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LG Leipzig: Dating-Portal darf Fotos der Nutzer ohne ausdrückliche Einwilligung nicht für Mahnschreiben verwenden

LG Leipzig
Urteil vom 31.05.2023
05 O 666/22


Das LG Leipzig hat entschieden, dass ein Dating-Portal Fotos der Nutzer ohne ausdrückliche Einwilligung nicht für Mahnschreiben verwenden darf.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Unterlassungsanspruch folgt aus § 3a UWG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 a), b), Art. 6 DSGVO.

aa) Art. 5 Abs. (1) a) DSGVO verlangt eine Verarbeitung personenbezogener Daten aufrechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in transparenter Form. Nach Art, 5 Abs. (1) b) DSGVO müssen personenbezogene Daten für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet (Art. 4 Nr. 2 DSGVO) werden. Die Vorschriften der DSGVO sind anhand einer Einzelfallbetrachtung auf ihre Marktrelevanz hin zu untersuchen. Die Regelungen des Art. 5 DSGVO stellen Marktverhaltensregeln i.S.d. § 3a UWG dar und weisen einen Marktbezug auf, denn es geht um eine geschäftsmäßige Datenverarbeitung, die Zulässigkeit der Erhebung und Weiterverarbeitung von Daten von Verbrauchern (vgl. BGH I ZR 223/19; OLG Sachsen-Anhalt,9 U 39/18). Auswirkungen auf den Markt sind dabei nicht nur Reflexe des Schutzes individueller Rechte, denn eine Datenverarbeitung für nicht eindeutig bestimmte und festgelegte und nicht legitime Zwecke kann die Entscheidungsfreiheit und das Verhalten in Bezug auf eine Marktteilnahme des Verbrauchers beeinflussen; das Vertrauen in den Datenschutz im Rahmen der digitalen Wirtschaft ist daher als Zweck besonders hervorgehoben (vgl. Art. 1 DSGVO). Die Information über die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen sowie darüber, ob diese für einen Vertragsabschluss erforderlich sind und eine Pflicht zur Mitteilung besteht, hat wettbewerblichen Bezug (vgl. OLG Stuttgart, 2 U 257/19).

bb) Zwar hat die Person im Streitfall durch Anklicken des entsprechenden Kästchens beim Besuch der Internetseite der Beklagten die Einwilligung in die Datenschutzerklärung zur Abwicklung des Vertrages erteilt. In deren Ziffer 4 wird auf die Möglichkeit der Aufforderung zur Bereitstellung von personenbezogenen Daten, u.a. eines Nutzerfotos, hingewiesen und unter deren Ziffer 5 erläutert, dass personenbezogene Daten erfasst und verwendet werden, „um sämtliche Zahlungen zu verarbeiten, die Sie im Austausch für einen Zugriff auf die Dienstleistung zu errichten haben“ (Anlage K3). Durch Einwilligung per Opt-In-Funktion hat der Verbraucher jedoch nicht in die Nutzung seines Fotos im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Zahlungen eingewilligt (Art. 6 Abs. 1 a DSGVO). Die Verwendung des Fotos auf Forderungsschreiben ist weder für die Erfüllung des Vertrages notwendig noch liegt ein überwiegendes berechtigtes Interesse der Beklagten an einer diesbezüglichen Verwendung vor (Art. 6 (1) b, f DSGVO). Als die für das Abonnement der Mitgliedschaft erforderlichen personenbezogenen Daten sind nur Name, Passwort, Zahlungsmethode, Telefonnummer und Rechnungsadresse genannt; das Zusenden eines Fotos wird lediglich zur Vervollständigung des Dating-Profils in die freiwillige Entscheidung des Nutzers gestellt (Ziffer 4 der Datenschutzerklärung). Damit handelt es sich bereits aus dem Zusammenhang der Regelung in Ziffer 4 auch nicht um die personenbezogenen Daten, auf die Ziffer 5 der Datenschutzerklärung im Zusammenhang mit einer Zahlungsverarbeitung Bezug nimmt. Ferner liegt in der Versendung von Forderungsschreiben nicht auch eine Verarbeitung von Zahlungen; zu einer solchen kam es gerade nicht, das Mahnschreiben dient (vorangehend) zur Zahlungserinnerung /-aufforderung. Eine Einwilligung zu einer „Verarbeitung“ des Nutzerfotos auf Forderungsschreiben wurde durch Anklicken des entsprechenden Kästchens auf der Website daher nicht erteilt. Nach Ziffer 4 der Datenschutzerklärung ist der Zweck eines - nach Entscheidung des Nutzers - übergebenen Fotos die Vervollständigung des Dating-Profils; eine Verarbeitung / Nutzung zu anderen Zwecken ist nicht „legitim“ i.S.d. Art. 5 Abs. 1 b) i.V.m. Art. 6 (1) a). b) DSGVO und erfolgt ohne Einwilligung und ohne Rechtsgrundlage, weshalb ein Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG, Art. 5 Abs. 1, Art. 6 abs. 1 DSGVO vorliegt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG München: Online-Portal muss Kündigung per Email akzeptieren - AGB-Klausel, die Schriftform vorsieht und Kündigung per Email ausschließt, ist unwirksam

OLG München
Urteil vom 09.10.2014
29 U 857/14


Das OLG München hat zutreffend entschieden, dass es möglich sein muss, die Mitgliedschaft in einem Online-Portal auch elektronisch bzw. per Email zu kündigen. Eine Klausel in den AGB eines Dating-Portals, wonach die Kündigung in Schriftform erfolgen muss und Kündigungen per Email nicht akzeptiert werden, ist unwirksam.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die streitgegenstandliche Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 13 BGB, denn sie schreibt eine strengere Form als die Schriftform vor.

Nach §§ 126 Abs. 3, 127 Abs. 1 BGB kann die schriftliche Form auch im Rahmen eines Rechtsgeschäfts durch die elektronische Form ersetzt werden. Nach § 127 Abs. 2 BGB genügt zur Wahrung der rechtsgeschäftlich bestimmten Schriftform grundsätzlich auch die telekommunikative Übermittlung; zur Wahrung der rechtsgeschäftlich bedungenen Schriftform ausreichend ist nach §§ 126, 127 BGB folglich etwa eine Kündigung per Telefax oder E-Mail (vgl. Pa-landt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage 2014. § 127 Rn. 2).

In den AGB der Beklagten wird die elektronische Form - mit Ausnahme des Fax-Versandes - allerdings gerade ausgeschlossen und insofern die gesetzliche Bandbreite der Möglichkeiten zur Wahrung der Schriftform eingeschränkt. Damit verstößt die streitgegenständliche Klausel gegen § 309 Nr. 13 BGB, denn

die fragliche Klausel sieht nicht lediglich die Einhaltung der Schriftform vor, sondern schränkt diese mit Blick auf die gesetzlich vorgesehenen Erleichterungen für die Schriftform ein (vgl. hierzu Dammann in: Wolf/Undacher/Pferffer, AGB-Recht, 6. Auflage 2013, § 309 Nr. 13 Rn. 23/24; OLG Hamburg, Beschluss vom 23.09.2014, Az. 3 U 50/14).

Die Klausel verstößt im Übrigen auch gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltene Transparenzgebot."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: