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BVerwG: Prüfling hat Anspruch aus Art. 15 DSGVO auf Überlassung unentgeltlicher Kopien der von ihm gefertigten Prüfungsarbeiten der zweiten juristischen Staatsprüfung

BVerwG
Urteil vom 30.11.2022
6 C 10.21


Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein Prüfling einen Anspruch aus Art. 15 DSGVO auf Überlassung unentgeltlicher Kopien der von ihm gefertigten Prüfungsarbeiten der zweiten juristischen Staatsprüfung hat.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Datenschutzrecht gibt Anspruch auf unentgeltliche Kopien von Prüfungsarbeiten der zweiten juristischen Staatsprüfung
Absolventen der zweiten juristischen Staatsprüfung haben gemäß Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einen Anspruch darauf, dass ihnen das Landesjustizprüfungsamt unentgeltlich eine Kopie der von ihnen angefertigten Aufsichtsarbeiten mitsamt den zugehörigen Prüfergutachten zur Verfügung stellt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Nachdem der Kläger im Jahr 2018 die zweite juristische Staatsprüfung vor dem Landesjustizprüfungsamt des beklagten Landes Nordrhein-Westfalen bestanden hatte, verlangte er von dem Amt unter Berufung auf die datenschutzrechtlichen Vorschriften, ihm unentgeltlich eine Kopie der von ihm angefertigten Aufsichtsarbeiten und der zugehörigen Prüfergutachten zur Verfügung zu stellen. Das Landesjustizprüfungsamt war zu einer Übermittlung der Kopien nur gegen Erstattung der nach dem Landeskostenrecht berechneten Kosten in Höhe von 69,70 € bereit und lehnte den Antrag des Klägers ab. Der von dem Kläger hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen stattgegeben. Die von dem Land Nordrhein-Westfalen gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Oberverwaltungsgericht Münster zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Revision des Landes Nordrhein-Westfalen ist vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolglos geblieben.

Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person u.a. das Recht auf Auskunft über ihre personenbezogenen Daten. Gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO kann sie von dem Verantwortlichen die Überlassung einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, verlangen. Aus Art. 12 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DSGVO ergibt sich, dass die erste derartige Kopie unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden muss. Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist seit dem Jahr 2017 geklärt, dass die schriftlichen Prüfungsleistungen in einer berufsbezogenen Prüfung und die Anmerkungen der Prüfer dazu wegen der in ihnen jeweils enthaltenen Informationen über den Prüfling insgesamt - das heißt letztlich Wort für Wort - personenbezogene Daten des Prüflings darstellen. Macht in diesen Fällen der betroffene Prüfling das Recht auf Erhalt einer unentgeltlichen ersten Datenkopie geltend, muss das Prüfungsamt eine vollständige Kopie der schriftlichen Prüfungsarbeiten und der zugehörigen Prüfergutachten unentgeltlich zur Verfügung stellen. Dies gilt nicht nur nach einem weiten Normverständnis, nach dem das Recht auf eine Datenkopie stets die Überlassung einer Reproduktion der Daten in der bei dem Verantwortlichen vorliegenden Form umfasst. Nichts Anderes folgt aus einem engeren Interpretationsansatz, nach dem grundsätzlich nur ein Anspruch auf die Zurverfügungstellung der aus dem jeweiligen Verarbeitungszusammenhang extrahierten personenbezogenen Daten oder auch nur einer strukturierten Zusammenfassung dieser Daten besteht. Denn ein solches Vorgehen ist bei Prüfungsarbeiten nicht möglich. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht von einer Vorlage der Frage an den EuGH abgesehen, welcher Auffassung zu folgen ist.

Dem von dem Kläger geltend gemachten Anspruch stehen keine Ausschlussgründe nach der Datenschutzgrundverordnung entgegen. Insbesondere handelt es sich nicht um einen exzessiven Antrag im Sinne des Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO. Der Umfang, den seine Bearbeitung nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bei dem Landesjustizprüfungsamt verursacht, ist als vergleichsweise gering zu beurteilen. Der Anspruch bezieht sich vorliegend auf acht Klausuren mit insgesamt 348 Seiten. Durchgreifende Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Anspruchsverfolgung hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht verneint. Es hat ferner festgestellt, dass der fristgebundene Einsichtsanspruch nach dem nordrhein-westfälischen Juristenausbildungsgesetz den datenschutzrechtlichen Anspruch unberührt lässt. An diese Auslegung des Landesrechts ist das Bundesverwaltungsgericht gebunden.

BVerwG 6 C 10.21 - Urteil vom 30. November 2022

Vorinstanzen:

OVG Münster, OVG 16 A 1582/20 - Urteil vom 08. Juni 2021 -

VG Gelsenkirchen, VG 20 K 6392/18 - Urteil vom 27. April 2020 -


OVG Münster: Coronabedingte Videoüberwachung und Aufzeichnung von häuslichen Prüfungen durch Fernuniversität Hagen zulässig

OVG Münster
Beschluss vom 04.03.2021
14 B 278/21.NE


Das OVG Münster hat entschieden, dass die coronabedingte Videoüberwachung und Aufzeichnung von häuslichen Prüfungen durch die Fernuniversität Hagen zulässig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Eilantrag gegen videoüberwachte Prüfung der Fernuniversität Hagen erfolglos

Das Oberverwaltungsgericht hat heute den Normenkontroll-Eilantrag eines Studenten aus Bonn abgelehnt, der sich gegen die Corona-Prüfungsordnung der Fernuniversität Hagen gewandt hatte.

Die Fernuniversität sieht in ihrer Corona-Prüfungsordnung als alternative Möglichkeit neben Präsenzprüfungen, die zurzeit nicht durchgeführt werden, videobeaufsichtigte häusliche Klausurprüfungen vor. Danach werden die Prüflinge durch prüfungsaufsichtsführende Personen über eine Video- und Tonverbindung während der Prüfung beaufsichtigt. Die Video- und Tonverbindung sowie die Bildschirmansicht des Monitors werden vom Beginn bis zum Ende der Prüfung aufgezeichnet und gespeichert. Die Prüfungsaufzeichnung wird nach dem Ende der Prüfung gelöscht. Dies gilt nicht, wenn die Aufsicht Unregelmäßigkeiten im Prüfungsprotokoll vermerkt hat oder der Student eine Sichtung der Aufnahme durch den Prüfungsausschuss beantragt. In diesem Fall erfolgt die Löschung der Aufzeichnung erst nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens. Mit dem Eilantrag begehrte ein Student, der an einer solchen Prüfung am 8. März 2021 teilnehmen möchte, die vorläufige Untersagung der Aufzeichnung und Speicherung der Daten, nicht aber des Filmens an sich. Er machte geltend, das Vorgehen verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat der 14. Senat ausgeführt: Die Rechtmäßigkeit der Aufzeichnung und Speicherung könne im Eilverfahren nicht geklärt werden. Allerdings erlaube die Datenschutz-Grundverordnung die Datenverarbeitung, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich sei, die im öffentlichen Interesse liege oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolge, die dem Verantwortlichen übertragen worden sei. Hochschulen seien zur Durchführung von Prüfungen verpflichtet. In Wahrnehmung dieser Aufgabe habe die Fernuniversität dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit Geltung zu verschaffen. Dieser verlange, dass für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen gälten, um allen Teilnehmern gleiche Erfolgschancen zu bieten. Insbesondere sei zu verhindern, dass einzelne Prüflinge sich durch eine Täuschung über Prüfungsleistungen einen Chancenvorteil gegenüber den rechtstreuen Prüflingen verschafften. Die Aufzeichnung und vorübergehende Speicherung dürfte sich im Ergebnis im Hinblick darauf, die teilnehmenden Prüflinge von Täuschungsversuchen abzuhalten, und im Hinblick auf ein sich im Verlauf der Prüfung ergebendes Bedürfnis nach Beweissicherung in der Sphäre des Prüflings, auch für eine vom Prüfling geltend gemachte Störung des ordnungsgemäßen Prüfungsablaufs, als geeignet und erforderlich erweisen. Die wegen der verbleibenden Rechtmäßigkeitszweifel erforderliche ergänzende Folgenabwägung falle zu Lasten des Antragstellers aus, da die durch die Aufzeichnung und Speicherung der Daten eintretenden Belastungen zumutbar seien.

Der Beschluss ist unanfechtbar.


OVG Schleswig-Holstein: Videoaufsicht bei coronabedingter elektronischer Hochschulprüfung durch Gebot der Chancengleichheit gerechtfertigt

OVG Schleswig-Holstein
Beschluss vom 03.03.2021
3 MR 7/21


Das OVG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass die Videoaufsicht bei coronabedingter elektronischer Hochschulprüfung durch das Gebot der Chancengleichheit gerechtfertigt ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Corona – Videoaufsicht bei elektronischer Hochschulprüfung zulässig

Ohne Erfolg blieb der Versuch eines Studierenden der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen, dass die von ihm in elektronischer Form abzulegenden Prüfungen ohne die vorgesehene Videoaufsicht stattfinden. Sein Antrag an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht, eine entsprechende Satzungsregelung der CAU vorläufig außer Vollzug zu setzen, wurde gestern durch einen unanfechtbaren Beschluss als unzulässig verworfen (Az. 3 MR 7/21).

Unzulässig sei der Antrag deshalb, weil der Antragsteller sein Ziel auf diesem Wege nicht erreichen und seine Rechtsstellung folglich nicht verbessern könne, so der 3. Senat. Es sei davon auszugehen, dass die CAU davon abgesehen hätte, überhaupt Prüfungen in elektronischer Form vorzusehen, wenn sie diese nicht an eine Videoaufsicht koppeln dürfte. Dies wiederrum habe zur Folge, dass der Antragsteller im Falle eines gerichtlichen Erfolges überhaupt keine Prüfung ablegen könne, weil die alternativ anzubietenden Präsenzprüfungen nach der Hochschulen-Coronaverordnung des Landes grundsätzlich noch zu verschieben seien.

Im Übrigen hätte der Antrag auch in der Sache keinen Erfolg gehabt, da der Senat die angegriffene Satzungsregelung über die Videoaufsicht auch unter Beachtung höherrangigen Rechts für voraussichtlich rechtmäßig hält. Das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) sei nicht betroffen, da dieses nur vor einem (digitalen) „Eindringen“ in die Wohnung schütze. Die Videoaufsicht erfolge jedoch nicht gegen den Willen der Studierenden. Sie könnten frei entscheiden, ob sie an der elektronischen Prüfung teilnähmen mit der Folge, Kamera und Mikrofon ihres Computers für die Aufsicht zu aktivieren, oder ob sie später eine Präsenzprüfung ablegten. Obwohl diese derzeit nicht durchgeführt werden dürften, sei die Freiwilligkeit ihrer Entscheidung ausreichend gesichert.

Der mit der Videoaufsicht verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sei durch das Gebot der Chancengleichheit gerechtfertigt. Danach müsse sichergestellt sein, dass bei einer Prüfung, für die keine Hilfsmittel zugelassen seien, eine Aufsicht unabhängig von der Prüfungsform stattfinden könne. Zur Erreichung dieses Zwecks sei die Videoaufsicht auch hinreichend geeignet. Dass sie zur Vermeidung von Täuschungshandlungen tatsächlich weniger geeignet sein könne als eine Aufsicht im Rahmen einer Präsenzklausur, weil der Bildschirm des Prüflings nicht einsehbar sei und sich außerhalb des Kamerawinkels unzulässige Hilfsmittel befinden könnten, schade nicht. Auch bei Präsenzklausuren ließen sich nicht sämtliche Täuschungsversuche verhindern. Mit technischen Problemen, die zu einem regelhaften Ausfall elektronischer Prüfungen samt Aufsicht führten, sei nach zwischenzeitlicher Etablierung der Videokonferenztechnik gerade im Bildungsbereich nicht mehr zu rechnen. Im Übrigen sei vorgesehen, dass die Prüfung bei technischer Undurchführbarkeit vorzeitig beendet werde und der Prüfungsversuch als nicht unternommen gelte. Gleichermaßen geeignete Alternativen gebe es gegenwärtig nicht. Schließlich sei die Regelung bei Abwägung der widerstreitenden Belange auch angemessen. Die Videoaufsicht führe gegenüber der Präsenzaufsicht zwar zu einer intensiveren Belastung, doch sei die Teilnahme an der elektronischen Fernprüfung freiwillig und die Freiwilligkeit ausreichend sichergestellt. Zu einem „unbeobachtbaren Beobachtetwerden“ komme es nicht. Anders als etwa bei der Vorratsdatenspeicherung liege eine Überwachung von Prüfungen in der Natur der Sache und sei den Betroffenen bekannt.

Schließlich seien die Voraussetzungen und der Umfang der Datenerhebung und -verarbeitung in der Satzung der CAU hinreichend klar geregelt. Einer Regelung durch den Gesetzgeber habe es nicht bedurft, da er während der Corona-Pandemie bereits die entsprechenden Rechtsgrundlagen im Hochschulgesetz geschaffen habe.



BGH: Rotierendes Menü zur Anzeige von Menüpunkten ist keine technische Lösung und bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen

BGH
Urteil vom 14.01.2020
X ZR 144/17
Rotierendes Menü
EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. d


Der BGH hat entschieden, dass Rotierendes Menü zur Anzeige von Menüpunkten ist keine technische Lösung und bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen

Leitsatz des BGH:

Die Anweisung, für ein Auswahlmenü auf einem Bildschirm eine Darstellungsart zu wählen, die lediglich dem Zweck dient, die angezeigten Menüpunkte und den Umstand, dass möglicherweise noch weitere Punkte verfügbar sind, besonders anschaulich zu präsentieren, betrifft kein technisches Lösungsmittel und ist deshalb bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 - X ZR 37/13, GRUR 2015, 660 - Bildstrom; Urteil vom 25. August 2015 - X ZR 110/13, GRUR 2015, 1184 - Entsperrbild).

BGH, Urteil vom 14. Januar 2020 - X ZR 144/17 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Prüfung ob marktbeherrschendes Unternehmen kartellrechtswidrige Entgelte oder Geschäftsbedingungen fordert muss nicht zwingend mittels Vergleichsmarktbetrachtung erfolgen

BGH
Urteil vom 03.12.2019
KZR 29/17
NetCologne II
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 2


Der BGH hat entschieden, dass die Prüfung, ob ein marktbeherrschendes Unternehmen kartellrechtswidrige Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, muss nicht zwingend mittels Vergleichsmarktbetrachtung erfolgen.

Leitsatz des BGH:

Die Prüfung, ob ein marktbeherrschendes Unternehmen Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden, erfordert nicht zwingend eine Vergleichsmarktbetrachtung. Der Tatrichter kann vielmehr auch andere Umstände heranziehen, die Schlüsse auf gegebene oder fehlende Abweichungen von hypothetischen Wettbewerbsbedingungen zulassen. Gibt es einen geeigneten Vergleichsmarkt, darf die Prüfung, ob ein missbräuchliches Verhalten vorliegt, nur dann auf solche anderen Umstände beschränkt werden, wenn sie bereits für sich genommen eine erschöpfende Beurteilung ermöglichen.

BGH, Urteil vom 3. Dezember 2019 - KZR 29/17 - OLG Düsseldorf - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Kein Urheberrechtsverstoß und kein Verstoß gegen DSGVO oder BDSG wenn Haftpflichtversicherer eingereichtes Schadensgutachten mit Lichtbildern an Unternehmen zur Prüfung weitergibt

OLG Frankfurt
Urteil vom 12.02.2019
11 U 114/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass weder ein Urheberrechtsverstoß noch Verstoß gegen die DSGVO oder das BDSG vorliegt, wenn ein Haftpflichtversicherer das bei ihm zur Schadensregulierung eingereichte Schadensgutachten mit Lichtbildern an ein Unternehmen zur Prüfung weitergibt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"2. Das Landgericht hat auch den mit ursprünglichen Klageantrag zu 3.) (Berufungsantrag zu 2.) geltend gemachten datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch im Ergebnis rechtsfehlerfrei abgewiesen, weil es an einer unzulässigen Verwendung der streitgegenständlichen Daten fehlt.

Der Kläger hat für den geltend gemachten Löschungsanspruch keine Anspruchsgrundlage. Er hat weder a.) nach dem aufgrund Art. 8 des DSAnpUG-EU bis zum 25.05.2018 geltende Bundesdatenschutzgesetz (im Folgenden "BDSG a.F.") noch b.) nach dem ab 25.05.2018 geltenden Datenschutzgesetz (im Folgenden "BDSG" bzw. "DSGVO" oder c.) aus dem Persönlichkeitsrecht nach §§ 823, 1004 BGB einen Anspruch auf Löschung seiner Daten.

a.) Der datenschutzrechtliche Löschungsanspruch ist nach keiner der in Betracht kommenden Alternativen des § 35 Abs. 2 Satz 2 BDSG a.F. begründet.

Für den Löschungsanspruch aus § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG a.F. fehlt es an einer unzulässigen Speicherung der Daten. Die Speicherung ist nach dem im Datenschutz geltenden Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dann nicht unzulässig, wenn eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt ( Dix in Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 7. Aufl. 2011, § 35 Rn. 26; Wolff/Brink , Datenschutzrecht, § 35 Rn. 33). Dies ist vorliegend nach §§ 4 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG a.F. i.V.m. § 11 BDSG a.F. der Fall. Nach diesen Vorschriften darf die Beklagte und die für sie im Auftrag handelnde A GmbH die Daten des Beklagten für eigene Geschäftszwecke speichern, weil dies zur Wahrung ihrer berechtigten Interessen erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Klägers an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Ein berechtigtes Interesse kann jedes von der Rechtsordnung gebilligtes Interesse sein, dass bei vernünftiger Erwägung durch die Sachlage gerechtfertigt ist ( Gola/Schomerus , BDSG, 12. Aufl. 2015, § 28 Rn. 24; Wolff/Brink, a.a.O., § 28 Rn. 59). Das berechtigte Interesse der Beklagten an der Verwendung der Daten des Beklagten besteht in dem sich aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG ergebenen Direktanspruch des geschädigten Klägers gegen die beklagte Haftpflichtversicherung. Als verpflichtete Aktiengesellschaft ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die gegen sie geltend gemachten Ansprüche zu prüfen und die dazu übermittelten Daten zu speichern. Das Interesse des Klägers am Ausschluss oder Nutzung der Daten überwiegt nicht. Bei dieser Abwägungsentscheidung fällt zu Gunsten der Beklagten ins Gewicht, dass der Kläger die Schadensregulierung aufgrund selbst von ihm zur Verfügung gestellter Daten erwartet, bei denen es sich um wenig sensible Daten handelt. Das Recht der Beklagten zur Speicherung dieser Daten zu Kontrollzwecken umfasst gemäß § 11 BDSG a.F. auch das Recht, diese durch eine von ihr mit dieser Aufgabe betraute Stelle im Rahmen der Auftragsdatenverarbeitung vornehmen zu lassen. Entgegen der Ansicht des Klägers stehen § 28 BDSG a.F. und § 11 BDSG a.F. nicht zueinander in Widerspruch, sondern ermöglichen der Beklagten als i.S.v. § 3 Abs. 7 BDSG a.F. für die Daten verantwortliche Stelle, ihr nach Speicherungsrecht durch einen Auftragnehmer vornehmen zu lassen ( Petri in Simitis, a.a.O., § 11 Rn. 1; Spoerr in Wolff/Brink, a.a.O., § 11 Rn. 4). Wie das Landgericht richtig geurteilt hat ist ein derartiger Auftragnehmer nicht Dritter i.S.v. § 3 Abs. 8 Satz 3 BDSG a.F.

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Beklagte bei der Speicherung zu Kontrollzwecken in zulässiger Weise als Auftragnehmer i.S.v. § 11 BDSG a.F. für die Beklagte handelt. Die gegen diese Entscheidung in der Berufungsbegründung angeführten Argumente überzeugen nicht. Die von der Beklagten vorgelegte Dokumentation belegt hinreichend, dass die A GmbH als Auftragnehmerin für die Beklagte handelt und dabei die in § 11 BDSG a.F. aufgestellten Voraussetzungen an eine Auftragsdatenverarbeitung erfüllt.

Dass die Beklagte Vertragspartnerin der mit der A GmbH am 15.02./01.03.2011 und am 16./29.09.2011 abgeschlossenen Verträgen zur Auftragsdatenverarbeitung ist, ergibt sich aus dem in der Berufungsinstanz vorgelegten chronologischen Handelsregisterauszug der Gesellschaft vom 03.08.2015. Aus diesem ist ersichtlich, dass die Beklagte am 09.08.2013 die Umfirmierung von C1 Versicherungs-Aktiengesellschaft AG in C Sachversicherungs AG beschloss und deshalb dieselbe Vertragspartnerin mit unterschiedlichen Namen ist. Auch wenn im Laufe des Prozesses lediglich einer der beiden Unterzeichnenden der Verträge auf Seiten der Beklagten namentlich benannt wurde, ist das Gericht davon überzeugt, dass diese zwischen der Beklagten und der A GmbH Geltung haben. Zum einen wurde diese Verträge unstreitig durch die erforderliche Anzahl von vertretungsberechtigten Personen unterschrieben von denen der zeichnende Leiter der Schadensabteilung E ausweislich des vorlegten Handelsregisterauszuges vom 13.09.2018 Gesamtprokura mit einem Vorstandsmitglied oder einem anderen Prokuristen verliehen worden ist. Zum anderen will die Beklagte nach ihrem Vortrag an diese Verträge gebunden sein. Selbst wenn sie zum Vertragsschluss durch einen nicht vertretungsberechtigten Vertreter ihres Unternehmens gezeichnet worden sein sollten, könnte die Beklagte diese jederzeit nach § 177 BGB genehmigen. Da der Rahmenvertrag in § 18 im Fall der Nichtkündigung eine automatische Verlängerung um jeweils 2 Jahre vorsieht, ist auch vom Bestehen eines schriftlichen Vertragsverhältnisses auszugehen ist.

Der von Klägerseite gegen den Beklagtenvortrag zur Parteiidentität der Vertragspartner erhobene Verspätungseinwand greift nicht durch, weil die Frage der Parteiidentität der C1 Versicherungs AG und der Beklagten einen Gesichtspunkt betreffen, der i.S.v. § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vom Landgericht Frankfurt am Main bei seinem Urteil erkennbar übersehen worden ist. Das Landgericht ist trotz der namentlichen Abweichung der unterzeichnenden Gesellschaft allein aufgrund der Vorlage der Anlage B 2 vom Bestehen der Datenschutzvereinbarung zwischen der Beklagten und der A GmbH ausgegangen. Dies wird von dem Kläger in seiner Berufungsbegründung zu Recht kritisiert, so dass die Frage der vertraglichen Bindung zwischen der Beklagten und der A GmbH gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht werden muss.

An der ausführlichen Subsumption des Vertragsverhältnisses unter die Tatbestandsvoraussetzungen des §§ 11 Abs. 2 BDSG a.F. und der dazu gegebenen Begründungen des Landgerichts ist nichts zu erinnern. Insbesondere hat das Landgericht zu Recht judiziert, dass die Berechtigung von A GmbH aus den Unterlagen anonymisierte Auswertungen herzustellen nicht zu beanstanden ist. Auch in der Berufungsbegründung werden hiergegen keine überzeugenden Argumente vorgebracht. Für einen Löschungsanspruch aus § 35 Abs. 1 Nr. 3 BDSG a.F. fehlt es an einer Zweckerfüllung. Die weitere Verarbeitung der Daten ist schon wegen des hiesigen Gerichtsprozesses notwendig. Die Daten sind zur Abwehr des geltend gemachten Schadensersatzanspruches notwendig ( Dix in Simitis, a.a.O., § 35 Rn. 38; Wolff/Brink , a.a.O. § 35 Rn. 39).

b.) Auch unter dem neuen Datenschutzregime ist der geltend gemachte Löschungsanspruch nicht begründet. Der Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. a DSGVO scheitert an dem in dessen Absatz 3 Buchst. c geregelten Ausnahmetatbestand. Danach gilt der Löschungsanspruch nicht, soweit die Verarbeitung zur "Verteidigung von Rechtsansprüchen" erforderlich ist. Dass diese erforderlich ist, zeigt hiesiger Rechtsstreit.

c.) Das Datenschutzgesetz hat als Spezialregelung den Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten abschließend geregelt. Daneben ist für eine Anwendung für einen auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht gestützten Unterlassungsanspruch kein Raum (BGH, Urt. v. 17.12.1985, Az. VI ZR 244/84, NJW 1986, 2505).

3. Das Landgericht hat auch die mit Klaganträgen zu 4.) und 5.) geltend gemachten und mit den Berufungsanträgen zu 3.) und 4.) weiter verfolgten Unterlassungs- und Entschädigungsansprüche rechtsfehlerfrei abgewiesen, weil es - wie festgestellt - an einer unzulässigen Verwendung der streitgegenständlichen Daten fehlt. Aus demselben Grund besteht auch kein Schadensersatzanspruch nach dem neuen Art. 82 DSGVO.

4. Im Ergebnis hat das Landgericht auch die mit den Berufungsanträgen zu 5.) und 6.) weiter verfolgten urheberrechtlichen Ansprüche zu Recht abgewiesen.

Zwar hat das Landgericht übersehen, dass der Kläger Lichtbildner der streitgegenständlichen Fotos ist und solcher Rechtsschutz nach § 72 UrhG genießt. Wie die Berufung zu Recht moniert, hat der Klägervertreter dies in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2017 (Bl. 213 d. A.) vorgetragen. Dies wurde auch nicht bestritten.

Jedoch besteht kein Anspruch nach § 97 UrhG, weil es an einer widerrechtlichen Verletzung der Lichtbildrechte des Klägers fehlt.

§§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 19 a UrhG ist nicht einschlägig, weil durch die streitgegenständlichen Handlungen nicht das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung betroffen ist. Insoweit unterscheidet sich die Fallgestaltung von denen, die der Bundesgerichtshof in seiner von der Klägerseite zitierten Rechtsprechung entschiedenen hat und bei denen die urhebergeschützten Fotos ins Internet eingestellt worden waren (BGH, Urt. v. 29.04.2010, I ZR 68/09 - Restwertbörse und Urt. v. 20.06.2013, I ZR 55/12 - Restwertbörse II ). Eine Einstellung der Daten in das öffentlich zugängliche Internet steht vorliegend nicht in Streit.

§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG ist auch nicht einschlägig. Der Tatbestand der Verbreitung umfasst gemäß § 17 Abs. 1 UrhG das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in den Verkehr zu bringen. Es ist schon zweifelhaft, ob der Auftragsnehmer einer Auftragsdatenverwaltung i.S.d. § 11 BDSG überhaupt "Öffentlichkeit" im Sinne dieser Vorschrift sein kann. Die Verletzung dieses Verwertungsrecht scheitert jedenfalls am Erschöpfungsgrundsatz des § 17 Abs. 2 UrhG, nachdem der Kläger das Gutachten mit den Fotos der Beklagten selbst zur Verfügung gestellt hat.

Auch an einem Eingriff in das Vermietungsrecht des Klägers gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 UrhG fehlt es. Die Vorschrift setzt eine vorübergehende Gebrauchsüberlassung der geschützten Leistung zu Erwerbszwecken voraus. Eine zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung ist anzunehmen, wenn der Gegenstand dem Kunden für eine bestimmte Zeit in der Weise zur freien Verfügung übergeben wird, dass ihm eine uneingeschränkte und wiederholbare Werknutzung ermöglicht wird. Der Begriff der "Werknutzung" verweist dabei auf den Zweck des Vermietrechts. Dieser liegt darin, den Berechtigten eine angemessene Beteiligung an den Nutzungen zu sichern, die aus der Verwertung ihrer Werke oder geschützten Leistungen gezogen werden (BGH, Urt. v. 07.06.2001, I ZR 21/99 - Kauf auf Probe ). Unter Anlegung dieser Maßstäbe beinhaltet die zweckgebundene Weitergabe des Gutachtens an die A GmbH keine Gebrauchsüberlassung im Sinne der Vorschrift. Zwar verfolgte die Beklagte damit mittelbar einen Erwerbszweck, weil sie durch die Kontrolle der Kostenpositionen die Erstattung überhöhter Reparaturkosten an den Geschädigten verhindern wollte. Der erstrebte Vorteil beruht jedoch nicht auf der Nutzung der Lichtbilder als der durch das Urheberrecht geschützten Leistung, sondern auf einer Überprüfung der Kalkulation. Er wäre in gleicher Weise eingetreten, wenn die Bekl. das Gutachten ohne die Lichtbilder übermittelt hätte (vgl. auch LG Berlin, Urt. v. 03.07.2012, 16 O 309/11).

Auch das Vervielfältigungsrecht des §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG ist nicht betroffen, weil die Speicherung nach § 1 Nr. 3 der Datenschutzvereinbarung nur die übermittelten Daten bzw. nach § 2 Nr. 7 der Datenschutzvereinbarung die anonymisierte Auswertung der Auswertung, aber nicht die streitgegenständlichen Fotos betrifft."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Ermittlung des Stands der Technik im Prioritätszeitpunkt - Patentrecht - Gestricktes Schuhoberteil

BGH
Urteil vom 31.01.2017
X ZR 119/14
Gestricktes Schuhoberteil
EPÜ Art. 56

Leitsatz des BGH:


Dass für den Fachmann eine bestimmte Entgegenhaltung als möglicher Ausgangspunkt von Bemühungen um eine Fortentwicklung in Betracht kam, darf insbesondere bei im Prioritätszeitpunkt sehr altem Stand der Technik nicht allein aus der sachlichen Nähe zur erfindungsgemäßen Lösung gefolgert werden. Enthält jedoch eine seit vielen Jahren bekannte technische Lösung bereits alle wesentlichen Elemente der Erfindung, bedarf die Annahme, die ältere Lösung liege außerhalb desjenigen Bereichs, in dem sich am Prioritätstag aus fachmännischer Sicht mögliche Ansatzpunkte für die Lösung des technischen Problems finden ließen, einer besonders sorgfältigen Prüfung.

BGH, Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Bildagenturen sind nicht verpflichtet, vor Weitergabe archivierter Fotos die Zulässigkeit der beabsichtigten Presseberichterstattung zu prüfen

BGH
Urteil vom 07.12.2010
VI ZR 34/09
Bildagentur


Der BGH hat entschieden, dass der Betreiber einer kommerziellen Bildagentur nicht verpflichtet ist, vor Weitergabe archivierter Bilder an die Presse zu prüfen, ob die geplante Nutzung der Bilder durch das Presseunternehmen zulässig ist.

Aus der Pressemitteilung des BGH:
"Der Austausch zulässigerweise archivierten Bildmaterials steht unter dem Schutz der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG). [...] Eine quasi presseinterne Weitergabe von Fotos durch ein Bildarchiv darf deshalb grundsätzlich nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Inhaber der Bildagentur prüft, ob die unter Verwendung der Fotos beabsichtigte Presseberichterstattung rechtmäßig sein wird. Die Verantwortung für eine Presseveröffentlichung trägt alleine das veröffentlichende Presseorgan, das auch die Zulässigkeit der Verwendung der Fotos nach den §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz zu prüfen hat."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:

"BGH: Bildagenturen sind nicht verpflichtet, vor Weitergabe archivierter Fotos die Zulässigkeit der beabsichtigten Presseberichterstattung zu prüfen" vollständig lesen

BGH: Keine Wertersatzpflicht nach Aufbau und Befüllung eines Wasserbetts und anschließenden Widerruf des Fernabsatzvertrages

BGH
Urteil vom 3. November 2010
VIII ZR 337/09
Wertersatzpflicht bei Ausübung des Widerrufsrechts
Wasserbett


Der Bundesgerichtshof hat sich in dieser Entscheidung mit der Wertersatzpflicht des Verbrauchers beim Widerruf eines Fernabsatzvertrags befasst. Der Käufer hatte im Internet bei einem Händler ein Wasserbett erworben. Der Käufer baute das Wasserbett auf und befüllt es mit Wasser. Darauf hin widerrief der Käufer den Vertrag. Der Verkäufer erstattete nicht den vollen Kaufpreis. Der Verkäufer wandte ein, dass das Wasserbett aufgrund der Befüllung nicht mehr verkauft werden kann. Lediglich die Heizung des Betts könne noch anderweitig verkauft werden.

Der BGH hat entschieden, dass der Käufer einen Anspruch auf Erstattung des vollen Kaufpreises hat und keinen Wertersatz für den Aufbau und die Befüllung des Wasserbetts leisten muss. Es handelt sich dabei - so der BGH - nicht um eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme, wofür ggf. Wertersatz geleistet werden müsse. Vielmehr stellt der Aufbau und Befüllung des Wasserbetts eine Verschlechterung da, die auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist und für die nach § 357 Abs. 3 Satz 3 BGB kein Wertersatz geleistet werden muss. Der BGH legt den Begriff "Prüfung der Sache" mithin weit aus.

In der Pressemitteilung des BGH heißt es:

"Ein fristgerecht erklärter Widerspruch des Verbrauchers beim Fernabsatzvertrag hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien zurückzugewähren sind. Soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist, muss der Schuldner statt der Rückgabe Wertersatz leisten. Dabei muss der Verbraucher nach § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB* auch Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Die Wertersatzpflicht besteht jedoch nach § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB [aF*; jetzt Satz 3] dann nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. Letzteres war vorliegend der Fall. Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen lediglich eine Prüfung der Sache dar."


Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:
"BGH: Keine Wertersatzpflicht nach Aufbau und Befüllung eines Wasserbetts und anschließenden Widerruf des Fernabsatzvertrages" vollständig lesen