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OLG Frankfurt: Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten durch Übersendung der Akte als PDF-Datei rechtlich nicht zu beanstanden

OLG Frankfurt am Main
Beschluss vom 08.09.2025,
2 ORbs 95/25


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Gewährung von Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten durch Übersendung der Akte als PDF-Datei rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Beschwerde zurückgewiesen - Akteneinsicht in elektronische Bußgeldakten über PDF/A

Akteneinsicht in elektronisch geführte Bußgeldakten erfolgt in Hessen durch die Übermittlung der Akte als PDF/A an den Verteidiger des Betroffenen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) führte mit heute veröffentlichtem Beschluss im Rahmen der Zurückweisung einer Rechtsbeschwerde eines Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit grundsätzlich dazu aus, wie Akteneinsicht in elektronisch geführte Bußgeldakten zu erfolgen hat.

Gegen den Betroffenen war ein Bußgeld von 1.000 € festgesetzt sowie ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 86 km/h worden. Sein Verteidiger hatte auf Antrag Einsicht in die elektronisch geführte Bußgeldakte durch Übersendung einer PDF-Datei der Akte erhalten. Auf seinen Einspruch hin hatte das Amtsgericht den Betroffenen wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 1.700 Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Er rügt u.a., dass ihm im Rahmen der Akteneinsicht nicht die bei der Akte befindliche Bilddatei des Fahrerfotos im „jpg-Format“ übermittelt worden sei, sondern im „PDF-Format“. Der zuständige 2. Strafsenat hat die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen. Der Senat hat das Verfahren zum Anlass genommen die Grundsätze zur Akteneinsicht in elektronisch geführte Bußgeldakten darzulegen:

Die Akteneinsicht in elektronischer Form erfolge durch Bereitstellung eines „Repräsentats“ der Akte zum Abruf oder durch Übersendung über einen sicheren Übermittlungsweg (§§ 49 Abs. 1, 110c S. 1 OWiG, § 32f StPO i.V.m. mit § 2 Abs. 2 BBußAktEinV, § 9 JustlTV). Das „Repräsentat“ bilde dabei als elektronische Akte im PDF-Format die Ermittlungsakte ab. Hintergrund der Umwandlung sei „die Standardisierung und Vereinfachung der Gewährung von Akteneinsicht“, erläuterte der Senat. Die Reduzierung auf ein Dateiformat erhöhe die Kompatibilität unter den Systemen. Das PDF-Format habe sich im Rechts- und Geschäftsverkehr als kostenloser und allgemein anerkannter Standard durchgesetzt. Es könne auf allen Computersystemen gelesen werden, ohne das ursprüngliche Erscheinungsbild zu verändern.

Wenn Bilddateien aus einer Bußgeldakte in ein PDF-„Repräsentat“ umgewandelt werden, bleibe die Bildqualität ohne Qualitätsverlust erhalten. Die Bildinformationen werden direkt und vollständig in die PDF-Datei integriert. Dies gewährleiste, dass die visuelle Information im „Repräsentat“ exakt der Originaldatei entspreche.

Sollte Einsicht in Dateien der elektronischen Akte begehrt werden, die nicht in das „Repräsentat übernommen worden seien (§ 2 Abs.2 BBußAktFV), sei dafür ein begründeter Antrag erforderlich. Das System der Akteneinsicht in die elektronische Bußgeldakte folge damit den verfassungsmäßigen Vorgaben zum Anspruch auf „Informationsparität des Betroffenen in Ordnungswidrigkeitenverfahren“, resümierte der Senat. Zudem sei die Entscheidung der Bußgeldbehörde über die Form der Akteneinsicht nicht anfechtbar.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 8.9.2025, Az. 2 ORbs 95/25
(vorausgehend Amtsgericht Wiesbaden, Urteil vom 16.1.2025, Az. 78 OWi 5781 Js 43606/24)


OLG Köln: Berufung muss nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV zwingend als PDF-Datei an das Gericht übermittelt werden

OLG Köln
Beschluss vom 22.06.2023
17 U 42/22


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Berufung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV zwingend als PDF-Datei an das Gericht übermittelt werden muss.

Aus den Entscheidungsgründen:
2. Eine formgerechte Berufungseinlegung bis zum 25.03.2022 ist nicht feststellbar.

Ausgangspunkt ist § 519 ZPO, wonach die Berufungseinlegung der Einreichung einer Berufungsschrift bedarf. Auf diese finden die Vorschriften der §§ 129 ff. ZPO und damit § 130 a ZPO Anwendung. Danach bedarf es ab dem 01.01.2020 (§ 130 d ZPO) zwingend der Einreichung als elektronisches Dokument. Unter elektronischen Dokumenten im Sinne von § 130a ZPO sind solche Erklärungen zu verstehen, die dem Empfänger in einer dauerhaften, aber nicht unmittelbar, sondern nur maschinell lesbaren, digitalen Form zugehen (Zöller/Greger, ZPO, 34. A., § 130a ZPO Rn 3). Sie müssen den in § 130a Abs. 2 bis 4 ZPO genannten Voraussetzungen entsprechen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV ist das elektronische Dokument „in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln“. Bei bildlichen Darstellungen darf das elektronische Dokument zusätzlich im Dateiformat TIFF übermittelt werden (Satz 2). Gemäß § 2 Absatz 2 ERVV soll der Dateiname den Inhalt des elektronischen Dokuments schlagwortartig umschreiben und bei der Übermittlung mehrerer elektronischer Dokumente eine logische Nummerierung enthalten. Schließlich soll dem elektronischen Dokument nach Absatz 3 „ein strukturierter maschinenlesbarer Datensatz im Dateiformat XML beigefügt werden“, der mindestens folgende Angaben enthält:
"1. die Bezeichnung des Gerichts;
2. sofern bekannt das Aktenzeichen des Verfahrens;
3. die Bezeichnung der Parteien oder Verfahrensbeteiligten;
4. die Angabe des Verfahrensgegenstandes:
5. sofern bekannt, das Aktenzeichen eines denselben Verfahrensgegenstand

betreffenden Verfahrens und die Bezeichnung der die Akten führenden Stelle."

a) Bei der am 24.03.2022 per „Prüfvermerk“ eingegangenen bloßen „Nachricht“ handelt es sich bereits nicht um ein elektronisches Dokument iSv § 130a Abs. 1 ZPO. Es ist nur der Bericht über die „technische Prüfung“ der einzelnen elektronischen Dokumente, die „unten aufgeführt“ sind. Die Betreff-Zeile der Nachricht ist gerade nicht das Dokument als solches. Vielmehr beschreibt es nur den Inhalt der als Dokumente übermittelten Dateien. Allein diese stellen die bei Gericht eingereichten elektronischen Dokumente dar. Mit dem „Prüfvermerk“ wird nur der sichere Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach bestätigt. Es handelt sich um den vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – IX ZR 118/22 -, ZinsO 2022, 2579 f. = juris Rn 7 f.). Bei dem „Prüfvermerk“ mit dem Nachrichtenbetreff handelt es sich nicht um das elektronische Dokument bzw. die Datei selbst.

Zudem wird vom Gesetzgeber die Einreichung von elektronischen Dokumenten im PDF-Format zwingend vorausgesetzt (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2022 – 3 StR 89/22 –, NJW-Spezial 2022, 408 f. = juris Rn 12; MK-ZPO/Fritsche,6. A., §130a ZPO Rn 4). Bei § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV handelt es sich nicht um eine in das Belieben des Einreichers gestellte technische Vorgabe und die Nichtbeachtung des PDF-Formats begründet mehr als einen rein formalen Verstoß gegen technische Vorschriften. Dem Einreicher ist daher kein Wahlrecht einzuräumen, in welcher Form er ein elektronisches Dokument bei Gericht einreicht (OLG Koblenz, Beschluss vom 7. Juni 2022 – 4 OLG 4 Ss 67/22 –, juris Rn 14 mwN).

b) Auch bei der übersandten Datei „xjustiz_nachricht.xml“ (vgl. § 5 Nr. 2 ERVB 2022, abgedruckt bei Anders in Anders/Gehle, ZPO, 81. A., §130a ZPO vor Rn 1) handelt es sich nicht um das elektronische Dokument als solches. Es ist vielmehr der von dem Übermittlungssystem erzeugte „Datensatz“ mit den nach § 2 Abs. 3 ERRV vorgeschriebenen Angaben. Außerdem handelt es sich auch bei dieser Datei nicht um eine solche im PDF-Format. Die in § 2 Abs. 1 ERVV genannten Dateiformate sind abschließend (Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 43. A., § 130a ZPO Rn 3).

Selbst wenn man die einzelnen Angaben („Berufung“ / „Urteil LG Köln“ / „Zurek, Jakob (53111 Bonn)“ in dieser XML-Datei zusammennimmt, bliebe unklar, wer für wen Berufung hätte einlegen wollen. Die Bezeichnung des Rechtsmittelführers muss eindeutig sein; an dessen Bezeichnung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2005 – XI ZB 43/04 –, MDR 2006, 589 = juris Rn 8). Zwar könnte sich aus dem beigefügten Urteil, wonach die Klage abgewiesen wurde, noch ergeben, dass die Klägerin Berufung hätte einlegen wollen (vgl. BGH, Beschluss vom 24.02.2021 – VII ZB 8/21 -, BauR 2021, 1008 = juris Rn 13; a.A. Heßler in Zöller, a.a.O., § 519 Rn 30a mwN). Der Name F. (und dessen Zuordnung zu den Prozessparteien) ergibt sich aus dem beigefügten Urteil jedoch nicht. Die Gerichtsakte mit den erstinstanzlich gewechselten Schriftsätzen stand dem Senat bis zu dem – insoweit maßgeblichen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2022 – VI ZB 20/20 -, NJW-RR 2022, 784 = juris Rn 11) - Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung. Der beigefügte Schriftsatz bezog sich nicht auf das hiesige Verfahren, sondern betraf eine außergerichtliche Korrespondenz unter Anwälten.

3. Die formwirksam am 28. März 2022 eingegangene Berufungsschrift vom 23.03.2022 (8 – 9 OLGeA), die qualifiziert signiert und entsprechend geprüft war (4 = 7 OLGeA), ist nicht mehr innerhalb der Einlegungsfrist beim OLG eingegangen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Ist Unterlassungsschuldner ein Kaufmann kann dieser eine Unterlassungserklärung auch wirksam als PDF-Datei per E-Mail abgegeben - Kein Original per Post erforderlich

BGH
Urteil vom 12.01.2023
I ZR 49/22
Unterwerfung durch PDF
BGB § 126 Abs. 1, § 150 Abs. 2; HGB § 343 Abs. 1, § 350; ZPO § 93


Der BGH hat entschieden, dass ein Kaufmann eine Unterlassungserklärung auch wirksam als PDF-Datei per E-Mail abgegeben kann. Es ist in einem solchen fall nicht erforderlich, ein Original per Post zu schicken.

Leitsätze des BGH:
a) Eine von einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung unterliegt der Formfreiheit (§ 343 Abs. 1, § 350 HGB).

b) Es fehlt im Regelfall nicht an der Ernstlichkeit der Unterlassungsverpflichtungserklärung, wenn der Unterlassungsschuldner dem Verlangen des Unterlassungsgläubigers nicht nachkommt, innerhalb der gesetzten Frist eine unterschriebene Unterlassungsverpflichtungserklärung im Original zu übersenden, sondern er stattdessen fristgemäß eine unterschriebene Erklärung als PDF-Datei per E-Mail übersendet.

BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - I ZR 49/22 - LG Stuttgart - AG Kirchheim unter Teck

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: