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OLG Frankfurt: Verpächter ist grundsätzlich Inhaber der Rechte am Unternehmenskennzeichen einer Gaststätte - bei Verkauf des Pachtgrundstücks gehen Rechte auf Erwerber über

OLG Frankfurt am Main
Urteil vom 07.07.2016
6 U 19/16


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass grundsätzlich der Verpächter Inhaber der Rechte am Unternehmenskennzeichen einer Gaststätte ist und die Rechte bei einem Verkauf des Pachtgrundstücks auf den Erwerber übergehen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"b) Der Antragsgegner zu 2 kann sich jedoch auf ein prioritätsälteres Unternehmenskennzeichenrecht an der Bezeichnung berufen, das der Verfügungsmarke jedenfalls im örtlichen Geltungsbereich der Etablissementbezeichnung in Stadt1 entgegenhalten werden kann (§ 6 III MarkenG). Der Antragsgegner und die anderen Miteigentümer haben die Liegenschaft mit der Gaststätte von dem Voreigentümer C erworben. Dabei ist auch das Unternehmenskennzeichenrecht A auf sie übergegangen.

aa) Ein Unternehmenskennzeichen kann grundsätzlich nicht ohne den zugehörigen Geschäftsbetrieb übertragen werden. Denn schutzfähig im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG ist nur die Bezeichnung eines Unternehmens, das sich auch am geschäftlichen Verkehr beteiligt. Für eine Übertragung müssen deshalb diejenigen Werte auf den Erwerber zu übertragen werden, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten den Schluss rechtfertigen, die mit dem Zeichen verbundene Geschäftstradition werde vom Erwerber fortgesetzt (BGH GRUR 2002, 327 Rn. 62 [BPatG 21.11.2001 - 20 W (pat) 17/00] - FROMMIA). Für Etablissementbezeichnungen gelten jedoch Besonderheiten. Sie kennzeichnen nicht nur einen Geschäftsbetrieb, der an beliebigen Orten fortgesetzt werden kann, sondern markieren in besonderer Weise auch den Ort der Geschäftsausübung. Für den Fall der Verpachtung eines mit einer Etablissementbezeichnung versehenen Geschäftslokals ist in der Rechtsprechung daher anerkannt, dass die Rechte an der Etablissementbezeichnung dem Verpächter "zuwachsen" (vgl. BGH GRUR 1959, 87 - Fischl; OLG Hamm WRP 1982, 534 - Eulenspiegel; BPatG, Urt. v. 17.4.2014 - 30 W (pat) 32/12 - LIQUIDROM, insoweit nicht beanstandet durch BGH GRUR 2016, 378 Rn. 18 [BGH 15.10.2015 - I ZB 44/14] - LIQUIDROM; ebenso Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., Rdz. 65 zu § 5). Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Antragstellervertreters lässt sich nichts anderes aus der Entscheidung "Dorf Münsterland II" ableiten (BGH GRUR 2004, 868 [BGH 09.06.2004 - I ZR 31/02]). Dort ging es um den Übergang einer zum Geschäftsbetrieb gehörenden Marke nach § 27 II MarkenG. Die Bestimmung findet auf Unternehmenskennzeichen keine Anwendung (Ingerl/Rohnke, 3. Aufl., § 27 MarkenG, Rn. 5). Eine andere Beurteilung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Eigentümer mit dem Betreiber der Gaststätte keinen Pachtvertrag über den Gaststättenbetrieb, sondern einen reinen Mietvertrag über die Räumlichkeiten geschlossen hat; in diesem Fall ist Inhaber des Unternehmenskennzeichenrechts an der Etablissementbezeichnung der Mieter (vgl. LG Stuttgart GRUR-RR 2006, 333; Ströbele/Hacker a.a.O.).

bb) Demnach war im Streitfall ursprünglich der Verpächter C als Inhaber der Etablissementbezeichnung anzusehen. Unstreitig hieß das Lokal in der Straße 1 schon zu dem Zeitpunkt "A", als es der Antragsteller von dem Voreigentümer Herrn C gepachtet hat. Der Antragsteller hat nicht nur die Räume gemietet, sondern das ...lokal als solches inklusive Einrichtung und Kundenstamm gepachtet (vgl. § 1 des Pachtvertrages vom 24.10.2004, Anlage AS1). Unter § 1 Abs. 3 des Pachtvertrages heißt es, der Pächter sei auch berechtigt, die "seitherige Bezeichnung des Lokales" weiterzuführen. Wenn er eine neue Bezeichnung wähle, bedürfe dies der vorherigen Zustimmung des Verpächters. Dies spricht dafür, dass der Verpächter C als Inhaber der Etablissementbezeichnung anzusehen war und dem Antragsteller nur ein Nutzungsrecht eingeräumt hat. Es kann nicht angenommen werden, dass er den Geschäftsbetrieb samt Bezeichnung auf den Pächter übertragen wollte. Unstreitig sind die Antragsgegner in den Pachtvertrag als Verpächter eingetreten, als sie im Jahr 2008 die Liegenschaft erworben haben. Sie sind daher als Inhaber der Etablissementbezeichnung anzusehen, auch wenn sie nur das Grundstück erworben haben. Darauf, ob sie zusätzlich den Geschäftsbetrieb des ...lokals erworben haben, kommt es nicht an. Die Rechtsstellung des Antragstellers als Pächter und Inhaber eines Nutzungsrechts an der Bezeichnung bis zum Ende des Pachtvertrages hat sich nicht verändert. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Voreigentümer den Geschäftsbetrieb separat an den Antragsteller oder an Dritte veräußert hätte. Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte.

cc) Das Unternehmenskennzeichenrecht ist auch nicht erloschen. Der Schutz des Unternehmenskennzeichens entfällt, wenn der Betrieb des gekennzeichneten Unternehmens - nicht nur vorrübergehend - aufgegeben wird. Im Fall einer nur vorübergehende Unterbrechung kommt es darauf an, ob aus Sicht des maßgeblichen Verkehrs das spätere Unternehmen noch als Fortsetzung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs anzusehen ist (BGH GRUR 2002, 967, [BGH 28.02.2002 - I ZR 177/99] Rn. 33 - Hotel Adlon). Im Streitfall stand das Lokal zwischen dem Ende des Pachtvertrages September/Oktober 2015 und der Neueröffnung im Dezember 2015 leer. Unter Berücksichtigung der jahrzehntelangen Nutzung der Bezeichnung für das Lokal ist davon auszugehen, dass der Verkehr die Neueröffnung durch den Antragsgegner zu 2 als Fortsetzung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs ansieht. Ohnehin waren auch in der meisten Zeit des Leerstands Schilder mit dem Namen "A" am Geschäftslokal angebracht."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: