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OLG Hamm: Schadensersatzanspruch eines Bio-Landwirts gegen benachbarte Landwirte mit konventionellem Anbau wegen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Abdrift auf Biofläche

OLG Hamm
Urteil vom 18.11.2021
24 U 74/16

Das OLG Hamm hat einem Bio-Landwirt Schadensersatz gegen benachbarte Landwirte mit konventionellem Anbau wegen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und Abdrift auf die Biofläche zugesprochen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

OLG Hamm entscheidet im Prozess über die Abdrift von Pflanzenschutzmitteln

Der 24. Zivilsenat hat heute in dem Rechtsstreit, in dem vier Landwirte aus Lichtenau über die Abdrift von Pflanzenschutzmitteln von konventionell bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen der drei Beklagten auf Bio-Anbauflächen des Klägers streiten, zwei der drei Beklagten insbesondere zum Ausgleich von Schäden in Höhe von gut 10.000 € bzw. 40.000 € verurteilt und im Übrigen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Paderborn vom 14.03.2016 (Az. 4 O 420/14, LG Paderborn) bestätigt. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen.

Nach den Begutachtungen durch Sachverständige stehe – so der 24. Zivilsenat – fest, dass der durch zwei der drei Beklagten im Oktober 2013 mit dem Pflanzenschutzmittel Malibu ausgebrachte Wirkstoff Pendimethalin durch Abdrift auf Felder des klagenden Landwirts gelangt sei. Hierdurch sei eine den zulässigen Höchstwert für den Ökolandbau überschreitende Belastung mit dem vorgenannten Wirkstoff verursacht worden, weshalb die angebauten Pflanzen insgesamt nicht mehr vermarktungsfähig gewesen seien. Dies widerspreche dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zwischen ökologischem und konventionellem Landbau als jeweils zulässige Bewirtschaftungsarten.

Die von den beiden verurteilten Landwirten für das Aufbringen gewählten Düsen – und bei einem Landwirt zudem der verwendete (Applikations-)Druck – hätten nicht der „guten fachlichen Praxis“ in der Landwirtschaft entsprochen, um eine Abdrift zu verhindern. Sie seien dem Kläger daher zum Ersatz des ihm entstandenen Schadens – vor allem zum Ausgleich des ausgefallenen Ertrags bei einem Verkauf der Pflanzen – verpflichtet.

Bei dem dritten beklagten Landwirt konnte der 24. Zivilsenat auf der Grundlage der sachverständigen Begutachtungen allerdings nicht feststellen, dass dieser durch Abdrift von Pflanzenschutzmittel auf ein Feld des Klägers eingewirkt hätte.

Nicht rechtskräftiges Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18.11.2021 (Az. 24 U 74/16, OLG Hamm)


Bundeskartellamt: 154,6 Millionen Euro Bußgelder gegen Großhändler von Pflanzenschutzmitteln wegen wettbewerbswidriger Abstimmung von Preislisten, Rabatten und Einzelpreisen

Das Bundeskartellamt hat Bußgelder in Höhe von ingesamt 154,6 Millionen Euro gegen Großhändler von Pflanzenschutzmitteln wegen wettbewerbswidriger Abstimmung von Preislisten, Rabatten und Einzelpreisen verhängt.

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamts:

Bußgelder gegen Großhändler von Pflanzenschutzmitteln wegen wettbewerbswidriger Abstimmung von Preislisten, Rabatten und Einzelpreisen

Das Bundeskartellamt hat Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 154,6 Millionen Euro gegen sieben Großhändler von Pflanzenschutzmitteln und deren Verantwortliche wegen Absprachen über Preislisten, Rabatte und einige Einzelpreise beim Verkauf an Einzelhändler und Endkunden in Deutschland verhängt. Bußgelder wurden verhängt gegen die AGRAVIS Raiffeisen AG, Hannover/Münster, die AGRO Agrargroßhandel GmbH & Co. KG, Holdorf, die BayWa AG, München, die BSL Betriebsmittel Service Logistik GmbH & Co. KG, Kiel, die Getreide AG, Hamburg, die Raiffeisen Waren GmbH, Kassel, und die ZG Raiffeisen eG, Karlsruhe. In Anwendung der Bonusregelung wurde der Beiselen GmbH, Ulm, die als erste mit dem Bundeskartellamt kooperierte, das Bußgeld erlassen. Gegen zwei weitere Unternehmen wird noch ermittelt. Darüber hinaus wurden die Verfahren gegen drei weitere Unternehmen und zwei Verbände eingestellt.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Unsere Ermittlungen haben gezeigt, dass die Unternehmen seit dem Jahr 1998 bis zum Zeitpunkt unserer Durchsuchung im März 2015 jeweils im Frühjahr und Herbst ihre Preislisten für Pflanzenschutzmittel miteinander abgestimmt haben. Grundlage der Abstimmung war eine gemeinsame Kalkulation der Großhändler, die weitgehend einheitliche Preislisten für Einzelhändler und Endkunden zur Folge hatte. Vor allem in den ersten Jahren übernahmen einige Unternehmen die abgestimmte Preisliste einfach für die eigene Preissetzung, indem sie faktisch nur noch ihr Firmenlogo über die fertige Liste setzten.“

In der Anfangszeit des Kartells trafen sich die Unternehmen mehrmals im Jahr, um sich auf (rabattfähige Brutto-) Listenpreise zu verständigen – in den späteren Jahren erfolgte die Abstimmung überwiegend schriftlich und telefonisch. Die vier führenden Großhändler im Markt - zwei genossenschaftlich organisierte Großhändler und zwei sogenannte Private - übernahmen grundsätzlich die Vorabstimmung der Kalkulation dieser Preisangaben. Im Anschluss erfolgte die weitere Abstimmung unter den Großhändlern in zwei Lagern, einerseits unter den genossenschaftlich organisierten Großhändlern und andererseits unter den sogenannten Privaten, den nicht-genossenschaftlich organisierten Großhändlern. Das Ergebnis dieser Abstimmung, die Kalkulationsschemata sowie die fertig berechneten (rabattfähigen Brutto-) Preislisten, wurde dann allen Unternehmen jeweils zur Frühjahrs- und Herbstsaison zur Verfügung gestellt. Bis zum Jahr 2008 hatten sämtliche betroffene Großhändler, außer die Getreide AG, (die genossenschaftlichen Großhändler noch darüber hinaus bis 2012, die Raiffeisen Waren GmbH bis Jahresende 2011) teilweise auch die darauf zu gewährenden Rabattspannen sowie teilweise Netto-Netto-Preise (Abgabepreise gegenüber Einzelhändlern ohne weitere Rabattierung) für zentrale Produkte abgesprochen.

Die Durchsuchung des Bundeskartellamts am 3. März 2015 beendete die kartellrechtswidrigen Praktiken noch vor Beginn der Frühjahrssaison 2015.

Sämtliche betroffene Großhändler haben während des Verfahrens mit dem Bundeskartellamt kooperiert und durch ihre Bonusanträge bei der Aufklärung der Tat mitgewirkt. Sechs der genannten betroffenen Unternehmen und die dazu gehörigen persönlich bebußten Mitarbeiter haben bislang den vom Bundeskartellamt ermittelten Sachverhalt als zutreffend anerkannt und einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung zugestimmt. Dies wurde bei der Bußgeldfestsetzung berücksichtigt.

Die verhängten Bußgelder sind noch nicht rechtskräftig. Gegen die Bescheide samt der in ihnen getroffenen Feststellungen kann Einspruch eingelegt werden, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde.

Ein Fallbericht mit den Inhalten des § 53 Abs. 5 GWB wird auf der Internetseite des Bundeskartellamtes veröffentlicht.

BGH: Nach Entfernung der Verpackung darf ein Pflanzenschutzmitel nicht mehr vertrieben werden - Verlust der Verkehrsfähigkeit

BGH
Urteil vom 17.01.2013
I ZR 187/09
Flonicamid
UWG § 4 Nr. 11; PflSchG 2002 § 11 Abs. 1 Satz 1; Richtlinie 91/414/EWG Art.
3 Abs. 1; Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Art. 28, Art. 31 Abs. 3 Buchst. e und
i, Art. 52; PflSchG 2012 § 2 Nr. 17

Leitsatz des BGH:

Ein zugelassenes Pflanzenschutzmittel verliert mit der Entfernung seiner (Primär-)Verpackung seine Verkehrsfähigkeit.
BGH, Urteil vom 17. Januar 2013 - I ZR 187/09 - OLG Stuttgart - LG Ravensburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Verkauf von Vorrichtungen zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln ist selbst nicht zulassungspflichtig

BGH
Urteil vom 01.06.2011
I ZR 25/10
Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung
UWG § 4 Nr. 11; Richtlinie 91/414/EWG Art. 2 Nr. 1.1, 3, 4.1, 8; PflSchG § 2
Nr. 7, 9 Buchst. a, 9a Buchst. a, 11; §§ 9, 11 Abs. 1 Satz 1, § 25

Leitsatz des BGH:

Wer eine Vorrichtung zur Herstellung eines Pflanzenschutzmittels anbietet, handelt auch dann keiner im Pflanzenschutzgesetz enthaltenen Zulassungsbestimmung zuwider, wenn das mit der Vorrichtung hergestellte Mittel ein nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG zulassungspflichtiges, aber nicht zugelassenes Mittel ist.
BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - I ZR 25/10 - OLG Celle -LG Lüneburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: