als nur die einfache Nutzung. Dabei macht es keinen Unterschied, ob eine förmliche Abmahnung vorausgegangen ist oder die Rechtsinhaberin unter Hinweis auf die Rechtsverletzung lediglich an den Verletzer herangetreten ist. In beiden Fällen stellen die nachfolgend vereinbarten „Lizenzgebühren“ nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten; vielmehr bilden sie darüber hinaus regelmäßig eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über mögliche Ansprüche aus der vorangegangenen Rechtsverletzung. Dieser bei einem Nachlizenzierungsvertrag gegenüber einer freihändigen Lizenz vergütete „Mehrwert“ steht typischerweise der Annahme entgegen, ein solcher Lizenzvertrag habe eine Indizwirkung für den „objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung“ (BGH, Urteil vom 18. Juni 2020 - I ZR 93/19 -, Rn. 23 ff., juris). Dafür spricht im Übrigen im vorliegenden Fall auch die eigene E-Mail des Klägers vom 08.08.2020 (Anlage B 3), in welcher er den Beklagten darauf aufmerksam macht, dass der Preisunterschied zwischen seinen Lizenzen und denjenigen von A. Stock auf einer rückwirkenden Geltung seiner Lizenzen beruhe, was lediglich für den Fall einer Nachlizenzierung Sinn macht. Die Berücksichtigung von Nachlizenzierungen bei der Berechnung des Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie würde daher faktisch zu einem Verletzerzuschlag führen, der mit den Grundlagen des deutschen Schadensersatzrechts unvereinbar ist und dem der Gesetzgeber bei der Umsetzung der RL 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums eine Absage erteilt hat (BGH, a.a.O., Rn. 26, juris).

bb) Die vom Kläger vorgelegten Vergleichsrechnungen Anlagen K 6 und K 7 sind zur Bemessung des Lizenzschadens ebenfalls nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig. Der Beklagte weist zum einen zu Recht darauf hin, dass es sich um Lizenzierungen für Fotografien handelt, die mit den gegenständlichen Grafiken nicht ohne Weiteres vergleichbar sind. Zudem hat der Kläger lediglich zwei einzelne Rechnungen vorgelegt, deren Beträge mit den von ihm begehrten Zahlungen vergleichbar sind, obwohl er eigenen Angaben zufolge „seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf seines Bildmaterials verdient“. Ob der Kläger derartige Preise daher am Markt regelmäßig durchsetzt kann das Gericht aufgrund zweier Einzelrechnungen nicht beurteilen.

cc) Entgegen der Ansicht des Klägers sind auch die auf dem Agenturmarkt für die streitgegenständliche Grafik verlangten Preise nicht außer Acht zu lassen. Letztlich handelt es sich auch hierbei um die „eigene Lizenzierungspraxis“ des Klägers, der den zwischengeschalteten Agenturen die Weiterlizenzierung gestattet hat und an den Einkünften beteiligt wird. Zwar ist es richtig, dass bei der Bemessung des Lizenzschadens darauf abzustellen ist, was die Parteien selbst als Vertragspartner ohne Zwischenschaltung einer Agentur vernünftigerweise vereinbart hätten; die Marktpreise von Drittanbietern würden jedoch nach Auffassung des Gerichts in die Preisgestaltung und -verhandlung von vernünftigen Vertragspartnern sehr wohl einfließen, zumindest dergestalt, dass ein redlicher Anbieter keine Vergütung verlangen würde, die weit oberhalb des teuersten Angebots einer Agentur liegt. Andererseits gibt es jedoch auch keinen Erfahrungssatz, dass ein redlicher Kaufmann, der seine Produkte zu einem bestimmten Preis anbietet, einen interessierten Kunden an einen anderen Anbieter verweist, bei dem das Produkt zu einem günstigeren Preis erhältlich ist. Demnach wäre es dem Kläger grundsätzlich vernünftigerweise auch nicht verwehrt, höhere Preise zu vereinbaren als diejenigen, die Agenturen verlangen. Ein vernünftiger Interessent dürfte sich auch nicht darauf zurückziehen, eine Leistung kostenfrei oder zum günstigsten Tarif zu erhalten. Ohnehin ist es dem Beklagten entgegen dessen Ansicht von Vornherein verwehrt, sich auf das günstigste oder gar ein kostenloses Angebot zu berufen, da wie ausgeführt der objektive Wert der Berechtigung maßgeblich ist. Das Gericht geht daher grundsätzlich davon aus, dass eine Direktlizenzierung bei einem Rechteinhaber durchaus auch höhere Vergütungssätze als bei Drittanbietern rechtfertigen kann, da diese Vorgehensweise auch für den Lizenznehmer weitergehende Vorteile mit sich bringen kann (unmittelbarer Ansprechpartner im Inland, Vermeidung von Registrierungsprozessen, Laufzeitverträgen oder Erwerb von „Credits“ etc.).

e. Wie hoch der Lizenzschaden genau zu bemessen wäre kann jedoch letztlich dahinstehen. Das Gericht ist unter Berücksichtigung der dargelegten Gesamtumstände, insbesondere des vom Beklagten vorgesehenen Verwendungszwecks, jedenfalls der Auffassung, dass die Vereinbarung einer höheren Vergütung als 100,00 € (netto) unter den genannten Umständen ausgeschlossen werden kann. Entgegen der Auffassung des Klägervertreters widerspricht eine solche Bemessung auch nicht der Rechtsprechung des BGH, der in der bereits zitierten Entscheidung (“Sportwagenfoto“) für einen „Schnappschuss“ eines nicht kommerziell tätigen Fotografen einen Lizenzschaden von ebenfalls 100,00 € zugebilligt hat. Wie ausgeführt erfolgt die Bemessung auch nach Auffassung des BGH anhand der gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls. Im Fall des „Sportwagenfotos“ hatte offenbar eine Großhandelskette das Bild gewerblich genutzt und somit einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Wert generiert; hiervon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der Beklagte hat sich im Rahmen einer Dorfgemeinschaft dafür eingesetzt, Kindern durch Organisation eines Sankt-M.s-Umzugs eine Freude zu bereiten. Weshalb der Kläger allen Ernstes meint, dass der objektive Wert der Bebilderung der Einladung hierzu mehr als 1.000,00 € betragen soll ist für das Gericht letztlich nicht nachvollziehbar.

2. Einen Zuschlag in Höhe von 100% auf diesen Betrag kann der Kläger nicht verlangen.

Zwar führt nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung die fehlende Urhebernennung grundsätzlich zu einem pauschalen 100%igen Zuschlag des für die jeweilige Nutzung üblichen Honorars (Dreier/Schulze/Schulze, 6. Aufl. 2018, UrhG § 13 Rn. 35; OLG München, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 6 U 2260/13 - juris, Rn. 37). Der Vortrag des Klägers im Hinblick auf den von ihm verlangten Zuschlag bleibt jedoch bereits nebulös. In seinen eigenen Nutzungsbedingungen (Anlage B 17) verlangt er für alle von ihm bezogenen Bilder eine Nennung seines eigenen Namens als Urheber. Im vorliegenden Fall ist er jedoch unstreitig nicht selbst Urheber der Grafik, so dass er die Nennung seines eigenen Namens jedenfalls vor dem Hintergrund des § 13 UrhG nicht verlangen kann.

Soweit der Kläger meint, der Beklagte habe bei Verwendung der Grafik den Namen des vom Kläger erst mit Schriftsatz vom 21.05.2021 erstmals erwähnten Erstellers B. nennen müssen, geht diese Annahme ebenfalls fehl. Unstreitig tritt diese Person in der Öffentlichkeit nirgends als Urheber weder der gegenständlichen Grafik noch anderer Grafiken der vom Kläger vermarkteten Serie auf. Aus der Anlage B2 ergibt sich, dass stattdessen der Kläger selbst auf seiner Internetseite die Grafiken mit dem Hinweis „Copyright © 2020 K.“ versehen hat. Auch im Angebot etwa der Agentur „A.“ (Anlage B 6) ist die gegenständliche Grafik mit der Angabe „von K.“ versehen, ohne dass auf einen abweichenden Urheber hingewiesen wird.

Aus alldem ergibt sich, dass der Urheber das Werk offensichtlich anonym veröffentlicht hat; damit bringt er jedoch zum Ausdruck, dass er als Person nicht ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden möchte. Den Urheber wider dessen Willen in der Öffentlichkeit zu nennen, könnte sogar das sich aus der Formulierung des § 13 S. 2 Alt. 1 UrhG ergebende Recht des Urhebers auf Anonymität verletzen (Wandtke/Bullinger/Bullinger, 5. Aufl. 2019 Rn. 12, UrhG § 13 Rn. 12). In dieser Konstellation ist es daher widersprüchlich und dem Urheber von Vornherein verwehrt, aufgrund fehlender Benennung Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

3. Ebenso wenig sind die vom Kläger geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig. Zwar können diese als adäquat kausale Folge der Rechtsverletzung grundsätzlich eine auch nach § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG ersatzfähige Schadensposition darstellen. Voraussetzung ist jedoch, dass aus der maßgebenden Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation die Beauftragung des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (BGH, NJW 2011, 2509 [2510] Rn. 9; NJW 2018, 935 Rn. 6). Dies scheidet hier bereits deshalb aus, da der Kläger seinen anwaltlichen Vertreter mit der vorgerichtlichen Geltendmachung von weit überhöhten Schadensersatzansprüchen beauftragt hat. Eine solche Tätigkeit ist insgesamt nicht geeignet, zur Durchsetzung etwaiger Forderungen auch nur in tatsächlich berechtigter Höhe und somit zur außergerichtlicher Streitbeilegung beizutragen und daher nicht zweckmäßig.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Köln: Kein Anspruch auf Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG bei Bilderklau wenn Abmahnung keine Wiedergabe des gerügten Bilds bzw. Konkretisierung enthält

LG Köln
Urteil vom 20.05.2021
14 O 167/20


Das LG Köln hat entschieden, dass kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG bei Bilderklau im Internet besteht, wenn die Abmahnung entgegen § 97a Abs. 2 UrhG keine Wiedergabe des gerügten Bilds bzw. Konkretisierung enthält

Aus den Entscheidungsgründen:

"Dem Beklagten steht weder ein Anspruch auf (nicht im Wege der Widerklage geltend gemachten) Schadensersatz in Höhe von 2.415,92 € (22.015,92 € abzüglich 19.600,- €) noch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.564,26 € zu. Außerdem hat der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 1.564,26 € zzgl. Verzugszinsen seit dem 03.06.2020 aus § 97a Abs. 4 UrhG, §§ 286, 288 BGB.

a) Aus den obigen Erwägungen zur Widerklage ergibt sich spiegelbildlich, dass der Beklagte keinen über 1.113,05 € hinaus gehenden Schadensersatzanspruch gegen den Kläger hat. Der Klageantrag zu 1. ist folglich begründet. Dabei war der Klageantrag nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung dahingehend zu korrigieren, dass die Feststellung nur den tenorieren Betrag von 2.415,92 € betrifft.

b) Der Antrag zu 2. der Klage ist ebenfalls begründet, weil der Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG hat, weil die Abmahnung nicht den Anforderungen aus § 97a Abs. 2 UrhG entspricht. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Abmahnung keine Ablichtung oder sonstige eindeutige Konkretisierung des streitgegenständlichen Lichtbilds enthielt und somit die Rechtsverletzung nicht genau bezeichnet war im Sinne von § 97a Abs. 2 Nr. 2 UrhG. Dies genügt bereits, um die Abmahnung unwirksam zu machen. Auf die anderen Einwände des Klägers gegen die Abmahnung kommt es nicht weiter an, sodass weitere Ausführungen entbehrlich sind.

c) Aus den vorstehenden Erwägungen ist auch der Antrag zu 3. der Klage dem Grunde nach begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 97a Abs. 4 UrhG. Mit Blick auf die Höhe hat der Kläger seine erforderlichen Aufwendungen spiegelbildlich zur Höhe der Abmahnkosten berechnet. Dabei hat er einen Gegenstandswert i.H.v. 29.576,18 € und eine 1,5 Geschäftsgebühr angesetzt und einen Betrag von 1.584,26 € berechnet. Mit Ausnahme der fehlerhaften Berechnung der Gebühr begegnet dies im Ergebnis angesichts der Berühmung von Ansprüchen des Beklagten keinen Bedenken. Der Gegenstandswert errechnet sich zwar aus der Höhe der in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche und zwar Schadensersatz in Höhe von 19.600,- €, dem Unterlassungsanspruch zu 6.000,- € sowie der eigenen Forderung in Höhe von 1.584,26 €, mithin 27.184,26 € (in der Abmahnung geltend gemachte Zinsen in Höhe von 2.415,92 € bleiben als Nebenforderung außer Betracht). Da mit dieser leicht überhöhten Angabe des Gegenstandswerts jedoch kein Gebührensprung verbunden ist, bleibt sie im Ergebnis ohne Folge. Der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr ist berechtigt. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nach Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. Eine höher festgesetzte Gebühr ist voll durch die Gerichte überprüfbar. In der Literatur wird vertreten, dass im Regelfall bei urheberrechtlichen Angelegenheiten von einem hohen Schwierigkeitsgrad auszugehen sei. Es handelt sich um eine Spezialmaterie, die eine umfassende Einarbeitung eines nicht darauf spezialisierten Anwalts erfordert (Fromm/Nordemann, UrhG § 97a Rn. 41). Ob jede urheberrechtliche Angelegenheit einen hohen Schwierigkeitsgrad hat, lässt die Kammer ausdrücklich offen. Im vorliegenden Fall der Abwehr einer sehr hohen Schadensersatzforderung in einem Fall mit beiderseitigem Auslandsbezug ist dieser hohe Schwierigkeitsgrad jedoch anzunehmen und der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr angemessen. Jedoch beläuft sich eine 1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, 1008 VV RVG auf 1.294,50 € (nicht wie vom Klägerbevollmächtigten in seinem vorgerichtlichen Schreiben errechnet: 1564,26 €). Zuzüglich der Auslagen nach Nr. 7001 und 7002 VV RVG von 20,- € errechnen sich damit Nettogebühren von 1.314,50 €. Der Kläger forderte dabei in seinem Schreiben nur den Nettobetrag. Umsatzsteuer dürfte wegen § 3a Abs. 2 UStG auch nicht anfallen, sodass der Kläger nur den Nettobetrag ersetzt verlangen kann. Dass der Kläger Umsatzsteuer in Deutschland oder der Schweiz gezahlt hat und deshalb auch insoweit Ersatz verlangen kann, hat er nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

d) Aus dem vorgenannten Betrag kann der Kläger Verzugszinsen gem. § 288 Abs. 1 BGB seit dem 03.06.2020 fordern, weil der Beklagte durch E-Mail seines Rechtsanwalts vom 02.06.2020 die Zahlung von Aufwendungsersatz eindeutig abgelehnt hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).


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OLG Köln: MFM-Richtlinien nur bei Fotos eines Berufsfotografen und Vorlage von Lizenzrechnungen in vergleichbarer Höhe Anhaltspunkt - Streitwert steigt nicht linear bei mehreren Lichtbildern

OLG Köln
Urteil vom 11.01.2019
6 U 10/16


Das OLG Köln hat entschieden, dass die MFM-Richtlinien nur bei Fotos eines Berufsfotografen und Vorlage von Lizenzrechnungen in vergleichbarer Höhe als Anhaltspunkt für die Berechnung des Lizenzschadens herangezogen werden können. Zum Streitwert für den Unterlassungsanspruch führt das Gericht ferner aus, dass dieser bei mehreren Lichtbildern nicht linear sondern degressiv steigt. Dabei ist nach Ansicht des Gerichts bei 52 Lichtbildern, die zum Teil als LIchtbildwerk einzuordnen sind, ein Streitwert von 3.000 EURO pro Bild angemessen.

Aus den Entscheidungsgründen:

2. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der Lizenzanalogie zur Verfügung. Diesen kann der Kläger ausnahmsweise auf der Grundlage der MFM-Empfehlungen berechnen. Die angemessene Lizenz beläuft sich auf 14.872 €.

Bei der Art der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Es ist dabei unerheblich, ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung in dieser Höhe zu zahlen (BGH, Urteil vom 29.05.1962 – I ZR 132/60, GRUR 1962, 509 – Dia-Rähmchen II; Urteil vom 06.10.2005 – I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 – Pressefotos; Urteil vom 02.10.2008 – I ZR 6/06, GRUR 2009, 407 – Whistling for a train).

Die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist dabei gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach der freien Überzeugung des Gerichts zu bemessen. Dabei sind der Umfang der Nutzung sowie der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechts zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2009, 407 – Whistling for a train, mwN). Zu den Umständen, die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlungen beeinflussen, gehören ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an tatsächlich vereinbarte Lizenzen, die wirtschaftliche Bedeutung des geschützten Rechts, die sich in Gewinnaussichten ausdrückt und durch die am Markt zu erzielende Vergütung bestimmt wird, eine etwaige Monopolstellung des Schutzrechtsinhabers, sowie, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang gegenüber der Verwendung des geschützten Rechts gangbare und aus der Sicht eines Lizenznehmers wirtschaftlich vernünftige Alternativen vorhanden sind (BGH, Urteil vom 14.03.2000 – X ZR 115/98, GRUR 2000, 685 – Formunwirksamer Lizenzvertrag).

Grundsätzlich ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung maßgeblich (BGH, Urteil vom 06.03.1980 – X ZR 49/78, GRUR 1980, 841 – Tolbutamid; GRUR 2006, 136 – Pressefotos, mwN), so dass beispielsweise wirtschaftliche Schwierigkeiten des Verletzers keine niedrigere Festsetzung der Lizenzgebühr rechtfertigen (BGH, GRUR 1962, 509 – Dia-Rähmchen II). Bei der Bewertung, welche Vereinbarung vernünftige Vertragsparteien getroffen hätten, kann aber auch die in der Branche übliche Umsatzrendite berücksichtigt werden, da ein Lizenznehmer im Zweifel keine Lizenzgebühr vereinbaren würde, die seinen Gewinn übersteigen würde (BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 – BTK).

Die Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (nachfolgend MFM-Empfehlungen) können im vorliegenden Fall ausnahmsweise als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen werden (offen gelassen in BGH, Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 – Restwertbörse; ablehnend bei einfachen Produktfotos: BGH, Urteil vom 18.09.2014 – I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 – CT-Paradies). Auch wenn die Empfehlungen von zahlreichen Gerichten häufig als überhöht abgelehnt wurden (vgl. zur Rechtsprechung mit entsprechenden Nachweisen: Büch in Limper/Musiol, Handbuch des Fachanwalts Urheber- und Medienrecht, 2. Aufl., Kap. 3 Rn. 291), sprechen die besonderen Umstände dieses Falles für eine Anwendung. Allerdings können die MFM-Empfehlungen nicht schematisch angewendet werden, sondern sind unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände zu modifizieren, weil die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten (KG, Urteil vom 25.02.2013 – 24 U 58/12, GRUR-RR 2013, 204). Insofern ist auch zu beachten, dass es sich bei den MFM-Empfehlungen weniger um eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte als vielmehr um eine einseitige Festlegung der Anbieterseite handelt (BGH, GRUR 2006, 136 – Pressefotos; GRUR 2010, 623 – Restwertbörse).

Im Rahmen der Bestimmung der Höhe der angemessenen Lizenz spricht für die Anwendung der MFM-Empfehlungen insbesondere, dass es sich bei dem Kläger um einen gewerblich tätigen Fotografen handelt und die dem Streit zugrunde liegenden in jeder Hinsicht professionellen Lichtbilder nach Abriss des „Palastes der Republik“ nicht mehr reproduzierbar sind. Vor diesem Hintergrund spricht die Tatsache, dass es sich bei der Nutzung durch den Beklagten nicht um eine Erstveröffentlichung handelt, nicht gegen die Anwendbarkeit der MFM-Empfehlungen. Es kommt hinzu, dass der Kläger durch Vorlage von Rechnungen die Höhe einer üblichen Lizenz belegt hat. Zwar handelt es sich um andere Nutzungsarten. Jedoch zeigen die Rechnungen, dass der Kläger ein nicht unerhebliches Entgelt für die Nutzungen erzielt.

Insgesamt schätzt der Senat die angemessene Lizenz vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen und unter Berücksichtigung des gesamten Vortrags der Parteien zur Höhe auf einen Betrag in Höhe von 286 € je Lichtbild, so dass insgesamt ein Anspruch in Höhe von 14.872 € besteht.

Dem liegt der Tarif der MFM-Empfehlungen für „Online-Zeitungen und Zeitschriften, Intranet, Informationsdienste (redaktionelle Nutzung)“ zugrunde. Dies erscheint im Ausgangspunkt angemessen, weil der Beklagte mit den Lichtbildern keine Werbung betreibt und die Nutzung im Rahmen des Bildarchivs einer Nutzung im Rahmen eines Informationsdienstes nahesteht, zumal dieser Dienst des Beklagten für die Nutzer kostenpflichtig ist. Weiter kann eine Nutzungsdauer von drei Jahren berücksichtigt werden, was einem Tarif von 220 € je Lichtbild entspricht. Da die Kantenlänge mehr als 520 Pixel betrug ist auch ein Zuschlag von 30 % entsprechend 66 € zu berücksichtigen. Insgesamt ergibt sich hieraus ein Betrag in Höhe von 286 € pro Lichtbild.

Soweit der Kläger darüber hinaus Zuschläge für eine „parallele 3-fach-Nutzung“ und „Bilderstrecke“ geltend macht, sind diese nach Auffassung des Senats im konkreten Fall nicht gerechtfertigt. Die Einstellung der Lichtbilder erfolgt in eine einheitliche Datenbank, so dass der Fall nicht mit einer „parallelen 3-fach-Nutzung“ vergleichbar ist. Auch ein Zuschlag für die Bilderstrecke sieht der Senat nicht als gerechtfertigt an. Dies gilt jedenfalls bei der Nutzung in der konkreten Form, weil durch die Einstellung einer Bilderstrecke in eine Datenbank kein Mehrwert anzunehmen ist, der eine höhere Lizenz rechtfertigen würde.

3. Der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist in Höhe von 2.280,70 € als Annexanspruch berechtigt. Die Anspruchsvoraussetzungen liegen nach den vorstehenden Darlegungen dem Grunde nach vor. Der Anspruch besteht allerdings nicht in der vom Kläger geltend gemachten Höhe.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann für den Unterlassungsanspruch, den der Kläger vorprozessual geltend gemacht hat, nicht ein Streitwert in Höhe von 260.000 € für die 52 Lichtbilder (52 x 5.000 € = 260.000 €) zugrunde gelegt werden. Denn der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Streitwert bei einer Vielzahl von Werken nicht linear, sondern degressiv ansteigt. So hat der Senat beispielsweise in einem Verfahren, das 31 gewerblich benutzte Lichtbilder (einfache Produktfotos) betraf, 3.000 € pro Bild angesetzt (Beschluss vom 10.07.2015 – 6 W 78/15). Hier stehen Fotografien in Rede, die sicher zumindest teilweise die Schwelle zum Lichtbildwerk überschritten haben und daher einen höheren Ansatz rechtfertigen als einfache Produktfotos. Ein Ansatz 3.000 € je Lichtbild erscheint vor diesem Hintergrund bei der Nutzung von 52 Lichtbildern sachgerecht. Hieraus ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 156.000 €. Diesem ist der Wert des Auskunftsanspruchs hinzuzurechnen, der mit 10% des Schadensersatzanspruchs angesetzt werden kann. Weiter in der Schadensersatzanspruch zu berücksichtigen, soweit dieser berechtigt ist (14.872 €). Insgesamt ergibt sich somit ein Streitwert von bis zu 185.000 €. Bei diesem Streitwert beträgt eine 1,3-fache Gebühr, die vorliegend gerechtfertigt ist, auf der Basis des RVG, Stand bis 31.07.2013, 2.260,70 € (1,3 x 1.739 €). Unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale ergibt sich somit ein Anspruch in Höhe von 2.280,70 €."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Köln: Abschlag von 20 % auf Sätze der MFM-Richtlinien bei Berechnung des Lizenzschadens wenn hochwertiges Foto nicht von Berufsfotografen stammt

LG Köln
Urteil vom 24.08.2017
14 O 111/16


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Abschlag von 20 % auf die Sätze der MFM-Richtlinien bei der Berechnung des Lizenzschaden zu machen ist, wenn Fotos nicht von einem Berufsfotografen stammen, auch wenn es sich um hochwertige Fotos handelt. Damit hat das LG Köln seine Rechrsprechung bestätigt, wonach die MFM-Richtlinien nicht schematisch anzuwenden sind, sondern lediglich eine Orientierungshilfe für die Berechnung des Schadensersatzes darstellen.

Aus den Entscheidungsgründen:

aa) Gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann der Schadensersatzanspruch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzte als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dabei ist für die Berechnung des maßgeblichen objektiven Werts der Benutzungsberechtigung darauf abzustellen, was vernünftig denkende Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten (vgl. BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie; GRUR 2006, 136 Rn. 23,26 - Pressefotos; OLG Brandenburg, GRUR-RR 2009, 413 – MFM-Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig GRUR-RR 2012, 920, 922; OLG Köln, Urt. v. 1.3.2013 - 6 U 168/12). Hierfür kommt es auf die gesamten wesentlichen Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH a.a.O. Rn. 26). Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 68/08 – Restwertbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321; OLG Braunschweig a.a.O) und welchen Wert der Verletzte im Nachhinein der Benutzungshandlung beimisst.

Bei der Festsetzung einer angemessenen Lizenz ist es nahe liegend, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (BGH, NJW-RR 1986, 1215 - Liedtextwiedergabe II; BGH GRUR 2006, 136 Rn. 23 - Pressefotos, OLG Köln a.a.O.). Die von dem Kläger zur Bemessung seines Schadensersatzanspruches herangezogenen Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing werden regelmäßig als in der Branche der Bildagenturen und freien Berufsfotografen übliche Regelung der Lizenzsätze für die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern und deshalb als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 - Pressefotos; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393 - Informationsbroschüre; OLG Brandenburg, GRUR 2009, 413 - MFM - Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig, GRUR-RR 2012, 920, 922). Dabei enthalten die MFM-Empfehlungen 2012 im Abschnitt „Online-Nutzungen, Internet, Webdesign, Pop-Ups, Banner, Online-Shops (Werbung/PR/Corporate Publishing)“ Honorarsätze für die Nutzung von Lichtbildern im Rahmen gewerblichen Internetpräsentationen. Demzufolge werden sie bei der Einstellung von Lichtbildern in gewerbliche Verkaufsangebote im Internet, so auch auf Online-Plattformen, als Ausgangspunkt für die Schätzung der vom Verletzer zu entrichtenden fiktiven Lizenz herangezogen (vgl. OLG Brandenburg a.a.O., LG Düsseldorf, Urt.v. 19.3.2008 - 12 O 416/06 – Rn 1f, 35 – juris, OLG Köln, Urt.v. 01.03.2013 – 6 U 168/12).

Die MFM-Empfehlungen sind allerdings nicht schematisch anzuwenden, sondern unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände gegebenenfalls zu modifizieren, da die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten (vgl. BGH GRUR 2006, 136 Rn. 28 ff - Pressefotos; OLG Braunschweig a.a.O. S. 922, OLG Köln, Urt. v. 30.04.2010 – 6 U 201/09, Urt. v. 23.05.2012 – 6 U 79/12; Urt. v. 01.03.2013 – 6 U 168/12). Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 68/08 – Restwertbörse I).

Nach der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitsachen zuständigen Kammer (vgl. etwa schon die Urteile vom 27. Mai 2014 – 14 S 38/13 – sowie vom 3. Juli 2014 – 14 S 30/13; Urteil vom 3. Dezember 2015 – 14 O 173/14) ebenso wie der Rechtsprechung des zuständigen Senats des Oberlandesgerichts Köln (vgl. OLG Köln, Urt. v. 01.03.2013, 6 U 168/13) können die MFM-Empfehlungen unter Berücksichtigung der aufgezeigten Grundsätze jedenfalls dann als Ausgangspunkt für die Schadensschätzung herangezogen werden, wenn es sich - wie vorliegend - nicht um die unberechtigte Nutzung einfacher „Schnappschüsse“, sondern qualitativ hochwertige Fotos handelt, auch wenn diese nicht von einem Berufsfotografen angefertigt worden waren. Dies gilt jedenfalls im vorliegenden Fall, da die Lichtbilder von dem Kläger augenscheinlich mit ähnlicher Qualität wie die von einem Berufsfotografen erstellten Lichtbilder angefertigt worden sind.

Die Beklagte hat die Lichtbilder des Klägers ganz bewusst für die Bewerbung ihrer eigenen Angebote im Internet genutzt. Die Qualität der Lichtbilder ist durch Anordnung, Schattenwurf und Hintergrund auch hochwertig; insbesondere handelt es sich nicht um „Knipsbilder“.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall ferner, dass die Beklagte die Lichtbilder auf der Handelsplattform eBay sowie auf ihrem Internetauftritt www.X-kiosk.de genutzt hat, über die sie in erheblichem Umfang gewerblich tätig ist

Bei der Bemessung des Lizenzschadensersatzes ist jedoch ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen Berufsfotografen handelt, wohingegen sich die MFM-Tarife an professionell gezahlten Bildhonoraren orientieren, in die der höhere Erstellungsaufwand sowie die sonstigen einem Berufsfotografen bei seiner Berufsausübung entstehenden Kosten und Risiken mit einkalkuliert sind. Aus diesen Gründen erscheint ein Abschlag auf den nach der Nutzungsart und -dauer berechneten Betrag gegenüber dem Tabellensatz der MFM gerechtfertigt. Da es sich bei den vom Kläger erstellten Lichtbildern gleichwohl um qualitativ hochwertige Fotos handelt, erachtet die Kammer im vorliegenden Fall einen Abschlag von 20 % für angemessen.

Dem steht nicht die von dem Kläger vorgetragene eigene Lizenzierungspraxis entgegen, wonach er seine Produktfotos regelmäßig nach den Empfehlungen der MFM lizenziert.

Allerdings wäre für den Fall, dass der Kläger tatsächlich die nach den MFM-Empfehlungen vorgesehenen Lizenzgebühren verlangt und erhält, die Feststellung gerechtfertigt, dass vernünftige Vertragsparteien bei vertraglicher Lizenzeinräumung eine entsprechende Vergütung vereinbart hätten (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2009 – I ZR 44/06 – Resellervertrag). Aus diesem Grunde trifft das Vorbringen des Klägers zu, dass die Kammer etwa in anderen Verfahren des Klägers bei dem Erlass eines Versäumnisurteils im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 331 Abs. 1, 3 ZPO bereits im vollem Umfang die Honorarempfehlungen der MFM zugrundegelegt hat, wenn und soweit der Kläger schlüssig vorgetragen hat, dass er regelmäßig und in ausreichender Zahl Lizenzierungen zu diesen Bedingungen vorgenommen hat.

Davon kann jedoch für die vorliegende Entscheidung nicht ausgegangen werden. Zwar hat der Kläger dies auch im hiesigen Rechtsstreit vorgetragen und dazu geschwärzte - sowie im nachgelassenen Schriftsatz auch ungeschwärzte - auf der Basis der Honorarempfehlungen der MFM erstellte Rechnungen vorgelegt. Allerdings hat die Beklagte dies und die Zahlung der in den Rechnungen verlangten Lizenzgebühren bestritten, ohne dass der Kläger zu Zahlungen näher vorgetragen und insgesamt zu diesen Umständen Beweis angeboten hätte.

Deshalb verbleibt es bei einem Abzug von 20 %.


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OLG Köln: Kostenlose Creative Commons-Lizenz - kein Schadensersatz des Urhebers bei Urheberrechtsverstoß

OLG Köln
Beschluss vom 29.06.2016
6 W 72/16


Das OLG Köln hat entschieden, dass bei einer Urheberrechtsverletzung kein Anspruch auf Schadensersatz besteht, wenn der Urheber eines Werkes (hier: ein Foto) sein Werk unter einer kostenlosen Creative Commons-Lizenz anbietet. Nach Ansicht des OLG Köln können vorliegend weder MFM-Richtlinien noch andere kostenpflichtige Lizenzsätze im Wege der Lizenzanalogie angewandt werden. Vielmehr steht - so das Gericht - dem Urheber bei einer kostenlosen Lizenz auch kein Schadensersatz zu, wenn das Werk ohne Lizenz verwendet wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger, der Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangt, hat sein Lichtbild unstreitig zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt, wenn auch unter den Bedingungen der D Lizenz. Eine Berechnung in Anlehnung an die MFM-Empfehlungen scheidet daher aus.

Soweit der Kläger einen Lizenzkatalog, E-Mail-Korrespondenz sowie eine Rechnung über eine entgeltliche Lizenz vorlegt, so stammen diese Unterlagen alle aus dem Jahr 2015. Dass bereits 2012 trotz der D Lizenz auch entgeltliche Lizenzen vergeben worden sind, ist vom Beklagten bestritten worden. Näherer Vortrag dazu seitens des Klägers fehlt. Überdies hatte im vorliegenden Fall der Kläger die Bildnutzung auch nicht auf Fälle der nicht-kommerziellen Nutzungen beschränkt, sondern ohne weitergehende Beschränkung das Lichtbild zur Nutzung bereitgestellt, so dass auch eine kommerzielle Nutzung, wie sie auf der Seite unter der Domain www.H.pro stattgefunden hat, unter den Bedingungen der D-Lizenz unentgeltlich zulässig gewesen wäre.

Der Kläger kann nach der Berechnung nach der Lizenzanalogie dasjenige verlangen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Die Lizenzanalogie kommt u.a. selbst dann in Betracht, wenn Lizenzverträge in der Praxis nicht üblich sind, das verletzte Recht seiner Art nach aber vermögenswert genutzt wird oder zumindest genutzt werden kann (vgl.

Den "objektiven Wert" der Nutzung eines unter der D-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts hat der Senat in seinem Beschluss vom 31.10.2014 (6 U 60/14) mit Null angesetzt. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Bewertung abzuweichen. Der Kläger hat sein Lichtbild sowohl für kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Nutzungen, d.h. insgesamt kostenlos zur Verfügung gestellt, so dass nicht ersichtlich ist, welchen wirtschaftlichen Sinn eine weitere entgeltliche Lizenzierung daneben haben könnte. Da das öffentliche Zugänglichmachen bereits kostenlos möglich ist, liefe eine weitergehende kostenpflichtige Lizenz letztlich nur darauf hinaus, sich als Lizenznehmer von den Bedingungen der D Lizenz zu befreien. Anhaltspunkte, die als Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO dienen könnten, um den objektiven Wert einer solchen „Befreiung“ zu schätzen, sind nicht vorgetragen. Soweit der Kläger auf seine Lizenzkataloge, Korrespondenz und Rechnungen verweist, beziehen diese sich nicht nur allein auf 2015, sondern stellen zudem die Vergütung des Nutzungsrechts dar, obwohl der wirtschaftliche Wert einer entgeltlichen Lizenz allenfalls in der Befreiung von den Bedingung liegen kann. Dieser Wert lässt sich jedoch im Wege der Lizenzanalogie nicht berechnen.

Gleiches gilt für die fehlende Urheberbenennung. Zwar wird vertreten, dass auch Werke, welche unter einer P-Lizenz angeboten werden, über einen wirtschaftlichen Wert verfügten. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass P-Lizenzen häufig zur Bewerbung des eigenen Werkschaffens genutzt würden. Der Urheber veröffentliche einen kleinen Ausschnitt seines Werkes, um dadurch sich und seine Werke besser vermarkten zu können. Hier müsse im Einzelfall entschieden werden, ob das jeweilige Werk in der konkreten Verwendung trotz des P-Angebots einen wirtschaftlichen Wert habe oder nicht (vgl. Rauer/Ettig, WRP 2015, 153 ff., Rn. 30, m.w.N. - juris). Wenn vorliegend Lichtbilder sowohl für kommerzielle wie nicht-kommerzielle Nutzungen kostenlos frei gegeben werden und es an konkretem Vortrag fehlt, dass 2012 auch auf andere Weise als über die D Lizenz Lichtbilder des Klägers lizenziert worden sind, ist kein wirtschaftlicher Wert der Namensnennung für den Kläger ersichtlich."


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LG Hamburg: Domaininhaber haftet jedenfalls ab Kenntnis von der Rechtsverletzung für Urheberrechtsverstoß - Fotoklau im Internet

LG Hamburg
Beschluss vom 24.03.2010
310 O 100/10


Das LG Hamburg hat mit diesem Beschluss nochmals klargestellt, dass der Inhaber einer Domain nach den Grundsätzen der Störerhaftung jedenfalls dann für Urheberrechtsverletzungen über seine Internetdomain haftet, wenn er über die Rechtsverletzung informiert wurde und diese nicht unverzüglich abstellt. Vorliegend hatte ein Online-Shop ein Produktbild aus dem Online-Shop eines Mitbewerbers kopiert und verwendet. Der deutschsprachige Shop wurde von eine Firma in Tschechien betrieben, der Domaininhaber hatte jedoch eine deutsche Anschrift.

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LG Düsseldorf: Fotoklau im Internet - Wird ein Foto im Internet ohne Zustimmung und Benennung des Lichtbildners verwendet, ist ein Verletzerzuschlag von 100% gerechtfertigt

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 01.04.2009
12 O 277/08


Der Dauerbrenner Urheberrechtsverletzung durch die unerlaubte Verwendung fremder Lichtbilder beschäftigt immer wieder die Gerichte. Das LG Düsseldorf hat mit dieser Entscheidung noch einmal die gängige Rechtsprechung bestätigt, dass bei der Berechnung des Lizenzschadens die MFM-Richlinien herangezogen werden können und auch ein Verletzerzuschlag von 100 % gerechtfertigt ist, wenn der Lichtbildner nicht benannt wird.

Das Gericht befasst sich zudem mit der Frage, ob auch Bearbeitungen eines Lichtbilds nur mit Zustimmung des Lichtbildners verwendet werden darf. Das Gericht führt hierzu völlig zu Recht aus:

"Dabei ist es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin zunächst das Lichtbild der Zeugin X bearbeitet hat. Der Klägerin stand dieses Bearbeitungsrecht zu. Im Fall einer Bearbeitung dahingehend, das ein Teil eines Lichtbildes für eine weitergehende Nutzung verändert wird, lässt dies die Lichtbildnerrechte nach § 72 Abs. 1 UrhG nicht untergehen. Die Klägerin hat lediglich einen Teil, den prägenden Teil, heraus kopiert. Diesen prägenden Teil hat die Beklagte kopiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Schutzgut des § 72 UrhG ist auch ein Teil einer Fotografie (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 72 Rdz. 15). Dem Urheberrechtsgesetz ist keine Einschränkung dahingehend zu entnehmen, dass in einem solchen Fall der Lichtbildner oder der Nutzungsrechtsinhaber die Rechte nach § 72 UrhG verliert."


Ferner weist das Gericht in den Entscheidungsgründen nochmals darauf hin, dass Produktfotos des Lieferanten nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Lichtbildners bzw. Rechteinhabers verwendet werden dürfen:

"Soweit sie vorträgt, sie habe die Fotografie von ihrem Warenlieferanten erhalten, führt dies nicht dazu, dass ihr gleichzeitig die Nutzungsrechte für ein öffentliches Zugänglichmachen eingeräumt worden sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nicht allgemein üblich, dass Lieferanten Produktfotos ihrer Waren ihren Kunden zum Zwecke der Verwendung der Produktbilder zu Präsentationen und des Verkaufs einräumen. Eine schriftliche Vereinbarung diesbezüglich hat die Beklagte nicht behauptet."

Nach wie vor können wir Shop-Betreibern nur empfehlen, eigene Produktfotos zu erstellen.

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