Skip to content

EuGH: Uploadfilter nach Maßgabe von Art. 17 der DSM-Richtlinie (EU-Richtlinie - 2019/790) unionsrechtskonform und zulässig

EuGH
Urteil vom 26.04.2022
C-401/19
Polen ./. Parlament und Rat


Der EuGH hat entschieden, dass Uploadfilter nach Maßgabe von Art. 17 der DSM-Richtlinie (EU-Richtlinie - 2019/790) unionsrechtskonform und zulässig sind.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Die Verpflichtung der Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten, die Inhalte, die Nutzer auf ihre Plattformen hochladen wollen, vor ihrer öffentlichen Verbreitung zu überprüfen, ist mit den erforderlichen Garantien verbunden, um ihre Vereinbarkeit mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit zu gewährleisten

Der Gerichtshof weist die von Polen erhobene Klage gegen Art. 17 der Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt ab Nach Art. 17 der Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt1 gilt der Grundsatz, dass die Diensteanbieter für das Teilen von Onlineinhalten (sogenanntes „Web 2.0“) unmittelbar haften, wenn Schutzgegenstände (Werke usw.) von den Nutzern ihrer Dienste rechtswidrig hochgeladen werden. Die betroffenen Diensteanbieter können sich jedoch von dieser Haftung befreien. Hierfür müssen sie insbesondere gemäß Art. 172 die von den Nutzern hochgeladenen Inhalte aktiv überwachen, um das Hochladen von
Schutzgegenständen zu verhindern, die die Rechteinhaber nicht über diese Dienste zugänglich machen wollen.

Polen hat beim Gerichtshof Klage auf Nichtigerklärung von Art. 17 der Richtlinie 2019/790 erhoben. Dieser Artikel verletze die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union3 verbürgt sind. Mit seinem Urteil von heute weist der Gerichtshof die von Polen erhobene Klage ab.

Der Gerichtshof führt zunächst aus, dass die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten, um in den Genuss der in Art. 17 der Richtlinie 2019/790 vorgesehenen Haftungsbefreiung zu kommen, de facto verpflichtet sind, eine vorherige Kontrolle der Inhalte durchzuführen, die Nutzer auf ihre Plattformen hochladen möchten, sofern sie von den Rechteinhabern die insoweit
einschlägigen und notwendigen Informationen erhalten haben. Im Übrigen sind diese Diensteanbieter, um eine solche vorherige Kontrolle durchführen zu können, in Abhängigkeit von der Zahl der hochgeladenen Dateien und der Art des fraglichen Schutzgegenstands gezwungen, auf Instrumente zur automatischen Erkennung und Filterung zurückzugreifen. Eine solche
vorherige Kontrolle und eine solche vorherige Filterung sind jedoch dazu angetan, ein wichtiges Mittel zur Verbreitung von Inhalten im Internet einzuschränken. Unter diesen Umständen bewirkt die für die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten eingeführte spezielle Haftungsregelung eine Einschränkung der Ausübung des Rechts der Nutzer der
entsprechenden Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit.

Sodann führt der Gerichtshof zur Rechtfertigung einer solchen Einschränkung und insbesondere zu ihrer Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf das mit Art. 17 der Richtlinie 2019/790 verfolgte legitime Ziel des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums erstens aus, dass der

Unionsgesetzgeber, um der Gefahr vorzubeugen, die u. a. die Nutzung von Instrumenten zur automatischen Erkennung und Filterung für das Recht der Nutzer von Diensten für das Teilen von Online-Inhalten auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit darstellt, eine klare und präzise Grenze für die Maßnahmen aufgestellt hat, die in Umsetzung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Verpflichtungen getroffen oder verlangt werden können, indem er insbesondere Maßnahmen ausgeschlossen hat, die rechtmäßige Inhalte beim Hochladen filtern oder sperren. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass ein Filtersystem, bei dem die Gefahr bestünde, dass es nicht hinreichend zwischen einem unzulässigen Inhalt und
einem zulässigen Inhalt unterscheidet, so dass sein Einsatz zur Sperrung von Kommunikationen mit zulässigem Inhalt führen könnte, mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit unvereinbar wäre und das angemessene Gleichgewicht zwischen ihm und dem Recht des geistigen Eigentums nicht beachten würde.

Zweitens sieht Art. 17 der Richtlinie 2019/790 vor, dass es den Nutzern dieser Dienste mit dem nationalen Recht gestattet wird, von ihnen beispielsweise zum Zweck von Parodien oder Pastiches generierte Inhalte hochzuladen, und dass sie von den Anbietern dieser Dienste darüber informiert werden, dass sie Werke und sonstige Schutzgegenstände im Rahmen der im Unionsrecht vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte nutzen können.

Drittens kann nach diesem Art. 17 die Haftung der Diensteanbieter für die Sicherstellung der Nichtverfügbarkeit bestimmter Inhalte nur unter der Voraussetzung ausgelöst werden, dass die betreffenden Rechteinhaber ihnen die einschlägigen und notwendigen Informationen über diese Inhalte übermitteln.

Viertens sieht Art. 17 vor, dass seine Anwendung nicht zu einer Pflicht zur allgemeinen Überwachung führen darf, was bedeutet, dass die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten nicht verpflichtet sein können, das Hochladen und die öffentliche Zugänglichmachung von Inhalten zu verhindern, die sie im Hinblick auf die von den Rechteinhabern bereitgestellten Informationen sowie etwaige Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Urheberrecht eigenständig inhaltlich beurteilen müssten, um ihre Rechtswidrigkeit festzustellen.

Fünftens führt Art. 17 mehrere verfahrensrechtliche Garantien ein, die das Recht der Nutzer dieser Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in den Fällen schützen, in denen die Anbieter dieser Dienste trotz der Garantien, die in diesen Bestimmungen vorgesehen sind, dennoch irrtümlich oder ohne Grundlage zulässige Inhalte sperren sollten.

Der Gerichtshof zieht daraus den Schluss, dass die sich aus der mit der Richtlinie eingeführten speziellen Haftungsregelung ergebende Verpflichtung der Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten, die Inhalte, die Nutzer auf ihre Plattformen hochladen möchten, vor ihrer öffentlichen Verbreitung zu kontrollieren, vom Unionsgesetzgeber mit angemessenen Garantien versehen wurde, um die Wahrung des Rechts der Nutzer dieser Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit und das angemessene Gleichgewicht zwischen diesem Recht und dem Recht des geistigen Eigentums sicherzustellen.

Nichtsdestoweniger ist es Sache der Mitgliedstaaten, bei der Umsetzung von Art. 17 der Richtlinie in ihr innerstaatliches Recht darauf zu achten, dass sie sich auf eine Auslegung dieser Bestimmung stützen, die es erlaubt, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch die Charta geschützten Grundrechten sicherzustellen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz - UrhDaG am 01.08.2021 in Kraft getreten - Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten

Das Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten (Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz UrhDaG) ist am 01.08.2021 in Kraft getreten.

Siehe auch zum Thema:

Bundestag hat Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes angenommen - Uploadfilter & Co.

EuGH-Generalanwalt: Uploadfilter - Art.17 Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt mit Meinungs- und Informationsfreiheit vereinbar


EuGH-Generalanwalt: Uploadfilter - Art.17 Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt mit Meinungs- und Informationsfreiheit vereinbar

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 15.07.2021
C-401/19
Polen / Parlament und Rat


Der EuGH-Generalanwalt kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass Art. 17 der Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt (Upload-Filter) mit der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit vereinbar ist.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Generalanwalt Saugmandsgaard Øe: Art. 17 der Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt ist vereinbar mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, die in Art. 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgt sind Zwar wird mit Art. 17 in die Freiheit der Meinungsäußerung eingegriffen, doch genügt der Eingriff den Anforderungen der Charta

Nach Art. 17 der Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt1 haften Anbieter von Online-Sharing-Diensten (sogenanntes „Web 2.0“) unmittelbar, wenn Schutzgegenstände (Werke usw.) von den Nutzern ihrer Dienste rechtswidrig hochgeladen werden. Die betroffenen Diensteanbieter können sich jedoch von dieser Haftung befreien. Hierfür müssen sie gemäß Art. 17 die von den Nutzern hochgeladenen Inhalte aktiv überwachen, um das Hochladen derjenigen Schutzgegenstände zu verhindern, die die Rechteinhaber nicht über diese Dienste zugänglich machen wollen. Diese vorbeugende Überwachung muss in vielen Fällen in Form einer Filterung erfolgen, die mit Hilfe von Tools zur automatischen Inhaltserkennung durchgeführt wird.

Polen hat beim Gerichtshof Klage auf Nichtigerklärung von Art. 17 der Richtlinie 2019/790 erhoben. Dieser Artikel verletze die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die in Art. 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verbürgt sind. Der Gerichtshof hat sich also anhand einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieses Art. 17 damit zu befassen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es mit diesen Freiheiten vereinbar ist, wenn den Online-Vermittlern gewisse Überwachungs- und Filterungspflichten auferlegt werden.

In seinen heutigen Schlussanträgen schlägt Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe dem Gerichtshof vor, die Vereinbarkeit von Art. 17 der Richtlinie 2019/790 mit der Freiheit der Meinungsäußerung festzustellen und daher die Klage der Republik Polen abzuweisen.

Der Generalanwalt geht insoweit davon aus, dass die angefochtenen Bestimmungen durchaus in die Freiheit der Meinungsäußerung der Nutzer von Online-Sharing-Diensten eingreifen. Dieser Eingriff erfülle aber die Anforderungen von Art. 52 Abs. 1 der Charta und sei daher mit dieser vereinbar.

Insbesondere achten nach Ansicht des Generalanwalts die angefochtenen Bestimmungen den Wesensgehalt der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit. Zwar können die Behörden im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Internets für diese Freiheit die Online-Vermittler nicht dazu verpflichten, die über ihre Dienste geteilten oder übertragenen Inhalte
generell nach unzulässigen oder unerwünschten Informationen jeglicher Art zu durchsuchen, doch der Unionsgesetzgeber kann – wie im vorliegenden Fall – die Entscheidung treffen, bestimmten Online-Vermittlern bestimmte Maßnahmen zur Überwachung ganz bestimmter unzulässiger Informationen vorzuschreiben.

Weiter weist der Generalanwalt darauf hin, dass Art. 17 der Richtlinie 2019/790 einer von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung entspricht, da mit ihm ein wirksamer Schutz geistigen Eigentums sichergestellt werden soll.

Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führt der Generalanwalt u. a. aus, dass dem Unionsgesetzgeber ein weites Ermessen zustehe, um die Freiheit der Meinungsäußerung und die Rechte der Inhaber des geistigen Eigentums miteinander in Einklang zu bringen. Somit habe der Gesetzgeber die Entscheidung treffen können, die für Anbieter von Online-Diensten geltende Haftungsregelung, die sich ursprünglich aus der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr ergeben habe, dahin zu ändern, dass bestimmten Anbietern Überwachungspflichten auferlegt werden.

Gleichwohl birgt diese neue Regelung eine Gefahr des „Overblockings“ zulässiger Informationen. Die Anbieter von Online-Sharing-Diensten könnten, um jegliches Risiko einer Haftung gegenüber den Rechteinhabern zu vermeiden, dazu neigen, systematisch das Hochladen aller Inhalte zu verhindern, bei denen von den Rechteinhabern benannte Schutzgegenstände wiedergegeben werden, einschließlich der Inhalte mit einer zulässigen, etwa durch Ausnahmen und Beschränkungen des Urheberrechts gedeckten, Nutzung dieser Gegenstände. Durch den Einsatz von Tools zur automatischen Inhaltserkennung steigt diese Gefahr, weil die Tools nicht in der Lage sind, den Kontext zu verstehen, in dem ein solcher Schutzgegenstand wiedergegeben wird. Der Unionsgesetzgeber musste also ausreichende Schutzvorkehrungen treffen, um diese Gefahr zu
minimieren.

Nach Auffassung des Generalanwalts sind solche Vorkehrungen aber in Art. 17 der Richtlinie 2019/790 getroffen worden.
Zum einen hat der Unionsgesetzgeber für Nutzer von Online-Sharing-Diensten das Recht begründet, zulässige Nutzungen der Schutzgegenstände vorzunehmen; dazu gehört auch das Recht, die Ausnahmen und Beschränkungen des Urheberrechts
in Anspruch zu nehmen. Die Anbieter dieser Dienste dürfen, damit dieses Recht wirksam ist, nicht präventiv alle Inhalte
sperren, die von den Rechteinhabern benannte Schutzgegenstände wiedergeben, einschließlich zulässiger Inhalte. Nach einer solchen präventiven Sperrung den Nutzern im Rahmen eines Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahrens die Möglichkeit einzuräumen, ihre zulässigen Inhalte erneut hochzuladen, wäre nicht ausreichend.

Zum anderen hat der Unionsgesetzgeber betont, dass Art. 17 der Richtlinie 2019/790 den Anbietern von Sharing-Diensten keine Pflicht zur allgemeinen Überwachung auferlegen darf.

Daher dürfen nach Auffassung des Generalanwalts diese Anbieter nicht zu Schiedsrichtern der Online-Rechtmäßigkeit gemacht werden, die komplizierte Fragen des Urheberrechts entscheiden müssen.

Folglich müssen die Anbieter von Sharing-Diensten nur solche Inhalte ausfindig machen und sperren, die mit von den Rechteinhabern benannten Schutzgegenständen „identisch“ sind oder diesen „entsprechen“, d. h. Inhalte, deren Unzulässigkeit im Hinblick auf die von den Rechteinhabern bereitgestellten Informationen als offenkundig angesehen werden kann. Dagegen
dürften in allen zweifelhaften Situationen – bei kurzen Auszügen eines Werks, die in einen längeren Inhalt eingebaut sind, bei „transformativen“ Werken usw. –, in denen insbesondere die Anwendung von Ausnahmen und Beschränkungen des Urheberrechts berechtigterweise in Betracht kommen könnte, die betreffenden Inhalte nicht präventiv gesperrt werden. Die Gefahr eines „Overblocking“ ist damit minimiert. Die Rechteinhaber müssen die Entfernung und Sperrung der betreffenden Inhalte mittels eines begründeten Hinweises beantragen oder sogar ein Gericht anrufen, damit dieses über die Zulässigkeit der Inhalte entscheidet und, falls sie unzulässig sein sollten, deren Entfernung und Sperrung anordnet.


Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:



Bundesrat billigt Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes - Uploadfilter & Co.

Der Bundesrat hat das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes gebilligt. Die Änderungen sollen nach Verkündung im Bundesgesetzblatt am 07.06.2021 in Kraft treten.

Die Pressemitteilung des Bundesrates:

Länder billigen tiefgreifende Novelle des Urheberrechts

Der Bundesrat hat am 28. Mai 2021 grünes Licht für die vom Bundestag beschlossene Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes gegeben - die umfassendste Novelle seit 20 Jahren. Eine Neuregelung war aufgrund detaillierter Vorgaben in Richtlinien der EU, insbesondere der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (DSM-Richtlinie), und einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes erforderlich geworden.

Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen
Das Gesetz ordnet die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen für die von Nutzern hochgeladenen Inhalte neu. Die Plattformen sind für die öffentliche Wiedergabe dieser Inhalte nun grundsätzlich urheberrechtlich verantwortlich und können sich nur dadurch von ihrer Haftung befreien, dass sie den konkret geregelten Sorgfaltspflichten nachkommen. Hierzu zählt die Pflicht, bestimmte Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben. Sind geschützte Inhalte nicht lizenziert und ist die Nutzung nicht gesetzlich oder vertraglich erlaubt, so ist der Diensteanbieter verpflichtet, nach einer Information des Rechtsinhabers die entsprechenden Inhalte zu blockieren.

Nutzung für Kunst und Kommunikation
Zum Schutz der Kunstfreiheit und der sozialen Kommunikation erlaubt das Gesetz die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke insbesondere zu den Zwecken von Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche. Um unverhältnismäßige Blockierungen entsprechender Uploads beim Einsatz automatisierter Verfahren zu vermeiden, sieht es besondere Regeln für die öffentliche Wiedergabe vor und führt hierfür das Konzept der mutmaßlich erlaubten Nutzungen ein: Bestimmte nutzergenerierte Inhalte, die einen hinreichenden Anhalt dafür bieten, dass die Verwendung geschützter Inhalte Dritter gesetzlich erlaubt ist, muss der Diensteanbieter grundsätzlich bis zum Abschluss eines etwaigen Beschwerdeverfahrens öffentlich wiedergeben. Vertrauenswürdige Rechtsinhaber können die Wiedergabe bei erheblicher wirtschaftlicher Beeinträchtigung bis zur Entscheidung über die Beschwerde unterbinden, wenn die Vermutung zu widerlegen ist.
Die Kreativen erhalten für lizenzierte Nutzungen einen Direktvergütungsanspruch gegen die Plattformen. Für Streitigkeiten zwischen Plattformen, Rechtsinhabern und Nutzern stehen Beschwerdeverfahren zur Verfügung.

Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung
Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung sollen die Nutzung von Werken auf vertraglicher Basis erleichtern, etwa für Digitalisierungsprojekte. Darüber hinaus wird die Nutzung von nicht verfügbaren, das heißt nicht im Handel erhältlichen Werken durch Kultureinrichtungen geregelt. Diese Bestimmungen lösen die bisherigen Vorschriften zur Lizenzierung vergriffener Werke ab. Auf diese Weise können Werknutzer umfassende Lizenzen von Verwertungsgesellschaften zu geringen Transaktionskosten erwerben, und zwar grundsätzlich auch für Werke von Außenstehenden. Fehlen repräsentative Verwertungsgesellschaften, so ist die Nutzung auf der Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis möglich.

Weitere Anpassungen
Das Gesetz setzt die unionsrechtlichen Erlaubnisse für das Text- und Data Mining, für den digitalen und grenzüberschreitenden Unterricht und die Lehre sowie für die Erhaltung des Kulturerbes um. Es enthält Anpassungen im Urhebervertragsrecht, etwa zu den Fragen der angemessenen Vergütung, der weiteren Beteiligung des Urhebers, der Auskunft und Rechenschaft des Vertragspartners sowie Dritter in der Lizenzkette, der Vertretung von Kreativen durch Vereinigungen sowie zu Fragen des Rückrufs wegen Nichtausübung. Zudem führt es auch einen Unterlassungsanspruch von Verbänden bei Nichterteilung von bestimmten Auskünften ein.

Neuregelung der Verlegerbeteiligung
Die Verlegerbeteiligung wird neu geregelt: Es gibt einen neuen gesetzlichen Beteiligungsanspruch des Verlegers. Er setzt voraus, dass der Urheber dem Verleger ein Recht an dem verlegten Werk eingeräumt hat. Vervielfältigungen eines gemeinfreien visuellen Werkes genießen künftig keinen Leistungsschutz mehr. Bei Streitigkeiten über die Lizenzierung audiovisueller Werke für die Zugänglichmachung über Videoabrufdienste können die Parteien eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung einleiten.

Erleichterter Rechteerwerb
Sendeunternehmen müssen für bestimmte unionsweit verbreitete Internet-Angebote die Rechte nur noch für den Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerben, in dem der Sender seinen Sitz hat.

Weitere Schritte
Das Gesetz wird jetzt dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und kann danach im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll am 7. Juni 2021 in Kraft treten.



Bundestag hat Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes angenommen - Uploadfilter & Co.

Der Bundestag hat am 20.05.2021 hat den Entwurf des Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung angenommen.

Aus dem Entwurf:

"Die Bundesregierung stellt fest, dass der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten mit der Richtlinie (EU) 2019/790 vom 17. April 2019 über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (DSM-Richtlinie), die als Querschnitts-Richtlinie eine Vielzahl urheberrechtlicher Fragen adressiere, einen umfangreichen Rechtsetzungsauftrag erteilt habe. Auch die Online-SatCab-Richtlinie (EU) 2019/789 vom 17. April 2019 (Online-SatCab-RL), die insbesondere die Online- Verwertung von Rundfunkprogrammen teilweise neu regele, sei umzusetzen. Schließlich habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache Pelham („Metall auf Metall“) vom 29. Juli 2019 (C-476/17, Rn. 56 ff., ECLI:EU:C:2019:624) entschieden, dass die Bestimmung des § 24 UrhG mit dem Unionsrecht nicht vereinbar
sei.

Der Entwurf enthalte die insoweit erforderlichen Rechtsänderungen. Er führe mit den Bestimmungen über die Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen im neuen Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) sowie den Regelungen über kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung zwei neue Rechtsinstrumente in das deutsche Urheberrecht ein. Daneben modifiziere er an einer Vielzahl von Stellen das Urheberrechtsgesetz (UrhG) und das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG). Durch die im Ausschuss vorgenommenen Änderungen sollen u. a. die gesetzlich erlaubten Nutzungen für Unterricht und Lehre, die wissenschaftliche Forschung und Kulturerbe-Einrichtungen entfristet (§ 142 UrhG-E), die Modalitäten und der Kreis der Berechtigten desin § 4 Absatz 3 UrhDaG-E normierten Direktvergütungsanspruchs konkretisiert, die Vergütungspflicht der Diensteanbieter für gesetzlich erlaubte Nutzungen gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 UrhDaG-E auf Karikaturen, Parodien und Pastiches beschränkt und gemäß § 12 Absatz 2 Satz 2 UrhDaG-E die Haftung des Diensteanbieters auf Schadensersatz für die öffentliche Wiedergabe mutmaßlich erlaubter Nutzungen nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens auf Fälle begrenzt werden, in denen der Diensteanbieter bei Durchführung des Beschwerdeverfahrens schuldhaft gegen die in § 14 UrhDaGE normierten Pflichten verstoßen hat. "


Siehe auch zum Thema: Uploadfilter & Co. - Bundeskabinett beschließt Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes

Uploadfilter & Co. - Bundeskabinett beschließt Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes

Das Bundeskabinett hat heute das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes beschlossen.

Aus dem Entwurf:

Der Entwurf führt mit den Bestimmungen über die Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen sowie den Regelungen über kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung zwei neue Rechtsinstrumente in das deutsche Urheberrecht ein. Daneben modifiziert der Entwurf an einer Vielzahl von Stellen das Urheberrechtsgesetz (UrhG) und das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG).

Im Einzelnen:
– Der Entwurf für ein Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG-E) setzt als Artikel 3 dieses Entwurfs in einem neuen Stammgesetz Artikel 17 DSM-RL um und ordnet die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen für die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte neu (§ 1 UrhDaG-E). Die Plattformen sind für die öffentliche Wiedergabe dieser Inhalte nun grundsätzlich urheberrechtlich verantwortlich und können sich nur dadurch von ihrer Haftung befreien, dass sie den konkret geregelten Sorgfaltspflichten nachkommen. Hierzu zählt zum einen die Pflicht, bestimmte Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben (§ 4 UrhDaG-E). Sind geschützte Inhalte nicht lizenziert und ist die Nutzung nicht gesetzlich oder vertraglich erlaubt, so ist der Diensteanbieter verpflichtet, nach einer Information des Rechtsinhabers die entsprechenden Inhalte zu blockieren (§§ 7 und 8 UrhDaG-E).

– Zum Schutz der Kunstfreiheit und der sozialen Kommunikation erlaubt der Entwurf die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke insbesondere zu den Zwecken von Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche (§ 5 UrhDaG-E). Um unverhältnismäßige Blockierungen entsprechender Uploads beim Einsatz automatisierter Verfahren zu vermeiden, sieht der Entwurf in den §§ 9 bis 12 UrhDaG-E besondere Regeln für die öffentliche Wiedergabe vor und führt hierfür das Konzept der mutmaßlich erlaubten Nutzungen (§ 9 Absatz 2 UrhDaG-E) ein: Bestimmte nutzergenerierte Inhalte, die einen hinreichenden Anhalt dafür bieten, dass die Verwendung geschützter Inhalte Dritter gesetzlich erlaubt ist, muss der Diensteanbieter grundsätzlich bis zum Abschluss eines etwaigen Beschwerdeverfahrens öffentlich wiedergeben (§ 9 Absatz 1 und 2 UrhDaG-E). Das ist dann der Fall, wenn Werke Dritter entweder nur in geringem Umfang genutzt werden, oder aber vom Nutzer als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet sind. Vertrauenswürdige Rechtsinhaber können die Wiedergabe nach § 14 Absatz 4 UrhDaG-E bei erheblicher wirtschaftlicher Beeinträchtigung bis zur Entscheidung über die Beschwerde unterbinden, wenn die Vermutung zu widerlegen ist.

– Die Kreativen erhalten für lizenzierte Nutzungen einen Direktvergütungsanspruch gegen die Plattformen (§ 4 Absatz 3 UrhDaG-E). Für Streitigkeiten zwischen Plattformen, Rechtsinhabern und Nutzern stehen Beschwerdeverfahren zur Verfügung (§§ 14 und 15 UrhDaG-E).

– Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung sollen Nutzungen von Werken auf vertraglicher Basis erleichtern, etwa für Digitalisierungsprojekte. Der Entwurf schafft zum einen eine allgemeine Vorschrift für kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung (Extended Collective Licences, ECL, § 51 VGG-E). Darüber hinaus wird die Nutzung von „nicht verfügbaren“, das heißt nicht im Handel erhältlichen Werken durch Kultureinrichtungen geregelt (§ 52 VGG-E). Diese Bestimmungen lösen die bisherigen Vorschriften zur Lizenzierung vergriffener Werke ab. Auf diese Weise können Werknutzer umfassende Lizenzen von Verwertungsgesellschaften zu geringen Transaktionskosten erwerben, und zwar grundsätzlich auch für Werke von Außenstehenden (§ 7a VGG-E). Fehlen repräsentative Verwertungsgesellschaften, so ist die Nutzung nicht verfügbarer
Werke auf der Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis möglich (§ 61d UrhG-E).

– Die §§ 87f bis 87k des Urheberrechtsgesetzes in der Entwurfsfassung (UrhG-E) beinhalten das neue Leistungsschutzrecht des Presseverlegers. Die unionsrechtliche Bestimmung des Artikels 15 DSM-RL orientiert sich zwar strukturell am bislang bestehenden deutschen Schutzrecht, unterscheidet sich hiervon aber in etlichen Details, sodass es geboten war, die Bestimmungen neu zu fassen.

– Der Entwurf setzt die unionsrechtlichen Erlaubnisse für das Text und Data Mining (§§ 44b, 60d UrhG-E), für den digitalen und grenzüberschreitenden Unterricht und die Lehre (§§ 60a, 60b UrhG-E) sowie für die Erhaltung des Kulturerbes (§§ 60e, 60f
UrhG-E) um. Zugleich werden die §§ 60a, 60d bis 60h UrhG insoweit entfristet, wie sie die Maßgaben der DSM-RL umsetzen. Dazu wird § 142 UrhG-E geändert.

– Der Entwurf enthält Anpassungen im Urhebervertragsrecht, etwa zu den Fragen der angemessenen Vergütung (§ 32 UrhG-E), der weiteren Beteiligung des Urhebers (§ 32a UrhG-E), der Auskunft und Rechenschaft des Vertragspartners (§ 32d UrhG-E)
sowie Dritter in der Lizenzkette (§ 32e UrhG-E), der Vertretung von Kreativen durch Vereinigungen (§ 32g UrhG-E) sowie zu Fragen des Rückrufs wegen Nichtausübung (§ 41 UrhG-E). Zudem führt der Entwurf mit § 36d UrhG-E auch einen Unterlassungsanspruch von Verbänden bei Nichterteilung von Auskünften nach §§ 32d und 32e UrhG-E ein.

– Die Änderungen in § 63a UrhG-E sowie in den §§ 27 bis 27b des Verwertungsgesellschaftengesetzes in der Entwurfsfassung (VGG-E) regeln die Verlegerbeteiligung neu. § 63a Absatz 2 und 3 UrhG-E beinhaltet den neuen gesetzlichen Beteiligungsanspruch des Verlegers. Er setzt voraus, dass der Urheber dem Verleger ein Recht an dem verlegten Werk eingeräumt hat. Neben dem neuen gesetzlichen Beteiligungsanspruch bleibt die Option zur nachträglichen Verlegerbeteiligung nach § 27a VGG erhalten. Ihr Fortbestand dürfte insbesondere Musikverlegern dienen, die mangels Einräumung eines Rechts an dem verlegten Werk nicht auf der Grundlage des gesetzlichen Anspruchs nach § 63a UrhG-E an gesetzlichen Vergütungen beteiligt werden können. Damit dem Urheber in jedem Fall ein fairer Anteil der Vergütung verbleibt, bestimmt § 27b VGG-E, dass dem Urheber hiervon mindestens zwei Drittel zustehen. Die Verwertungsgesellschaft kann in ihren Gremien eine andere Verteilung festlegen.

– Vervielfältigungen eines gemeinfreien visuellen Werkes genießen künftig keinen Leistungsschutz mehr (§ 68 UrhG-E). Dies erleichtert den Zugang zu Reproduktionen von gemeinfreien Werken, die selbst keinen Urheberrechtsschutz genießen, weil sie entweder niemals urheberrechtlich geschützt waren oder weil ihre Schutzdauer abgelaufen ist.

– Bei Streitigkeiten über die Lizenzierung audiovisueller Werke für die Zugänglichmachung über Videoabrufdienste können die Parteien eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung einleiten (§ 35a UrhG-E).

– Ziel der Online-SatCab-RL ist es, den grenzüberschreitenden Zugang der europäischen Zivilgesellschaft zu Rundfunkinhalten zu verbessern. In Umsetzung dieser Maßgaben regelt § 20c UrhG-E, dass Sendeunternehmen für bestimmte unionsweit verbreitete Internet-Angebote die Rechte nur noch für den Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerben müssen, in dem der Sender seinen Sitz hat. Für qualifizierte Weitersendedienste erleichtert die Reform die Klärung der erforderlichen Urheber- und Leistungsschutzrechte, indem der Rechteerwerb nur noch zentral über Verwertungsgesellschaften erfolgt (§§ 20b und 87 UrhG-E). Zudem bestimmt der Entwurf für das technische Verfahren der Direkteinspeisung, dass hierbei ein gemeinsamer Akt der öffentlichen Wiedergabe von Sendeunternehmen und Signalverteiler (zum Beispiel ein Kabelunternehmen) anzunehmen ist (§ 20d UrhG-E).

– Die Vorschrift zur „freien Benutzung“ (§ 24 UrhG) wird aufgehoben. Die gesetzlichen Erlaubnisse für Karikaturen, Parodien und Pastiches sind künftig ausdrücklich in § 51a UrhG-E geregelt, auf den auch § 5 UrhDaG-E Bezug nimmt. Die Funktion des § 24 UrhG als Schutzbereichsbegrenzung übernimmt künftig § 23 UrhG-E.





BMJV: Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes - Uploadfilter & Co.

Das BMJV hat am 13.10.2020 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes - [Stand: 2. September 2020] vorgelegt.

Die Mitteilung des BMJV:

Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 13. Oktober 2020 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes veröffentlicht.

Es besteht die Möglichkeit, bis zum 6. November 2020 zum Referentenentwurf Stellung zu nehmen. Nähere Informationen hierzu finden Sie im Versendungsschreiben vom 13. Oktober 2020.

Der Entwurf setzt die DSM-Richtlinie (EU) 2019/790 und die Online-SatCab-Richtlinie (EU) 2019/789 in deutsches Recht um. Im Januar und Juni 2020 hat das BMJV Diskussionsentwürfe für ein Erstes und ein Zweites Umsetzungsgesetz veröffentlicht. Der Gesamt-Referentenentwurf führt beide Diskussionsentwürfe zusammen. Er regelt unter anderem:

- die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen (Artikel 17 der DSM-RL – ehemals Artikel 13),
- gesetzliche Erlaubnisse für das Text und Data Mining und den grenzüberschreitenden Unterricht, die kollektive Lizenzvergabe mit erweiterter Wirkung,
- Anpassungen im Urhebervertragsrecht,
- das Presseverleger-Leistungsschutzrecht,
- die Verlegerbeteiligung,
- Reproduktionen von gemeinfreien visuellen Werken,
- Verbesserungen beim grenzüberschreitenden Zugang der europäischen Zivilgesellschaft zu Rundfunkinhalten (Umsetzung der Online-SatCab-RL),
- zahlreiche weitere Änderungen im UrhG und im VGG; z.B. eine neue gesetzliche Erlaubnis für Karikaturen, Parodien und Pastiches.



BMJV: Diskussionsentwurf - Zweites Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes - Upload-Filter und Co

Das BMJV hat einen Diskussionsentwurf - Zweites Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes (Stand 24.06.2020) veröffentlicht.

DIe Pressemitteilung des BMJV:

Zweites Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 24. Juni 2020 einen Diskussionsentwurf für ein Zweites Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts veröffentlicht.

Es besteht die Möglichkeit, bis zum 31. Juli 2020 zu diesem Diskussionsentwurf Stellung zu nehmen. Nähere Informationen hierzu finden Sie im Versendungsschreiben vom 24. Juni 2020.

Der Entwurf führt mit Bestimmungen über die Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen sowie Regelungen über kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung zwei neue Rechtsinstrumente in das deutsche Urheberrecht ein. Zudem enthält der Entwurf Anpassungen im Urhebervertragsrecht. Der Entwurf enthält damit Vorschläge für die Umsetzung des verbleibenden Regelungsprogramms der Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt (EU) 2019/790. Der Entwurf setzt zugleich die Online-SatCab-Richtlinie (EU) 2019/789 um, mit der der grenzüberschreitende Zugang der europäischen Zivilgesellschaft zu Rundfunkinhalten verbessert wird. Darüber hinaus enthält der Entwurf zahlreiche weitere Änderungen; u.a. eine neue gesetzliche Erlaubnis für Karikaturen, Parodien und Pastiches.


Weitere Informationen finden Sie hier:

Pressemitteilung der EU-Kommission zur Modernisierung der Urheberrechtsvorschriften - Upload-Filter - Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Die EU-Kommission hat eine Pressemitteilung zur Einigung des Europäische Parlaments, des Rates der EU und der EU- Kommission über die Modernisierung der Urheberrechtsvorschriften veröffentlicht. Die völlig zu Recht kritisierten neuen Regelungen sind unpraktikabel und werden für zahlreiche rechtliche Auseinandersetzungen sorgen. Anders als dargestellt sind auch nicht nur allein die großen Anbieter wie Google,YouTube & Co. betroffen.

Die Pressemitteilung der EU-Kommision:

Digitaler Binnenmarkt: EU-Verhandlungsführer erreichen Durchbruch bei der Modernisierung der Urheberrechtsvorschriften

Heute haben das Europäische Parlament, der Rat der EU und die Kommission eine politische Einigung erzielt, mit der das Urheberrecht in Europa an die Anforderungen des digitalen Zeitalters angepasst wird und die mit greifbaren Vorteilen für die Bürgerinnen und Bürgern der EU, die Forscher und die Lehrenden, die Kultur- und Kreativwirtschaft, die Presse und die mit Kulturerbe befassten Einrichtungen verbunden sein wird.

Diese politische Einigung ermöglicht eine Anpassung des Urheberrechts an die heutige Zeit, in der der Zugriff auf kreative Werke und Presseartikel vor allem über Musikstreamingdienste, Plattformen für den Videoabruf, Nachrichtenaggregatoren und Plattformdienste mit von Nutzern hochgeladenen Inhalten erfolgt. Die Einigung muss in den kommenden Wochen noch vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union bestätigt werden.

Der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident Andrus Ansip erklärte dazu: „Moderne Urheberrechtsvorschriften für die gesamte EU sind ein großer Erfolg und waren längst überfällig. Die Verhandlungen waren schwierig, doch was am Ende zählt, ist ein faires und ausgewogenes Ergebnis, das einem digitalen Europa gerecht wird. Die Freiheiten und Rechte, die Internetnutzer heute genießen, werden ausgebaut, unsere Kunstschaffenden werden für ihre Arbeit besser vergütet und der Internetwirtschaft stehen klarere Regeln für ihre Aktivitäten und ihre Weiterentwicklung zu Verfügung.“

Die für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständige Kommissarin Mariya Gabriel ergänzte: „Die seit Langem erwartete Annahme der Richtlinie über das Urheberrecht ist einer der Eckpfeiler unseres digitalen Binnenmarkts. Sie sorgt für einen klareren Rechtsrahmen, der an die digitale Welt angepasst ist und von dem die audiovisuelle und die kreative Branche profitieren werden. Auch für die europäischen Bürgerinnen und Bürgern bringt die Richtlinie einen Mehrwert.“

Besserer Schutz für europäische Autoren, ausübende Künstler und den Journalismus

Die neue Richtlinie stärkt die Position europäischer Autoren und ausübender Künstler im digitalen Umfeld und fördert den Qualitätsjournalismus in der EU. Konkret bedeutet dies Folgendes:

- Greifbare Vorteile für alle kreativen Branchen, insbesondere für Kunstschaffende und Akteure im audiovisuellen und musikalischen Bereich. Ihre Position gegenüber den Plattformen wird gestärkt und sie können mehr Kontrolle über die Inhalte ausüben, die von Nutzern dorthin hochgeladen werden, und dafür eine Vergütung erhalten.

- Erstmals wird der Grundsatz der angemessenen Vergütung von Autoren und ausübenden Künstlern im europäischen Urheberrecht festgeschrieben.

- Autoren und ausübende Künstler erhalten Zugang zu transparenten Informationen darüber, wie ihre Werke und Darbietungen von ihren Partnern (Verleger und Produzenten) genutzt werden. Dies wird es ihnen erleichtern, künftig Verträge auszuhandeln und einen gerechteren Anteil an den erwirtschafteten Einnahmen zu erhalten.

- Wenn Verlage oder Produzenten die Rechte nicht nutzen, die ihnen Autoren und ausübende Künstler übertragen haben, haben Letztere die Möglichkeit, die Gewährung der Rechte zurückzunehmen.

- Die europäischen Presseverleger werden von einer neuen Vorschrift profitieren, die ihnen die Verhandlungen über die Wiederverwendung ihrer Inhalte auf Online-Plattformen erleichtern soll. Journalisten steht damit ein größerer Anteil der Einnahmen zu, die durch die Online-Nutzung von Presseveröffentlichungen erzielt werden. Dies hat keine Auswirkungen auf Bürger und private Nutzer, die auch weiterhin wie gewohnt Hyperlinks nutzen und teilen können.

Neue Vorschriften zugunsten der Interessen der Bürger und Internetnutzer

Die neuen Lizenzvorschriften kommen den Nutzern zugute, die urheberrechtlich geschützte Inhalte legal auf Plattformen wie YouTube oder Instagram hochladen können. Außerdem werden sie von Schutzmaßnahmen zur Sicherung der Meinungsfreiheit profitieren, wenn sie Videos – zum Beispiel Memes oder Parodien – hochladen, die urheberrechtlich geschützte Inhalte enthalten. Die Interessen der Nutzer werden durch wirksame Mechanismen geschützt, um eine ungerechtfertigte Entfernung ihres Inhalts durch die Plattformen rasch zu hinterfragen.

Die neue Richtlinie sorgt für einen breiteren Zugang zu Wissen. Sie vereinfacht die Urheberrechtsvorschriften für Text- und Datamining in der Forschung und für andere Zwecke sowie in den Bereichen Bildung und Erhaltung des kulturellen Erbes:

Dank einer Ausnahmeregelung im Urheberrecht können Forschungsorganisationen, Universitäten und andere Nutzer die wachsende Zahl online verfügbarer Veröffentlichungen und Daten für Forschungstätigkeiten und andere Zwecke verwenden und in umfangreichen Datensätzen Text- und Datamining durchführen. Dadurch wird auch die Entwicklung auf dem Gebiet der Datenanalyse und der künstlichen Intelligenz in Europa vorangetrieben.
Studierende und Lehrkräfte dürfen urheberrechtlich geschützte Materialien für die Zwecke der Veranschaulichung im Unterricht in – auch grenzüberschreitend angebotenen – Online-Kursen verwenden.
Die Erhaltung des kulturellen Erbes in den Sammlungen europäischer Museen, Archive und anderer einschlägiger Einrichtungen unterliegt keinerlei urheberrechtlichen Beschränkungen.
Darüber hinaus bekommen Nutzer Zugang zu Werken, Filmen oder Musikaufnahmen, die heute in Europa nicht mehr auf dem Markt erhältlich sind, sowie zu einer breiteren Palette europäischer audiovisueller Werke auf Plattformen für Videoabruf (Video-on-Demand, VoD).

Sie erhalten vollkommene Rechtssicherheit für das Teilen von Kopien gemeinfreier Gemälde, Skulpturen und sonstiger Kunstwerke.

Nächste Schritte

Der vereinbarte Text muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat förmlich bestätigt werden.Sobald dies geschehen ist und er im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht zu überführen.

Hintergrund

Wie Umfragen der Kommission aus dem Jahr 2016 belegen, greifen 57 % der Internetnutzer über soziale Netzwerke, Informationsaggregatoren oder Suchmaschinen auf Presseartikel zu. 47 % dieser Nutzer lesen auf diesen Websites bereitgestellte Auszüge, ohne diese anzuklicken. Ein ähnlicher Trend war auch in der Musik- und Filmbranche zu beobachten: 49 % der Internetnutzer in der EU hören online Musik oder greifen über das Netz auf audiovisuelle Inhalte zu und 40 % der 15- bis 24-Jährigen sahen mindestens einmal wöchentlich Fernsehsendungen online. Dieser Trend hat sich seitdem weiter verstärkt.

Im September 2016 schlug die Europäische Kommission als Teil der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt vor, das EU-Urheberrecht zu modernisieren, damit die europäische Kultur floriert und Verbreitung findet.
Die EU-Urheberrechtsreform gehört zu den Prioritäten des Europäischen Parlaments, des Rates der EU und der Europäischen Kommission, die sich verpflichtet haben, sie bis zur Europawahl zu verabschieden. Sie sorgt für eine Modernisierung des EU-Urheberrechts aus dem Jahr 2001, also aus grauer Vorzeit nach den Maßstäben des digitalen Zeitalters. Damals gab es weder soziale Medien noch VoD, die Museen digitalisierten ihre Kunstsammlungen noch nicht und kein Lehrer bot Online-Kurse im Netz an.

Die heute erzielte Einigung ist Teil einer umfassenderen Initiative zur Anpassung des EU-Urheberrechts an das digitale Zeitalter. Im Dezember 2018 einigten sich die gesetzgebenden Organe der EU auf neue Vorschriften, damit die europäischen Fernsehsender bestimmte Sendungen leichter über Livestreams oder Nachholfernsehen online zugänglich machen können. Europäerinnen und Europäer, die in ihrem Heimatmitgliedstaat Filme, Sportübertragungen, Musik, e-Bücher oder Spiele abonniert haben, können seit dem 1. April 2018 auch auf Reisen oder bei vorübergehenden Aufenthalten in anderen EU-Ländern auf diese Inhalte zugreifen.