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OLG Hamburg: Keine Ansprüche wegen nachschaffender Nachahmungen von Modeschmuck mit durchschnittlicher wettbewerblicher Eigenart

OLG Hamburg
Urteil vom 06.02.2025
15 U 43/24

Das OLG Hamburg hat iin diesem Rechtsstreit entschieden, dass keine Ansprüche wegen nachschaffender Nachahmungen von Modeschmuck mit durchschnittlicher wettbewerblicher Eigenart bestehen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Das Klagemuster besitzt wettbewerbliche Eigenart, allerdings nur in durchschnittlichem Maße (dazu unter 1.). Die Verletzungsmuster stellen nur nachschaffende Nachahmungen des Klagemusters dar (dazu unter 2.). Angesichts dessen fehlt es in der Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der Wechselwirkungslehre an den besonderen Umständen, die eine Unlauterkeit wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung oder Rufausnutzung bzw. -beeinträchtigung begründen können (dazu unter 3.).Es kann daher offenbleiben, auf welcher rechtlichen Grundlage die Beklagten zu 2) und zu 3) für ein etwa unlauteres Handeln der Beklagten zu 1) verantwortlich wären.

1. Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 10 – Exzenterzähne). Der Anspruchsteller trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 3 UWG. Soweit es die wettbewerbliche Eigenart des Produkts betrifft, muss er zu dem Produkt und dessen Merkmalen, die seine wettbewerbliche Eigenart begründen, konkret vortragen. Er muss deshalb das Produkt, für das er Schutz beansprucht, detailliert beschreiben. Hierfür kann er sich Abbildungen bedienen, soweit diese die in Rede stehende Ware und die die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale deutlich erkennen lassen. Im Regelfall wird der Anspruchsteller gehalten sein, dem Gericht das Produkt vorzulegen (BGH, GRUR 2021, 1544 Rn. 22 – Kaffeebereiter). Diesen Darlegungserfordernissen ist die Klägerin nachgekommen. Sie hat fotografische Abbildungen der Halsketten (Anlage K1) ebenso wie zwei Originalprodukte (Anlagen K2 und K3) zur Akte gereicht und diese beschrieben.

Der Senat kann die wettbewerbliche Eigenart aus eigener Sachkunde feststellen, denn die Mitglieder des Senats gehören zu dem vom Angebot der Klägerin angesprochenen Verkehrskreis der allgemeinen Verbraucher.

a. Eine wettbewerbliche Eigenart eines Produkts setzt nicht voraus, dass die zu seiner Gestaltung verwendeten Einzelmerkmale originell sind bzw. waren (vgl. BGH, GRUR 2012, 1155 Rn. 34 – Sandmalkasten). Das gilt auch für (Mode-) Schmuckerzeugnisse. Soweit für Modeartikel im Bekleidungsmarkt ein strengerer Maßstab gelten soll (s. dazu Köhler/Alexander in: Köhler/Feddersen, UWG, 43. Auflage 2025, § 4 Rn. 3.43d m.w.N.), gilt das hier jedenfalls nicht. Im Schmuckmarkt ändern sich die Trends und damit die Gestaltungen nicht so schnell und regelmäßig wie bei der Bekleidungsmode.

Für die Bestimmung der wettbewerblichen Eigenart ist auf den Gesamteindruck des nachgeahmten Erzeugnisses abzustellen. Dieser kann durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die zwar nicht für sich genommen, aber in ihrer Kombination geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft des nachgeahmten Produkts aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (BGH, GRUR 2016, 730 Rn. 33 – Herrnhuter Stern). Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart nicht nur verstärken, sondern auch erst begründen (BGH, GRUR 2012, 1155 Rn. 31 – Sandmalkasten).

In diesem Sinne weist hier keines der einzelnen Gestaltungsmerkmale für sich betrachtet (transparente Würfel aus Kristallglas, Würfel aus nicht transparentem Material, quadratische Metallplättchen und Strassrondelle, Zylinder) wettbewerbliche Eigenart auf. Die Verwendung von Würfeln, quadratischen Metallplättchen und Strassrondellen und von dünnen Zylindern als Abstandshaltern für Halsketten ist freihaltungsbedürftig und muss daher außer Betracht bleiben.

Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes ist der Schutz von Waren und Dienstleistungen in ihrer konkreten Gestaltung, nicht die dahinterstehende abstrakte (Gestaltungs-) Idee bzw. das Konzept (BGH, GRUR 2024, 139 Rn. 23 – Glück). § 4 Nr. 3 UWG darf nicht dazu dienen, Grundgedanken für die Gestaltung von Produkten gegen die Übernahme durch Wettbewerber zu schützen (BGH, GRUR 2005, 166, 168 – Puppenausstattungen). Demnach kann eine gestalterische Grundidee im Interesse des freien Wettbewerbs nicht im Wege des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden (BGH, GRUR 2016, 730 Rn. 37 – Herrnhuter Stern). Das gilt auch dann, wenn ein entsprechendes Erzeugnis eine hohe Verkehrsbekanntheit erlangt hat und vom Verkehr auf Grund der tatsächlichen Marktverhältnisse ohne weiteres einem bestimmten Unternehmen zugerechnet wird (BGH, GRUR 2003, 359, 361 – Pflegebett; Köhler/Alexander in: Köhler/Feddersen, UWG, 43. Auflage 2025, § 4 Rn. 3.23). Herkunftshinweisend kann also nur die konkrete Umsetzung der gestalterischen Grundidee sein (BGH, GRUR 2009, 1069 Rn. 22 – Knoblauchwürste; Köhler/Alexander in: Köhler/Feddersen, UWG, 43. Auflage 2025, § 4 Rn. 3.43a m.w.N.).

Die gestalterische Grundidee, Würfel und quadratische Elemente (hier: Metallplättchen und Strassrondelle) in abwechselnder und stets sich wiederholender Weise auf eine Kette zu ziehen und voneinander mittels dünner Zylinder auf Abstand zu halten, kann demnach nicht geschützt werden; andernfalls würde der Schutzbereich für das Produkt der Klägerin über die konkrete Gestaltung hinaus unzulässig erweitert (vgl. BGH, GRUR 2024, 139 Rn. 23 – Glück).

Allein das prägnante Zusammenwirken der für sich gesehen nicht schutzfähigen Gestaltungsmerkmale in der im Klagemuster anzutreffenden konkreten Ausformung führt dazu, dass der angesprochene Verkehr mit dem so gestalteten Produkt eine Herkunftsvorstellung verbindet. Die wettbewerbliche Eigenart ergibt sich aufgrund der besonderen Art der Kombination der unterschiedlichen geometrischen Elemente und der Auswahl der hochwertigen Materialien sowie der damit einhergehenden Farbgebung in ihrer Varianz.

Die freizuhaltende gestalterische Idee einer sich stets wiederholenden Abwechslung von Elementen, die ihrerseits aus quadratischen bzw. würfelförmigen Einzelelementen gleichen Ausmaßes bestehen, und der Trennung dieser Elemente durch dünne Zylinder als Abstandshalter ist im Klagemuster wie folgt konkret umgesetzt: Es wechseln sich stets ein Einzelwürfel und ein Elementenensemble ab, wobei letzteres in der stets gleichen Anordnung aus einem Würfel, einem Metallplättchen, einem Strassrondell und einem weiteren Metallplättchen besteht. Die beiden Elemente „Einzelwürfel“ und „Elementenensemble“ werden stets durch (nur) einen dünnen, die Kette umschließenden Zylinder voneinander getrennt. Alle Einzelelemente werden mittig von der Kette durchlaufen.

Maßgeblich für die Begründung der wettbewerblichen Eigenart ist der durch die stets gleiche Abfolge von Einzelwürfel, nur einem und stets gleich langen Zylinder und Elementenensemble entstehende streng symmetrische, dennoch Leichtigkeit vermittelnde Gesamteindruck. Der Eindruck strenger Symmetrie wir dabei erstens durch die sich immer wiederholende Abwechselung von Einzelwürfel und Elementenensemble bei immer demselben Abstand dazwischen, zweitens durch die immer gleiche Anordnung der Einzelelemente innerhalb des Elementenensembles und drittens auch und vor allem durch das Vorhandensein der jeweils prägenden Würfelform in den beiden Elementen „Einzelwürfel“ und „Elementenensemble“ hervorgerufen. Unterstützend kommt hinzu, dass die einzelnen Elemente in einheitlichen Maßen bzw. denselben Größen (Kantenlänge 6 Millimeter) verwendet werden. Der Eindruck gewisser Leichtigkeit entsteht vor allem durch den insbesondere im Vergleich zur Größe des Einzelwürfels recht großen Abstand, den die in ihrem Durchmesser einer Kette ähnlichen Zylinder herstellen.

Außerdem spielen die Materialauswahl und die damit in Zusammenhang stehende Farbgebung eine Rolle. Die konkrete Farbgebung einzelner Geo-Cube-Kernmodelle muss allerdings außer Betracht bleiben, da die Klägerin nicht eine oder mehrere bestimmte farbliche Gestaltungen zur Grundlage ihres Anspruchs macht, sondern vielmehr ausdrücklich die unterschiedlichen farblichen Gestaltungen bzw. die farbliche Variabilität der Geo-Cube-Kernmodelle als ein die wettbewerbliche Eigenart begründendes Merkmal ansieht. Daher kann nur „übergreifend“ auf solche farblichen Aspekte abgestellt werden, die sämtliche Klagemuster aufweisen. Aufgrund der erkennbar hochwertigen, nämlich akkurat gearbeiteten und besonders brillanten bzw. farbenprächtigen Einzelelemente macht das Klagemuster einen besonders wertigen Eindruck. Der Einzelwürfel besteht aus farbigem oder farblosem, transparentem Kristallglas von besonderer Brillanz, der besonders farbenprächtige Würfel des Elementenensembles hingegen ist nicht transparent und tritt mit den glänzenden Metallplättchen und dem glitzernden Strassrondell in Kontrast. Schließlich wirken auch die Bezeichnung „Geo-Cube“ und das an ein einem Extra-Kettchen befestigte Signet herkunftshinweisend und tragen so zur wettbewerblichen Eigenart bei.

b.Der Grad der wettbewerblichen Eigenart des Klagemusters ist als durchschnittlich einzustufen.

aa. Klagemuster um ein Erzeugnis handelt, das lediglich eine gestalterische Grundidee umsetzt, kommt ihm von Haus aus nur geringe wettbewerbliche Eigenart zu (vgl. BGH, GRUR 2016, 730 Rn. 43 – Herrnhuter Stern; Köhler/Alexander in: Köhler/Feddersen, UWG, 43. Auflage 2025, § 4 Rn. 3.43a).

bb. Eine Steigerung der wettbewerblichen Eigenart ergibt sich entgegen der Annahme der Klägerin nicht aus einem großen Abstand des Klagemusters zu seinem Marktumfeld (im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.03.2024, Az. 6 U 52/23, S. 18 ff. unter dd)). Zwar ist richtig, dass ein deutlicher Abstand zum Marktumfeld herkunftshinweisend wirken und daher für den Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Produkts bzw. seiner Verpackung relevant sein kann (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RS 2024, 25421 Rn. 30 – Glück, insoweit nicht beanstandet durch BGH, GRUR 2024, 139 Rn. 17 f. – Glück s. auch OLG Hamburg, GRUR-RR 2023, 296 Rn. 71 – Grübchenflasche und OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 363 Rn. 30 – Spiralschneider). Es kann im Streitfall aber nicht festgestellt werden, dass das Klagemuster einen deutlichen Abstand zu seinem Marktumfeld hat.

Für das Bestehen und den Grad der wettbewerblichen Eigenart ist nicht auf den Zeitpunkt der Markteinführung des Originals, sondern auf den Kollisionszeitpunkt mit der Nachahmung abzustellen; eine etwa erhöhte wettbewerbliche Eigenart muss daher auch in diesem Zeitpunkt noch bestehen (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RS 2024, 25421 Rn. 35 – Glück; BGH, GRUR 2021, 1544 Rn. 48 m.w.N. – Kaffeebereiter). Daher ist an dieser Stelle unerheblich, ob das Klagemuster bei seiner Markteinführung im Jahr 2005 „völlig neu“ war, wie die Klägerin behauptet. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 37 – LIKEaBIKE) kann der Umstand, dass der Originalhersteller eine Pionierleistung erbracht hat, jedoch bei der Frage eine Rolle spielen, ob der Grad wettbewerblicher Eigenart wegen der gesteigerten Bekanntheit des Produkts erhöht ist (dazu noch unter dd.).

Der von der Klägerin behauptete große Abstand zum Marktumfeld lässt sich für den Kollisionszeitpunkt im März 2022 (s. Anlage K25: 09.03.2022) nicht feststellen.

Es kann insofern nicht nur auf die Angebote der direkten Wettbewerber der Klägerin wie Swarovski, Thomas Sabo, Pandora oder Leonardo (s. Anlage K18) sowie auf die Angebote von Juweliergeschäften bzw. in gehobenen Vertriebskanälen wie etwa Christ und Manufactum (s. Anlagen K19a und K38) abgestellt werden. Vielmehr ist der gesamte Schmuckmarkt und damit auch der einfache Modeschmuckmarkt in den Blick zu nehmen. Daher spielen auch die von den Beklagten vorgelegten eigenen Angebote sowie diejenigen auf Plattformen wie ebay und etsy ebenso wie die Ergebnisse von Internetsuchmaschinen zu angebotenen Produkten eine Rolle (ebenso OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.03.2024, Az. 6 U 52/23, S. 20). In diesem Sinne hat die Klägerin auch selbst als Anlage K41 einen „Querschnitt des aktuellen Angebots an Halsketten bei eBay“ vorgelegt, wenn dieser auch aufgrund seines Datums aus September 2023 für den Kollisionszeitpunkt im März 2022 nicht relevant ist und offenbar auch nicht auf einer Suche nach Würfelketten o.ä. beruht, sondern lediglich eine allgemeine Übersicht darstellt. Schließlich ist auch die von den Beklagten als Anlage B22 eingereichte Designeintragung von Relevanz.

Würfelketten für sich gesehen sind und waren im Markt durchaus verbreitet. Die Klägerin hat dementsprechend selbst mehrere Gestaltungen von Würfelketten als Anlagen K19a-c vorgelegt, von denen zumindest eine nicht nur aus Würfeln, sondern aus sich abwechselnden unterschiedlichen Elementen besteht (Anlage K19b). Unstreitig ergab eine Suche bei der Suchmaschine Bing mit den Wörtern „Halskette Cube-Strass“ über 2,2 Millionen und bei der Suchmaschine google mit dem Begriff „Würfelkette“ am 03.05.2022 mehr als 53.000 Ergebnisse. Auch wenn zahlreiche dieser Ergebnisse zur Klägerin bzw. den Klagemustern und längst nicht alle der anderen Ergebnisse zu Gestaltungen führen, die dem Klagemuster gleichen oder ihm auch nur ähnlich sind, macht allein die sehr große Zahl an Ergebnissen deutlich, dass Würfelketten für sich gesehen alltäglich sind und waren. Das entspricht auch der Erfahrung der Senatsmitglieder als Mitglieder des vom (Mode-) Schmuckangebot angesprochenem Verkehrskreises.

Auch Würfelketten, die in ähnlicher Weise gestaltet sind wie das Klagemuster, waren bereits vor dem Kollisionszeitpunkt im Markt vorhanden und sind es im Kollisionszeitpunkt auch weiterhin. Die Beklagten haben als Anlage B8 ihren Produktkatalog der Kollektion 2013/2014 vorgelegt, aus dem sich eine Vielzahl von Würfelkettengestaltungen ergibt, bei denen die einzelnen würfelförmigen Elemente durch dünne Zylinder voneinander auf Abstand gehalten werden. Teilweise werden dabei neben Würfeln auch Metallplättchen und Strassrondelle verwendet, und teilweise findet sich neben einem Einzelwürfel auch ein Elementenensemble, wenn auch in anderer Weise als beim Klagemuster, etwa wie in der nachfolgend eingeblendeten Gestaltung (S. 3 oben in Anlage B8):

[...]

Die drei Verletzungsmuster stellen nur nachschaffende Nachahmungen des Klagemusters dar.

a. Eine identische Nachahmung steht nicht in Rede, denn die Klägerin geht selbst nur von einer nahezu identischen Nachahmung aus (s. Seiten 15 und 19 der Klageschrift). Aber auch eine solche liegt nicht vor. In diesem Sinne hat auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jüngst für zahlreiche dort streitige Verletzungsmuster, die den dort wie hier streitgegenständlichen Kernmodellen der Geo-Cube-Serie erheblich näher sind als die hiesigen Verletzungsmuster, nur eine nachschaffende Nachahmung angenommen, etwa für dieses:

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.03.2024, Az. 6 U 52/23 S. 22 ff. i.V.m. dem dortigen Anlagenkonvolut K1 S. 136; s. dazu auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.12.2018, Az. 11 U 12/18 Rn. 47 – juris und hier eingereicht als Anlage K21).

Eine Nachahmung setzt voraus, dass das Produkt oder ein Teil davon mit dem Originalprodukt übereinstimmt oder ihm zumindest so ähnlich ist, dass es sich nach dem jeweiligen Gesamteindruck in ihm wiedererkennen lässt. Dabei müssen die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sein, die die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen. Aufgrund der Merkmale, die die wettbewerbliche Eigenart ausmachen, muss der Grad der Nachahmung festgestellt werden (BGH, GRUR 2024, 139 Rn. 29 – Glück). Eine nahezu identische Nachahmung liegt vor, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist. Eine nachschaffende Übernahme ist demgegenüber gegeben, wenn die fremde Leistung lediglich als Vorbild genutzt wird und eine bloße Annäherung an das Originalprodukt festzustellen ist (BGH, GRUR 2024, 139 Rn. 29 m.w.N. – Glück).

Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit ist auf die Sichtweise des durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, der die betreffenden Produkte nicht nebeneinander sieht und unmittelbar miteinander vergleicht, sondern auf Grund seiner Erinnerung in Beziehung zueinander setzt, wobei erfahrungsgemäß die Unterschiede gegenüber den Gemeinsamkeiten der Produkte in den Hintergrund treten (BGH, GRUR 2017, 1135 Rn. 29 – Leuchtballon). Dabei ist auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Produkte abzustellen, denn der Verkehr nimmt ein Produkt in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen wahr, ohne es einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (st. Rspr., s. nur BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 39 – LIKEaBIKE). Das Originalprodukt muss nicht in allen seinen Gestaltungsmerkmalen übernommen worden sein. Bei einer nur teilweisen Übernahme muss sich die wettbewerbliche Eigenart des Originals aber gerade aus dem übernommenen Teil ergeben: Die übernommenen Gestaltungsmittel müssen diejenigen sein, die die wettbewerbliche Eigenart des Originals begründen (BGH, GRUR 2024, 139 Rn. 29 – Glück; Köhler/Alexander in: Köhler/Feddersen, UWG, 43. Auflage 2025, § 4 Rn. 3.34).

Da demnach für die Frage der Nachahmung nur auf die Merkmale abgestellt werden darf, die die wettbewerbliche Eigenart des Originals ausmachen, muss die Verwendung von dünnen Zylindern als Abstandhalter, von Würfeln sowie quadratischen Metallplättchen und Strassrondellen für sich gesehen auch hier vollständig außer Betracht bleiben. Denn die Verwendung dieser Elemente ist freihaltungsbedürftig und begründet die wettbewerbliche Eigenart des Klagemusters nicht. Wie oben bereits ausgeführt, beruht die wettbewerbliche Eigenart des Klagemusters allein auf der konkreten Umsetzung der gestalterischen Idee, diese Elemente in der oben beschriebenen wiederholenden Weise auf eine Halskette aufzuziehen. Grundlage der Betrachtung ist daher nur diese sich stets wiederholende Abwechslung von Einzelwürfel und Elementenensemble, die Trennung dieser Elemente durch stets einen dünnen Zylinder als Abstandshalter und die stets gleiche Anordnung des aus Würfel, Metallplättchen, Strassrondell und weiterem Metallplättchen bestehenden Elementenensembles. Außerdem spielen der hochwertige Eindruck des Klagemusters aufgrund der Materialauswahl und damit in gewissem Maße auch die Farbgebung eine Rolle, nämlich dahingehend, dass der Einzelwürfel aus farbigem oder farblosem, besonders brillantem transparentem Kristallglas besteht, der farbige Würfel des Elementenensembles hingegen nicht transparent ist und dass die trennenden Zylinder glänzen, weil sie aus Glas oder Edelstahl bestehen. Maßgeblich für die Begründung der wettbewerblichen Eigenart ist der streng symmetrische, dennoch Leichtigkeit vermittelnde hochwertige Gesamteindruck, der durch die Verwendung der Würfelform sowohl im Einzelwürfel als auch im stets gleich aufgebauten Elementenensemble, durch die stets gleiche Abfolge dieser beiden Elemente, ihre Trennung durch (nur) einen stets gleich langen Zylinder sowie die gleichen Außenmaße der geometrischen Einzelelemente und die hochwertigen Materialien entsteht.

Das findet sich jedoch in den Verletzungsmustern so nicht wieder. Zwar bestehen auch diese aus unterschiedlichen geometrischen Elementen, die stets gleich aufgebaut und (nahezu) gleich groß sind, sich abwechseln und immer durch (nur) einen gleich langen dünnen Zylinder voneinander auf Abstand gehalten werden. Zudem finden sich sowohl ein Einzelwürfel aus transparentem Kristallglas als auch ein dem Elementenensemble des Klagemusters entsprechendes Elementenensemble. Ferner sind alle Elemente in ihren Außenmaßen aufeinander abgestimmt (wenn auch nicht ganz so exakt wie beim Klagemuster) und werden mittig von der Kette durchlaufen. Aber daneben gibt es noch ein drittes, andersartiges Element, aufgrund dessen die Verletzungsmuster gegenüber den Klagemustern eine in doppelter Hinsicht gesteigerte geometrische Formenvielfalt aufweisen, so dass sich der gleichzeitig streng geometrische, aber dennoch leichte Gesamteindruck des Klagemusters hier nicht einstellt. Das in seinen Proportionen dem ersten Elementenensemble gleichkommende zweite Elementenensemble („Elementenensemble II“) besteht aus einem Metallquader, einem Rondell, wobei es sich dabei offenbar nur bei den Verletzungsmustern 1 und 3 um ein Strassrondell handelt, und einem weiteren Metallquader. Mit dem Elementenensemble II ist nicht nur ein weiteres, drittes Element gegenüber den nur zwei Elementen des Klagemusters vorhanden, sondern es weist zudem einen Bestandteil auf, den das Klagemuster nicht kennt, und es fehlt der prägende Würfel. Zwar bedient es sich im Grundsatz einer ähnlichen Formensprache, weil alle verwendeten Einzelelemente ebenfalls eine quadratische Grundfläche haben und – zumindest nahezu – die gleichen Ausmaße aufweisen. Aber die Metallquader finden sich im Klagemuster nicht. Aufgrund ihrer Größe dominieren sie das Elementenensemble II. Hier ist also die das Ensemble prägende Einzelform kein Würfel, sondern es sind die beiden Metallquader. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die beiden Metallquader letztlich ein „durchgeschnittener“ Würfel seien, ändert dies nichts daran, dass hier kein Würfel vorhanden ist und wahrgenommen wird, sondern – im Kontrast zum daneben vorhandenen Einzelwürfel und dem Elementenensemble I – zwei Metallquader.

Dieser Unterschied ist von erheblichem Gewicht, denn er führt zu einem anderen Gesamteindruck. Die sich in jedem Element des Klagemusters wiederholenden Würfel sind dessen prägendes Element, was sich nicht zuletzt in der Bezeichnung „Geo-Cube“ niederschlägt. Der Einzelwürfel besteht nur aus einem Würfel, und das Elementenensemble wird von dem darin enthaltenen Würfel schon aufgrund seiner Größe gegenüber den anderen Einzelelementen dominiert. Außerdem kontrastiert sein farbiges mattes Material mit dem Material der beiden weiteren Elemente, nämlich den glänzenden Metallplättchen und den funkelnden Strassrondellen. Demgegenüber weist das Elementenensemble II überhaupt keine und schon gar keine dominante Würfelform auf, und auch der geschilderte Materialkontrast fehlt, da die beiden dicken Quader nicht aus Stein oder synthetischem Material bestehen, sondern – wie die Metallplättchen – aus Metall. Aufgrund dieser Unterschiede ergibt sich ein abweichender Gesamteindruck. Das gilt auch in Anbetracht des Umstands, dass bei der Frage der Nachahmung auf den Erinnerungseindruck und deswegen mehr auf die Gemeinsamkeiten als auf die Unterschiede abzustellen ist. Der Gesamteindruck der Verletzungsmuster unterscheidet sich von dem des Klagemusters, weil es an den sich in jedem Element wiederfindenden Würfeln fehlt. Dadurch fehlt es an der geometrischen Strenge, die das Klagemuster auszeichnet. Dazu trägt auch bei, dass mit dem Elementenensemble II ein drittes sich abwechselndes Element verwendet wird, wodurch die Verletzungsmuster gegenüber dem Klagemuster mit nur zwei geometrischen Elementen deutlich unruhiger wirken. Schließlich wirken die Verletzungsmuster aufgrund des massiveren Eindrucks des Elementenensembles II auch schwerer als das Klagemuster. Es fehlt daher auch an dem das Klagemuster auszeichnenden Eindruck einer gewissen Leichtigkeit. Daneben fehlt es den Verletzungsmustern an dem die wettbewerbliche Eigenart des Klagemusters mitbegründenden hochwertigen Eindruck, denn sie bleiben in Brillanz und Farbpracht der einzelnen Elemente deutlich hinter dem Klagemuster zurück. Schließlich findet sich kein auf den Hersteller hinweisendes Signet an einem Extra-Kettchen. Insgesamt ergibt sich damit auch im Erinnerungseindruck ein mehr als nur geringfügig abweichender Gesamteindruck.

Da jedoch in den Verletzungsmustern der Einzelwürfel und das Elementensemble in zumindest ähnlichen Materialien übernommen wurden, die drei geometrischen Elemente sich in stets gleicher Reihenfolge miteinander abwechseln und stets durch nur einen dünnen Zylinder stets gleicher Länge getrennt werden, lässt sich das Klagemuster in den Verletzungsmustern als Vorbild wiedererkennen, so dass eine nachschaffende Nachahmung vorliegt.


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OLG Frankfurt: Schmuck kann als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt sein - zur wettbewerblichen Eigenart von Modeschmuck

OLG Frankfurt am Main
Urteil vom 11.12.2018
11 U 12/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass Schmuck bei Erreichen der Schöpfungshöhe als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt sein kann. Zudem kann Modeschmuck auch wettbewerbliche Eigenart aufweisen und so vor Nachahmungen geschützt sein.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Mit Recht ist sie vom Landgericht zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Schadensersatzzahlung und zur Erstattung von Abmahnkosten wegen des Angebotes der streitgegenständlichen Schmuckstücke aus ihrer Modellreihe "1" und des Modells "2 bunt" verurteilt worden. Das Landgericht hat nämlich mit Recht der Klage in diesem Umfang stattgegeben, weil die Produkte der Beklagten eine vermeidbare Herkunftstäuschung mit den streitgegenständlichen klägerischen Schmuckstücken aus der X Serie der Klägerin herbeiführen und daher in unlauterer Weise die Leistungsschutzrechte der Klägerin verletzen (§§ 8 I, III Nr. 1, 3, 4 Nr. 3 lit. a; 9, 12 I S. 2 UWG, § 242 BGB). Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, denen sich der Senat anschließt, kann verwiesen werden. Im Hinblick auf die Ausführungen der Beklagten sind lediglich folgende Anmerkungen veranlasst:

1. Den Erwägungen des Landgerichts steht nicht entgegen, dass sich die Klägerin in erster Linie auf urheberrechtliche Ansprüche gestützt hatte und dass das Landgericht insoweit die Aktivlegitimation der Klägerin offengelassen hat. Ein Gleichlauf der Aktivlegitimation für urheberrechtliche und wettbewerbsrechtliche Ansprüche ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon deshalb abzulehnen, weil der lauterkeitsrechtliche Rechtsschutz nach Schutzzweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders als die Sonderschutzrechte ausgestattet ist.

Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses können unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Schutzrecht bestehen, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestandes liegen (BGH, Urteil vom 4.5.2016, Az.: I ZR 58/14 Tz. 37 - Segmentstruktur = GRUR 2017, 79, 82). Das ist hier, wie nachfolgend aufgezeigt wird, der Fall. Es spielt daher auch keine Rolle, dass die Klägerin nicht über einen designrechtlichen Schutz für ihre Produkte verfügt. Da die Klägerin Herstellerin der Originalprodukte ist, bestehen an Ihrer Aktivlegitimation für die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz keine Zweifel (BGH a.a.O.). Die Parteien stehen sich auf identischen Vertriebskanälen, nämlich u. a. im Vertrieb über den stationären Einzelhandel, als Mitbewerber gegenüber.

2. Der Verbotstatbestand des § 4 Nr. 3a UWG ist erfüllt, weil die von der Beklagten nachgeahmten Produkte der Klägerin wettbewerbliche Eigenart aufweisen und weil bei den angegriffenen Erzeugnissen der Beklagten eine vermeidbare Täuschung über deren betriebliche Herkunft entsteht.

a. Wettbewerbliche Eigenart liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH GRUR 2012, 1155 [BGH 22.03.2012 - I ZR 21/11] Rn. 19 - Sandmalkasten; GRUR 2016, 725 [BGH 19.11.2015 - I ZR 149/14] Rn. 15 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm II). Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass den von der Klägerin als Schutzgegenstand reklamierten Produkten wettbewerbliche Eigenart zukommt. Zutreffend hat das Landgericht auf den durch die prägenden Bestandteile hervorgerufenen Gesamteindruck der Produkte abgestellt (BGH GRUR 2010, 80 [BGH 28.05.2009 - I ZR 124/06], Tz. 32 - LIKEaBIKE). Es ist daher irrelevant, dass die Beklagte den einzelnen Komponenten der Halsketten eine Schutzfähigkeit abspricht.

Die eine wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale müssen vom Kläger konkret vorgetragen und vom Tatrichter festgestellt werden. Dies ist hier geschehen, wobei die Ausführungen des Landgerichts zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit und zur wettbewerblichen Eigenart in ihrer Gesamtheit betrachtet werden müssen.

Das Landgericht hat die wettbewerbliche Eigenart der Klagegestaltungen aus der konkreten Gestaltung und Kombination der verschiedenen Einzelelemente in Zusammenspiel mit der Farbgebung abgeleitet. Diese besteht in der durchgehenden Anordnung zweier alternierend aufgereihter, umlaufender Elemente, die jeweils durch dünne Zylinder aus Glas abgesetzt sind, wobei eines der beiden Elemente jeweils zusammengesetzt ist aus einem farbigen Würfel aus Polarisschmuck (geschliffener Kunststoff), gefolgt von einem quadratischen silber- oder goldfarbenen Metallplättchen, einem quadratischen Straßrondell und einem weiteren quadratischen Metallplättchen in derselben Farbe, während das andere Element aus einem Würfel aus geschliffenem Kristallglas besteht, der in der Farbgebung mit dem farbigen Würfel aus Polaris korrespondiert. Bei der Klagegestaltung gem. Abbildung k (i) und k (ii) orientiert sich die Farbgebung an den Farben des Regenbogens, bei den Klagegestaltungen gem. Abbildungen k (iii) kommen Rot-, Schwarz- und Grautöne zum Einsatz, bei der Klagegestaltung gem. Abbildung k (iv) werden Blau-, Schwarz-, Rosa-, und Violettfarben verwendet, bei der Klagegestaltung gem. Abbildung k (v) werden Grau-, Schwarz, Hellbraun- und Abricotfarben eingesetzt.

Damit sind die erforderlichen Feststellungen zu dem für die wettbewerbliche Eigenart maßgeblichen Gesamteindruck getroffen worden. Die dagegen erhobenen Einwände der Beklagten sind nicht berechtigt:

aa) Das Landgericht hat sich durch die Vernehmung der Einkaufsleiterin der Klägerin B davon überzeugt, dass die Klägerin erstmals im Jahr 2005 Klagegestaltungen in Verkehr gebracht hat, die in ihrer den Gesamteindruck prägenden Struktur bis zum Verletzungszeitpunkt unverändert geblieben sind. Es hat ferner die Darlegungs- und Beweislast zur Feststellung der wettbewerblichen Eigenart der klägerischen Erzeugnisse zutreffend verteilt:

Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass zwar grundsätzlich der Anspruchsteller die klagebegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat, zu denen auch die wettbewerbliche Eigenart des als Schutzgegenstand geltend gemachten Erzeugnisses gehört. In diesem Zusammenhang kann es aber ausreichend sein, das Produkt vorzulegen, sofern sich der Anspruchsteller berechtigterweise auf eine dem Erzeugnis innewohnende Eigenart beruft. In einem solchen Fall obliegt es dann dem Anspruchsgegner darzulegen, dass die für die Eigenart relevanten Gestaltungsmerkmale schon vorbekannt waren oder im Verletzungszeitpunkt am Markt bekannt waren, was zu einer Schwächung oder dem Wegfall der Eigenart führen kann (vgl. BGH GRUR 1998, 477, 479 [BGH 06.11.1997 - I ZR 102/95] - Trachtenjanker; OLG Köln GRUR-RR 2015, 441, 442 - VITASED; Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., Rn. 3.78 zu § 4 UWG). So liegt der Fall hier:

Die Schmuckstücke der Klägerin stellen in ihrer konkreten Gestaltung und Farbgebung keine "Allerweltsartikel" dar. Sie grenzen sich von den üblichen als Modeschmuck verkauften Würfelketten dadurch ab, dass der Gesamteindruck der klägerischen Produkte durch die immer gleich filigrane, aber nicht stereotyp wirkende Elementführung in Kombination mit der Materialwahl einen besonders wertigen Eindruck der (Mode-) schmuckstücke vermittelt. Durch die besondere Anordnung und durch die Farbgebung wird den streng geometrischen Elementen eine gewisse Leichtigkeit oder - wie es die Klägerin ausdrückt - "Lässigkeit" verliehen. Dadurch wohnt diesem Erzeugnis die Eignung inne, den angesprochenen Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb hinzuweisen.

bb. Die Beklagte hätte daher darlegen müssen, dass schon im Jahr 2005 im Markt ähnliche Schmuckketten wie die "X" etabliert gewesen waren. Das ist ihr nicht gelungen. Die Beklagte hat sich in erster Linie auf ihre eigenen Produkte bezogen, die im Anlagenkonvolut B 5 abgebildet wurden und als Muster vorgelegt worden sind. Ihr Vorwurf, das Landgericht habe sich nicht damit beschäftigt und das Beweisangebot auf Vernehmung des Zeugen C übergangen, ist unberechtigt. Das Landgericht hat sich vielmehr mit den Entgegenhaltungen der Beklagten auseinandergesetzt, diese aber zutreffend als von den Klageprodukten deutlich abweichende Erzeugnisse bewertet.

Dies gilt auch im Hinblick auf die Produkte der Beklagten selbst. Mit Schriftsatz vom 21. 9. 2016 hatte die Beklagte vorgetragen, sie habe schon seit 1999 "aufgereihte Regenbogenketten mit entsprechenden Elementen" vertrieben (Bl. 217), ohne aber deren Gestaltung vorzulegen. Daher blieb offen, was mit "entsprechenden" Elementen gemeint war. Mit Schriftsatz vom 10. 3. 2017 ist vorgetragen worden, der Zeuge C könne ausführlich zur Entwicklung des "Würfelkettenmarktes" berichten (Bl. 457). Diesem pauschalen und für sich gesehen unerheblichen Vortrag ist das Landgericht mit Recht nicht nachgegangen. Es bestand auch kein Anlass, die als Anlagenkonvolut B 5 vorgelegten Ketten der Beklagten in Augenschein zu nehmen. Das Landgericht hat nämlich zum Einen die Abbildungen dieser Ketten untersucht und sie mit Recht als deutlich von den Klägermodellen abweichend bewertet. Davon hat sich auch der Senat aus eigener Anschauung überzeugt. Ferner hat das Landgericht zutreffend berücksichtigt, dass eine erhebliche Marktpräsenz der Beklagten trotz gegenteiligen Vortrages der Klägerin nicht dargelegt worden ist. Hierauf geht die Berufung nicht ein, so dass sich weder Verfahrensfehler noch eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung erkennen lässt.


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