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OLG Karlsruhe: Zulässigkeit der Veröffentlichung von Urteilen in anonymisierter Form und Anforderungen an die Anonymisierung

OLG Karlsruhe
Beschluss vom 22.12.2020
6 VA 24/20


Das OLG Karlsruhe hat sich in dieser Entscheidung zur Zulässigkeit der Veröffentlichung von Urteilen in anonymisierter Form und zu den Anforderungen an die Anonymisierung geäußert.

Aus den Entscheidungsgründen:

Ein Verfahrensbeteiligter kann grundsätzlich nicht ausschließen, dass die ihn betreffende Entscheidung auch veröffentlicht wird, auch wenn die Prozessparteien der Öffentlichkeit oder einzelnen Dritten trotz Anonymisierung bekannt werden (BGH, Beschl. v. 5.4.2017 – IV AR (VZ) 2/16 juris Rn. 15). Denn Gerichtsentscheidungen unterliegen grundsätzlich nicht der Geheimhaltung, soweit nicht ausnahmsweise unabweisbare höhere Interessen die Unterrichtung der Allgemeinheit oder einzelner Personen verbietet. Darüber hinaus ist die mündliche Verhandlung öffentlich. Der Öffentlichkeitsgrundsatz folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und findet seinen Ausdruck unter anderem darin, dass - wie angesprochen - die mündliche Verhandlung nach § 169 Absatz 1 Satz 1 GVG grundsätzlich öffentlich ist und die Entscheidung nach § 310 ZPO i.V. mit § 173 GVG öffentlich zu verkünden ist.

Allerdings ist bei der Ermessensentscheidung zu beachten, dass der Antragsteller grundsätzlich ein berücksichtigungsfähiges und berechtigtes Interesse daran hat, dass seine persönlichen Angaben und Umstände in der veröffentlichten Entscheidung anonymisiert sind. In der zur Veröffentlichung vorgesehenen Fassung des Urteils des Revisionsgerichts sind aber u.a. der Name des Klägers, Orte, die genaue Bezeichnung des Lehrstuhls, und des Beklagten sowie der Titel des Großkommentars und die bearbeiteten Paragrafen anonymisiert. Soweit der Antragsteller meint, dass eine Identifikation seiner Person bei einer Veröffentlichung schlechterdings nicht mehr möglich sein dürfe, überspannt er angesichts dessen, dass das Gerichtsverfahren öffentlich geführt und die Entscheidungen öffentlich verkündet werden, die Anforderungen. Vielmehr ist das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegen das Schutzinteresse der Prozessparteien jeweils abzuwägen. Der Antragsteller beachtet insoweit nicht hinreichend das Erfordernis der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit gegen sein Schutzinteresse. Im Streitfall ist darüber hinaus nicht maßgeblich, ob trotz des Weglassens von Namen und Bezeichnungen ein mit dem Fall Vertrauter feststellen kann, um welche Parteien und um welchen Sachverhalt es sich handelt, sondern ob dies auf einen durchschnittlichen Leser der von der Veröffentlichung Angesprochenen zutrifft. Außerdem ist bei der Abwägung nach den oben dargelegten Maßstäben zu berücksichtigen, dass die Veröffentlichung allein das Arbeitsumfeld des Antragstellers und damit dessen Sozialsphäre und nicht dessen Privatsphäre betrifft. Dem steht - anders als der Antragsteller meint - auch nicht entgegen, dass die Manuskriptabgabe in einem in der Entscheidung wiedergegebenen Schreiben der dortigen Beklagten als „chaotisch“ bezeichnet wird. Die von dem Antragsteller angeführten Umstände tragen aufgrund einer sachlichen Begründung jeweils einem Informationsinteresse der Öffentlichkeit Rechnung und es ist jedenfalls nicht ermessenfehlerhaft, diesem insoweit gegenüber dem Schutzinteresse des Antragstellers im Einzelfall Vorrang einzuräumen. Der Antragsteller führt aus, bereits jetzt habe für ihn das Vorgehen des im Ausgangsstreit beklagten Verlags zu erheblichen Nachteilen und zu Reputationsverlusten geführt, nicht zuletzt deshalb, weil sich der Verlag an gut 20 Autoren des Kommentars gewendet habe, die „in der wissenschaftlichen Community“ über Einfluss verfügten. Soweit er meint, dass dann, wenn das Urteil in der angegriffenen Fassung veröffentlicht würde, sein wissenschaftlicher Ruf so immens geschädigt werde, dass er es bereuen würde, den Rechtsstreit gegen den beklagten Verlag geführt zu haben, kann er dies nicht auf eine ermessenfehlerhafte Abwägung bei der Anonymisierung in den nachfolgend von ihm geltend gemachten Angaben stützen:

(1) Der Antragsteller meint, es hätte nicht der Bezeichnung des Klägers als ordentlicher Universitätsprofessor und Inhaber eines Lehrstuhls für ... Recht bedurft (vgl. in Anl. 3 dort Rn. 1). Die Angabe der Tätigkeit des Antragstellers ist aber im Zusammenhang mit der im Streit stehenden Beendigung seiner Kommentierung für einen Kommentar und vor allem für die Wirkung der Beendigung des Verlagsvertrags im Zusammenhang mit dem Schreiben des beklagten Verlags an die Mitautoren von Bedeutung. Der Inhalt des Schreibens ist ausdrücklich Gegenstand des Antrages auf Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden. Die Bezeichnung lässt für sich genommen auch keinen ausreichenden Rückschluss auf seine Person zu. Ohne die Information über die Stellung des dortigen Klägers ist die im Revisionsurteil referierte Begründung der Entscheidung des Berufungsgerichts und deren revisionsgerichtliche Einordnung durch den Bundesgerichtshof (I ZR 133/17, Rn. 27) zu einer vorrangigen Individualabrede nicht zu vermitteln, die der Antragsteller als dortiger Kläger argumentativ aus der Äußerung des ... herleiten wollte, angesichts des geringen Aktualisierungsaufwands bei Neuausgaben sei die Tätigkeit als Kommentator für die gesamte wissenschaftliche Laufbahn eines Hochschullehrers „eine Art Lebensversicherung“. Ebenso ist die Entscheidung für eine Veröffentlichung dieser Daten des Antragstellers deshalb nachvollziehbar und nicht ermessensfehlerhaft, weil der Bundesgerichtshof in dem zu veröffentlichenden Urteil im Anschluss an ältere Rechtsprechung bekräftigt, dass es für die Beurteilung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den konkreten Vertrag und die typischen Interessen der Vertragsschließenden ankommt (a.a.O., Rn. 30). Gleiches gilt, weil der I. Zivilsenat (a.a.O. Rn. 34) gerade aus der in einem Großkommentar zu leistenden umfassenden Auswertung von Gesetzeshistorie, von Literatur und Rechtsprechung und deren Erläuterung nach wissenschaftlichen Standards den Zeit- und Arbeitsaufwand des von der Klausel betroffenen Autors und daraus dessen in die dortige Abwägung einzustellenden Interessen ableitet. Ebenso leitet das Revisionsgericht in dem hier in Rede stehenden Urteil gerade aus der beruflichen Reputation des Klägers ab, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass das beanstandete Schreiben des Verlags an die ... auch einen materiellen Schaden verursacht habe. Schließlich wäre auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Argument des hiesigen Antragstellers als dortigem Anschlussrevisionskläger, er habe entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts Anspruch auf eine Entschädigung in Geld für die von ihm erlittenen immateriellen Schäden, weil das Verhalten des Verlages „im wissenschaftlichen Bereich einem Rufmord“ gleichkomme (a.a.O, Rn. 62 f.), ohne Nennung der Amtsbezeichnung des Antragstellers nicht verständlich.

(2) Gleiches trifft auf die Bezeichnung der dortigen Beklagten als juristischen Fachverlag (in Anl. 3 dort Rn. 1) und die Benennung seines Werks als eine Kommentierung auf dem Gebiet des ... Rechts zu (wobei die Paragrafen nicht genannt werden). Diese Benennung ist darüber hinaus für das Verständnis der Bedeutung der Kommentierung für die Öffentlichkeit unerlässlich.

(3) Auch die Benennung der Kommentierung als eine solche für einen führenden Kommentar im ...recht und die Qualifizierung des Antragstellers (dort: Klägers) als Mitarbeiter an einem Großkommentar engt zwar die Zahl der potentiellen Parteien ein, lässt seine Person aber ohne Kenntnisse von dem Streit der Parteien nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand bestimmen.

(4) Ohne Erfolg macht der Antragsteller darüber hinaus geltend, die Bezeichnung der ... als „...“ (vgl. Anl. 3 u.a. in Rn. 4) stelle eine unzureichende Anonymisierung dar, denn aufgrund der ansonsten unüblichen Bezeichnung erschließe sich unschwer, welcher Großkommentar betroffen sei. Er meint, die von dem im Ausgangsverfahren beklagten Verlag verwendete Bezeichnung der „...“ hätte bei einer Anonymisierung in „Herausgeber“ oder „Redakteure“ abgeändert werden müssen und die Zahl der vom beklagten Verlag angeschriebenen ... hätte nicht genannt werden dürfen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die Benennung der Zahl der angeschriebenen ... konnte im Hinblick auf das schützenswerte Interesse der Öffentlichkeit an der Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht anonymisiert werden. Denn diese ist von Relevanz für die Beurteilung des Vorwurfes des Antragstellers in dem Ausgangsverfahren, der die Übersendung des Schreibens an die ... gerügt hatte und die der Revisionssenat in seiner Entscheidung als einen kleinen Kreis der zur eigenständigen fachlichen Beurteilung berufenen ... bezeichnet hatte.

Auch gegen die Verwendung der Bezeichnungen ... statt Redakteure oder Herausgeber kann sich der Antragsteller nicht wenden. Diese von dem beklagten Verlag verwendete Bezeichnung muss nicht durch eine tatsächlich nicht verwendete Bezeichnung ersetzt werden. Es kann dahinstehen, ob - wie der Antragsgegner vortragen lässt - diese Bezeichnung auch für Kommentierende eines auf zahlreiche Bände konzipierten weiteren Kommentars verwendet wird. Jedenfalls macht der Antragsteller zu Unrecht geltend, dass aufgrund der Verwendung dieser Terminologie jeder Jurist erkenne, dass es sich tatsächlich um den Großkommentar handle, in dem der Antragsteller kommentiert. Der Antragsteller beachtet bei seiner Beurteilung nicht hinreichend, dass es nicht darauf ankommt, dass ein Hochschullehrer oder häufiger Nutzer der Kommentierung des dortigen beklagten Verlags im Zuge der Recherche den betreffenden Kommentar und die Person des Klägers identifizieren kann, sondern ob ein durchschnittlicher Leser von Revisionsentscheidungen, der als Richter, Rechtsanwalt, Student, Referendar oder mit den Materien Beschäftigter, auf die sich die Entscheidung bezieht (hier z.B. Verlagsmitarbeiter), die Person des Klägers nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand bestimmen kann. Hinzu kommt, dass lediglich ein Weglassen oder Abkürzen des Begriffs auch nach der Vorstellung des Antragstellers nicht möglich ist, sondern die Bezeichnung durch einen von dem beklagten Verlag tatsächlich nicht verwendeten, aber bei anderen Verlagen üblichen Begriff ersetzt werden müsste. Selbst wenn der Antragsteller deshalb bestimmbar wäre, wäre die getroffene Abwägung des Schutzinteresses des Antragstellers gegen das öffentliche Informationsinteresse nicht ermessensfehlerhaft.

(5) Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller darüber hinaus dagegen, dass nach der angegriffenen Entscheidung des Antragsgegners in der veröffentlichten Fassung des Revisionsurteils wiedergegeben ist, dass seine Ehefrau im selben Kommentarband kommentiere und in dem wiedergegebenen Anschreiben ebenfalls als Professorin angesprochen wird (vergl. Anl. 3, dort. Rn. 4).

Mit dem Antragsteller ist allerdings davon auszugehen, dass dies ein Umstand ist, der mit vertretbarem Aufwand Rückschlüsse auf den Antragsteller zulässt. Dies führt aber entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht für sich genommen zu dem Schluss, dass die Anonymisierung unzureichend ist und führt daher nicht dazu, dass die Entscheidung, das Urteil in dieser Form zu veröffentlichen, ermessensfehlerhaft ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Denn die Frage, ob eine Veröffentlichung in dieser Form rechtmäßig ist, ist vielmehr das Ergebnis der Abwägung zwischen dem Schutzinteresse des von der Veröffentlichung Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Wäre der Betroffene nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand identifizierbar, wäre das Schutzinteresse des Betroffenen wohl kaum berührt. Das Schutzinteresse vor einer Identifizierbarkeit des Betroffenen in der Entscheidung steht nicht generell über dem Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung, sondern muss mit diesem abgewogen werden.

Im Streitfall bedarf der Umstand, dass die Ehefrau im selben Kommentarband kommentiert und in dem wiedergegebenen Anschreiben des beklagten Verlags ebenfalls als Professorin angesprochen wird, aufgrund des Interesses der Öffentlichkeit an der Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht einer weitergehenden Anonymisierung. Zwar mag es - wie der Antragsteller geltend macht - für die im Rechtsstreit zur Entscheidung stehenden Rechtsfragen irrelevant sein, dass zwei selbständig arbeitende Kommentatoren mit selbständigen Kommentierungen Eheleute sind, die Entscheidung des Antragsgegners, diesen Umstand nicht zu anonymisieren, ist aber gleichwohl nicht ermessensfehlerhaft. Dies beruht auf folgenden Gründen:

Das Schreiben des beklagten Verlags, das Gegenstand von Klageanträgen auf Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden in den jeweiligen Klagen ist, richtet sich in der Anrede ausdrücklich zugleich an beide Kommentierende. Beiden Kommentierenden ist mit Schreiben vom 1.9.2014 der Autorenvertrag u.a. unter Bezugnahme auf eine bestimmte Klausel in den Geschäftsbedingungen gekündigt worden, die eine Zustimmung der Mehrheit der ... zur Kündigung voraussetzt, beide wenden sich gegen die Wirksamkeit dieser Klausel und den Inhalt des Schreibens v. 1.9.2014. Die Parallelität der beiden zur Veröffentlichung vorgesehen Revisionsentscheidungen wäre unverständlich, wenn der Hinweis darauf entfiele, dass die Kläger Eheleute (oder jedenfalls Zusammenlebende) sind. Das übereinstimmend genannte Jahr der Neubearbeitung geht damit einher, dass sie im selben Band kommentieren

Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass der Antragsteller selbst im Revisionsverfahren auch ein Argument daraus hergeleitet hat, dass zwischen seiner Kommentierung und der Kommentierung seiner Ehefrau durch den beklagten Verlag in dem beanstandeten Schreiben fehlerhaft nicht differenziert worden sei (a.a.O. Rn. 67).

(6) Soweit sich der Antragsteller gegen das Unterlassen einer Anonymisierung des Erscheinungszeitpunkts der Kommentierung wendet (Rn. 3 und Rn. 24 der Fassung gemäß Anl. 3), lässt dies allein für einen durchschnittlichen Leser der Entscheidung nur bei unverhältnismäßig großem Aufwand einen Rückschluss auf die Person des Klägers als Kommentierenden und Kläger des Verfahrens zu und die Ermessenentscheidung verletzt ihn daher nicht in seinen Rechten.

(7) Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, die Anonymisierung sei unzureichend, da das Schreibens des beklagten Verlags vom 5.3.2014 wörtlich wiedergegeben sei (Rn. 4 der Entscheidung gemäß Anl. 3). Das Schreiben ist für das Vorverständnis des vom Kläger im Ausgangsverfahren als persönlichkeitsverletzend angegriffenen Schreibens vom 4.6.2014 unerlässlich. Der Antragsteller hatte wegen des zuletzt genannten Schreibens Ansprüche auf materiellen und immateriellen Schadensersatz geltend gemacht. Für die rechtliche Bewertung ist die wörtliche Wiedergabe des Schreibens und dessen Versendung an die zahlreichen ... im Zusammenhang damit, dass der beklagte Verlag das Vertragsverhältnis mit dem Antragsteller beenden wollte, unerlässlich. Gerade in Fällen der Geltendmachung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen und der daran anknüpfenden Frage eines Schadensersatzes oder Entschädigungsanspruches kommt es auf jede Einzelheit des Schreibens an und bedarf es für das Verständnis daher der wörtlichen Wiedergabe. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Kündigung des Autorenvertrages sei nicht auf die in den Schreiben angeführten Umstände gestützt und es hätte deshalb deren Wiedergabe nicht bedurft, beachtet er nicht hinreichend, dass das Schreiben v. 4.6.2014 Gegenstand weiterer Klageanträge war.

(8) Soweit der Antragsteller geltend macht, dass durch die Wiedergabe des Vortrages der Gegenseite im Ausgangsverfahren und insbesondere mit dem Abdruck des Inhalts der Schreiben der unzutreffende Eindruck vermittelt werde, dass über die inhaltliche Qualität der Kommentierung unterschiedliche Ansichten vertreten worden seien und durch die Wiedergabe unzutreffenden und bestrittenen Vortrags in dem Schreiben der dortigen Beklagten (z.B. bezüglich verschobener Termine für die Manuskriptabgabe bzw. der Nichteinhaltung von neu vereinbarten Abgabeterminen) ein falscher Eindruck entstehe, betrifft dies nicht die Frage der hinreichenden Anonymisierung. Insoweit handelt es sich im Wesentlichen um die wörtliche Wiedergabe des Schreibens der Beklagten v. 4.6.2014. An dessen Abdruck besteht ein Informationsinteresse, da auf dessen Inhalt der Antrag auf Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung gestützt ist.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




Volltext OLG Dresden liegt vor: Mieter eines vom Corona-Lockdown betroffenen Ladenlokals muss nach § 313 Abs. 1 BGB nur angepasste Miete zahlen

OLG Dresden
Urteil vom 24.02.2021
5 U 1782/20


Wir hatten bereits in dem Beitrag "OLG Dresden: Mieter eines vom Corona-Lockdown betroffenen Ladenlokals muss wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB angepasste Miete zahlen" über die Entscheidung berichtet.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Dresden: Mieter eines vom Corona-Lockdown betroffenen Ladenlokals muss wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB angepasste Miete zahlen

OLG Dresden
Urteil vom 24.02.2021
5 U 1782/20


Das OLG Dresden hat entschieden, dass der Mieter eines vom Corona-Lockdown betroffenen Ladenlokals wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine nach § 313 Abs. 1 BGB angepasste Miete zahlen muss. Im vorliegenden Fall hat das Gericht eine um 50 % reduzierte Kaltmiete für angemessen erachtet.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Anpassung der Gewerberaummiete für ein geschlossenes Geschäft im Lockdown

Das Oberlandesgerichts Dresden hat in einem heute verkündeten Urteil entschieden, dass für ein von staatlicher Schließungsanordnung aufgrund von Corona-Schutzmaßnahmen betroffenes Ladenlokal ein angepasster Mietzins zu zahlen ist.

Die Beklagte, die einen Textileinzelhandel betreibt, hat die Miete für den Monat April 2020 unter Berufung darauf nicht gezahlt, dass sie in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 ihr Geschäft aufgrund der Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. bzw. 20. März 2020 nicht öffnen konnte. Sie ist der Ansicht, dass die Miete für den Zeitraum der Schließung auf "Null" reduziert sei und beruft sich dabei auf einen Mangel des Mietobjekts (§ 536 BGB), hilfsweise auf Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung (§ 326 BGB) und höchsthilfsweise auf eine Reduzierung der Miete im Wege der Anpassung des Mietvertrages nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).

Das Landgericht Chemnitz hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil zur Zahlung der vollständigen Miete verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte vor dem Oberlandesgericht teilweise Erfolg.

Der für Gewerberaummiete zuständige 5. Zivilsenat geht davon aus, dass es auf das Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts nicht ankomme und die Vorschriften der Unmöglichkeit keine Anwendung fänden. Allerdings sei infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 eine Störung der (großen) Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 eingetreten, welche eine Anpassung des Vertrages dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde. Eine Reduzierung der Kaltmiete um 50% sei gerechtfertigt, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei daher im vorliegenden Fall angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen.

Gegen das Urteil kann das Rechtsmittel der Revision eingelegt werden.


OLG Karlsruhe: Schließung eines Ladenlokals wegen des Corona-Lockdowns entbindet nicht von Pflicht zur Mietzahlung - Wegfall der Geschäftsgrundlage aber bei nachgewiesener Existenzbedrohung denkbar

OLG Karlsruhe
Urteil vom 24.02.2021
7 U 109/20


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass die Schließung eines Ladenlokals wegen des Corona-Lockdowns nicht von der Pflicht zur Mietzahlung entbindet. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage ist aber bei nachgewiesener Existenzbedrohung denkbar.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Pflicht zur Mietzahlung trotz Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im „Corona-Lockdown"

Ein Einzelhändler, dessen Ladenlokal im „Corona-Lockdown“ für den Publikumsverkehr geschlossen werden musste, kann seine Mietzahlung nicht ohne Weiteres aussetzen oder reduzieren. Mit diesem Urteil vom 24. Februar 2021 hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe unter dem Vorsitz von Dr. Klaus Gehrig eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Heidelberg bestätigt. Die Berufung einer Einzelhandelskette, deren Filiale aufgrund einer behördlichen Anordnung im „ersten Corona-Lockdown“ vom 18. März bis zum 19. April 2020 geschlossen bleiben musste und die daher die vereinbarte Miete für ihr Ladenlokal im April 2020 nicht an ihre Vermieter bezahlte, hatte keinen Erfolg.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass eine allgemeine coronabedingte Schließungsanordnung keinen Sachmangel des Mietobjekts begründet, der einen Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Der Zustand der Mieträume als solcher erlaubte die vertraglich vorgesehene Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts weiterhin, so dass auch unter diesem Aspekt die Mietzahlungspflicht nicht in Wegfall geriet.
Der Senat hat allerdings darauf hingewiesen, dass eine Unzumutbarkeit der vollständigen Mietzahlung in solchen Fällen unter dem Gesichtspunkt eines „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ grundsätzlich in Betracht kommen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die Inanspruchnahme des Mieters zu einer Vernichtung seiner Existenz führen oder sein wirtschaftliches Fortkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigen würde und auch die Interessenlage des Vermieters eine Vertragsanpassung erlaubt. Hierfür ist eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls erforderlich, bei der unter anderem der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen zum Beispiel durch Kurzarbeit sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware zu berücksichtigen sind. Solche besonderen Umstände, die zu einer Unzumutbarkeit der Mietzahlung führen könnten, hatte die berufungsführende Einzelhandelskette im jetzt entschiedenen Einzelfall nicht in ausreichender Weise geltend gemacht.

Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Entscheidung ist daher noch nicht rechtskräftig.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2021, 7 U 109/20
Vorinstanz: Landgericht Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20


OLG Karlsruhe: Amazon haftet nicht nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung gemäß § 8 Abs. 2 UWG für Wettbewerbsverstöße seiner Affiliates

OLG Karlsruhe
Urteil vom 13.05.2020
6 U 127/19


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass mazon haftet nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung (§ 8 Abs. 2 UWG) für Wettbewerbsverstöße seiner Affiliates haftet.

Aus den Entscheidungsgründen:

"3. Ob der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zusteht, beurteilt sich nach deutschem Recht.

Das anwendbare Recht ist nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung) zu bestimmen. Nach deren Art. 6 Abs. 1 ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Das anwendbare Recht bestimmt sich damit maßgeblich nach dem Marktort. Danach ist deutsches Recht anzuwenden, weil in Deutschland durch das von der Klägerin beanstandete Verhalten durch die Webseite www.xyz.de auf die Entschließung der deutschen Verbraucher eingewirkt werden soll und damit droht, dass deren Interessen beeinträchtigt werden.

4. Die Klägerin ist für den geltend gemachten Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG jedenfalls gegenüber der Beklagten Ziff. 2 antragsbefugt. Denn die Klägerin ist Mitbewerberin der Beklagte Ziff. 2. Die Antragsbefugnis der Klägerin bezüglich der weiteren Beklagten kann aus den in Ziff. 6 genannten Gründen offenbleiben.

a) Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Dies setzt voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen, ohne dass sich der Kundenkreis und das Angebot der Waren oder Dienstleistungen vollständig decken müssen (vergleiche BGH WRP 2014, 552 Rn. 15 – Werbung für Fremdprodukte, BGH GRUR 2007,1079 Rn. 22 – Bundesdruckerei; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 2 Rn. 108 ff.).

b) Die Beklagte Ziff. 2 verkauft unter anderem Matratzen. Auch die Klägerin verkauft Matratzen. Zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 2 besteht daher ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die Klägerin ist Mitbewerberin der Beklagten Ziff. 2.

c) Ob es nach den oben genannten Maßstäben an einem solchen konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 3 deshalb fehlt, da der von diesen Geförderte (Betreiber der Website www.xyz.de) selbst nicht Wettbewerber der Klägerin ist, oder ob dieses unter dem Aspekt der Förderung fremden Wettbewerbs bejaht werden kann, kann aus den in Ziff. 6 genannten Gründen offen bleiben.

5. Der Senat lässt, da der Verfügungsantrag schon aus anderen Gründen zurückzuweisen ist, offen, ob die angegriffene Werbung auf www.xyz.de gemäß Anlage AS 1 wegen des Erweckens objektiver Matratzenempfehlungen und Produktvergleiche irreführend im Sinne des § 5 UWG und darüber hinaus als verschleierte Werbemaßnahme nach § 5 a Abs. 6 UWG und wegen fehlender Aufklärung nach § 5 a Abs. 2 UWG über das Affiliate-Verhältnis unlauter ist. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob der Hinweis auf der Website „Die Redaktion von Xyz.de arbeitet unabhängig von Herstellern. Dabei verlinken wir auf ausgewählte Online-Shops und Partner, von denen wir ggf. eine Vergütung erhalten“ (Wiedergabe in Antragsschrift S. 14 unter Hinweis auf Anl. AS 1 und 10) der von der Klägerin behaupteten Irreführung nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise ausreichend entgegenwirkt.

6. Für die - hier unterstellte - unlautere geschäftliche Handlung haben die Beklagten nicht einzustehen.

a) Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt. Dabei haftet im Fall einer Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in Medien neben dem Verbreitenden selbst jeder an der Weitergabe und der Verbreitung beteiligte, soweit sein Verhalten eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt. Zu Recht macht die Klägerin weder bezüglich der Beklagten Ziff. 2, noch bezüglich der übrigen Beklagten eine (Mit-)Täterschaft oder Gehilfenschaft an dem vom Inhaber und Betreiber der Website www.xyz.de angeblich begangenen Wettbewerbsverstoß geltend. Es fehlt insoweit an der für die Haftung für eigene Handlungen erforderlichen Kenntnis der Beklagten von dem beanstandeten Wettbewerbsverstoß vor der Abmahnung durch die Klägerin.

b) Die Klägerin macht aber geltend, die Unlauterkeit der Werbung gemäß Anlage AS 1 auf der Webseite www.xyz.de könne den Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG wie eine eigene Handlung zugerechnet werden.

aa) Dem Inhaber eines Unternehmens werden nach § 8 Abs. 2 UWG Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter und Beauftragten (ohne Entlastungsmöglichkeit) wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugute kommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter dem von ihm abhängigen Dritten verstecken können (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm). Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugute kommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber (BGH GRUR 1995, 605, 607 –Franchise-Nehmer; GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm). Deshalb ist es unerheblich wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehung ausgestaltet haben. Beauftragter kann auch ein selbstständiges Unternehmen sein, etwa eine Werbeagentur (vergl. BGH GRUR 1993, 772, 774 – Anzeigenrubrik I; BGHZ 124, 230, 237 – Warnhinweis). Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugute kommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm; GRUR 19 95, 605, 607 – Franchise-Nehmer; GRUR 2005, 864, 865 – Meißner Dekor II). Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste (BGH GRUR 1995, 605, 607 – Franchise-Nehmer). Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße. Dabei ist anerkannt, dass - entgegen der Auffassung der Beklagten - die Mehrstufigkeit eines Beauftragungsverhältnisses der Anwendung des § 8 Abs. 2 UWG nicht entgegensteht (BGH MD 2012, 802 Juris Rn. 7; BGHZ 28, 1, 13 – Bruchteilsgemeinschaft II; BGH GRUR 2012, 82 Rn. 13 – Auftragsbestätigung).

Allerdings haftet der Auftraggeber nicht als Unternehmensinhaber im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG, wenn das betreffende geschäftliche Handeln nicht der Geschäftsorganisation des Auftraggebers, sondern derjenigen eines Dritten oder aber des Beauftragten selbst zuzurechnen ist. Die Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erstreckt sich nicht auf jegliche geschäftliche Tätigkeit des (Unter-)Beauftragten.

Maßgeblich für die Haftung der Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG ist vielmehr, ob der Werbende auf der Webseite www.xyz.de so in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit seiner Webseite als beauftragtes Unternehmen den Beklagten als Betriebsinhaber zugute kommt und darüber hinaus die Beklagten als Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des Inhabers der Webseite als beauftragtes Unternehmen haben, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt.

bb) Der Werbende auf der Webseite www.xyz.de ist nicht in der von § 8 Abs. 2 UWG geforderten Weise in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber eingegliedert. Eine Zurechnung des von ihm – hier unterstellten Wettbewerbsverstoßes – auf die Beklagten scheidet daher aus.

(1) Das bloße Nennen einer Bezugsquelle oder das einseitige Setzen eines Links durch den Inhaber der Webseite www.xyz.de (“Verkauf durch Amazon“) würde nicht zur Annahme eines Auftragsverhältnisses seitens der Beklagten gegenüber dem Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de führen. Der Betreiber der Webseite hat aber nicht nur einen schriftlichen Hinweis auf die Bezugsquelle der Matratzen angegeben, sondern er hat es durch Bereitstellung des Links gemäß dem Amazon-Partnerprogramm ermöglicht, dass die Interessenten unmittelbar auf das Angebot der Beklagten bzw. der auf dem dortigen Marketplace tätigen Händler zugreifen können. Der Link ist Folge eines von der Beklagten Ziff. 1 betriebenen Partnerprogrammes, im Rahmen dessen die Beklagte Ziff. 1 das Setzen des Links unter bestimmten Voraussetzungen gestattet und damit die Verbindung zwischen den Affiliates als Werbepartner und den die Waren anbietenden Händlern herstellt.

(2) Ob die Vereinbarung zur Teilnahme am Amazon-Partnerprogramm, der in den Anlagen AG 2/AS 14 vorliegt, den Inhaber oder Betreiber der Domain www.xyz.de zum Beauftragten der Beklagten Ziff. 1 und mittelbar der Beklagten Ziff. 2 und 3 macht, oder ob dieser statt im Rahmen eines Auftrags und eingegliedert in die betriebliche Organisation der Beklagten, für sich als selbstständiges Unternehmen handelt, muss sich aus dem Inhalt des Amazon-Partnerprogramms und der Beantwortung der Frage ergeben, inwieweit sich die Beklagten einen für ein Auftragsverhältnis ausreichenden Einfluss sichern konnten und mussten. Nicht ergeben kann sich dies unmittelbar aus dem BSA-Vertrag der Beklagten Ziff. 3 mit den auf dem Marketplace tätigen Händlern. Da der Affiliate nicht Vertragspartner des BSA-Vertrages mit der Beklagten Ziff. 3 ist, kann sich aus diesem kein Einfluss der Beklagten Ziff. 3 auf ihn ergeben.

(i) Das Landgericht hat zum Inhalt des Amazon-Partnerprogramms festgestellt, dass über das Partnerprogramm registrierte Affiliates (also Werbepartner wie der Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de) Links auf Unterseiten von Amazon.de setzen können. Dies hat die Folge, dass dann, wenn Kunden über den Affiliate-Link auf Amazon.de geführt werden und einen Kauf tätigen, der Affiliate von der Beklagten Ziff. 1 eine so genannte Werbekostenerstattung (also eine Provision) erhält. Im Fall der Webseite www.xyz.de führt der Link in manchen Fällen direkt auf das Amazon-Angebot einer Matratze durch die Beklagte Ziff. 2 („Verkauf und Versand durch Amazon“) und in anderen Fällen führt der Link zu einem Händler, der die beworbene Matratze auf dem von der Beklagten Ziff. 3 betriebenen Amazon-Marketplace verkauft. Die Beklagte Ziff. 1 vermittelt den Drittanbietern den Zugang zur technischen Infrastruktur des Amazon Marketplace. Verkauft ein Händler auf dem Amazon-Marketplace eine Ware, erhält der Betreiber des Amazon-Marketplace, also die Beklagte Ziff. 3, eine Provision von dem Händler.

(ii) Nach der Ausgestaltung des Partnerprogrammes sind die Werbepartner des Amazon-Partnerprogramms gemäß Anlagen AG 2/AS 14 (und damit auch der Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de) insoweit in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert, als der Erfolg der Werbung der Werbepartner (also auf der Webseite www.xyz.de) den Beklagten finanziell zugute kommt.

Im Fall dessen, dass der Link zu einem Verkauf durch die Beklagte Ziff. 2 selbst führt, profitiert diese unmittelbar von der Werbung, in dem Fall, dass der Link zu einem Händler führt und dieser sein Produkt auf dem Amazon-Marktplace verkauft, besteht der finanzielle Vorteil im Erhalt der Provision von dem Händler. Auch die Beklagte Ziff. 1 profitiert als technischer Betreiber der Webseite amazon.de und als diejenige, die den Drittanbietern Zugang zur technischen Infrastruktur des Amazon Marketplace vermittelt, allgemein vom Absatz der über den Link erfolgten Verkäufe. Anderenfalls würde sie keine Provisionen (Werbekostenzuschüsse) für über den Link getätigte Käufe an die Affiliates auskehren. Die Werbepartnerschaft ist ausweislich der Ziff. 6 des Amazon-Partnerprogrammvertrages auch auf Dauer ausgelegt, die Provisionszahlungen richteten sich nach der Anzahl der zu einem Kauf führenden Weiterleitungen in dem jeweiligen Abrechnungszeitraum.

iii) Fraglich ist damit allein, ob die Beklagten über den Umstand des finanziellen Profitierens hinaus auch über einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf die Werbetätigkeit ihrer Werbepartner wie auf den Inhaber und Betreiber der Website www.xyz.de verfügen.

Der Bundesgerichtshof hat die Verantwortlichkeit des Betreibers einer solchen Werbepartnerschaft für den vom Werbepartner begangenen Markenverstoß als Beauftragten nach § 14 Abs. 7 MarkenG bejaht (Urt. v. 7.10.2009 GRUR 2009, 1167 – Partnerprogramm). Für die Zurechnung einer Handlung nach § 8 Abs. 2 UWG gelten dieselben Voraussetzungen, denn für die Auslegung des § 14 Abs. 7 MarkenG greift die Rechtsprechung uneingeschränkt auf die zu § 8 Abs. 2 UWG (und § 14 As. 3 UWG a.F.) geltenden Grundsätze einer weiten Haftung des Geschäftsherrn für Beauftragte zurück (BGH GRUR 2005, 864 f. – Meißner Dekor II; GRUR 2009, 1167 Juris Rn. 21– Partnerprogramm).

Allerdings unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von demjenigen, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Partnerprogramm“ zugrunde lag. Zwar muss auch hier sich ein interessierter Werbepartner auf der Internetseite der dortigen Beklagten anmelden und sich für das Partnerprogramm der Beklagten „bewerben“. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall, ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Zulassung als Werbepartner von einer Prüfung der Internetseite des Bewerbers von Seiten der Beklagten abhängt. Die Links müssen lediglich der Vereinbarung entsprechen und es müssen die von der Beklagtenseite bereitgestellten markierten Link-Formate verwendet werden (Ziff. 1 der Vereinbarung über das Amazon-Partnerprogramm). Nach Ziff. 4 gewährleisten nicht etwa die Beklagten, sondern der Partner selbst, dass dieser seine Webseite erstellt, pflegt und betreibt und dass weder dessen Teilnahme am Partnerprogramm, noch die Erstellung, Pflege oder der Betrieb der Webseite gegen anwendbare gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen, Vorschriften, Anordnungen, Konzessionen, Richtlinien, Verhaltenskodizes, Branchenstandards, Selbstregulierungsregeln, Gerichtsurteile und -beschlüsse oder andere Auflagen (…) verstoßen. In Ziff. 12 letzter Absatz wird festgehalten, dass das Verhältnis zwischen dem Werbepartner und der Beklagtenseite ein solches unabhängiger Vertragspartner sei und dass keine Bestimmung dieser Vereinbarung eine Partnerschaft, ein Joint-Venture, ein Vertretungsverhältnis, eine Franchisevereinbarung, eine Handelsvertreterbeziehung oder ein Anstellungsverhältnis zwischen der Beklagtenseite bzw. jeweils verbundenen Unternehmen und dem Werbepartner begründet. Ein Auftragsverhältnis sollte demnach mit dieser Vereinbarung erkennbar nicht begründet werden. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu beurteilenden Fall „Partnerprogramm“ ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite den Bewerber nach Prüfung der Internetseite, also der Prüfung des Inhalts der Internetseite, zulässt und diesem unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu einem internen Partnerbereich gewährt, wo diesem dann Dienste zur Verfügung gestellt werden, wie z.B. der Zugriff auf die Datenbank des Unternehmers. Nur auf der Grundlage des dortigen Sachverhalts hatte der Bundesgerichtshofs angenommen, dass sich die dortige Beklagte einen bestimmenden Einfluss auf ihre Werbepartner sicherte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Vorliegend hat sich zwar die Beklagte Ziff. 1 als Vertragspartner der Werbepartner Ziff. 12 ebenfalls Rechte vorbehalten. Dort heißt es:

„Ferner dürfen wir (a) Informationen über ihre Webseite und die Nutzer ihrer Webseite, die wir im Zusammenhang mit ihrer Darstellung von Partner-Links und Programminhalten erhalten, überwachen, aufzeichnen, nutzen und weitergeben (beispielsweise dass ein bestimmter Amazon-Kunde vor dem Kauf eines Produktes auf der Amazon-Webseite über einen auf ihrer Webseite platzierten Partner Link auf die Amazon-Webseite kann, (b) ihre Webseite prüfen, überwachen und anderweitig untersuchen, um die Einhaltung dieser Vereinbarung sicherzustellen und (c) die in ihrer Webseite dargestelltes Logo und die auf ihrer Webseite dargestellte Implementierung von Programminhalten als Best-Praktice-Beispiele in unseren Schulungsmaterialien nutzen, reproduzieren, verbreiten und darstellen.“

Aus dieser Regelung ergibt sich aber kein bestimmender, durchsetzbarer Einfluss auf die Werbetätigkeit des Inhabers und Betreiber der Webseite www.xyz.de durch die Beklagten Ziff. 1 sowie der weiteren Beklagten. Diesen konnten und mussten sich die Beklagten bei dieser Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses auch bei wertender Betrachtung nicht sichern. Zwar haben sich die Beklagten nach der vorgenannten Regelung vorbehalten, die Webseite des Werbepartners zu prüfen, zu überwachen und anderweitig zu untersuchen. Dies ist aber auf die Einhaltung der Vereinbarung beschränkt. Erkennbar bezieht sich die Regelung auf die Überwachung der Webseite hinsichtlich der mit der Partner-Vereinbarung einzugehenden Verpflichtungen, also der Form der Gestaltung des Links, des ausreichenden Hinweises auf die Provisionszahlungen und nicht etwa als Möglichkeit auf eine Einflussnahme auf die allgemeine Werbetätigkeit des Werbepartners. Nicht vorgesehen ist, dass die Website des Affiliate-Partners „abgenommen“ oder aber an der Werbedarstellung des Produktes selbst von Seiten der Beklagten mitgewirkt wird. Auch der Umstand, dass die Beklagte Ziff. 1 in der Beschreibung des Partnerprogramms sich vorbehält, zur Unterstützung der Werbung für Produkte oder Leistungen, Daten, Bilder, Texte, Linkformate, Widgets, Links, Marketing-Inhalte und andere -Verlinkungtools, Schnittstellen für Anwendungsprogramme und weitere Informationen im Zusammenhang mit dem Partnerprogramm zur Verfügung zu stellen, ergibt keinen bestimmenden Einfluss der Beklagtenseite auf den Inhaber und Betreiber der Webseite www.xyz.de als deren Werbepartner. Dieser ist mit der Vereinbarung auch keine Verpflichtung zum Setzen von Links auf seiner Homepage eingegangen. Dieser handelt ausweislich dieser Vereinbarung und bei wertender Betrachtung vielmehr selbständig, allein in eigener Verantwortung, für sich und nicht als Beauftragter der Beklagten.

Damit fehlt es an der für die Anwendung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Eingliederung in die betriebliche Organisation der Beklagten als Betriebsinhaber und ist der Antrag der Klägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Verfügungsanspruch nicht zu. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim bleibt damit im Ergebnis ohne Erfolg."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Karlsruhe: Instagram-Influencer muss mit Tap Tags die zu Unternehmensseiten führen versehene Posts als Werbung kennzeichnen auch wenn keine Werbevertrag besteht

OLG Karlsruhe
Urteil vom 09.09.2020
6 U 38/19


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer mit Tap Tags, die zu Unternehmensseiten führen, versehene Posts als Werbung kennzeichnen muss, auch wenn keine Werbevertrag besteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Influencerin muss Werbung für andere Unternehmen auf Instagram kenntlich machen

Der unter anderem für Streitsachen wegen unlauteren Wettbewerbs zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat in einem heute verkündeten Urteil zu der in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstrittenen Frage Stellung genommen, ob und ggf. wann eine Influencerin ihre Beiträge auf Instagram als Werbung kennzeichnen muss. Dabei hat er ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts Karlsruhe bestätigt, das eine wettbewerbsrechtliche Pflicht zu einer solchen Kennzeichnung gesehen hatte.

Wie der Vorsitzende Richter Andreas Voß in der mündlichen Urteilsbegründung betonte, stand allerdings nicht die allgemeine Frage nach einer Pflicht zur Kennzeichnung sämtlicher Posts der beklagten Influencerin zur Entscheidung. Vielmehr ging es ausschließlich darum, ob eine solche Kennzeichnung erforderlich ist, wenn sog. „Tap Tags“ verwendet werden, die zu den Seiten anderer Unternehmen führen. „Tap Tags“ sind anklickbare Bereiche innerhalb eines geposteten Bildes, die Links zu den Anbietern oder Herstellern bestimmter Produkte, insbesondere auf dem Bild zu sehender Kleidungsstücke oder anderer Gegenstände enthalten.

Zunächst war zu klären, ob Posts der Beklagten mit solchen „Tap Tags“ überhaupt geschäftliche Handlungen sind. Die Beklagte hatte die Ansicht vertreten, es handele sich lediglich um private Meinungsäußerungen und die „Tap Tags“ seien nur eingefügt, um Anfragen ihrer Follower zuvorzukommen. Dieser Auffassung ist der Senat jedoch nicht gefolgt, sondern hat dieses Vorgehen bei einem Instagram-Business-Account, wie ihn die Beklagte unterhält, als geschäftliche Handlung angesehen. Der erforderliche Unternehmensbezug sei sowohl im Hinblick auf den eigenen Gewerbebetrieb der Beklagten als Influencerin als auch im Hinblick auf die „getaggten“ Unternehmen gegeben. Der daneben erforderliche Marktbezug liege ebenfalls vor, denn die Posts dienten sowohl der Aufwertung des Images der Beklagten und damit der Steigerung des Werts der von ihr angebotenen Dienstleistungen als auch der Förderung des fremden Absatzes, also den „getaggten“ Unternehmen.

In einem weiteren Schritt hatte sich der Senat damit zu befassen, ob die Beklagte durch das Setzen von „Tap Tags“ in mehreren Posts ohne Kennzeichnung ihres kommerziellen Zwecks gegen das Verbot der unzulässigen getarnten Werbung aus § 5a Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen hatte. Der Senat hat diese Frage bejaht und einen entsprechenden Wettbewerbsverstoß angenommen. Der kommerzielle Zweck der „Tap Tags“ ergebe sich in der Wahrnehmung der Verbraucher nicht bereits unmittelbar aus den Umständen. Zwar sei den Followern klar, dass die Influencerin poste, um eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Anderes gelte jedoch für den weiteren kommerziellen Zweck, zugunsten anderer Unternehmen tätig zu sein und den Absatz derer Produkte zu fördern. Die Influencerin werde von den Mitgliedern der „Community“ bis zu einem bestimmten Punkt als „authentisch“ und „eine von ihnen“ wahrgenommen. Die wettbewerbliche Gefährdungslage resultiere gerade aus der Gemengelage von diesem privaten Erscheinungsbild einerseits und von Drittinteressen beeinflussten Kommunikationselementen andererseits. Diese Intransparenz begründe eine Pflicht zur Klarstellung, an welchen Stellen objektiv fremder Wettbewerb gefördert werde, und zwar unabhängig davon, ob die Influencerin für den Einsatz von „Tap Tags“ Zahlungen erhält.

Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Frage, inwiefern das Setzen von „Tap Tags“, die nicht als Werbung gekennzeichnet sind, in Instagram-Posts von Influencern unlauter sein kann, sei im Hinblick auf divergierende Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte zur Werbekennzeichnung von Instagram-Postings allgemein eine höchstrichterlich klärungsbedürftige Rechtsfrage.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 09.09.2020, Az.: 6 U 38/19 (nicht rechtskräftig)

Vorinstanz: Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 21.03.2019, Az.: 13 O 38/18 KfH

Maßgebliche Vorschriften

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

§ 2 Definitionen

(1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet

1. „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.
[…]

§ 5a Irreführung durch Unterlassen

[…]

(6) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.



OLG Karlsruhe: Für einen durchschnittlichen Facebook-Nutzer missverständlicher Prüfeintrag durch Facebook-Faktencheck Correctiv muss gelöscht werden

OLG Karlsruhe
Urteil vom 27.05.2020
6 U 36/20


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass ein für einen durchschnittlichen Facebook-Nutzer missverständlicher Prüfeintrag durch Facebook-Faktencheck Correctiv gelöscht werden muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Darstellung einer Faktenprüfung auf Facebook darf nicht missverständlich sein

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe, der unter anderem für Streitsachen wegen unlauteren Wettbewerbs zuständig ist, hat am 27.05.2020 eine Eilentscheidung über die Anforderungen an die Darstellung einer Faktenprüfung auf Facebook getroffen.

Die Klägerin hatte in einem Presseartikel über einen „offenen Brief“ zum Klimawandel berichtet und in einem Eintrag auf Facebook auf diesen Artikel hingewiesen. Die Beklagte unterzog im Auftrag von Facebook den „offenen Brief“ einer Faktenprüfung. Das Ergebnis wurde bei dem Eintrag der Klägerin auf Facebook dauerhaft angezeigt mit dem Zusatz „Nein: Es sind nicht ‚500 Wissenschaftler‘; Behauptungen teils falsch“. In einem dort verlinkten Beitrag kam die Beklagte zu dem Ergebnis, dass einige der Verfasser des „offenen Briefes“ nicht über einen wissenschaftlichen Hintergrund verfügten; außerdem seien einige der in dem „offenen Brief“ vertretenen Behauptungen unzutreffend und insgesamt wichtige Informationen nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Der 6. Zivilsenat hat dem auf einen Wettbewerbsverstoß gestützten Eilantrag auf Unterlassung des konkreten Eintrags der Beklagten bei dem Post der Klägerin stattgegeben und das Urteil des Landgerichts Mannheim, das zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen war, entsprechend abgeändert. Entscheidend war dabei, dass die konkrete Ausgestaltung des Prüfeintrags für den durchschnittlichen Facebook-Nutzer nach Auffassung des Senats missverständlich war. Insbesondere konnte die Verknüpfung der Einträge auf Facebook dahin missverstanden werden, dass sich die Prüfung und die Beanstandungen auf die Berichterstattung der Klägerin bezogen hätten, statt – wie es tatsächlich nach Ansicht des Senats weit überwiegend der Fall war – auf den „offenen Brief“, über den die Klägerin lediglich berichtet hatte.

Über die Rechtmäßigkeit von Faktenprüfungen auf Facebook im Allgemeinen ist in diesem Verfahren nicht entschieden worden.

Die im Eilverfahren getroffene Entscheidung ist nicht mehr anfechtbar. Die Beklagte kann aber die Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren beantragen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.05.2020, Az. 6 U 36/20

Vorinstanz: Landgericht Mannheim, Az. 14 O 181/19



OLG Karlsruhe: Volkswagen AG haftet wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung für Schummeldiesel - kein Anspruch auf Verzinsung ab Kaufpreiszahlung

OLG Karlsruhe
Urteile vom 06.11.2019
13 U 37/19 und 13 U 12/19


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass die Volkswagen AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung für Schummeldiesel auf Schadensersatz haftet. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Verzinsung ab Kaufpreiszahlung.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Weitere Urteile in Dieselverfahren: Volkswagen AG haftet wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung - kein Anspruch auf Verzinsung des Kaufpreises ab Zahlung

Der für die südbadischen Landgerichtsbezirke (Offenburg, Freiburg, Waldshut-Tiengen und Konstanz) für sog. „Dieselverfahren“ zuständige 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, hat am 06.11.2019 fünf Urteile in Dieselfällen verkündet.
Gegenstand der Verfahren waren Schadensersatzansprüche der jeweiligen Käufer von Fahrzeugen, die mit dem von der Volkswagen AG hergestellten Motor EA 189 EU 5 ausgestattet sind.

Im Verfahren 13 U 37/19 verlangt die Klägerin wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Volkswagen AG Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des erworbenen Fahrzeuges. Zur Begründung trägt sie vor, die Volkswagen AG habe sie vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, da in dem von ihr hergestellten Motor (EA 189) eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut sei. Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch angenommen und die Beklagte unter anderem zur Erstattung der Erwerbskosten abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges sowie zur Zahlung von Zinsen ab Kaufpreiszahlung verurteilt. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Der Senat hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen und die Berufung der Klägerseite, die den Abzug einer Nutzungsentschädigung angreift, zurückgewiesen. Die Volkswagen AG haftet wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB. Mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeuges täuschte sie in sittenwidriger Weise konkludent darüber, dass die Verwendung des Fahrzeugs im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig sei. Demgegenüber verfügte das Fahrzeug nicht über eine dauerhaft ungefährdete Betriebserlaubnis, weil die Motorsteuerungssoftware eine unzulässige Abschalteinrichtung aufwies. Von einem Schädigungsvorsatz und Kenntnis der maßgeblichen Umstände der Beklagten ist der Senat aus prozessualen Gründen ausgegangen. Durch die vorsätzliche Täuschung der Beklagten entstand der Klägerin ein Schaden, der im Abschluss des Kaufvertrages über das Fahrzeug liegt. Sie kann daher Zahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung des erworbenen Fahrzeuges verlangen.
Nicht begründet sind Ansprüche darauf, den Kaufpreis ab dessen Zahlung mit Zinsen in Höhe von 4 % jährlich (§ 849 BGB) oder in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB).

In drei weiteren Fällen hat der Senat dem entsprechend die Beklagte ebenfalls zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt.

In einem weiteren Verfahren, 13 U 12/19, hat der Kläger die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Volkswagen AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung geltend gemacht.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat zurückgewiesen. Das für eine Klage auf Feststellung der Haftung der Beklagten erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.

Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof in allen Fällen zugelassen.

OLG Karlsruhe, 13 U 37/19, Urteil vom 06.11.2019 (zur Veröffentlichung in juris vorgesehen) - Vorinstanz: LG Offenburg - 2 O 381/18.
OLG Karlsruhe, 13 U 12/19, Urteil vom 06.11.2019 (zur Veröffentlichung in juris vorgesehen) - Vorinstanz: LG Offenburg – 2 O 282/18.

Volltext OLG Karlsruhe liegt vor: Apothekenautomaten mit Videoberatung und Arzneimittelabgabe von DocMorris sind unzulässig

OLG Karlsruhe
Urteil vom 29.05.2019
6 U 36/18


Wir hatten in dem Beitrag OLG Karlsruhe: Apothekenautomaten mit Videoberatung und Arzneimittelabgabe von DocMorris sind unzulässig über die Entscheidung berichtet.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Karlsruhe: Apothekenautomaten mit Videoberatung und Arzneimittelabgabe von DocMorris sind unzulässig

OLG Karslruhe
Urteile vom 29.05.2019
6 U 36/18, 6 U 37/18, 6 U 38/18, 6 U 39/18


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass die Apothekenautomaten mit Videoberatung und Arzneimittelabgabe von DocMorris unzulässig sind.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Apothekenautomat in Hüffenhardt wettbewerbswidrig – Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt Verbot

Die DocMorris N.V., eine europaweit tätige Versandapotheke, betrieb im Zeitraum vom 19.04.2017 bis 14.06.2017 in Hüffenhardt (Neckar-Odenwald Kreis) eine pharmazeutische Videoberatung mit Arzneimittelabgabe, einen sog. „Apothekenautomaten“. Das Landgericht Mosbach hatte sowohl DocMorris als auch der Mieterin der Räumlichkeiten den Betrieb des Apothekenautomaten in Hüffenhardt untersagt (zum bisherigen Verlauf der Verfahren vgl. Pressemitteilung vom 05.04.2019).

Der unter anderem für Wettbewerbssachen zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat in vier Verfahren die Berufungen gegen Urteile des Landgerichts Mosbach nunmehr zurückgewiesen und die Untersagung des Betriebs eines Apothekenautomaten, wie er in Hüffenhardt eingerichtet war, bestätigt.

Die von den Berufungen vertretene Ansicht, es handele sich bei der Verbringung der Arzneimittel von einer niederländischen Apotheke zum Lager in Hüffenhardt um einen erlaubten „antizipierten“ Versandhandel, hat der Senat zurückgewiesen. Der Senat führt aus, dass es keinen „Versand an den Endverbraucher von einer Apotheke“ (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 a AMG) darstellt, wenn die Arzneimittel zunächst ohne konkrete Bestellung in Hüffenhardt gelagert und dann auf Kundenwunsch abgegeben werden. Ein Versandhandel setzt eine Bestellung des Endverbrauchers zeitlich vor der Bereitstellung, Verpackung und Absendung des Arzneimittels voraus.

Ebenso hat der Senat die Verurteilung zur Unterlassung des Verstoßes gegen Prüf- und Dokumentationspflichten bei der Bearbeitung von Rezepten und der Abgabe der Arzneimittel an Endverbraucher bestätigt. Die per Video erfolgenden Kontrollen und die erst nach Verbringung der Rezepte in die Niederlande vorgenommenen Vermerke genügen nach Ansicht des Senats den Vorschriften der deutschen Apothekenbetriebsordnung nicht. So ist unter anderem nicht gewährleistet, dass etwaige Änderungen auf der Verschreibung unmittelbar bei Abgabe des Arzneimittels vermerkt werden.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist grundsätzlich möglich.

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteile vom 29.05.2019 Az.: 6 U 36/18, 6 U 37/18, 6 U 38/18, 6 U 39/18 (Kläger dieser Verfahren sind zwei regionale Apotheker, ein in Köln ansässiger Apotheker, der eine Online-Apotheke betreibt, sowie der Landesapothekerverband Baden-Württemberg. Beklagte ist in den erstgenannten Fällen Doc Morris N.V., im vom Landesapothekerverband geführten und heute entschiedenen Verfahren die Mieterin der Räumlichkeiten in Hüffenhardt, ebenfalls eine niederländische Gesellschaft)

Zum Hintergrund:

Ein Verbot aus wettbewerbsrechtlichen Gründen kann von einem Mitbewerber oder auch von Berufsverbänden bei einem Verstoß gegen sog. Marktverhaltensregeln (§ 3 a UWG) verlangt werden. Die hier verletzten Bestimmungen des Arzneimittel- und Apothekenrechtes sind nach Auffassung des Senats solche Marktverhaltensregeln. Sie bezwecken den Gesundheitsschutz der Verbraucher und wirken sich unmittelbar auf den Wettbewerb zwischen Apotheken aus.

In zwei weiteren Verfahren zum selben Problemkreis, in denen der Senat in anderer Besetzung zu entscheiden hat, wurde der Verkündungstermin auf den 26. Juni 2019 verlegt, weil die Schlussberatung aus terminlichen Gründen noch nicht durchgeführt werden konnte.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04.04.2019 betreffend denselben Apothekenautomaten (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 05. und 25.04.2019) befasst sich mit der Frage, ob das vom Regierungspräsidium Karlsruhe gegen den Betreiber ausgesprochene Verbot rechtmäßig war.

Relevante Vorschriften (auszugsweise):

§ 3 a UWG – Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 73 Abs. 1 Ziff. 1 a AMG - Arzneimittelgesetz
Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder Genehmigung unterliegen, dürfen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur verbracht werden, wenn …
… im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union … entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird …

§ 17 Abs. 5 ApoBetrO - Apothekenbetriebsordnung
… Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist. Der Apotheker hat jede Änderung auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben.



OLG Karlsruhe: Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch Volkswagen AG im Dieselskandal - Schadensersatz gegen Hersteller

OLG Karlsruhe
Hinweisbeschluss
13 U 142/18


Das OLG Karlsruhe hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses entschieden, dass im Rahmen des Dieselskandals eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Volkswagen AG vorliegen dürfte und Käufer gegen den Hersteller einen Anspruch auf Schadensersatz haben.

Die Pressemitteilung des OLG Karlsruhe:

"Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zu „Dieselverfahren“:

Termine in sog. Nacherfüllungsklagen am 27. März 2019 und Hinweis
Termin in einer Klage wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen die Volkswagen AG am 12. April 2019 und ausführlicher Hinweisbeschluss

Der für die südbadischen Landgerichtsbezirke (Offenburg, Freiburg, Konstanz und Waldshut-Tiengen) zentral für sog. „Dieselverfahren“ zuständige 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, hat in den sog. Dieselfällen in zwei Fallgruppen jeweils Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung bestimmt.

1. Fallgruppe „Nacherfüllungsklagen“ gegen Autohäuser/Vertragshändler

Ein Teil der Fahrzeugkäufer fordert von Autohäusern/Vertragshändlern die Lieferung eines neuen Fahrzeuges der aktuellen Serienproduktion Zug um Zug gegen Rückgabe des alten, mit einer nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 08.01.2019, VIII ZR 225/17) unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeuges.

Der Senat hat in fünf entsprechenden Verfahren (13 U 144/17, 13 U 167/17, 13 U 177/17, 13 U 16/18, 13 U 125/18) Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung bestimmt auf

Mittwoch, 27. März 2019, 10.30 Uhr, Saal 1 des Gebäudes Oberlandesgericht Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Salzstr. 28, Freiburg im Breisgau.

Zu einigen Rechtsfragen in dieser Fallgruppe hat der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 08.01.2019, VIII ZR 225/17) Hinweise erteilt.

In erster Instanz haben in vier Fällen die Landgerichte die Klagen abgewiesen, in einem Fall hat das Landgericht der Klage weitgehend stattgegeben.

2. Fallgruppe: Klage wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen die Volkswagen AG

In einem weiteren Verfahren (13 U 142/18) begehrt der Fahrzeugkäufer von der Volkswagen AG als Herstellerin des Fahrzeuges unter anderem wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Schadensersatz in Form der Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges.

Der Senat hat in diesem Verfahren Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung bestimmt auf:

Freitag, 12.April 2019, 13.30 Uhr, Saal 1 des Gebäudes Oberlandesgericht Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Salzstr. 28, Freiburg im Breisgau.

Zugleich mit der Terminsbestimmung hat der Senat in einem ausführlichen Hinweisbeschluss vom 05.03.2019 (13 U 142/18) auf seine vorläufige Rechtsauffassung hingewiesen, wonach nach derzeitigem Sach- und Streitstand Ansprüche des Klägers gegen die Volkswagen AG auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach §§ 826, 31 BGB bzw. 831 BGB begründet sein dürften.

In erster Instanz hat das Landgericht Offenburg (3 O 111/17) einen Schadensersatzanspruch des Käufers gegen die Volkswagen AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung angenommen und die Beklagte zur Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges verurteilt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Volkswagen AG mit ihrer Berufung.

Falls Sie Interesse an einer Teilnahme an diesen Terminen haben, ist eine kurze Mitteilung an die Pressestelle empfehlenswert, da es kurzfristig zu Terminsaufhebungen kommen kann."


OLG Karlsruhe: Bei Verkauf von Naturkosmetik müssen im Online-Shop die Inhaltsstoffe angegeben werden

OLG Karlsruhe
Urteil vom 26.09.2018
6 U 84/17


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass beim Verkauf Naturkosmetik im Online-Shop die Inhaltsstoffe angegeben werden müssen. Insofern handelt es sich um wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG.

OLG Karlsruhe: Münzgeldklausel in AGB einer Bank wonach für Bareinzahlung von Münzgeld 7,50 Euro anfallen gegenüber Verbrauchern unzulässig

OLG Karlsruhe
Urteil vom 26.06.2018
17 U 147/17


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass eine sogenannte Münzgeldklausel in AGB einer Bank, wonach für Bareinzahlungen von Münzgeld 7,50 Euro anfallen, gegenüber Verbrauchern unzulässig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

„Münzgeldklausel“ in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam

Der unter anderem für das Bankrecht zuständige 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat entschieden, dass die Klausel

„BARTRANSAKTION

Bareinzahlung für Münzgeld 7,50 Euro.“

im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam und deren Verwendung damit zu unterlassen ist.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verbraucherschutzverband. Er fordert, dass die Bank die weitere Verwendung der Klausel in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis unterlässt. Das Landgericht Karlsruhe hatte der Klage stattgegeben.

Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die Berufung der Bank nunmehr zurückgewiesen und entschieden, dass die „Münzgeldklausel“ unwirksam ist.

Die angefochtene Klausel weicht von der gesetzlichen Regelung des § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB ab. Zwar regelt die Klausel mit der Bareinzahlung von Münzgeld auf ein Zahlungskonto einen Zahlungsdienst. Für Zahlungsdienste als vertragliche Hauptleistung kann die Bank grundsätzlich ein Entgelt verlangen. Jedoch erfasst sie auch den Fall, dass ein Kunde sein im Soll befindliches Girokonto durch die Bareinzahlung von Münzgeld wieder ausgleicht. Damit enthält sie eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt. Das vereinbarte Entgelt von 7,50 Euro geht entgegen § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB über die Kosten hinaus, die der Bank durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen. Damit ist die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren und benachteiligt die Kunden der Beklagten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 BGB).

Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 26.06.2018, Az.: 17 U 147/17

Vorschriften (auszugsweise)



§ 312 a BGB



(4) Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, ist unwirksam, wenn

1. für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht oder

2. das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen…

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist



OLG Karlsruhe: Facebook darf Hassposting in Kommentar wegen Verstoß gegen Nutzungsbedingungen löschen und Nutzer vorübergehend sperren

OLG Karlsruhe
Beschluss vom 25.06.2018
15 W 86/18


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass Facebook ein Hassposting in einem Kommentar wegen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen löschen und Nutzer vorübergehend sperren darf.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Facebook darf als "Hassrede" eingestuften Kommentar löschen und Nutzer zeitweilig sperren

Der Antragsteller ist Nutzer der Interplattform facebook. Er kommentierte in den vergangenen zwei bis drei Jahren in mindestens hundert Fällen unter anderem Postings von Politikern und Medien mit dem Satz: „Flüchtlinge: So lange internieren, bis sie freiwillig das Land verlassen!“. Bis zum 28. Mai 2018 blieb dieser Satz von facebook unbeanstandet. In der Nacht zum 29. Mai 2018 löschte facebook diesen Beitrag, weil er gegen ihre Gemeinschaftsstandards verstoße, insbesondere gegen ihre Standards hinsichtlich „Hassrede“. Darüber hinaus sperrte facebook den Antragsteller für dreißig Tage von allen Aktivitäten.

Der Antragsteller beantragt im Wege der einstweiligen Verfügung, facebook zu untersagen, den zitierten Kommentar zu löschen oder ihn wegen dieses Kommentars auf facebook zu sperren. Er macht geltend, es handele sich bei seinem Kommentar um eine Aufforderung an die deutsche Politik, die vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Das Landgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 30.05.2018 den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers wurde vom 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe zurückgewiesen. Die Einordnung des Kommentars des Antragstellers als „Hassrede“ im Sinne der Gemeinschaftsstandards von facebook ist nicht zu beanstanden, da der Kommentar dazu auffordert, Flüchtlinge auszuschließen und zu isolieren, was nach Ziff. 12 der Gemeinschaftsstandards unzulässig ist. Der Kommentar geht über eine bloße Kritik und Diskussion der Einwanderungsgesetze hinaus. Aus dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit, Art 5 GG, ergibt sich nichts anderes. Grundrechte sind Abwehrrechte des Bürgers gegen staatliche Eingriffe und entfalten zwischen Privaten, also hier zwischen dem Nutzer und facebook, nur mittelbare Wirkung. Die in diesem Fall angewandten Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards von facebook berücksichtigen diese mittelbare Wirkung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit in angemessener Weise.

Die Entscheidung kann nicht angefochten werden.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 25.06.2018 Az. 15 W 86/18


OLG Karlsruhe: Online-Shop oder Versandhändler darf Zahlungen von einem ausländischen Konto im SEPA-Raum nicht ablehnen

OLG Karlsruhe
Urteil vom 23.05.2018
4 U 120/17


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass ein Online-Shop oder Versandhändler darf Zahlungen von einem ausländischen Konto im SEPA-Raum nicht ablehnen. Dies folgt - so das Gericht - aus Art. 9 Abs. 2 der SEPA-Verordnung. Diese Vorschrift ist zugleich eine Norm, die dem Verbraucherschutz dient.