Das LG München hat entschieden, dass auch der Anbieter eines "Auto-Abos" die Pflichtangaben zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen der angeboten Fahrzeugmodelle vorhalten muss. Andernfalls liegt ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß vor.
Die Pressemitteilung des Gerichts:
Auto-Abo
Die unter anderem für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige 17. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat heute einer Anbieterin von sog. „Auto-Abos“ verboten, Werbematerial im Internet für neue Modelle von Personenkraftwagen zu verbreiten, ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen dieser Fahrzeugmodelle zu machen (17 HK O 11810/20).
Die Werbung ohne Angaben zur CO2-Emission verstößt gegen die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung für Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV). Nach Überzeugung der Kammer hat das beklagte Unternehmen den Bestimmungen des § 5 Pkw-EnVKV zuwidergehandelt, weil es Werbematerial im Internet für neue Modelle von Pkw verbreitet, ohne dabei rechtzeitig Angaben über den Kraftstoffverbrauch zu machen. Erforderlich wäre, dass die CO2-Emissionen automatisch in dem Augenblick erscheinen, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung auf der Webseite des beklagten Unternehmens angezeigt werden.
Die Beklagtenseite hatte argumentiert, dass die Pkw-EnVKV das „Auto-Abo“ nicht anspreche und dieses Angebot der Verordnung deshalb nicht unterfallen würde, insbesondere handele es sich bei ihrem Angebot nicht um eine Form des „Leasings“.
Dieser Argumentation folgte die 17. Kammer für Handelssachen nicht:
Die Unterschiede zum klassischen (Finanzierungs-)Leasing bewirkten aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen keine andere Bewertung des „Auto-Abos“ der Beklagten, so die Kammer. Trotz der bestehenden Unterschiede sei die Beklagte als Leasinggeberin und ihre Kunden als Leasingnehmer im Sinne der Pkw-EnVKV einzustufen. Die Unterschiede zum „Leasing“ seien rechtlich betrachtet nicht grundlegend. Auch wirtschaftlich blieben sich beide Modelle im Wesentlichen gleich. Die Ausgestaltung und der Umfang der gewährten Nutzungsrechte seien zwar im Detail unterschiedlich. Die vertragliche Grundkonstellation sei jedoch dieselbe.
Sinn und Zweck der Verordnung sei es zudem, dass beim Erwerb eines neuen Pkws auf den Verbrauch und die CO2-Emissionen geachtet werden solle. Die Kunden der Beklagten träfen mit der Entscheidung, welches Pkw-Modell sie abonnierten, gleichzeitig eine wirtschaftliche Entscheidung darüber, welche Modelle die Beklagte für ihren Fahrzeugpool erwerbe. Daher seien ihnen auch nach Sinn und Zweck der Pkw-EnVKV Angaben über Verbrauch und CO2-Emissionen zu machen. Die Einordnung des „Auto-Abos“ als „Leasing“ im Sinne der Pkw-EnVKV stehe ferner mit der Systematik und der Historie der Verordnung im Einklang, so die Richter.
Schließlich sprechen Gründe des Verbraucherschutzes gleichfalls für dieses Ergebnis: Wenn Kunden des „Auto-Abos“ neben der monatlichen Abogebühr außer für das Waschen und Tanken des Wagens keine weiteren Kosten tragen müssten, komme dem Kraftstoffverbrauch (und den in aller Regel damit einhergehenden CO2-Emissionen des Fahrzeugs) eine entscheidende Rolle zu. Die Höhe des Kraftstoffverbrauchs des Fahrzeugs zeige dann die für Verbraucher wichtigsten Folgekosten an.
Darüber hinaus habe Umwelt- und Klimaschutz bei der Entscheidung für oder gegen ein Fahrzeugmodell für Durchschnittsverbraucher eine immer größere Bedeutung. Das, was das „Auto-Abo“ unabhängig von seinem Namen und seiner aktuellen Popularität ausmache, sei bereits von Anfang an von der Verordnung erfasst.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Zum Hintergrund:
Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO 2 -Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen (Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung - Pkw-EnVKV)
§ 5 Werbung
(1) Hersteller und Händler, die Werbeschriften erstellen, erstellen lassen, weitergeben oder auf andere Weise verwenden, haben sicherzustellen, dass in den Werbeschriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 gemacht werden.
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für
1.in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial,
2.Werbung durch elektronische, magnetische oder optische Speichermedien;
hiervon ausgenommen sind Hörfunkdienste und audiovisuelle Mediendienste nach Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste), (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1). Die Angaben müssen nach Maßgabe der Abschnitte II und III der Anlage 4 erfolgen.
(3) Die Verpflichtungen der Hersteller nach § 3 Abs. 3 gelten entsprechend für Angaben, die erforderlich sind, um Werbeschriften, zur Verbreitung in elektronischer Form bestimmtes Werbematerial und elektronische, magnetische oder optische Speichermedien nach den Absätzen 1 und 2 zu erstellen.
BGH
Urteil vom 13.09.2018 I ZR 117/15
YouTube-Werbekanal II
UWG § 3a; Pkw-EnVKV § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Halbsatz 2; Richtlinie 2010/13/EU Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i und ii
Der BGH hat entschieden, dass weder ein zu Werbezwecken betriebener Videokanal bei YouTube noch ein Werbevideo bei YouTube ein audiovisueller Mediendienst sind. Bei einem Werbevideo für Personenkraftwagen müssen daher die erforderlichen Pflichtangaben nach der Pkw-EnVKV vorgehalten werden.
Leitsatz des BGH:
Weder ein bei dem Internetdienst YouTube zu Werbezwecken betriebener Videokanal noch ein dort abrufbares Werbevideo stellt einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU dar. Wird mit einem auf diesem Werbekanal abrufbaren Video für neue Personenkraftwagen geworben, sind deshalb Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der beworbenen Modelle zu machen.
BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 117/15 - OLG Köln - LG Köln
Das OLG Celle hat entschieden, dass beim Teilen eines Autotests auf der Facebook-Seite eines Autohauses für das getestete Modell zusätzlich die erforderlichen Pflichtangaben nach der PKW-EnVKV vorgehalten werden müssen.
Aus den Entscheidungsgründen:
a) Dem Kläger steht wegen des auf der Facebook-Seite des Beklagten am 11. Mai 2017 erfolgten Eintrags ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 2, § 3a UWG i. V. m. § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV i. V. m. Abschn. I der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV zu.
aa) Der Beklagte ist unstreitig ein Händler i. S. d. § 2 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV, so dass ihm die in § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV geregelten Informationspflichten auferlegt sind. Diese stellen Marktverhaltensregelungen i. S. d. § 3a UWG (= § 4 Nr. 11 UWG a.F.) dar (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 163/13 -Neue Personenkraftwagen II, juris Rn. 13; Urteil vom 21. Dezember 2011 - I ZR 190/10 - Neue Personenkraftwagen, juris Rn. 16).
bb) Der Beklagte hat gegen § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV i. V. m. Abschn. I der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV verstoßen.
Nach § 5 Pkw-EnVKV haben Hersteller und Händler, die Werbeschriften verwenden, sicherzustellen, dass dort Angaben über die offiziellen spezifischen CO²-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschn. I der Anlage 4 gemacht werden. Nach diesem Abschn. I der Anlage 4 sind für das in der Werbeschrift genannte Fahrzeugmodell Angaben über die offiziellen spezifischen CO²-Emissionen im kombinierten Testzyklus zu machen (Nr. 1 Satz 1), wobei die Angaben auch bei flüchtigem Lesen leicht verständlich, gut lesbar und ebenso hervorgehoben sein müssen wie der Hauptteil der Werbebotschaft (Nr. 2). Gemäß Abschn. I Nr. 3 der Anlage 4 ist eine Angabe der CO²-Werte nicht erforderlich, wenn nicht für ein bestimmtes Modell, sondern lediglich für die Fabrikmarke geworben wird. Nach § 2 Nr. 15 Pkw-EnVKV ist „Modell“ i.S. dieser Verordnung die Handelsbezeichnung eines Fahrzeugs, bestehend aus Fabrikmarke, Typ sowie ggf. Variante und Version eines Personenkraftwagens.
(1) Der streitgegenständliche Facebook-Eintrag vom 11. Mai 2017 betrifft einen Mitsubishi ASX 2.2 DI-D 4 WD (150 PS), mithin ein bestimmtes Modell, das auf der Webseite automativ.de getestet worden ist.
(2) Der vom Beklagten am 11. Mai 2017 geteilte Facebook-Eintrag (vgl. Anlage K 2, Bl. 8 ff. d. A.) enthält unstreitig keine Angaben über die offiziellen spezifischen CO²-Emissionen des angegebenen Fahrzeugmodells.
(3) Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei dem Facebook-Eintrag auch um eine Werbung i. S. v. § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV.
Nach § 2 Nr. 11 Pkw-EnVKV ist "Werbematerial" jede Form von Informationen, die für Vermarktung und Werbung für Verkauf und Leasing neuer Personenkraftwagen in der Öffentlichkeit verwendet werden; dies umfasst auch Texte und Bilder auf Internetseiten. Dabei gilt § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV auch für die Verbreitung in elektronischer Form nach § 2 Nr. 10 Pkw-EnVKV. Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring - erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15, juris Rn. 16). Dies ist bei dem streitgegenständlichen Facebook-Eintrag der Fall (vgl. auch Senatsurteil vom 18. August 2016 - 13 U 33/16 sowie Senatsurteil vom 1. Juni 2017 - 13 U 15/17; OLG Frankfurt, Beschluss vom 19. November 2013 - 14 U 188/13, juris Rn. 18).
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht daraus, dass der Eintrag keine ausdrückliche Aufforderung zum Kauf enthält, sondern „nur“ einen Link zu einem Testbericht über das vorgenannte Fahrzeug. Der Senat hat bereits für einen Eintrag auf einer Facebook-Seite eines Autohauses, mit dem das Autohaus ein von einem Kunden eingesandtes Foto seines Pkw veröffentlicht und unter Angabe des konkreten Fahrzeugmodells als „tolles Bild“ kommentiert hat, entschieden, dass derartige Einträge auf der Facebook-Seite eines Autohändlers als Werbung anzusehen sind (vgl. Senatsurteil vom 1. Juni 2017 - 13 U 15/17, juris Rn. 19 ff.). Auch im vorliegenden Verfahren gilt, dass der Beklagte seinen Facebook-Auftritt nicht lediglich mit dem selbstlosen Zweck betreibt, Verbraucher über die Tests der von ihm verkauften Fahrzeugmodelle zu informieren. Sinn und Zweck der Postings des Beklagten - einschließlich des „Teilens“ des Testberichts - ist es vielmehr gerade, die auf sein Autohaus gerichtete Aufmerksamkeit über die sozialen Medien zu erhöhen und damit den Absatz von Produkten und Dienstleistungen zu fördern. Mit dem „Teilen“ des von Mitsubishi Motors DE geposteten Beitrags macht der Beklagte sich die Aussagen dieses Eintrags und des hierin verlinkten Artikels in der Form zu eigen, dass er damit für sich und seine Fahrzeuge werben, das Interesse an dem Mitsubishi ASX 2.2 DI-D 4 WD wecken und in der Folge die eigenen Verkaufsmöglichkeiten für das Fahrzeug positiv beeinflussen will.
(4) Bei der Facebook-Seite des Beklagten handelt es sich auch nicht um einen audiovisuellen Mediendienst i. S. d. Art. 1 Buchst. a) der Richtlinie 2010/13/EU, der nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Pkw-EnVKV von den streitgegenständlichen Informationspflichten ausgenommen ist (vgl. Senatsurteil vom 18. August 2016 - 13 U 33/16 m. w. N.).
(5) Ein Verstoß gegen die Pkw-EnVKV ist entgegen der Auffassung des Beklagten regelmäßig geeignet, die durch die § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV geschützten Interessen von Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmer i. S. v. § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen und zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - I ZR 66/09, Gallardo Spyder, juris Rn. 20; Köhler: in Köhler/Bornkamm/Feddersen, a. a. O., § 3a UWG Rn. 1.213).
EuGH
Urteil vom 21.02.2018 C‑132/17
Peugeot Deutschland GmbH gegen Deutsche Umwelthilfe e. V.
Der EuGH hat entschieden, dass ein YouTube-Kanal mit Werbevideos für Autos kein audiovisueller Mediendienst im Sinne der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ist. Dies hat zur Folge, dass die nach der PKW-EnVKV-Angaben erforderlichen Pflichtangaben vorgehalten werden müssen.
Tenor der Entscheidung:
Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) ist dahin auszulegen, dass die Definition des Begriffs „audiovisueller Mediendienst“ weder einen Videokanal wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, auf dem die Internetnutzer kurze Werbevideos für Modelle neuer Personenkraftwagen abrufen können, noch eines dieser Videos für sich genommen erfasst.
Das OLG Celle hat entschieden, dass die Facebook-Galerie eines Autohauses auch ohne direkte Aufforderung zum Kauf Werbung im Sinne der Pkw-EnVKV ist und somit die Angabe der Pflichtangaben erforderlich ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
"cc) Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei dem Facebook-Eintrag auch um eine Werbung i.S.v. § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV.
Nach § 2 Nr. 11 Pkw-EnVKV ist "Werbematerial" jede Form von Informationen, die für Vermarktung und Werbung für Verkauf und Leasing neuer Personenkraftwagen in der Öffentlichkeit verwendet werden; dies umfasst auch Texte und Bilder auf Internetseiten. Dabei gilt § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV auch für die Verbreitung in elektronischer Form nach § 2 Nr. 10 Pkw-EnVKV. Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring - erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15, juris Rn. 16). Dies ist bei dem streitgegenständlichen Facebook-Eintrag der Fall, da hiermit für den SEAT L. … geworben wird (vgl. auch Senatsurteil vom 18. August 2016 - 13 U 33/16; OLG Frankfurt, Beschluss vom 19. November 2013 - 14 U 188/13, juris Rn. 18).
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht daraus, dass der Eintrag keine ausdrückliche Aufforderung zum Kauf enthält, sondern „nur“ ein von einem Kunden bzw. „Fan“ der Beklagten gefertigtes Foto in ein Fotoalbum namens „Fan-Galerie“ aufnimmt. Die Beklagte betreibt ihren Facebook-Auftritt nicht lediglich mit dem selbstlosen Zweck, ihren bereits vorhandenen Kunden ein Forum zum Austausch über die Fahrzeuge der Beklagten zur Verfügung zu stellen. Sinn und Zweck der Postings der Beklagten - einschließlich der Erstellung einer „Fan-Galerie“ - ist es vielmehr gerade, für die Beklagte und ihre Fahrzeuge zu werben. Zu diesem Zweck sollen die Millionen von Nutzern des sozialen Netzwerks u. a. mit den „tollen Bildern“ in der „Fan-Galerie“ angesprochen und für die abgebildeten Fahrzeuge interessiert werden. Ob es sich dabei um Neukunden oder - teilweise - um bereits bestehende Kunden der Beklagten handelt, ist schon deshalb nicht von Bedeutung, weil auch letztere durch die Einträge der Beklagten zum Erwerb eines neuen/anderen Fahrzeugmodells animiert werden können und sollen. Es kann deshalb nach Auffassung des Senats nicht die Rede davon sein, der Facebook-Auftritt der Beklagten richte sich „gerade nicht an potentielle Käufer oder Kunden, die ein Nutzfahrzeug leasen wollen, sondern an Kunden, die bereits einen VW ihr eigen nennen“ (so aber S. 5 LGU, Bl. 32 d. A.). Wenn das Landgericht weiter ausführt, es sei „in diesem Zusammenhang, in dem Kunden über ihre Erlebnisse mit Fahrzeugen der Marke Seat sich beschäftigen, (...) auch völlig lebensfremd, dort Angaben über die Energieeffizienz der betreffenden Fahrzeuge zu verlangen“, so greift diese Erwägung nicht durch, weil der Kläger vorliegend nicht einen Eintrag des Fotografen T. S. auf der Facebook-Seite der Beklagten beanstandet, sondern ein Posting der Beklagten selbst, das sich auf das ihr übersandte Foto des SEAT L. … bezieht. Insofern kann von der beklagten Kfz-Händlerin, die mit dem von einem Dritten gefertigten Foto jedenfalls auch den Absatz ihrer Produkte zu fördern sucht, verlangt werden, dass sie ihren Pflichten aus § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV im Zusammenhang mit der Veröffentlichung nachkommt.
dd) Bei der Facebook-Seite der Beklagten handelt es sich auch nicht um einen audiovisuellen Mediendienst i. S. d. Art. 1 Buchst. a) der Richtlinie 2010/13/EU, der nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Pkw-EnVKV von den streitgegenständlichen Informationspflichten ausgenommen ist (vgl. Senatsurteil vom 18. August 2016 - 13 U 33/16 m. w. N.).
c) Der streitgegenständliche Verstoß begründet eine neue Wiederholungsgefahr (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., a. a. O., § 8 Rn. 1.56 und § 12 Rn. 1.213). Die nach Abgabe einer Unterlassungserklärung durch einen erneuten Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich allenfalls durch eine weitere Unterlassungserklärung mit einer gegenüber der ersten erheblich höheren Strafbewehrung ausgeräumt werden (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1989 - I ZR 237/87 - Abruf-Coupon, juris Rn. 13; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 1.213)."
"Die Beklagte muss für diese geschäftliche Handlung ihres Mitarbeiters einstehen. Der beworbene Neuwagenverkauf ist ausschließlich auf das Unternehmen der Beklagten bezogen. Auch wenn sich die Werbeaktion des Mitarbeiters in einem privaten Bereich abspielt, geht es um die Förderung des Warenabsatzes eines fremden Unternehmens, in das der Mitarbeiter eingegliedert ist und für welches er mit der streitigen Anzeige wirbt. Dass der Mitarbeiter damit auch seine eigenen Verdienstmöglichkeiten erweitern will, ist für die Zurechnung seines Handelns ohne Bedeutung.
c. Mit dieser Abgrenzung wird der der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung entzogene private Bereich des Mitarbeiters nicht in unzumutbarer Weise beschränkt. Vielmehr hat der Mitarbeiter durch die Einstellung der Werbung für von der Beklagten vertriebene Kraftfahrzeuge den Bereich privater Lebensgestaltung auf Facebook zu Gunsten geschäftlicher Tätigkeit verlassen. Die Werbung zielt auf marktgerichtetes Verhalten der hiervon angesprochenen Personen ab. Dass es sich dabei nur um Freunde und Bekannte des Mitarbeiters handelt, ändert an dem geschäftlichen Charakter der Werbung nichts. Der Begriff der geschäftlichen Handlung setzt nicht voraus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Personen angesprochen werden. Erst recht ohne Bedeutung ist, dass es sich hierbei nach dem Vortrag der Beklagten nicht um Geschäftspartner der Beklagten handeln soll. Ein wesentliches Element von Werbung ist, den Kreis der Geschäftspartner zu erweitern.
d. Der Bereich, in dem der Mitarbeiter tätig geworden ist, zählt zu seinem dienstlichen Tätigkeitsbereich, nämlich dem Neuwagenverkauf. Die Beklagte hat hierauf uneingeschränkte Einflussmöglichkeiten."
Wie die Wettbewerbszentrale berichtet hat das LG Freiburg eine wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für Angebote, die ein Arbeitnehmer ohne Wissen des Arbeitgebers auf seinem eigenen Facebook-Account veröffentlicht, bejaht.
Ein Autoverkäufer hatte auf seiner eigenen Facebook-Seite ein Angebot gepostet. Der Angebotstext enthielt allerdings kein Impressum nach § 5 TMG und auch nicht die nach der Pkw-EnVKV (fehlende "kw"-Angabe) erforderlichen Angaben.
BGH
Urteil vom 21.12.2011 I ZR 190/10
Neue Personenkraftwagen
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 5a Abs. 4; Pkw-EnVKV § 2 Nr. 1
Leitsatz des BGH:
Das Verständnis des Begriffs "neue Personenkraftwagen" in § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV ist an objektivierbaren Umständen auszurichten, aus denen sich ergibt, dass das betreffende Fahrzeug vom Händler alsbald nach dem Erwerb veräußert werden soll. Als objektiver Umstand eignet sich hierfür die Kilometerleistung des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Angebots zum Verkauf. Bietet ein Händler ein Fahrzeug mit einer Laufleistung bis 1.000 Kilometer an, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass er dieses Fahrzeug zum Zweck des Weiterverkaufs erworben hat.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - I ZR 190/10 - OLG Koblenz - LG Mainz